Mit Awol Vision betritt ein neuer Projektoren-Hersteller die Heimkinobühne. Die Pro-Reihe des jungen US-Unternehmens umfasst eine Reihe von Ultrakurzdistanz-Modellen, besser bekannt als LaserTVs.
Für den ersten Awol-Test haben wir uns das Flaggschiff LTV-3500 Pro ausgesucht, das mit 6.000 Euro zugleich das teuerste Modell ist. Knapp 11 Kilogramm bringt das Gerät auf die Waage und ist damit schwer genug, um sicher auf dem Sideboard zu stehen. Mit einer Standfläche von rund 60 x 35 Zentimeter gibt es keine Aufstellungsprobleme. Das Finish besteht aus drei Farben: Neben mattem Anthrazit wird das Gehäuse von einem taillierten, hochglänzenden Mittelteil umfasst. Ein goldfarbiger Streifen ist nicht nur eine schicke Applikation, sondern ein homogener optischer Kontrast. Die Leistungsaufnahme fällt mit 197 Watt erfreulich sparsam aus für einen Beamer, der nominell 3.500 Lumen ausgeben soll.
Ausstattung und Technik
Der Awol Vision LTV-3500 Pro verfügt über einen 0,47 Zoll großen DLP-Chip mit Full-HD-Auflösung. Wie alle 4K-fähigen Ein-Chip-Laser-TVs kann er Bildsignale bis 3.840 x 2.160 Pixel entgegennehmen, verarbeiten und via XPR-Shift-Technologie sequenziell projizieren. Als Lichtquelle kommen RGB-Laserdioden (Tri-Color-Technologie) zum Einsatz, die ein Farbrad überflüssig machen, weil die Farben direkt erzeugt werden. Dies reduziert Rauschen und den Regenbogen-Effekt, während zugleich eine Steigerung des Farbspektrums erreicht wird. Die Lebensdauer, also die Zeit, bis sich die Lichtausbeute halbiert, beziffert der Hersteller mit über 25.000 Stunden. Ein vollständiges Sechs-Achsen-Farbmanagement ist ebenso hinterlegt wie die üblichen Gain/Offset- und Gamma-Presets.
Zwei Fernbedienungen sind im Lieferumfang enthalten. Während mit der Hauptfernbedienung alle Einstellungen am Beamer durchgeführt werden, ist der kleinere Fire-TV-Controller allein für die Smartfunktionen vorgesehen. Für Netflix und Prime Video gibt es Direktwahltasten.
Neben Dolby Vision und HDR10+ unterstützt der Projektor die statischen HDR-Formate HDR10 und HLG (Hybrid Log Gamma). Für die einzelnen Technologien können individuelle Einstellungen vorgenommen werden. Diese werden in den gewünschten Bildmodi hinterlegt, und der Projektor ruft sie selbstständig auf, sobald das entsprechende Signal anliegt. Für die dynamischen Varianten Dolby Vision und HDR10+ sollten Bilddiagonale und Gainfaktor der Leinwand im On-Screen-Display hinterlegt werden, um diese Filme bestmöglich zu projizieren. Ab Werk sind die Werte 100 Zoll und Gain 1,0 hinterlegt.
Gamer profitieren vom Awol Vision „Turbo Modus“. Mit einer Eingabeverzögerung von 15 Millisekunden bei 4K@60Hz und 8 Millisekunden bei 1080p@120 Hz erscheinen Spiele flüssig. Filme werden mit den originalen 24 Bildern pro Sekunde dargestellt, Fernsehen und Sport mit 50 und 60 Hz. Um eine bessere Bewegungsschärfe zu erzielen, ist eine Zwischenbildberechnung namens MEMC vorhanden, die sich in vier Stufen regeln lässt.
Für die smarte Nutzung liegt ein Fire TV Stick 4K Max bei, für den es auf der Rückseite des Projektors ein eigenes Fach gibt. Bluetooth, Spiegelfunktion, 3D-Wiedergabe, IP-Steuerung mit Control 4, Savant, PJ-Link und Crestron komplettieren das Ausstattungspaket. Auf Antennenanschlüsse und TV-Tuner muss man hingegen verzichten.
