Sony XR-55X90J (Test)

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Als Full-Array-LCD-Fernseher schickt Sony seinen 1.400 Euro teuren XR-55X90J ins Rennen. Doch während die 4K-LCD-Spitzenbaureihe X95J (Test in Ausgabe 8-2021) mit mehr als 100 Dimming-Zonen auskommt, muss sich der 55-Zöller mit gerade mal 24 Dimming-Bereichen begnügen. Zusätzlich ist der Flachmann in 50, 65 und 75 Zoll zu Preisen zwischen 1.200 und 2.400 Euro zu haben. Vorteil der Baureihen ab 55 Zoll: Die  Metallfüße lassen sich sowohl mittig für die Aufstellung auf schmalen TV-Sideboards als auch weiter außen für optimale Standfestigkeit montieren. Dazu werden diese einfach von unten ins Gehäuse gesteckt, fertig! Der Rahmen besteht lediglich aus Kunststoff. Mit einer Tiefe von 7,2 Zentimeter kann der Sony  nicht mit dem flachen Aufbau vieler OLED-TVs mithalten. Der 55-Zöller verfügt rückseitig über den VESA-genormten Lochabstand von 300 x 300 Millimeter und eignet sich so für die Wandmontage.

Ausstattung und Praxis
Nahezu alles, was man in der TV-Oberklasse erwartet, hat auch der Mittelklässler XR-55X90J an Bord.  Dazu gehören Twin-Tuner für Kabel, Satellit und DVB-T2, eine Aufnahme-Option auf USB-Festplatte (zeitversetztes Fernsehen wird bei Sony generell nicht unterstützt), AirPlay 2, Chromecast und zwei von vier HDMI-Buchsen, die die 4K-Wiedergabe mit 120 Hertz, den Auto Low Latency Mode (ALLM) und bald nach einem Update auch Variable Refresh Rate (VRR) beherrschen. Auch in Sonys 1.400-Euro-Fernseher werkelt der neue Cognitive Processor XR, der über die bisherige Künstliche Intelligenz hinausgeht und genau wie das menschliche Gehirn dazu in der Lage ist, mehrere Bildparameter gleichzeitig und zudem die Position des Klangs im Signal zu analysieren, um Ton und Handlung möglichst synchron wiederzugeben.

Google TV: Im Zusammenspiel mit Android 10 liefert der Sony-Fernseher ein hohes Arbeitstempo und einen guten Bedienkomfort.

Android 10 harmoniert sehr gut mit der Benutzeroberfläche von Google TV. Das Bedientempo ist grundsätzlich gut, Umschaltzeiten könnten etwas kürzer ausfallen, und auch beim Starten von TV-Mitschnitten auf USB-Speicherträger lässt sich der Sony etwas zu viel Zeit. Der Elektronische Programmführer im stylischen Grau und Violett zeigt neun Sender übersichtlich übereinander an und ermöglicht es, das Programm über die Schlagwörter „HD/UHD“, „Digital“, „Spielfilm“, „TV-Serie“, „Sport“, „Nachrichten/Info“, „Unterhaltung“ und „Beliebt“ blitzschnell zu durchsuchen.


Erste Schritte: Der Sony wird per „Google Home“ vom Smartphone alleine gefunden. Wer will, kann seine TV-Apps bei Anfragen durchsuchen lassen.

Besonders bequem gelingt die Ersteinrichtung des 55-Zöllers über die für Android und iOS erhältliche Gratis-App „Google Home“ und das Scannen eines QR-Codes vom TV-Bildschirm mit einem Smartphone. Der XR-55X90J wird vom Mobilgerät alleine gefunden, die WLAN-Verbindung wird ebenfalls in Eigenregie hergestellt, ohne dass man das Passwort manuell eingeben muss. Erforderlich ist ein Google-Konto, mit dem man sich im Fernseher anmeldet. „Voice Match“ ist ein praktisches Feature: Der zugehörige Assistant kann den TV-Besitzer bereits an dessen Stimme erkennen und von anderen Personen unterscheiden. Apps mit einem möglichen Abonnement wie Streaming- oder Musikdienste werden während des Setups aufgelistet und können direkt ausgewählt werden. Die komplett menügeführte Einrichtung ist nach wenigen Minuten erledigt.

