Blu-ray-Player im vierstelligen Euro-Bereich haben normalerweise nur audio-phile Edel-Schmieden wie Arcam und Cambridge Audio oder Exoten wie Oppo im Programm. Die Top-Modelle der asiatischen Massenhersteller schlagen hingegen meist mit gerade mal 200 Euro zu Buche.
Doch mit dem 1.500 Euro teuren BDP-LX 88 versucht sich auch mal wieder ein Großer der Branche an einem High-End-Player. Völlig überraschend ist das aber nicht, denn bereits 2009 zeigte Pioneer mit dem 2.400 Euro teuren BDP-LX 91, wie man einen erstklassigen Luxus-Spieler baut.
Aufwändiger Aufbau
Mit 13 Kilogramm Gewicht ist der in Schwarz und Silber erhältliche BDP-LX 88 der derzeit schwerste Player am Markt. Mit seiner eleganten Aluminium-Front wirkt er wie für die Ewigkeit gebaut. Die Bodenplatte ist drei Millimeter stark, zusätzliche Verstrebungen und ein Deckel aus Stahlblech machen das Gehäuse extrem stabil und gewährleisten optimale Arbeitsbedingungen für die teils eigens für Pioneer gefertigten Komponenten. Trafo, Netzteil und Digitalplatine verrichten in separaten Stahl-/Kupfer-Käfigen ihren Dienst: Diese Maßnahme soll den Klang steigern, indem sie etwaige Einstreuungen ins Analog-Audioboard minimiert. Dass das Laufwerk bei einem solchen High-End-Player ge-pkapselt ist, versteht sich von selbst. Nicht selbstverständlich ist der raffinierte Feder-Dämpfer-Mechanismus, der sicherstellt, dass das Laufwerk keinen direkten Kontakt zum Gehäuse hat und folglich keine Vibrationen übertragen kann.
Anschlüsse und Ausstattung
Auch bei den Anschlüssen hebt sich der Bolide von günstigeren Vertretern seiner Art ab: Die beiden HDMI-Ausgänge erlauben im „Separate“-Modus das Aufsplitten des Signals in Bild und Ton oder schalten im„Pure Audio“-Modus die Video-sektion ab. Für S/PDIF-Digitalton stehen ein koaxialer und ein Lichtleiter-Ausgang zur Verfügung; Analogen Stereo-Ton gibt der BDP-LX 88 via Cinch und XLR aus. Letzterer ist bei Ton-Profis beliebt, weil die Stecker nicht nur überaus kontaktsicher sind, sondern dank symmetrischer Übertragung auch lange Kabelwege verlustarm überbrücken. Die Zero-Signal-Buchse überträgt, wie der Name andeutet, kein Signal, sondern soll an einem unbenutzten Eingang des AV-Receivers eine zusätzliche Masseverbindung (Potenzialausgleich) herstellen, was ebenfalls zum Spitzenklang beitragen soll.
In Sachen Ausstattung glänzt der BDP-LX 88 mit der Wiedergabe von DVD-Audio und der Super Audio CD, umfangreichen Einstelloptionen für Bild und Ton sowie 4K-Upscaling für Blu-rays und DVDs mit 24, 50 und 60 Hertz Bildwiederholrate (siehe Kasten). Vom 700 Euro günstigeren BDP-LX 58 hebt sich Pioneers Blu-ray-Flaggshiff vor allem durch den aufwändigeren Aufbau von Gehäuse und Audio-sektion ab.
Multimedia und Internet
Zu den multimedialen Tugenden des Pioneer zählt der Mediaplayer, der via USB-Speicher (FAT16/32, NTFS), DLNA-Netzwerk und Datendisc (CD, DVD, BD) zahlreiche Musik-, Foto- und Videodateien abspielt. Bei der Video-Wiedergabe gefällt uns, dass die Clips in der Einstellung „Resolution: Source Direct“ mit korrekter Bildwiederholrate erscheinen, also mit 24, 50 oder 60 Hertz, und die Bildregler funktionieren. Schön wäre nur eine unterbrechungsfreie Wiedergabe mehrerer Dateien, so dass einzelne Videos vom Camcorder als zusammenhängender Film erscheinen. Freunde hochauflösender Netz-Musik dürfen sich dafür an der mehrkanaligen Wiedergabe von DFF/DSF-, FLAC- und WAV-Dateien erfreuen. Dass die Anzahl der Internet-Apps mit YouTube und Picasa denkbar gering ist, dürfte die potenzielle Zielgruppe weniger stören als die fehlende WLAN-Anbindung.
Der ES9018 ist ein Acht-Kanal-Wandler, Pioneer zufolge liegen die restlichen Kanäle aber nicht einfach brach, sondern werden parallel genutzt. Mit diesem Kniff will der Hersteller das Rauschen noch weiter minimieren. Neben vorzüglichen Rausch- und Klirrwerten sowie minimalem Jitter dank eigenem Takt-IC („Precision Audio Analog“) zählen die anpassbaren Filter-Einstellungen bei analoger Audioausgabe zu den Besonderheiten des Players.
Wie bei den AV-Receivern von Pioneer lässt sich der Klang durch zwei oder vierfache Signal-Überabtastung („Up-Sampling“) sowie Hochrechnen auf 32 Bit („Hi-bit32“) und eine umschaltbare Filtercharakteristik („Slow“, „Sharp“) anpassen.
