Der neue 4K-Ultrakurzdistanz-Projektor 100L9G von Hisense arbeitet nicht nur mit innovativer RGB-Lasertechnik und hat ein smartes Betriebssystem, er bringt sogar eine 100-Zoll-Leinwand mit.
Öfter mal was Neues: Das Paket für den Hisense-Projektor mussten wir zu dritt durchs Treppenhaus in unseren Testraum manövrieren, da es mit 2,50 x 1,50 Meter die Maße jeder TV-Verpackung sprengt. In der Kartonage befindet sich nämlich eine 100-Zoll-Rahmenleinwand, die mit dem Ultrakurzdistanz-Beamer 100L9G-B12 eine 6.000 Euro teure Einheit bildet. Alternativ gibt es den Projektor mit einem 120 Zoll großen Cinema Screen (100L9G-A12) für denselben Preis. Allerdings reduziert besagtes Tuch die Lichtausbeute um rund 60 Prozent, bietet dafür aber einen breiteren Betrachtungswinkel. Unser Daylight-Screen erhöht die Lichtausbeute hingegen um rund 20 Prozent, in dem er das auftreffende Licht bündelt und verstärkt zum Zuschauer wirft.
Während der Projektor lediglich auf ein Sideboard gestellt wird, muss das 25 Kilogramm schwere „Display“ exakt in Waage an die Wand gehängt werden. Das Gespann kann dank integrierter Apps, TV-Tuner und eines Soundsystems wie ein normaler Fernseher verwendet werden. Nicht ohne Grund wird diese Beamergattung gerne als Laser-TV bezeichnet.
Innerhalb von 10 Sekunden ist der Hisense hochgefahren und erkennt alle verbundenen Zuspieler. Die Verbindung zum Netzwerk gelingt zügig. Es werden sogar Passwörter akzeptiert, die deutlich länger als 20 Ziffern sind. Über den gesamten Testzeitraum bleibt die Internetverbindung stabil. Der 2,25 Meter breite Screen wird aus einer Distanz von 55 Zentimetern vollständig ausgeleuchtet.
Zur unserer Verwunderung gibt es keinen Fokusregler. Der Hisense stellt Bilder automatisch scharf, ohne dass wir etwas dafür tun müssen. Das Hauptmenü des Vidaa-Betriebssystems ist übersichtlich strukturiert und erinnert an Android-TV-Geräte. Die Navigation durch die Apps geht flott. Befehle werden prompt ausgeführt. Die optionale Sprachsteuerung erleichtert die Bedienung zusätzlich.
Ausstattung und Technik
Der 100L9G kann Bildsignale bis 3.840 x 2.160 Pixel entgegennehmen. Diese werden via XPR-Shift sequentiell mit dem 0,47 Zoll Full-HD-Single-Chip-DMD von Texas Instruments projiziert. Satte 3.000 Lumen soll der Beamer mit seiner RGB-Laserlichtquelle projizieren. Die Lebensdauer wird mit 25.000 Stunden beziffert. 4K wird mit bis zu 60 Hz unterstützt, so dass alle aktuellen UHD-Filme und deren Menüs fehlerfrei projiziert werden. HDMI 2.1 und 4K/120 Hz (HFR) für Gamer sind nicht implementiert.
Der 100L9G ist mit 26 Dezibel angenehm leise. Ein Soundsystem mit 40 Watt sorgt für eine ordentliche Beschallung inklusive Dolby Atmos. Es stehen sechs verschiedene Tonmodi zur Auswahl, selbst ein Equalizer zur Anpassung einzelner Frequenzen ist enthalten. Eine Zwischenbildberechnung ist in vier Stufen vorhanden. Eine davon heißt „Benutzer“ und ermöglicht eine individuelle Anpassung. Die HDR-Standards HDR10 und Hybrid Log Gamma (HLG) werden unterstützt und vervollständigen das Ausstattungspaket.
