Pünktlich zur Weihnachtszeit konnte man den eigentlich 4.000 Euro teuren 55B6D bei einschlägigen Elektronikmärkten für 2.000 Euro bekommen, seinen größeren Bruder 65B6D für 3.000 statt 6.000 Euro. Seitdem haben die Preise zwar wieder etwas angezogen, doch bieten die organischen Einsteiger-Displays von LG noch immer verdammt viel Bild fürs Geld.
Ausstattung und Praxis
Wer denkt, der OLED55B6D sei bloß ein platt gedrückter C6, irrt sich. Äußerlich mag das durchaus zutreffen, denn das flache Modell verfügt ebenfalls über die transparente Acrylglas-Leiste am Standfuß und kommt in den gleichen Farben sowie Proportionen daher, ausstattungstechnisch gibt es aber einige Unterschiede. So streicht LG bei seinem OLED-Einsteiger die Polfilterscheibe und beraubt ihn damit der 3D-Fähigkeit. Das Display selbst ist dennoch das gleiche wie bei den teureren Brüdern, was wir später erläutern. Ebenso bietet der B6 das volle HDR-Programm: Von HDR-10 über Dolby Vision bis hin zu Ultra HD Premium unterstützt er alle aktuellen Standards (siehe Kasten „High Dynamic Range auf dem Prüfstand“).
Anders als dem gebogenen C6 spendieren ihm die Südkoreaner einen vierten HDMI-2.0-Eingang für dynamikreiches Filmmaterial respektive Videosignale bis 4K/60p. Der Doppel-Tuner und der Subwoofer bleiben allerdings den OLED-Flaggschiffen E6 (Test in audiovision 8-2016) sowie G6 (10-2016) vorbehalten. Den Mehrpreis von mindestens 1.500 Euro (LG OLED55E6D) rechtfertigen diese Features natürlich kaum, kann man sich für die Summe doch locker eine gut ausgestattete Settop-Box und ein ordentlich klingendes Soundsystem zulegen. Auf das extravagante „Picture-on-Glass“-Design muss der Käufer dann zwar verzichten, wobei auch LGs günstigster OLED-TV seine Reize hat und keineswegs billig verarbeitet wirkt. Einzig das bereits erwähnte Acrylglas-Element könnte manch einer als Manko empfinden, zumal es einen ungehinderten Blick auf die vom Anschlussfeld herunterbaumelnden Kabel beziehungsweise das typische Chaos hinter dem Fernseher freigibt.
Für das webOS-Betriebssystem haben wir nach wie vor nur Lob übrig: Zum einen präsentiert sich die Benutzeroberfläche gewohnt übersichtlich und modern, zum anderen reagiert sie ausgesprochen flott auf Eingaben und Befehle. Navigiert wird mit der bewährten „Magic Remote“, welche die Funktionalität eines normalen Signalgebers perfekt mit dem eingebauten Gyrosensor kombiniert und sogar als Universalfernbedienung für weitere Heimkino-Geräte nutzbar ist. Besonders viel Spaß macht die Bewegungssteuerung in Spielen, die man – neben hunderten anderen Smart-TV-Apps – kostenlos aus LGs Content Store herunterladen kann.
Beim Sound bekommen die Koreaner Hilfe vom HiFi-Spezialisten Harman Kardon. Daraus resultiert ein sauber und dynamisch klingendes, 40 Watt starkes Audio-system. Leider spielt es nicht sonderlich tief und verzerrt mit steigendem Schallpegel. Keine Frage, in Sachen Klang haben die OLEDs der E- und G-Serie die Nase klar vorn.
Bildqualität
Einmal mehr bestätigen unsere Messungen, dass die aktuellen OLED-TVs über die gleichen Displays verfügen. Folglich gewinnt auch beim 55B6D der Bildmodus „isf Experte (Dunkler Raum)“ den Titel als bestes Preset. Ihn zeichnen vor allem die neutralen Farben und Graustufen aus, die mit Delta-E-Werten von 1,5 respektive 1,2 auf Profi-Niveau liegen. Selbst schwierigere Nuancen wie Hauttöne erscheinen absolut originalgetreu. Für Animations- und Zeichentrickfilme, in denen es auf einen knalligen Look ankommt, empfiehlt sich der Farbumfang „Breit“ oder der standardmäßig mit der Einstellung verknüpfte Bildmodus „isf Experte (Heller Raum)“. In beiden Fällen wird der Farbraum in alle Richtungen erweitert; zu Grün hin besonders stark. Davon profitiert nicht zuletzt die DreamWorks-Produktion „Shrek“, wirken die Figuren und Landschaften doch sichtbar plastischer. Einzig die bläulichen Einfärbungen aus seitlicher Perspektive stören uns ein wenig. Dadurch erhalten beispielsweise die Sonnenblumen im sechsten Kapitel ab 40 Grad einen leichten Grünstich. Darüber hinaus sinkt die Helligkeit von 270 auf knapp 200 Candela ab. Der Kontrast bleibt über den gesamten Blickwinkelbereich aber unverändert.
Spielt man ihm dynamikreiche Videos zu, tauscht er die SDR-Presets automatisch durch deutlich hellere und farbenprächtigere Bildmodi aus. Wir empfehlen „HDR-Standard“, weil dieser als einziger Modus keinen Blaustich zeigt beziehungsweise den D65-Punkt exakt trifft. Andererseits verhilft die kühle Farbstimmung den übrigen Varianten „Hell“ sowie „Lebhaft“ zu Lichtreserven von 630 respektive 660 Candela, während unser Favorit nicht über 585 Candela hinausgeht. Jedoch schrumpft die Differenz mit wachsendem Messfenster, bis im vollflächigen Weiß (Average Picture Level 100 Prozent) bei allen drei Presets nur noch knapp über 130 Candela zustandekommen. Dieser enorme Helligkeitsverlust tritt übrigens bei allen aktuellen OLED-TVs auf. Eine echte Stärke ist der niedrige Schwarzwert von 0,002 Candela.
Generell sorgen die organischen Leuchtdioden für eine sehr saubere Differenzierung zwischen Hell und Dunkel, was der OLED55B6D sowohl in den Weltraum-Szenen aus „Gravity“ oder „Elysium“ als auch im ANSI-Schachbrettmuster eindrucksvoll beweist – hier messen wir einen hervorragenden Kontrastwert von 3.829:1; und das ohne irgendwelche vermeintlichen Bildverbesserungsschaltungen. Im Tuner-Betrieb ist aber die TruMotion-Funktion von Vorteil: Das Preset „Flüssig“ beugt speziell in Sportübertragungen verschmierten Konturen vor und verbessert so den Schärfeeindruck, wohingegen die 24p-Wiedergabe von Kinofilmen nur ohne die Bewegungsglättung perfekt gelingt. Die Ausleuchtung lässt keine Wünsche offen. mr
Der Testbericht LG OLED55B6D (Gesamtwertung: 82, Preis/UVP: 4000 Euro) ist in audiovision Ausgabe 3-2017 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Der LG OLED55B6D muss sich in Sachen Bildqualität nicht vor seinen teils erheblich teureren Brüdern verstecken: Die Farben, der Kontrast und das tiefe Schwarz sind einfach phänomenal. Bei der Helligkeit und der Ausstattung ist hingegen noch Luft nach oben.