Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft. Leider war davon in den letzten fünf Jahren wenig zu sehen, stammten doch alle marktreifen 4K-Projektoren von Sony. Diverse eShift-Modelle von JVC oder Epson verarbeiten zwar auch UHD-Videos, basieren aber auf Full-HD-Panels. In den Startlöchern steht allein der 35.000 Euro teure 4K-Laser-Projektor JVC DLA-Z1E (Praxisbericht in audiovision 2-2017).
Nun jedoch greift Acer den bisher günstigsten, knapp 7.000 Euro teuren 4K-Projektor Sony VPL-VW320ES frontal an: Der Preis des stattlichen V9800 ist heiß, zumal in den technischen Daten des Herstellers von nativer UHD-Auflösung (3.840 x 2160 Pixel) sowie HDR- und Rec.2020-Unterstützung die Rede ist. In Wahrheit bietet der erste 4K-kompatible DMD-Chipsatz aus dem Hause Texas Instruments statt acht aber nur rund vier Millionen Bildpunkte (2.716 x 1.528 Pixel). Gänzlich falsch ist Acers Aussage insofern nicht, da die hier verbaute Shifting-Technologie erstaunlich gut funktioniert und sogar native Ultra-HD-Testbildlinien sichtbar werden lässt (siehe Kasten „DMD-Chip mit Shifting-Technologie“).
Ausstattung und Praxis
Offenbar ist Acers Shifting-Technologie für die Steigerung der Bildauflösung wie auch des Bauvolumens verantwortlich. Bei einer Länge von 57 Zentimetern und 15 Kilogramm Gewicht wirkt der V9800 jedenfalls wie ein Koloss unter den DLP-Projektoren. Dabei verwendet Acer einen fast normal großen DMD-Chip (0,66 Zoll), und auch die 240-Watt-Lampe aus dem Hause Philips fällt nicht aus dem Rahmen. Sie soll 4.000, im Eco-Modus bis zu 6.000 Stunden lang halten und kostet 400 Euro.
Der Hersteller verspricht Rec.2020-Unterstützung, 2.200 Lumen Helligkeit sowie einen Kontrast-umfang von bis zu 1.000.000:1, was sich aber ebenso wie die Geräuschangabe (20 bis 26 Dezibel) nicht mit unseren Messungen deckt. Die Lüfter und das vibrierende Shifting-Element summieren sich bei voller Leistung nämlich auf 37 Dezibel. Im Eco-Modus fallen rund 35, im Preset „Am leisesten“ nur 32 Dezibel an, da hier die Shifting-Technologie abgeschaltet wird. Leider sorgt das deutlich sichtbare Restsicht dafür, dass der Kontrast-umfang des ersten UHD-DLPs nicht einmal das Niveau von Einstiegsmodelllen erreicht, was sich entsprechend in der Gesamtwertung niederschlägt.
Acers DLP-Projektion lässt sich über manuelles Lens-Shift recht weit verstellen (plus/minus 65 Prozent vertikal bzw. 27 Prozent horizontal). Lob verdient die scharfe Optik des V9800: Das 1,5-fache Zoom fokussiert Details bis in die Ecken scharf und benötigt vergleichsweise wenig Abstand zu einer zweieinhalb Meter breiten Leinwand (3,3 bis 4,9 Meter). Dank der Ein-Chip-Projektion gelingt das manuelle Scharfstellen von Menüschriften exakt. Zudem bleibt die Projektion selbst in voller Telestellung recht hell (84 Prozent). Allerdings bildet die Optik nun feinste Details noch flauer ab, die ohnehin aufgrund der Shifting-Technologie leicht flimmern und im Kontrast reduziert erscheinen.
Das seitliche Anschlussfeld erschwert eine versteckte Kabelführung und ist nicht optimal bestückt: Denn nur am ersten HDMI-Eingang lassen sich HDR- oder UHD-Quellen anschließen (HDMI 2.0 mit HDCP 2.2); der zweite Port nimmt maximal Full-HD-Videos entgegen (HDMI 1.4a). Bildinhalte des analogen VGA-Eingangs blendet das Gerät neben dem HDMI-Signal ein (Bild-in-Bild). Wie einige moderne Flachbild-TVs verzichtet Acers UHD-Debütant auf eine 3D-Funktion. Unsere zweite Sehtest-Note erfolgt wie beim Sony im HDR-Betrieb.
Überschaubar kommt auch die Ausstattung daher. Spezialitäten wie eine Bewegungsverbesserung für TV-Material oder eine Glättung für Kinofilme fehlen. Ungewöhnlich wie ärgerlich ist, dass alle Bildquellen in NTSC-Frequenz (60 Hertz) ausgegeben werden. Laut Acer ist das derzeit auch nicht ohne Weiteres zu ändern. So ruckeln nicht nur 24p-Kinofilme leicht, auch alle PAL-Inhalte mit Bildraten von 25 oder 50 Hertz laufen weniger flüssig als gewohnt.
Licht und Farbe
Mit guten bis sehr guten Farben bewies bereits der nur 1.000 Euro teure Acer V7500 seine Heimkino-Qualitäten (audiovision 12-2015). Der V9800 legt noch eine Schippe drauf und erzielt im Labortest in allen 33 gemessenen Nuancen ausnahmslos Top-Resultate (siehe Diagramm unten). Unser Testmuster stellt diese Qualität im 1.060 Lumen hellen Preset „sRGB“ bereit. Der Modus „Rec.709“ trifft die HDTV-Norm mit leicht erweiterten Farben weniger genau und leistet sich grünstichige Graustufen. Eine interessante Alternative ist das Preset „Film“, da es sich mit aktivierter BrilliantColor-Schaltung auf satte 1.280 Lumen steigert und immer noch akzeptable Farben bietet. Dann ist auch das sonst gesperrte Farbtemperatur-Menü abrufbar.
