Lumagen Radiance Pro (Test)

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Der Radiance Pro von Lumagen beherrscht dynamisches Tone Mapping für HDR und hilft so SDR-Projektoren bzw. Modellen mit statischer HDR-Verarbeitung auf die Sprünge. Zum Schnäppchenpreis gibt es diese faszinierende Bild­optimierung allerdings nicht.

High Dynamic Range (HDR) kann eine echte Bereicherung sein, um Spielfilme, Sport und Serien zu Hause zu erleben. Besonders unter Heimkino-Besitzern erfreut sich das Feature großer Beliebtheit. Während die meisten TV-Geräte bereits ein dynamisches Tone Mapping besitzen, um HDR-Inhalte mit optimaler Qualität zu präsentieren, sieht es unter Heimkino-Beamern diesbezüglich eher dürftig aus. War JVC bislang der einzige Hersteller, der seinen DLA-N-Modellen mit „Frame Adapt HDR“ ein dynamisches Tone Mapping spendiert hat, gesellt sich jetzt auch Sony mit seinen neuen 4K-Modellen VPL-VW590 (Test in 11-2020) und VPL-VW790 hinzu.
Alle anderen Projektoren zeigen HDR-Filme hingegen oft zu dunkel oder es überstrahlen helle Inhalte ins Weiß (siehe Kasten rechte Seite). Dem Radiance Pro gelingt es, aus einem Non-HDR-Beamer einen Projektor mit exzellenter HDR-Darstellung zu machen. Dieses exklusive Vergnügen ist mit 7.500 Euro aber alles andere als günstig.

Via Info-Taste wird auf dem On-Screen-Menü angezeigt, welches Eingangssignal am Radiance Pro anliegt und in welcher Form er es ausgibt.

Styling und Ausstattung
Der Radiance Pro ist ganz in Schwarz gehalten. Seine Form erinnert an einen hochwertigen Blu-ray-Player. Sämtliche Schnittstellen sind auf der Rückseite des Gehäuses implementiert. Dazu gehören in unserem Testgerät vier HDMI-Eingänge und zwei HDMI-Ausgänge, wovon einer für Audio und der zweite Port für Inhalte bis zu 18 Gbit/s spezifiziert ist. Es können also alle 4K-HDR-Filme mit bis zu 60 Hz ausgegeben werden. Der Radiance Pro kann gegen Aufpreis mit bis zu acht HDMI-Eingängen und vier HDMI-Ausgängen konfiguriert werden.

Primär- und Sekundärfarben kommen den Zielwerten des Farbraums Rec.2020/P3 bereits sehr nahe.

Der Videoprozessor ist vollgestopft mit hilf-reichen Tools: „NoRing“-Scaling bietet eine Skalierung von allen Quellen, ohne dass störende Halos um kontrastreiche Objekte auftreten. Der implementierte Darbee-Chip kann Bildsignale bis Full-HD-Auflösung nachbearbeiten. Damit können Filme knackiger und plastischer erscheinen. Für UHD-Inhalte hat Lumagen einen eigenen Prozessor entwickelt, der diese Aufgabe übernimmt. Das Tool steht auf der Herstellerseite zum Download, falls es in älteren Modellen noch nicht implementiert sein sollte.
Das On-Screen-Menü erinnert an Videotext-Seiten aus den 1980er-Jahren. Hier wäre ein ansprechenderes Design und eine übersichtlichere Menüführung wünschenswert.

Nach der Profilierung durch den Radiance Pro sitzen RGBCMY nahezu punktgenau auf ihren Sollwerten.

Für Nutzer eines Anamorphoten kann die Vorverzerrung direkt im Radiance Pro erfolgen. Wer darüber hinaus eine Leinwand im Cinemascope-Format besitzt, allerdings über keinen Anamorphoten verfügt, kann mit einer „intelligenten“ (individuell einstellbaren) Verzerrung (Non Linear Stretch) sogar 16:9-Filme und Sportübertragungen vollformatig auf der 2,39:1-Leinwand sehen.

Der Film „Die Vögel“ liegt in einem nativen Seitenverhältnis von 1,85:1 an.

Ein weiteres spannendes Tool ist NLS (Non Linear Stretch). Hierbei handelt es sich um ein Feature, mit dem das Bild in unterschiedlichen Bereichen verzerrt werden kann. Wer beispielsweise einen 16:9-Spielfilm schauen möchte, und zwar auf seiner großen CinemaScope-Leinwand, wird das Bild in aller Regel auch in 16:9 darauf darstellen. In diesem Format liegt es vor. Wer hingegen die ganze Leinwand nutzen möchte, kann das Bild via Radiance digital etwas aufzoomen (vergrößern), sowie oben und unten geringfügig etwas „abschneiden“, so dass relevante Inhalte nicht verloren gehen. Anschließend wird das Bild links und rechts zunehmend verzerrt, bis die ganze Leinwand in der Breite gefüllt ist. Etwa 55 Prozent der Bildmitte bleibt dabei unverändert, so dass die wichtigen Inhalte im Zentrum geometrisch korrekt abgebildet werden.