Feinschliff: Nutzer können durch ihre Stimme erkannt werden. Wer bereits ein Streaming-Abo abgeschlossen hat, kann dieses während des Setups auswählen.

Die griffige Fernbedienung hat Direktwahltasten für Google Assistant sowie die Streaming-Plattformen YouTube, Netflix, Disney+ und Amazon Prime Video. Außerdem hat der Sony unter anderem Apple TV, Bravia Core, Sky Ticket, DAZN, Waipu.TV, Joyn und Zattoo an Bord, die App-Auswahl ist riesig. Zum hohen Bedienkomfort tragen auch die praktischen Schnelleinstellungen bei, über die man ganz viele Parameter direkt erreichen kann, ohne erst in ein Untermenü abtauchen zu müssen.

Für einen optimierten Klang verfügt der XR-55X90J über die Funktion „Acoustic Auto Calibration“, bei der über ein Mikrofon in der Fernbedienung die Akustik des Raums analysiert und die Position des Zuschauers erkannt wird. Zudem hat der 55-Zöller einen speziellen Netflix-Modus integriert und kann IMAX Enhanced-Titel abspielen.

Perfektes Ergebnis: Im SDR-Bereich gibt sich der XR-55X90J keine Blöße und trifft jeden einzelnen Messpunkt präzise. Hier ist kaum Feintuning erforderlich.

Luft nach oben: Das DCI-P3-Spektrum für HDR-Darstellungen deckt der 55-Zöller nicht komplett ab, bei Grün und Gelb wird dieses Defizit sichtbar.

Bild- und Tonqualität
Mit 850 Candela im „Standard“-Modus ist der Sony für diese Preisklasse ein richtig heller Fernseher. Freilich erreicht er diese Dynamik nur in Spitzlichtern, bei 50- und 100-prozentigem Weißanteil muss man sich mit etwas mehr als 600 Candela zufrieden geben, was aber immer noch ein guter Wert ist. Im farblich besten „Kino“-Setting erreicht der 55-Zöller knapp 770 bzw. jeweils 530 Candela. Überraschend: Der „Dynamisch“-Modus erzielt mit 755 Candela keine größere Spitzenhelligkeit als in der „Standard“-Einstellung. Mit 2.250:1 generiert der Flachmann zudem einen hervorragenden ANSI-Kontrast. Ob man sich bei der Farbtemperatur ab Werk für „Experte 1“ oder „Experte 2“ entscheidet, spielt keine Rolle. In beiden Fällen haben wir 6.364 Kelvin ermittelt, womit der Sony von der optimalen Zielvorgabe 6.500 Kelvin nicht allzu weit entfernt ist.

Auf dem neuesten Stand: Der 55-Zöller hat Twin-Tuner für flexible TV-Aufnahmen an Bord. Zwei der vier HDMI-Buchsen unterstützen zudem den aktuellen Standard 2.1 mit VRR (Update folgt), ALLM und 120 Hertz bei 4K.