Probleme bereiten dem V9800 dunkle Szenen: Offensichtlich gelang es nicht, Streulicht im Lichtweg konsequent abzufangen. Der native Kontrast unseres Testmusters erreicht bescheidene 900:1. Auch EBU- und ANSI-Kontrast liegen mit 590:1 beziehungsweise 390:1 auf unterdurchschnittlichem DLP-Niveau. Selbst in den helleren Presets mit aktiver Brilliant-Color-Schaltung legt der Kontrast aufgrund von Streulicht-Effekten nur leicht zu.
In der düsteren Montenegro-Szene aus „Casino Royale“ gelingt es der dynamischen Iris („Dynamic Black“) immerhin, Restlicht in den Letterbox-Streifen zu halbieren und die Wiese neben dem Gleis dank der Kontrastspreizung deutlich heller darzustellen. Subjektiv wirkt diese Szene so viermal kontrastreicher. Leider produziert die Iris aber schon auf niedrigster Stufe Artefakte wie Bildpumpen sowie ein oft ungewöhnlich lautes Regelgeräusch.
Schärfe und Videoverarbeitung
TV-Halbbild-Videos (576i/1080i) zeigt der Acer ordentlich, während Kinofilme flimmern. Er sollte also mit Vollbildern gefüttert werden – am besten spielt man ihm Blu-rays in fein hochskalierter Ultra-HD-Auflösung zu. Dann besticht der V9800 durch eine phänomenale Schärfewirkung. Im Vergleich zeigt sie der 4K-Projektor Sony VPL-VW550ES aufgrund der Konvergenzproblematik nicht so knackig. Ruhige Einstellungen wie die Markusplatz-Szene aus „Casino Royale“ haben wir noch nie so plastisch und detailreich gesehen. Zudem hebt der neue Regler „Super Auflösung“ filigrane Oberflächenmuster wie etwa das Federkleid eines Papageis glaubwürdig hervor.
Doch sobald Bewegung ins Spiel kommt, zieht der Sony klar am Acer vorbei: Zu den bereits angesprochenen Rucklern bei Kino- und PAL-Material gesellen sich leichte Regenbogenartefakte. Menschen nehmen sie je nach Veranlagung unterschiedlich stark wahr. Zudem verschmieren Konturen beim Schwenk über einen Fußballplatz weit mehr als beim klar bewegungsschärferen Sony VPL-VW550ES.
4K-Wiedergabe und HDR
Mit Testbildern und Fotos in echter UHD-Auflösung treibt uns der Acer V9800 ein Lächeln ins Gesicht: Die Schärfewirkung übertrifft nicht nur Full-HD-Projektoren mit eShift-Technik deutlich, er besteht in bestimmten Situationen sogar den Vergleich zum Sony VPL-VW550ES. Dessen Konvergenzpro-blematik schwächt mit leichten Farbsäumen Kanten und Konturen zusätzlich. Acers Ein-Chip-Projektion wirkt im Vergleich klarer, da der Kontrastverlust feiner Muster später einsetzt. Mit extrascharfen Fotos einer Stadtansicht von San Francisco würden wir uns jedenfalls zu der Einschätzung hinreißen lassen, dass der Acer V9800 die Skyline eine Spur knackiger als Sonys 4K-Konkurrent auf die Leinwand meißelt. Bewegte Motive fördern aber leider wieder die bereits beschriebenen Ruckelstörungen sowie stärker verschmierte Konturen zutage.
Probleme in Form übersteuerter Bilder folgen beim HDR-Sehtest: Die Presets „HDR 1“ und „HDR 2“ clippen ab Werk viel zu früh (siehe Kasten „HDR-Farbdarstellung“ oben). Das allein wäre nicht wirklich schlimm, würde der Kontrastregler richtig funktionieren. Doch beim Absenken wird Grün weit weniger reduziert als alle anderen Farben. Zudem ist die Gamma-Charakteristik mit HDR-Filmen für unseren Geschmack zu hell eingestellt beziehungsweise im noch stärker überstrahlenden Preset „HDR 2“ verbogen, was vielleicht eine Folge des schwachen Kontrastumfangs ist. Schließlich treten mit HDR-Clips gelegentlich bunt rauschende und stark überschärfte Details auf. Eine Szene mit glänzenden Grashalmen im Wald sieht deshalb am Ende besser aus, wenn man sie dem Acer in SDR-Qualität zuspielt. ur
Der Testbericht Acer V9800 (Gesamtwertung: 71, Preis/UVP: 5000 Euro) ist in audiovision Ausgabe 3-2017 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Wir sind hin- und hergerissen, denn der erste UHD-DLP Acer V 9800 zeigt tolle HDTV-Farben und Blu-rays sowie Ultra-HD-Clips enorm detailreich. Hier verdient sich die neue DLP-Shifting-Technik unser Innovations-Logo. Leider führen der schwache Kontrast, 60-Hertz-Ruckelstörungen sowie Schwächen bei der HDR-Verarbeitung zu erheblichen Abzügen.