Sonys brandneue ZD9-Spitzenserie verspricht wegweisende Technik, eindrucksvolle HDR-Bilder und einen stolzen Preis. Mit sage und schreibe 70.000 Euro schlägt nämlich das rund zweieinhalb Meter große Top-Modell zu Buche – gut, dass der von uns getestete 65-Zöller nur einen Bruchteil dessen kostet.
Ausstattung und Praxis
5.000 Euro sind zwar alles andere als ein Schnäppchen, doch ist Panasonics aktuelles Top-Modell TX-65 DXW 904, das in unserem Test Maßstäbe in puncto HDR setzte, ähnlich teuer. Geht es nach Sony, zeichnet sich auch der ZD9 genau in diesem Bereich aus. Um das dem Kaufinteressenten zu signalisieren, setzen die Japaner auf ihr eigenes „4K HDR“-Logo, das dem Gerät die gleichen Fähigkeiten bescheinigt wie die offizielle „Ultra HD Premium“-Zertifizierung der UHD-Alliance. Das bedeutet: erweiterte Farbräume, eine Leuchtdichte von mindestens 1.000 Candela sowie ein Schwarzwert unter 0,05 Candela. Die treibende Kraft dahinter ist der „X1 Extreme“-Prozessor, der gegenüber der bisherigen Recheneinheit laut Hersteller 40 Prozent mehr Bildverbesserungen in Echtzeit durchführt und dank „Super Bit Mapping“ eine 14 Bit starke Signalverarbeitung garantiert. Sony verzichtet also bewusst auf „UHD Premium“ genauso wie auf „Dolby Vision“ (wird derzeit nur von LG unterstützt). Dafür lassen zumindest die Flaggschiffe den 3D-Trend weiterleben, wobei zwei (aktive) Shutter-Brillen bereits zum Lieferumfang gehören. Ein Novum stellt das „Backlight Master Drive“ dar (siehe Kasten „Neuartige Hintergrundbeleuchtung“). Das auf der Quantum-Dot-Technologie basierende Triluminos-Display bildet nach wie vor eine feste Instanz.
Der ZD9 aktiviert mit HDR-Clips (fast immer) die hellsten Voreinstellungen für die Hintergrundhelligkeit, die automatische Local-Dimming-Schaltung sowie die damit verknüpfte Funktion „X-tended Dynamic Range“. Die Werte „Hoch“, „Mittel“, „Gering“ und „Aus“ sind allerdings nicht ausgegraut, sondern lassen sich für alle zwölf HDR-Bildmodi frei wählen. Ähnliches gilt für den Farbraum, der im erweiterten Bildmenü unter „Videooptionen“ neben der automatischen Voreinstellung direkt auf die Varianten „DCI“, „BT.2020“ oder „Adobe RGB“ eingestellt werden kann. Tüftler wird dies freuen, Einsteiger dürften aber leicht überfordert sein.
Direkt darüber bietet das Menü „HDR-Option“ ein Highlight: Im eingeschalteten Zustand stellt das Sony-Flaggschiff – ähnlich wie Samsung mit dem „HDR+“-Spezialmodus – seine extremen Helligkeitsreserven auch für SDR-Clips zur Verfügung. Der Unterschied im weißen 25-Prozent-Fenster ist enorm: Statt knapp 550 Candela im farblich besten Bildmodus „Cinema Pro“ beziehungsweise 925 Candela im helleren Preset „Cinema Home“ sind es nun wie bei echten HDR-Clips jeweils gut 1.500 Candela! Das schafft kein OLED-TV, gleichzeitig sorgt die akkurate Local-Dimming-Schaltung des Sony für eine fantastische Schwarzdarstellung ohne störende Lichthöfe. Noch höhere Werte von sagenhaften 1.840 Candela erreicht der Sony im Zehn-Prozent-Fenster mit SDR- wie HDR-Videos gleichermaßen in den beiden Presets „Cinema Pro“ und dem mit etwas hellerer Gamma-Charakteristik verknüpften „Cinema Home“. Und das bei erweiterten, aber noch recht natürlichen Farben sowie einer korrekten Farbtemperatur nahe am D65-Punkt. Nur im Tuner-Betrieb ist die Funktion „HDR-Modus“ nicht zugänglich, da die aktuelle Qualität von TV-Programmen für eine derart dynamische Darstellung nicht ausreicht.