Beim Thema Schwarzdarstellung, Aufhellung und Gleichmäßigkeit der Ausleuchtung sind wir sehr gespannt, was der LCD-TV mit seiner überschaubaren Anzahl von Dimming-Zonen zu leisten vermag. Trotz optimaler Einstellungen mit leicht reduzierter Helligkeit auf 35, verringertem Schwarzwert auf 45 und automatischer lokaler Dimmung auf „Hoch“ schafft der Sony bei frontaler Betrachtung und vollflächiger Darstellung kein super sattes Schwarz auf OLED-Niveau, aber immerhin ist er von einer guten Schwarzwiedergabe nicht weit entfernt. Um helle Objekte bemerkt man dezente Lichthöfe. Schaut man allerdings von der Seite und/oder von oben auf das Display, so werden die kleinen Aufhellungen zu riesigen Flecken. Das Panel färbt sich grau-bläulich ein, von Schwarz ist der XR-55X90J jetzt weit entfernt. Die Homogenität des Displays geht nun ziemlich flöten. Für Filmbalken oben und unten bedeutet dies: Je nach Inhalt sind diese mal gleichmäßiger und annähernd schwarz oder mal ungleichmäßiger und nur dunkelgrau eingefärbt.

Hilfreich: Die so genannten „Schnelleinstellungen“ ermöglichen es, blitzschnell auf einzelne Parameter und Steuer-Optionen zuzugreifen.

Die aufgeführten Probleme machen sich jedoch nur bemerkbar, wenn der Raum wie unser Teststudio komplett abgedunkelt ist. Schon bei etwas Tages- oder Kunstlicht kann der Japaner dieses Manko gut verbergen. Seine hohe Display-Helligkeit macht speziell HDR-Filme zum Erlebnis. Neben HLG und HDR10 unterstützt der Apparat Dolby Vision, allerdings kein HDR10+. Gerade bei Dolby-Vision-Titeln erreicht man mit den Optionen „Dunkel“, „Hell“ und „Brillant“ das für jede Umgebungshelligkeit und jeden persönlichen Geschmack bestmögliche Bild. „Brillant“ schießt ein faszinierendes Farbenfeuerwerk mit enormer Kraft, Plastizität und Dynamik ab, während die beiden anderen Modi eine höhere Natürlichkeit gewährleisten. Unsere Messungen ergaben, dass der Flachmann im DCI-P3-Spektrum bei den Grün- und Gelbtönen nicht den ganzen Bereich zu 100 Prozent abdeckt.  Die Schärfe von 4K-Material wie der neuen Netflix-Doku „Das Leben in Farbe“ ist brutal, bei Nahaufnahmen in der Tierwelt erkennt man jedes noch so feine Härchen, kleinste Farbübergänge und Details, wohin das Auge auch blickt. Trotz fehlendem Bildverbesserer „X-Wide Angle“ ist die Blickwinkel-stabilität überdurchschnittlich gut, Farben neigen erst recht spät dazu, zu verblassen. Für ruhige Bewegungen sollte die „Glätte“ auf „2“ stehen, bei der „Klarheit“ muss man entscheiden, ob man das bei Stufe „1“ schon sehr ordentliche Ergebnis noch ein wenig verbessern möchte, dabei jedoch eine spürbare Abdunkelung des Bilds in Kauf nimmt.

Die Audio-Ausgangsleistung liegt bei 20 Watt. Zum Einsatz kommen zwei Breitband- und zwei Hochtonlautsprecher, Dolby Atmos wird unterstützt. Zudem simuliert der Sony 3D-Surround-Sound. Im Ton-Setting „Dialog“ kann die ohnehin gute Sprachverständlichkeit noch ein wenig stärker betont werden. Die tonale Performance überzeugt, die Breite der Soundbühne gefällt. Der 55-Zöller ist kein Basswunder, reicht aber für einen schönen Konzertabend ohne allerhöchste Ansprüche aus.

Der Testbericht Sony XR-55X90J (Gesamtwertung: 81, Preis/UVP: 1400 Euro) ist in audiovision Ausgabe 9-2021 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

81 sehr gut

Als Mittelklassefernseher liefert der Sony XR-55X90J ein überzeugendes Bild mit hoher Helligkeit, kräftigen Farben und toller Schärfe. Die 24 Dimming-Zonen reichen jedoch nicht für ein sattes Schwarz. Beim Bedienkomfort, der Ausstattung und der Akustik schneidet der 55-Zöller wiederum überdurchschnittlich gut ab.

Jochen Wieloch

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