Via NLS kann das Bild unauffällig verzerrt werden, so dass die gesamte CinemaScope-Leinwand ausgefüllt ist.

Dazu gesellt sich das Feature „Auto Aspect Ratio“. Dahinter verbirgt sich eine automatische Formaterkennung, die einen Film mit Letterbox-Balken korrekt auf die gesamte Cinemascope-Leinwand skaliert. Da hierfür nicht das Zoom des Projektors genutzt wird, sondern das Bild digital verkleinert wird, beträgt die native Auflösung im 16:9-Format 3.050 x 1.714 Pixel. Also nicht nativ 3.840 x 2.160 Pixel. Eine 3D-LUT-basierte Kalibrierung sorgt dafür, dass bis zu 16 Millionen Farben innerhalb des Farbraums eingestellt werden.

Das Highlight ist aber natürlich das dynamische Tone Mapping, um eigentlich statisches HDR10-Material in bestmöglicher Qualität auszugeben. Dabei kann sich der Radiance Pro jede Quelle zunutze machen, also nicht nur Filme von der 4K-Blu-ray, sondern auch Sport auf Sky oder Serien auf Netflix. Am Ende braucht sich der Nutzer um nichts zu kümmern. Einmal richtig implementiert, wird alles korrekt dargestellt.

Alle Eingänge unterstützen HDMI 2.0 und HDCP 2.2. Wer keinen 4K-fähigen AV-Receiver besitzt, kann Bild und Ton getrennt ausgeben.

 

Die handliche Fernbedienung besitzt eine hinterleuchtete Tastatur. Mehrere Direktwahltasten erleichtern die Bedienung in der Praxis.

Installation vom Fachmann
Die Installation des Radiance Pro ist hingegen äußerst aufwändig. Menüs, Programmierungen und 3D-LUT-Erstellung sind alles andere als selbsterklärend. Daher führt diese ein Fachmann vor Ort durch.Zunächst erfolgen im Projektor die nötigen Voreinstellungen. Der Bildwerfer wird auf seinen besten SDR-Bildmodus (z.B. „Natürlich“) und seinen größten Farbraum (z.B. „BT.2020“) eingestellt.

Im Rahmen einer Projektorkalibrierung werden üblicherweise zunächst die Primär- und Sekundärfarben im Beamer eingestellt. Es gibt dafür in aller Regel sechs Messpunkte (Rot, Grün, Blau, Cyan, Magenta, Gelb). Der Lumagen Radiance Pro gestattet hingegen eine automatische Korrektur von bis zu 4.913 Farben.

Diese komplette Profilierung dauert mehrere Stunden – und wird im Radiance Pro in einer 3D-LUT (Look Up Table) gespeichert. So kommt ein Ergebnis zustande, das denen professioneller Color-Grading-Monitore entspricht.

Messungen und Bildqualität
Nach der Profilierung kontrollieren wir die Ergebnisse. Der für diesen Test herangezogene JVC DLA-NX9 besitzt bereits in der Werkseinstellung sehr gute Werte: Die Farbtemperatur beträgt rund 6.700 Kelvin (D65), Gamma und Graustufenverlauf bieten wenig Grund zum Kritteln. Die Farbräume Rec.709 und Rec.2020/P3 werden nahezu vollständig abgedeckt.

Im Rahmen der Profilierung ist es dem Radiance Pro gelungen, die Parameter exakt auf die Soll-Koordinaten zu bringen. Die Farbtemperatur beträgt nun über alle Helligkeitsabstufungen die standardisierten 6.500 Kelvin (D65). Das Gamma 2,22 wird perfekt eingehalten. Wer allerhöchste Ansprüche ans Bild stellt, wird hier bestens bedient.

Nits ist eine Maßeinheit für Leuchtdichte. 1 Nit entspricht exakt 1 Candela (cd/m²). Ein Film in SDR (Standard Dynamic Range) stellt das maximale Flächenweiß eines Filmes mit 100 Nits dar. Mehr sieht der HDTV-Standard für Full-HD (Rec.709) nicht vor.
Die HDR-Version besitzt ebenfalls ein Flächenweiß mit 100 Nits. Allerdings beinhalten viele HDR-Filme darüber hinaus Elemente, die deutlich heller im Bild­signal enthalten sind. Bis zu 10.000 Nits können diese Elemente hell sein.

Mit statischem Tone Mapping kann es passieren, dass helle Elemente (Wolken und Farben) nicht vollständig oder unzulänglich (zu dunkel) abgebildet werden.

Mit dynamischem Tone Mapping werden hingegen alle Inhalte (Wolkenstrukturen, Farben) vollständig und strahlend hell projiziert.

