Klipsch Reference-Premiere-Set (Test)

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Lautsprecher von Klipsch versprachen bisher stets Dynamik und satte Maximalpegel. Diese Tugenden legt auch das neue Set der Reference Premiere-Serie an den Tag, und nicht nur das.

Der von Paul W. Klipsch im US-Bundesstaat Arkansas gegründete Hersteller kann auf eine selbst für Hifi-Hersteller lange Geschichte zurückblicken. Immerhin brachte der Namensgeber sein erstes Produkt, das Klipschorn (die Schreibweise ist korrekt, das zweite „h“ hatte der Entwickler bewusst weggelassen), schon 1946 auf den Markt.

Trotzdem war das Unternehmen immer zukunftsorientiert und hat kontinuierlich und reichhaltig in die Entwicklung neuer und vor allem besserer Lautsprecher investiert. Dabei ist es sich, anders als viele andere Traditionsunternehmen, stets treu geblieben und hat sich bis heute sein Alleinstellungsmerkmal bewahrt: Lautsprecher von Klipsch arbeiten mit Hörnern. Das kann mal den gesamten Frequenzbereich betreffen, wie das oben erwähnte Klipschorn, das für den Bassbereich auf ein raffiniert gefaltetes Horngehäuse zurückgreift, das nur in einer Raumecke seine optimale Performance erreicht und von den Amerikanern immer noch gebaut
wird. Mittel- und Hochtonbereich werden natürlich ebenfalls von für ihren Arbeitsbereich optimierten Hörnern übernommen.

Doch natürlich ist nicht jeder bereit, derart riesige Boxen – und das sind die Klipschörner definitiv – in seinem Wohnraum oder auch seinem Heimkino unterzubringen. Deshalb hat Klipsch seit etlichen Jahren auch gewöhnlich dimensionierte Lautsprecher im Programm, die zwar normale Basstreiber aufweisen, für den Hochtonbereich aber immer ein Horn mitbringen.

Neben den Biwiring-Anschlüssen bietet der Hauptlautsprecher RP-6000F II als Ordnungsmaßnahme auch Terminals für den passenden Atmos-Kanal. Die zugehörige Box kommt oben drauf und findet via Bananenbuchsen oben auf der Rückwand Kontakt.

In der Frühzeit der Musikwiedergabe wurden fast ausschließlich Hornlautsprecher eingesetzt, denn sie weisen prinzipiell einen sehr hohen Wirkungsgrad auf. Das war seinerzeit extrem wichtig, denn die verfügbare Verstärkerleistung beschränkte sich auf den einstelligen Wattbereich. Der hohe Wirkungsgrad dieses Bauprinzips ist hauptsächlich das Resultat zweier Effekte: Die eingesetzten Treiber verfügten – und verfügen auch heute noch – über eine Druckkammer, die den Schall nur über winzige Öffnungen in die Außenwelt entlässt. Dadurch transformieren sich kleine Membranbewegungen in große Amplituden der Luftmoleküle, was den Wirkungsgrad schon mal kräftig erhöht. Das Horn sorgt nun dafür, dass sich der entstehende XXL-Druck langsam und kontrolliert an die Außenwelt anpassen kann, und konzentriert die Schallabstrahlung nach vorn.

Das in der Reference Premiere-Serie verbaute Hornchassis hat etliche Besonderheiten zu bieten: Zunächst einmal seine schiere Größe, es füllt die Breite (respektive Höhe beim Center) vollständig. Das hat keineswegs optische Gründe, denn je größer die Mundfläche eines Horns, desto tiefer ist auch seine untere Grenzfrequenz, bis zu der es die Abstrahlung sauber kontrollieren kann. Deshalb konnten die Entwickler das Horn bei der RP-600M II problemlos bei 1.500 Hertz ankoppeln, was mit den üblichen Kalottenhochtönern nahezu unmöglich wäre.