Derzeit kann kaum ein Großbildfernseher dem Sony in puncto Helligkeit das Wasser reichen. Einzig Panasonics LCD-Flaggschiff TX-65 DXW 904 (audiovision 3-2016) bleibt im vollflächigen Weißbild etwas standfester: Hier schafft er 880 Candela pro Quadratmeter, während der Sony ZD9 mit rund 740 Candela einen Hauch dunkler erscheint.
Gleiches gilt natürlich für das Android-Betriebssystem mit seinem reichhaltigen Smart-TV-Angebot (Stichwort: Google Play Store) und umfassenden Konnektivitätsoptionen. So gelingt die Installation mithilfe eines adäquaten Smartphones oder Tablets buchstäblich im Handumdrehen – ganz ohne App. Leider reagiert der Fernseher oft etwas träge, besonders die Startseite benötigt nach dem Einschalten einige Sekunden zum Laden der zahlreichen Grafiken. Dank der „Content Bar“ können direkt aus der aktuell geöffneten Anwendung heraus Inhalte gesucht und angezeigt werden.
Akustisch leistet der ZD9 nichts Besonderes: Die beiden Zehn-Watt-Boxen bringen Stimmen sauber zu Gehör, allerdings fehlt es ihnen an Dynamik und Bass. Im Vergleich zu den Vorgängern (X9C) hat die 2016er-Generation hier einen Rückschritt gemacht.
Bildqualität
Im Tuner-Betrieb beschränkt sich der KD-65 ZD9 auf acht verschiedene Bildmodi, wobei wieder einmal „Cinema Pro“ akkurate Farben nach HDTV-Standard BT.709 mit einer natürlich feinen Kontrastdifferenzierung verbindet. Die Helligkeit auf höchster Backlight-Stufe erreicht 547 Candela im 25-Prozent-Fenster, der typische Stromverbrauch des 65-Zöllers bei TV-Wiedergabe beträgt rund 180 Watt. Im Preset „Cinema Home“ schwillt er um satte 100 Watt an und die Leuchtkraft klettert auf 925 Candela – ideal im sonnendurchfluteten Wohnzimmer. Die hellere Gammacharakteristik lässt Gesichter aber zu plakativ erscheinen: Glänzende Reflexe auf der Stirn oder feine Schattierungen der Haut wirken weit unnatürlicher als im Preset „Cinema Pro“. Noch hellere und dynamikreichere Einstellungen versagt der Sony im Tuner-Betrieb aufgrund der begrenzten Qualität heutiger TV-Programme. Deshalb fehlt hier die Funktion „HDR-Option“. Sie steht nur für externe HDMI-Quellen zur Verfügung und steigert dort im Modus „HDR Ein“ auch die Helligkeit von SDR-Inhalten auf satte 1.500 Candela (APL 25 Prozent) – wohlgemerkt: bei korrekter Farbtemperatur.
Die Zahl der Bildmodi erhöht sich via HDMI auf zwölf; alle davon wechseln mit HDR-Quellen auf eine besonders helle und dynamikreiche Backlight-Einstellung. Anders als der Bruder XD 9305 (audiovision 5-2016) graut der ZD9 bei HDR-Clips keine Bildmenüs aus (siehe Kasten „Umfangreiche HDR-Bildfunktionen“). Im TV-Betrieb liefert zwar das stark überschärfte Preset „Brilliant“ mit maximal 1.576 Candela auch extrem helle, aber zu kühle und übermäßig plakative Bilder. Der Wechsel auf das neutrale Farbtemperatur-Preset „Experte 1“ und eine dezentere Schärfeeinstellung lassen Sonys hellsten Bildmodus natürlicher aussehen, doch reicht er nicht an das für TV-Material am besten geeignete Preset „Cinema Pro“ heran.
Auch ohne den Einsatz der dynamischen Hintergrundbeleuchtung macht das LCD-Panel eine Top-Figur. Denn selbst bei deaktiviertem Local-Dimming im Bildmodus „Anwender“ erreicht der native Ein-Aus-Kontrast Spitzenwerte von 10.420:1. Auch der Im-Bild-Kontrast von 2.150:1 im ANSI-Schachbrettmuster ist herausragend, der Hellraumkontrast liegt mit 750:1 auf gutem Nivau. Nur in Sachen Homogenität und Blickwinkelstabilität offenbaren leicht fleckige Grauflächen (Clouding) sowie für seitliche Betrachter deutlich abfallende Kontraste zwei echte Schwächen des Flaggschiffs.