Im Juni 2022 wurde von Awol Vision das erste Einzelhandelsgeschäft für Laser-TVs mit Tri-Color-Laserlichttechnik in den USA eröffnet. Weitere Entwicklungen folgten, zum Beispiel in Form einer 150 Zoll ALR-Leinwand (Ambient Light Rejection). Im September 2023 präsentierte sich das US-Unternehmen auf der IFA erstmals in Deutschland.
Installation und Bedienung
Die Aufstellung und Installation ist relativ einfach. Der Projektor benötigt für 2,50 Meter Bildbreite nur 15 Zentimeter Abstand zur Wand. Die Schärfe lässt sich elektrisch via Fernbedienung einstellen, bis in die Ecken sind alle Inhalte fokussiert. Wer ein größeres oder kleineres Bild anstrebt, schiebt den Beamer einfach ein paar Zentimeter vor oder zurück. Eine 8-Punkte-Trapezkorrektur erleichtert die digitale Ausrichtung auf der Leinwand. Wir empfehlen, die vier Standfüße für die Nivellierung zu nutzen, weil auf diese Weise die vollständige Auflösung des Bildes erhalten bleibt. Die möglichen Bildgrößen sind von 80 bis 150 Zoll beziffert. Wie unsere Tests zeigten, können aber auch Diagonalen von 10 Zoll darüber und darunter noch fokussiert werden. Nach rund 20 Minuten ist die Installation abgeschlossen, inklusive Updates auf die aktuellen Firmware-Versionen.
Etwas umständlich finden wir, dass die Bedienung des Projektors mit beiden Fernbedienungen erfolgt. Für die Smartfunktionen kommt die kleine Fire-TV-Remote-Control zum Einsatz, inklusive der gut funktionierenden Alexa-Sprachsteuerung, alle Anpassungen am Projektor werden mit dem größeren Awol-Vision-Handsender vorgenommen. Die Navigation durch das On-Screen-Display gelingt mit beiden Controllern zügig und treffsicher. Sind einmal die Passwörter für die verschiedenen Streamingdienste hinterlegt, öffnen sich Netflix, Disney+, Prime Video, Wow & Co. auf Knopfdruck.
Licht und Farbe
Ausgeliefert wird der LTV-3500 Pro im Bildmodus „Hell“, der die beworbenen 3.500 Lumen exakt erreicht, allerdings mit einer zu kühlen Farbtemperatur von über 12.000 Kelvin. Da wir präzise Farben anstreben, schalten wir den Laser TV auf das Preset „Benutzer“ und die Farbtemperatur auf „Warm“. Jetzt sind nur noch wenige Anpassungen im Farbmanagement nötig, um den Projektor auf die Standards Rec.709 und Rec.2020 zu trimmen. Hierbei geht relativ wenig Lichtausbeute verloren, sodass uns final 3.010 Lumen zur Verfügung stehen. Die Farbtemperatur fällt mit 6.500 Kelvin (SDR) respektive 6.790 Kelvin (HDR) ordentlich aus. Der HDTV-Farbraum Rec.709 wird zu 100 Prozent abgedeckt, der größere HDR-Farbraum Rec.2020 sogar mit 107 Prozent. Das Gamma 2,4 verläuft im Preset „Dunkel“ vorbildlich an der Vorgabe entlang, sodass dunkle und helle Inhalte bestmöglich durchgezeichnet sind. Der Graustufenverlauf ist mit einem durchschnittlichen DeltaE 1,8 ebenfalls tadellos, so dass über alle Helligkeitsabstufungen neutrale Farben projiziert werden.