Bei genauem Hinsehen wird deutlich, dass das Horn aus zwei Teilen besteht: Der innere Bereich hat einen runden Querschnitt und öffnet sich eher langsam, außen wird der Querschnitt quadratisch und die Öffnungsrate wird deutlich größer. Zudem ist der gesamte Außenbereich aus hochdämpfendem Silikon gefertigt, das kaum Materialresonanzen aufweist.

Angetrieben wird das Horn von einer 25-Millimeter-Kalottenmembran aus Titan, die man von außen nur diffus erkennen kann: Ihr wurde nämlich eine Druckkammer bestehend aus einem zentralen Plättchen in der Mitte und einem breiten Ring außen vor die Nase gesetzt. Der Schall gelangt also nur über zwei schmale Schlitze, einer zwischen Ring und zentralem Plättchen, der andere ganz außen, in den Hornverlauf.

Die Explosionszeichnung des Klipsch-Hochtonhorns zeigt, welch hohen Aufwand der Hersteller bei diesem Treiber betrieben hat.

Technik
Das gilt auch für die neueste Serie mit dem etwas länglichen Namen „Reference Premiere“, die in der von uns getesteten Zusammenstellung mit 5.200 Euro zu Buche schlägt. Die aktuelle Ausgabe ist mittlerweile die dritte Iteration der Baureihe und einen Schritt unterhalb der Top-Baureihe Reference angesiedelt. Doch Klipsch hat hier keineswegs mit Technik gespart: So fällt besagtes Hochton-Horn (siehe Kasten) ziemlich groß aus, was eine Ankopplung bei 1.500 Hertz (bei den Surroundboxen RP-600M II) erlaubt. Bei Front und Center koppeln die Entwickler das Chassis etwas später (bei 1.800 respektive 2.000 Hertz) ein. Darunter greift Klipsch zu bewährter Technik, die aber verfeinert wurde: So erhielten die Magnetantriebe der Treiber allesamt Aluminiumringe, die vagabundierende Wirbelströme kurzschließen und damit den Schwingspulen auch bei hohen Pegeln ein stabileres Magnetfeld bescheren. Das sorgt für eine Verringerung von Verzerrungen und besserem Klang. Als Membranmaterial nutzen die Amis kupferfarben eloxiertes Aluminium, dessen Oxidschicht besonders dick ausfällt und damit für große Härte und Steifigkeit sorgt. Die Membranresonanzen, die bei jedem Material auftreten und nicht zu verhindern sind, werden auf diese Weise weit aus dem Übertragungsbereich hinaus befördert und spielen für die Klangqualität keine Rolle mehr. Klipsch nennt das Material Cera metallic.

Damit nicht genug: Auch die Gehäuse der Reference Premiere sind von der ausgefeilten Sorte. So bringt die Frontbox RP-6000F II für jedes seiner beiden Basschassis ein eigenes Abteil mit. Die Trennwände zwischen beiden dienen auch als Verstrebung gegen unerwünschtes Mitschwingen der Gehäusewände. Jede der Kammern ist zudem mit einer eigenen Bassreflexöffnung versehen, die sich sowohl ins Gehäuse hinein als auch nach außen mit einer Traktrix-Funktion öffnet, die man von Hörnern wie dem hier von Klipsch verwendeten kennt – passt also voll ins Bild und soll für möglichst reibungs- und somit geräuscharme Luftbewegungen in den Rohren sorgen.

Auch bei spärlicher Beleuchtung sind die Einstellknöpfe des Subwoofers und ihre Position danke großer Drehknöpfe inklusive Plexiglas-Lupe von oben einfach abzulesen.

Der Wunschtraum eines jeden Hifi- und Heimkino-Fans ist schon seit jeher eine Basswiedergabe bis hinunter zu 20 Hertz bei vollem Pegel. Leider hat die Physik hier der Erfüllung dieser Träume massive Hindernisse in den Weg gelegt: Die riesigen Membranflächen und Gehäusevolumina, die dafür nötig sind, will sich nämlich niemand in sein Wohnzimmer stellen. Also gilt es für Lautsprecher-Entwickler, einen möglichst sinnvollen Kompromiss zwischen schierer Größe und Bassvolumen zu finden. Ein sehr häufig eingeschlagener Pfad dahin war und ist das so genannte Bassreflexgehäuse. Dieses nutzt nämlich über eine Öffnung auch die Energie, die ein Tieftontreiber in ein Gehäuse hinein abstrahlt, zur Schallerzeugung. Bei einem komplett geschlossenen Gehäuse ist diese Energie verloren.