Zudem soll die „einzigartige optische Struktur der kalibrierten LEDs“ das Licht in einem Punkt sammeln und die Beleuchtung so präziser fokussieren, um einen höheren Kontrast zwischen tiefen Schwarz- sowie hellen Weißtönen darstellen zu können. Tatsächlich erzielt der KD-65 ZD9 in unseren Kontrastmessungen erstklassige Werte und kratzt obendrein fast an der 2.000-Candela-Marke, wovon HDR-Enthusiasten bislang bloß träumen konnten. Spitzlichter stechen demnach buchstäblich ins Auge, zumal auch der Schwarzwert mit 0,006 Candela auf exzellent niedrigem Niveau liegt. Ihre Stärke spielt die Local-Dimming-Schaltung vor allem in dunklen Szenen aus, die keine störenden Lichthöfe erkennen lassen. Die Ausleuchtung könnte trotzdem gleichmäßiger sein.
Gute Arbeit leistet Sonys Bewegungstechnik „Motionflow“: Sie kann zwar nicht zaubern, erfüllt jedoch viele Wünsche und liefert wahlweise originalgetreue 24p-Kinofilme oder glättet sie in fünf Stufen. Sportsendungen erscheinen entweder hell (aber leicht verwischt) oder werden auf Kosten der Bildhelligkeit deutlich klarer dargestellt. Die Stufe „Klarheit 1“ halbiert die Leuchtdichte und produziert kaum verschmierte Doppelkanten. Schließlich zeigt die fünfte Stufe der Schaltung bewegte Konturen scharf wie bei kaum einem anderen TV-Hersteller. Dann allerdings flackern die Bilder leicht mit 50 beziehungsweise 60 Hertz und die Display-Helligkeit geht auf weniger als ein Zehntel zurück, was auch am Abend zu dunkel ist.
HDR vom Feinsten
Spielt man eine der wenigen echten Ultra-HD-Filmabtastungen wie Luc Bessons in feinster 10-Bit-HDR-Qualität produziertes SciFi-Spektakel „Lucy“ zu, ist die Bildwirkung grandios: Nun spielen die enormen Helligkeits-reserven des KD-65 ZD9 und die für HDR-Content optimierten Farb- und Gamma-Presets kongenial zusammen (siehe auch Szenenvergleich Seite 43). Helle Lichtreflexe leuchten mit bis zu sage und schreibe 1.800 Candela, Farben der nächtlichen Großstadtkulisse strahlen intensiver. Die nahezu makellosen Hautpartien der jungen Scarlett Johansson wirken natürlich fein, die grobporige Charaktervisage von Morgan Freeman eindrucksvoll kantig und ausdrucksstark. Auch das feinste Mienenspiel entgeht dem Betrachter in ruhigen Einstellungen nicht, während in action-reichen Sequenzen viele Kamerafahrten dank famoser Bildschärfe und extrem satter Schwarzdarstellung ungewohnt plastisch, ja geradezu dreidimensional wirken. Messtechnisch liefern die beiden farblich besten HDR-Bildmodi „Cinema Pro“ und „Cinema Home“ nahezu identische Leuchtdichten von 740 Candela im vollflächigen Weißbild bis 1.800 Candela im Zehn-Prozent-Fenster sowie satte Farben nahe dem DCI-P3-Standard. Das (HDR-)Preset „Cinema Pro“ ist aufgrund der dunkleren Gammacharakteristik die optimale Einstellung am Abend, während „Cinema Home“ tagsüber mit etwas helleren Abstufungen finstere und mittelhelle Konturen besser sichtbar werden lässt. mr/ur
[amazon box=“B01LSE7ERS“]Der Testbericht Sony KD-65ZD9 (Gesamtwertung: 88, Preis/UVP: 5000 Euro) ist in audiovision Ausgabe 11-2016 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Sony hat sich mit dem KD-65 ZD9 selbst übertroffen und einen der derzeit besten Fernseher auf den Markt gebracht. Eine echte Innovation ist dabei das „Backlight Master Drive“, welches jede LED des Hintergrundlichts einzeln ansteuern kann. Mit einer etwas gleichmäßigeren Ausleuchtung wäre sogar der Sprung in unsere Referenzklasse möglich.