Licht und Farbe
Die Maximalhelligkeit beträgt 3.200 Lumen – ganz ohne Grünstich. Da uns die Farbtemperatur mit über 11.000 Kelvin aber zu kühl ist, schalten wir in den „Kino Hell“-Modus. Hier kommen 7.200 Kelvin heraus. Ein Sechs-Achsen-Farbmanagement, 20-Punkte-Gamma-Korrektur und RGB-Gain/Offset-Regler gestatten uns eine perfekte Farbabstimmung mit 100 Prozent Farbraumabdeckung und 6.500 Kelvin. Der statische Kontrast beträgt 1.205:1 (On/Off). Der ANSI-Kontrast schwächelt mit 100:1 ebenso wie der Schwarzwert mit 2,27 Lumen.
ermöglicht noch intensivere Farben gegenüber dem HDR-Farbraum DCI-P3 und HDTV-Farbraum Rec.709. Da einzelne Filme das größere Spektrum bereits ausschöpfen, wie zum Beispiel „Matrix“, können diese Blockbuster endlich mit originalgetreuen Farben angeschaut werden. Aber auch „Cruella“ profi tiert vom größeren Farbumfang, da besonders die dort abgebildeten Rotfarbtöne herrlich leuchten.
Bildqualität und Ton
Da der 0,47-Zoll große DLP-DMD-Single-Chip alle Bildsignale in 60 Hz wiedergibt, ruckeln Spielfilme und Live-Sport mit 24 und 50 Hz. Diesem Manko begegnen wir mit der Zwischenbildberechnung. Das Resultat sind fließende Bewegungen ohne störenden Seifenoper-Touch. Den bei einer DLP-Projektion unvermeidlichen Regenbogen-Effekt empfinden wir als angenehm gering. Allenfalls in kontrastreichen Übergängen können ihn sensible Naturen als störend empfinden. Mittig vor der Leinwand ist die Helligkeitsverteilung exzellent. Die Hafenszene in „Tenet“ ist über die gesamte Fläche homogen ausgeleuchtet. Auf den seitlichen Plätzen der Couch bleibt der gute Eindruck erhalten. Die Schärfe ist im Zentrum des Laser-TV-Panels sehr gut, aber nicht ganz konsistent über die gesamte Fläche. Links und rechts in den oberen Ecken erscheinen Inhalte etwas weichgezeichnet und besitzen leichte Farbsäume (chromatische Aberrationen). Zudem sieht Schwarz in fast komplett dunklen Szenen (z.B. Sternenhimmel) eher dunkelgrau aus. Sobald helle Elemente hinzukommen), spielt der 100L9G seine Stärken aus. Farben erscheinen prachtvoll auf dem 100-Zoll-Display, dank der hohen Leuchtdichte. Die Kombination kann sich bestens gegen das Raumlicht durchsetzen, so dass der Hisense tagsüber wie ein Fernseher genutzt werden kann. Bis 1.000 Nits werden alle Inhalte von HDR-Filmen wiedergegeben. Optisch anspruchsvolle Filme wie „Tenet“, „Sully“ und „Der Marsianer“ werden souverän projiziert.
Der Ton kann mit den meisten Fernsehern mithalten, klingt aber dünner als eine reguläre Soundbar. Vor allem sonoren Männerstimmen fehlt es an Körper. Pegel besitzen die Dolby-Atmos-Lautsprecher wiederum genug, um Räume bis 25 Quadratmeter ausreichend zu beschallen.
Der Testbericht Hisense 100L9G-B12 (Gesamtwertung: 81, Preis/UVP: 6000 Euro) ist in audiovision Ausgabe 1-2022 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Mit seiner hohen Lichtausbeute, den kräftigen Farben und der 100-Zoll-Spezialleinwand ist der Hisense 100L9G als TV-Ersatz im Wohnzimmer prädestiniert. Auch in Sachen App-Angebot, Klang und TV-Tuner muss sich 100L9G nicht hinter seinen Flatscreen-Kollegen verstecken. Beim Schwarzwert sollte man allerdings kein OLED-Niveau erwarten.
Michael B. Rehders