JVC XP-EXT1 Exofield (Test)

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Surround-Sound ist eine echte Bereicherung für das Erleben von Film und Musik. Doch nicht jeder kann sein Wohnzimmer mit einem halben Dutzend Lautsprecher „ausschmücken“. Umso gespannter waren wir, als ein Kopfhörer-System in unsere Redaktion flatterte, das vollwertigen 3DSound ohne Boxen verspricht. Als Überbringer der innovativen Gerätschaften, die im September auf den Markt kommen sollen, besuchte uns JVC-Manager Peter Radl.

Der offizielle Gerätename lautet etwas sperrig „XP-EXT1“, JVCs proprietäre Sound- Technik „Exofield“ geht einem nicht nur besser über die Lippen, sie spielt auch auf die „Outofhead localization“ des XP-EXT1 an; also einem Klangfeld um den Kopf herum und nicht im Kopf, wie es bei Kopfhörern üblich ist. Völlig neu ist das Ganze allerdings nicht, bereits vor einigen Jahren experimentierte JVC mit einem Stereo-Kopfhörer, der den Klang nicht im Kopf (In-Ear-Ortung), sondern auf einer virtuellen Bühne davor entstehen ließ. In Produktion ging die Technik allerdings nicht, wie uns Radl erzählte. Jetzt legt der in Heimkinokreisen vor allem für seine Projektoren bekannte Hersteller nach – und das sogar mit 7.1.4-Tonkanälen für 3D-Kino-Sound.

Der geschlossene Exofield-Kopfhörer sitzt straff und umschließt mit seinen dicken Ohrmuscheln fest die Ohren. So wird für eine gute Geräuschisolation gesorgt – nach innen wie außen.

Die Hardware

Das mit 1.000 Euro nicht gerade günstige „Exofi eld“-System besteht aus dem Kopfhörer und der Basisstation (Prozessor). Ferner wird ein Smartphone oder Tablet benötigt, auf dem die Exofi eld- App für die Grundinstallation läuft. Der Kopfhörer funktioniert nur in Verbindung mit der Station und funkt per 5GHz-Band, ein zweiter Kopfhörer kann nicht mit der Box kommunizieren. Kern der Anlage bildet besagte Prozessor-Box: Das 26,6 Zentimeter breite Plastikkästchen verfügt über 3 HDMI-Eingänge und einen HDMI-Ausgang mit eARC und HDR10, allesamt 4K/60p tauglich. Hinzu gesellen sich Toslink und ein analoger Cinch- Input. Wireless-Streaming per Bluetooth und Co. ist nicht möglich. Der geschlossene Kopfhörer verfügt über 40 Millimeter große Neodym-Treiber, die weichen Ohrmuscheln mit überzogenem Kunstleder schließen eng und mit Druck ab. Das ist für den Tragekomfort zwar nicht unbedingt förderlich, sorgt aber dafür, dass man auch bei lautem Hören andere Personen im Zimmer nicht stört.

Der Prozessor nimmt per 5 GHz Kontakt mit dem Kopfhörer auf. Tasten gibt es für Eingangswahl/Info, Sound Mode/Pairing, Nutzer speicher (eingemessene Hörerprofi le) und Exofi eld-Effekt an/aus. An der Front befi ndet sich eine Klinkenbuchse zur Verkabelung mit dem Kopfhörer, was für die Einmessung nötig wird.

Mit einem Gewicht von 330 Gramm gehört der Kopfhörer nicht zu den Leichtgewichten seiner Zunft. Der integrierte Lithium- Ionen-Akku hält laut JVC rund 12 Stunden. Eine Fernbedienung fehlt, wird allerdings auch nicht benötigt. Einmal per App eingerichtet, werden alle Alltagsfunktionen am Kopfhörer selbst vollzogen: Seitlich gibt es ein Touch-Feld für die Lautstärke, die man per Wischen einstellt. „Exofield on/off“ und die Eingangswahl besitzen hingegen Drucktasten.

Alle Quellen-Anschlüsse sind auf der Rückseite versammelt. Das 4K-HDMI-Board versteht sich auf HDR10 und bietet neben einem HDMI-Ausgang inklusive eARC auch 3 HDMI-Eingänge. Hinzu kommen Toslink und Analog-Cinch.