Erste Versuche in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts zeigten per Versuch und Irrtum, dass eine Gehäuse-Öffnung die Basswiedergabe durchaus unterstützen kann, aber erst 1961 machten Neville Thiele und Richard Small Bassreflexgehäuse mathematisch berechenbar (über die so genannten Thiele-Small-Parameter) und so für nahezu jeden einsetzbar. Damit war der Weg für kompakte Gehäuse mit zufriedenstellender Basswiedergabe frei.

Die Auslegung der Bassreflexrohre beim Testset von Klipsch weist auf eine weitere Komplikation hin: Rohre produzieren nämlich bei höheren Pegeln wahrnehmbare Geräusche. Die sich im Rohr schnell und mit hoher Amplitude bewegende Luft erzeugt an den abrupten Übergängen wahrnehmbare Turbulenzen. Diese lassen sich mit Hilfe von Rohren, die sich zu beiden Seiten sanft öffnen und so einen abrupten Übergang vermeiden, nahezu eliminieren. Bei Klipsch sieht das dann aus wie eine Hornöffnung, was wohl kein Zufall ist.

Durch die sanfte Öffnung des Bassrefl exrohres nach außen verhindern die Klipsch-Entwickler hörbare Strömungsgeräusche bei hohen Basspegeln.

Ein nettes Schmankerl für eine spätere Aufrüstung mit Atmos-Aufsatzboxen: Für deren Versorgung bringen die RP-6000F II eigene Terminals oberhalb der Biwiring-Anschlüsse mit. Das Atmos-Signal wird dann innerhalb der Box zu Bananenbuchsen oben in der Rückwand geführt. Erst hier findet die Höhenbox Kontakt. So wollen die Entwickler Ordnung in den „Kabel-Salat“ bringen.

Der Center RP-504C II fällt wegen seiner vier Tiefton-Treiber mit je 13 Zentimetern Durchmesser ziemlich breit aus (81,4 Zentimeter, um genau zu sein). Um unnötige Interferenzen, vor allem unter größeren Winkeln, zu minimieren, trennt Klipsch die äußeren Tieftöner schon bei 650 Hertz ab, die inneren laufen bis 2 Kilohertz durch. Genau wie die Surroundboxen bringt der Center eine Korkbeschichtung an seiner Unterseite mit, die auch auf glatten Oberflächen für einen rutschfesten Stand und zudem für eine Schwingungsentkopplung sorgen soll.

Der Subwoofer RP-1600SW ist der größte der Reference-Premiere-Serie, seine Bezeichnung weist auf das Chassis mit gewaltigen 16 Zoll, also gut 40 Zentimeter, Durchmesser hin. Es haust in einem über 50 Kilo schweren Gehäuse mit 246 Litern Volumen. Für Transport und Aufstellung ist das eher unvorteilhaft, verspricht aber atemberaubende Tiefbasspegel. Dabei hilft die schlitzförmige Bassreflexöffnung an der Unterseite der Front, indem sie die von der Membran ins Innere des Subs abgestrahlte Schallenergie auf dosierte Weise nutz- und hörbar macht (siehe Kasten).

Ebenfalls vielversprechend für unterhaltsame Heimkino-Stunden sind die 800 Watt, mit denen der integrierte Schaltverstärker aufwartet. Einen tollen Einfall hatten die Entwickler bei der Gestaltung der Regler für Trennfrequenz und Pegel. Hier wählte der Hersteller nicht nur große Drehknöpfe in Weiß mit schwarzer Beschriftung, sondern versah sie mit einer Lupe aus Plexiglas, mit deren Hilfe man eine sehr exakte Justage vornehmen kann (siehe Bild).