Heimkino-Projektoren können diese Lichtausbeuten allerdings nicht darstellen, jedenfalls nicht auf üblich genutzten Bildbreiten. Hier kommt der Radiance Pro ins Spiel. Er analysiert jedes einzelne Filmbild, berechnet es neu und gibt alle Elemente eines Bildsignals aus – und zwar in dem Bereich, den der Projektor aufgrund seine Lichtausbeute sinnvoll darzustellen vermag. Somit sind dank dieses dynamischen Tone Mappings alle Inhalte zu sehen – und zwar nicht mehr zu dunkel, sondern immer mit optimaler Lichtausbeute.

„Auto Aspect Ratio“ macht einen guten Job. Innerhalb von rund drei Sekunden detektiert das Feature eine Formatänderung im Quellmaterial und stellt das Bild korrekt auf unserer Leinwand im Cinemascope-Seitenverhältnis dar. Das bezieht alle gängigen Formate 16:9, 1,85:1, 2,00:1, 2,20:1, 2,35:1, 2,39:1 und 2,40:1 ein. Dank der vorzüg-lichen Skalierungseigenschaften des Radiance Pro fällt uns ein Unterschied in der Auflösung kaum auf. Allenfalls bei ganz genauer Betrachtung mit der Nasenspitze vor der Leinwand ist zu sehen, dass feinste Nuancen gegenüber einer nativen Abbildung fehlen. Darüber hinaus ist das Bild in 16:9 ebenso hell wie in 2,39:1 – weil die Brennweite des Objektivs nicht verändert wird.

Das 4K-HDR-Bildsignal wird vortrefflich in SDR gemappt. Es überstrahlt nichts ins Weiß. Schneebedeckte Wiesen und Hügel sind bestens differenziert.

Wir starten den Spielfilm „Sully“. Wenn der namensgebende Kapitän über den Times Square in Kapitel 5 läuft, sind zahllose Displays an den Häuserfronten befestigt. Einige zeigen Bildinhalte, die bis zu 4.000 Nits hell gemastert wurden. Der Lumagen unterschlägt nichts und zeigt alle Hintergründe strahlend hell. Der erweiterte Farbraum im Rec.2020/P3-Container sorgt für satte Farben. Bis ganz ans Ende der Straße sind sogar im spärlich beleuchteten Teil die Häuserfronten detailliert erkennbar (siehe Bild). Hier ist festzumachen, wie vorzüglich die Konvertierung ins Gamma 2,22 funktioniert. Sportübertragungen, TV-Serien und Filme in Full HD werden hervorragend auf UHD-Auflösung skaliert. Artefakte in Form von Banding-Effekten, Doppelkonturen oder Halos sind nicht auszumachen.

Der JVC DLA-NX9 deckt den Rec.709-Farbraum zu 100 Prozent ab. Primär- und Sekundärfarben kommen ihren Vorgaben sehr nahe.

Via 3D-LUT-Profilierung werden die minimalen Abweichungen in der Werkseinstellung des JVC DLA-NX9 korrigiert.

Perfekt für High-End-Beamer
Für wen ist der Lumagen Radiance Pro geeignet? Unserer Ansicht nach ist es ein Profi-Gerät, mit dem höchste Ansprüche an die Bildqualität befriedigt werden. Wer einen 1.000-Euro-Beamer nutzt, kann sich das Geld sparen. Für den Preis des Lumagen Radiance Pro gibt es bereits 4K-Projektoren, die dynamisches Tone Mapping für HDR unterstützen. Der qualitative Fortschritt ist größer als mit der Kombination Radiance Pro und „Einstiegs-Beamer“.

Der Lumagen Radiance Pro zeigt „Sully“ mit allen Inhalten des 4.000-Nit-Bildsignals. Auf den Displays überstrahlt nichts. Dunkle Inhalte sind bestens durchgezeichnet.

Gamma 2.22: Der Helligkeitsanstieg sitzt nach einer rund 30-minütigen Profilierung perfekt.

Wer hingegen einen teuren High-End-Projektor besitzt, für den ist der Lumagen Radiance Pro eine sinnvolle Anschaffung wegen seiner vollautomatischen Umschaltung aller Bildformate, dem einzigartigen Non-Liner Strech und um HDR-Inhalte in bestmöglicher Qualität genießen zu können.

Der Testbericht Lumagen Radiance Pro (Gesamtwertung: 94, Preis/UVP: 7500 Euro) ist in audiovision Ausgabe 12-2020 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

94 Sehr gut

Der Lumagen Radiance Pro peppt auch ältere Heimkino- Projektoren der Spitzenklasse auf, die dynamisches Tone Mapping für HDR bislang nicht unterstützt haben und vereinfacht mit seiner Automatisierung die Bedienung. Zudem erreichen die Farben Studioqualität.

Michael B. Rehders

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