Die Software

Für 3D-Sound ist das Einmessen des Kopfhörers auf die Physiognomie der Ohren des Hörers nötig, hierfür sind im Kopfhörer Mikrofone integriert. Zur Messung wird die Exofield-App benötigt, die Testtöne an den Kopfhörer schickt. Hierbei sollte man auf einen bequemen Sitz achten, denn ein späteres Verändern der Sitzposition kann den Höreindruck beeinflussen. Die ermittelten „Ohrdaten“ werden mit Raumdaten des Victor Tonstudios in Japan abgeglichen und so laut Peter Radl ein virtueller Raum für den 3D-Sound berechnet.

Die „Exofield“-App wird für die Einmessung des Kopfhörers auf die Ohren des Hörers benötigt (Bild 1) und verbindet sich via Bluetooth mit der Prozessor-Box. Der Vorgang ist dank klarer Anweisungen selbsterklärend und dauert knapp eine Minute inklusive Übertragung der Daten an die Basis-Station. Bis zu 6 individuelle Einmess-Profi le lassen sich in der App speichern, aber nur 4 an die Station übertragen. Auf der „Home“-Seite der App werden alle Alltagseinstellungen vorgenommen wie Lautstärke, Eingang, Sound Modus und Exofield-Effekt an/aus. Wichtige Basiseinstellungen bieten die Reiter „Sound-Setup“ und „System-Setup“. In Ersterem kann man etwa den Pegel für den Mittelkanal und Subwoofer einstellen, die Upmixer auswählen (Neural:X, Dolby Surround), die Dynamik-Kompression (nur für Dolby) aktivieren oder die Balance von Links/Rechts ausrichten. Im „System Setup“ stehen Funktionen wie Lip Sync (bis 120 Millisekunden), die Priorität der digitalen Eingänge (ARC, eARC, Toslink) oder die Display- Sprache zur Wahl. Sind alle Einstellungen vorgenommen, wird die App im Alltag nicht mehr benötigt.

Mit der Exofi eld-App misst man den Kopfhörer ein und erledigt alle Grundeinstellungen des Geräts.

Ist alles eingerichtet, kann es losgehen, die Box decodiert Dolby Atmos und DTS:X ebenso wie jedes andere Format der beiden Tonspezialisten. 2.0-, 5.1- und 7.1-Ton kann man zudem per DTS Neural:X und Dolby Surround hochrechnen lassen. Anliegende Tonsignale und weitere Infos zum System-Status zeigt die Box auf Onscreen-Tafeln an.

Der Hörtest

Beim Hörcheck ging es gleich ans Eingemachte: Mit Testtönen lässt sich jeder der 7.1.4-Kanäle isoliert ansteuern und so die räumliche Zuordnung im virtuellen „Exofield“ beurteilen. Das erste Fazit: Es funktioniert. Die Tonquellen waren tatsächlich außer halb des Kopfes zu hören. Atmos-Trailer wie „Leaf“ und „Audiosphere“ boten eine gute räumliche Zuordnung und 3D-Soundobjekte schwirrten auch gut ortbar „über“ dem Kopf. Sprache war stets gut verständlich und auch an Bass-Power mangelte es dem Kopfhörer nicht. Der Sound tönte zudem angenehm, was für langes Hören bei Kinofilmen essentiell ist.

Trotz unserer Begeisterung kann das System die Klanggröße eines ausgewachsenen 7.1.4-Boxenparcours nicht vermitteln. Zudem sind dezente, DSP-typische Tonverfärbungen auch der JVC-Kombi nicht ganz fremd, bei Filmton fallen diese aber weit weniger auf als bei Musik. Aktiviert man Exofield bei Stereo-Musik, tönt es zwar räumlicher, tonal aber verfärbter und für unsere Ohren nicht unbedingt besser, allerdings kommt es hier auch auf die Art der Musik an.

Der Testbericht JVC XP-EXT1 Exofield (Gesamtwertung: 80, Preis/UVP: 1000 Euro) ist in audiovision Ausgabe 9-2020 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

80 sehr gut

Mission erfüllt: Das neue Exofield-Kopfhörer-System von JVC vermittelt bei Filmen eindrucksvollen 3D-Surround-Sound ohne klassische Lautsprecher. Ganz billig ist dieser Spaß allerdings nicht.
Andreas Oswald

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