Praxis und Bedienung
Mit seinem großformatigen Display und der beleuchteten Fernbedienung samt Direkttasten für fast alle Funktionen bietet der Pioneer eine gute Basis für eine komfortable Bedienung. Seine elfstellige Anzeige lässt sich dimmen und sogar abschalten – wobei dann immer noch eine blaue LED aufleuchtet. Lob verdienen das gedruckte, detaillierte Handbuch, die schönen Menüs und die vollständigen Abspielfunktionen. So verfügt der Player vorwärts wie rückwärts über eine Zeitlupe, Einzelbild-Weiterschaltung, Intervall-Sprungtasten, A/B-Wiederholung sowie eine Datenraten-Anzeige für Video und Audio.
Dass es dennoch nur zu einer befriedigenden Praxis-Note langt, liegt am trägen Handling. Zum Starten braucht der Pioneer 22 Sekunden und bis die Blu-ray „The Amazing Spider Man“ beginnt, vergeht fast eine Minute. Viele günstigere Player brauchen halb so lang. Außerdem muss man zur Bedienung des über mehrere Menüs verzweigten Video-Equalizers Geduld mitbringen: Zwar lassen sich die Bildeinstellungen mit der Taste „Video P“ direkt aufrufen, doch es dauert rund vier Sekunden, bis die Bildregler erscheinen, so dass man zuweilen glaubt, die falsche Taste betätigt zu haben.
Bildqualität
Bei der Videoqualität holt sich der Pioneer hingegen die Maximal-Wertung. Das HDMI-Signal lässt sich in verschiedenen YCbCr-, RGB- und Deep-Color-Varianten ausgeben, was je nach Monitor gegen fehlerhafte Farben helfen kann. Weiteres Tuning-Potenzial gewährt der mit mehreren Speichern bestückte Video-Equalizer, der zwar nicht bei 3D, aber bei 4K-Ausgabe funktioniert. Mit 16 Stufen ist der Regelbereich für Kontrast und Helligkeit vernünftig abgestuft und sinnvoll zu nutzen. Besonderheiten sind das für 4K-Ausgabe angepasste Schärfefilter „Super Resolution“ sowie das achtstufige „Filmgrain“-Filter, welches das Bild mit feinem Rauschen versieht und schlecht komprimiertes Material ein wenig natürlicher aussehen lässt.
An der superben Bildqualität mit Blu-ray-Filmen gibt es nichts auszusetzen: Die Farben stimmen ebenso wie die Schärfe und die saubere Durchzeichnung heller und dunkler Motive. Nur bei einigen 1080i-Blu-rays wie der „FIFA WM 2014“ zeigen sich trotz einstellbarer De-Interlacing-Methode gelegentlich feine Flimmereffekte in den Tabellen-Grafiken.
Bei der DVD-Vollbildwandlung überzeugt der Pioneer vollauf, selbst schwierigste Szenen wie der Bergrücken im zehnten Kapitel von „Sechs Tage, sieben Nächte“ gelingen im Auto-Modus sauber. 60-Hertz-Film-DVDs gibt der Pioneer in Einstellung „1080/24p“ mit 24 Hertz aus und befreit das Bild so vom lästig stotternden 3:2-Pulldown.
Beispielhaft zeigt sich das an einem 55 Zoll großen LG-TV 55UB850V. Diesem spielten wir verschiedene Testbilder der „Digital Video Essentials HD Basics“ abwechselnd in Full-HD- (1080/24p) und in UHD-Auflösung (2160/24p/60p) zu. 1080p-Signale skaliert der Fernseher auf sein eigenes Pixelraster bestehend aus 3.840 x 2.160 Bildpunkten hoch, während bei 2.160p der Pioneer dafür zuständig ist.
Wie die Bildschirmfotos unten zeigen, gelingt bei 4K-Zuspielung ein etwas feineres Bild. Vor allem Farbkontraste erstrahlen wegen der höheren Chroma-Auflösung (erstes Bild) definierter, während es in Sachen Konturenschärfe (zweites Bild) fast auf ein Patt hinausläuft. Auf Samsungs 35.000 Euro teuren UN 85 S9 waren zwischen 1080p und 2160p hingegen kaum Unterschiede feststellbar. Der High-End-TV liefert mit beiden Signalen eine bestmögliche Bildqualität.
Tonqualität
In der Ruhe liegt die Kraft – im Falle des leise rotierenden Laufwerks ist sie zudem der Schlüssel zum guten Klang, der an allen Ausgängen gleichermaßen mit fantastischer Auflösung überzeugt. Musikhörer sollten besonders der analogen Ton-Ausgabe Beachtung schenken, der Pioneer viel Aufwand angedeihen ließ: Mit der „Direct“-Taste schaltet man Video- und Digitaltonsektion ab, was – dreht man den Verstärker bei schwach ausgesteuerten Signalen von CD laut auf – prompt zu einem etwas feineren Quantisierungsrauschen führt. Schaltet man das „Hi-Bit32“-Upscaling zu, gewinnt der Klang einen Hauch zusätzlicher Brillanz. Das analoge Signal (Cinch) brummte dabei etwas stärker als die digitalen Zuspielvarianten S/PDIF und HDMI – ob mit oder ohne zusätzlicher „Zero Signal“-Masse spielte im Hörtest keine Rolle. Diese kleinen Unterschiede lassen sich bei normal laut ausgesteuerten Musiksignalen aber kaum wahrnehmen. fg
Der Testbericht Pioneer BDP-LX 88 (Gesamtwertung: 89, Preis/UVP: 1500 Euro) ist in audiovision Ausgabe 2-2015 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Der optisch zu den hauseigenen Receivern passende BDP-LX 88 brilliert mit einer perfekten Bild- und Tonqualität sowie seiner überragenden Haptik. In Sachen Ausstattung und Navigationstempo hätten wir uns angesichts eines Preises von 1.500 Euro aber etwas mehr erhofft.