Der statische Kontrast beträgt nach der Kalibrierung 1.000:1 (On/Off), 956:1 (Inbild) und 220:1 (ANSI), was der Performance üblicher DLP-Projektoren entspricht. Dynamisch lässt sich der Kontrast noch auf 1.500:1 steigern, ohne dass es durch die dynamische Laser-Regelung zu sichtbarem Helligkeitspumpen kommt. Das Zusammenspiel von „Dynamischer Kontrast“ und „Verbessertes Schwarz“ sorgt für ein viel brillanteres HDR-Bild (siehe Kasten). Die Ausleuchtung überzeugt mit 95 Prozent, weil kein Helligkeitsabfall zu den Seiten sichtbar ist.
Bildqualität
Der 0,47-Zoll-Chip von Texas Instruments wandelt laut Spezifikation alle Signale in 60 Hz. Awol Vision ist es jedoch gelungen, die Ansteuerung so zu ändern, dass Inhalte mit 24, 50 und 60 Hz originalgetreu projiziert werden. Demzufolge werden Spielfilme ohne Pulldownruckeln dargestellt. Mithilfe der Zwischenbildberechnung gelingt es, die Bewegungsschärfe weiter zu steigern. Auf „schwach“ stellt sich ein natürlicher Look ein, der keine sichtbaren Fehler verursacht; „in“ und „stark“ erzeugen zunehmend Fehler in Form von Grießeln in feinen Strukturen. Darüber hinaus ist ein Soap-Opera-Effekt wahrnehmbar.
Das Betriebsgeräusch beträgt 30 Dezibel. Der LTV-3500 Pro ist durchaus hörbar, jedoch empfinden wir die gleichmäßigen Strömungsgeräusche der Lüfter nicht wirklich als störend. Fußballspiele begeistern uns bereits in SDR. Das Spielfeld wird sehr natürlich dargestellt, die weißen Linien heben sich kontrastreich vom grünen Rasen ab. Selbst die Rückennummern der Spieler sind gut zu lesen. Nachtaufnahmen profitieren von der hohen Lichtausbeute. Tagsüber kann sich der LTV-3500 Pro gut gegen leichtes Umgebungslicht im Wohnzimmer behaupten. Im optimierten Heimkino werden Spielfilme mit dunkelgrauen Letterboxbalken dargestellt, die eigentlich schwarz sein sollten. Zudem liegt ein leichter Grauschleier auf dem Bild. Mit zunehmend hellen Inhalten lichtet sich dieser und der Beamer begeistert ob seiner Farbenpracht.
Zur Hochform läuft der LTV-3500 Pro mit High-Dynamic-Range-Inhalten auf. Dank des großen Farbraums erleben wir das rote Warner-Logo in „Tenet“ so satt wie selten zuvor. Die Nachtaufnahmen in „Top Gun: Maverick“ begeistern uns in Dolby Vision ebenso wie die hellen Tageslichtszenen. Das vor zwei Jahren veröffentlichte Biopic „Elvis“ in HDR10+ steht diesem großartigen Erlebnis nicht nach. Der Titel mit den prächtigen grünen Edelsteinen und den Goldfarbtönen strahlt in einer Farbenpracht, wie wir sie nicht alle Tage zu sehen bekommen. Selbst „Sully“ glänzt mit exzellenter Durchzeichnung, wenn auf dem Times Square alle Bildsignale bis 4.000 Nits gezeigt werden. Hier läuft nichts im Schwarz zu oder überstrahlt ins Weiß. Überdies werden Inhalte bis zum Rand gestochen scharf reproduziert.
Das Soundsystem bietet klaren Stereoton mit 36 Watt, der es mit günstigen Fernsehern aufnehmen kann. Klanganpassungen können im Untermenü vorgenommen werden.
Der Testbericht Awol Vision LTV-3500 Pro (Gesamtwertung: 83, Preis/UVP: 6.000 Euro) ist in audiovision Ausgabe 3-2024 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Awol Vision hinterlässt mit seinem ersten Projektor einen hervorragenden Eindruck in unserem Testlabor. Der LTV-3500 Pro überzeugt mit seiner Helligkeit, guter HDR-Performance und dank RGB-Laserlichtquelle spektakulären Farben.
Michael B. Rehders