Der beeindruckende Treiber des RP-1600SW lässt schon über seine drei aufeinander gestapelten Magnetringe und den immensen Überstand seines Schwingspulen-Trägers erahnen, dass er einen Hub im Zentimeterbereich aus dem Ärmel schüttelt.

Tonqualität Surround
Keinerlei Zweifel über seine Ambitionen hinterließ der Sub im Messlabor: Nachdrückliche 113 Dezibel Maximalpegel und 20 Hertz untere Grenzfrequenz sind vom Feinsten. Eine ebenfalls sehr ordentliche Vorstellung boten Front, Center und Surroundboxen: Mit knapp 90 Dezibel Wirkungsgrad (die Surrounds etwas weniger) setzen sie Verstärkerleistung recht effektiv in Schall um. Bei den Frequenzgängen gab es keine Beanstandungen. Das Rundstrahlverhalten des Center zeigt wie zu erwarten unterhalb zwei Kilohertz Einbrüche, ist aber darüber, im Arbeitsbereich des Hochtonhorns, vorbildlich.

Wer Bedenken wegen etwaiger Hornverfärbungen hat – eine früher berechtigte Furcht – kann sich beim Klipsch-Set beruhigt zurücklehnen: Es zieht die Zuhörer nämlich mit seinem anspringenden, zupackenden Klangbild in seinen Bann, mischt dem aber keinerlei Schärfe oder Trötigkeit bei. Auch Orchester wie das San Francisco Symphony bei Aaron Coplands „Appalachian Spring“ tönten glaubwürdig und angenehm. Zumal das Set die einzelnen Instrumente penibel herausarbeitete, ohne den homogenen Orchesterklang zu beeinträchtigen.

Ebenfalls eindrucksvoll stellt das Set die Stimmen von Jane Monheit und John Pizarelli bei ihrem „They Can´t Take that Away From Me“ in den Raum. Geradezu ansatzlos löste sich der Klang von den Lautsprechern. Richtig Spaß hatten die Tester auch, als Ratte Remy in „Ratatouille“ mit Blitz und Donner vom Dach gefegt wurde. Der Knall fährt einem dabei wirklich nachdrücklich in die Glieder, selbst wer weiß, was da gleich kommt, zuckt erschreckt zusammen. Dabei macht dem Klipsch-Set auch ein herzhafter Rechtsdreh am Lautstärkeregler nichts aus, es quittiert auch unvernünftige Pegel mit akkurater, unverzerrter und unkomprimierter Wiedergabe, bei der auch der Tiefbass nicht zurücksteht. Alle Achtung!

Tonqualität Stereo
Mit ihren zwei Sechzehnern als Tieftöner und der ausgeklügelten Bassreflextechnik benötigen die RP-6000F II im Stereobetrieb keine Subwoofer-Unterstützung. Das zeigt das Trio Bill Champlin/ Joseph Williams/Peter Friestedt mit seinem hervorragend aufgenommenen Album „CWF“, der Bass kommt knackig, kräftig und mit Tiefgang. Stimmen und Instrumente stellen die Standboxen zudem fest umrissen, unmittelbar und wie selbstverständlich in den Raum und vernachlässigen dabei auch die Raumtiefe nicht. Prima ist auch hier die ansatzlose Dynamik, mit der die Klipsch-Boxen auftrumpfen, dagegen wirken diverse Modelle von Mitbewerbern eher schlafmützig.

Der Testbericht Klipsch Reference-Premiere-Set (Gesamtwertung: 88, Preis/UVP: 5.200 Euro) ist in audiovision Ausgabe 9-2023 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

88 Sehr gut

Wer Filmton und Musik dynamisch, kraftvoll und pegelstark mag, sollte sich die Reference Premiere-Serie von Klipsch näher ansehen bzw. anhören. Angesichts dieser Performance passt auch der Preis.

Michael Nothnagel

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