Sony XR-65X90L (Test)

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Nach K kommt L: Mit dem 2.000 Euro teuren XR-65X90L hat Sony den Nachfolger seines Full-Array-LCD-Modells XR-65X90K (Test in 9-2022)im Sortiment. Sony verspricht im aktuellen Modelljahrgang eine Helligkeit von etwa 130 Prozent im Vergleich zum X90K. Außerdem soll sich beim 65-Zöller die Anzahl der Dimming-Zonen von 60 auf 80 erhöht haben. Wir sind gespannt, ob sich dadurch die Schwarzdarstellung verbessert. Geblieben ist – glücklicherweise – das intelligente Fußkonzept mit blitzschneller, weil schraubenfreier Montage. Der 3-fach-Multifunktionsfuß aus Aluminium lässt sich wahlweise recht zentral, weiter außen und im Soundbar-Setup montieren. Letztere Variante bringt den Flachmann in eine erhöhte Position, damit eine Soundbar darunter platziert werden kann. Der Aluminium-Rahmen des X90L ist von vorne hauchdünn. Mit 5,7 Zentimeter inklusive Display und Anschlüssen ist der 65-Zöller ein eher schlanker Fernseher. Alternativ zur 65-Zoll-Variante ist der Sony in 55, 75, 85 und 98 Zoll mit einer Diagonale von 2,48 Meter zu Preisen zwischen 1.700 und 10.000 Euro erhältlich.

Ausstattung und Praxis
Den Cognitive Processor XR kennen wir aus dem Vorjahr. Eine seiner Kernkompetenzen: Er versucht, Inhalte so wiederzugeben, wie Menschen diese sehen und hören. In der 2023er-Version hat Sony das Feature „XR Clear Image“ ergänzt. Dieses will Bildrauschen und Bewegungsunschärfen weiter reduzieren. Der „XR Contrast Booster“ wiederum will in Lichtern größere Helligkeiten und in Schattenbereichen tieferes Schwarz erzielen. „XR Motion Clarity“ analysiert Bewegungen – Ziel ist eine flüssige und scharfe Wiedergabe unter anderem von flotten Sport- und Actionfilmen.

Vier HDMI-Anschlüsse sind verbaut, aber nur zwei davon unterstützen alle wichtigen HDMI 2.1-Spezifikationen, die speziell für Gamer von Bedeutung sind. Dazu zählen Variable Refresh Rate (VRR), Auto Low Latency Mode (ALLM) und die 4K-Wiedergabe mit 120 Hertz. Besitzer einer PlayStation 5 freuen sich über Tone-Mapping mit HDR-Automatik und einen automatischen Genre-Bildmodus. Wer gerne streamt, profitiert von Apple AirPlay, Chromecast, Bluetooth und Miracast.

Doppelpack: Sony liefert gleich zwei Fernbedienungen mit. Unser Favorit ist der schicke Steuerstab ohne Zifferntasten (rechts). Hierüber lassen sich Streamingportale wie Netflix, und Disney+ direkt anwählen.

Für Kabel, Satellit und DVB-T2 sind jeweils Twin-Tuner verbaut. Der X90L erlaubt Aufnahmen auf USB-Festplatte, Time-Shift gelingt auf diesem Weg nicht. Bei vielen öffentlich-rechtlichen Programmen kann man jedoch bereits laufende Sendungen durch einen Druck auf die blaue Taste der Fernbedienung von vorne starten, wenn der TV ins Internet eingebunden ist.

Beim Betriebssystem kombiniert der Sony, wie man es gewohnt ist, Android 10 mit Google TV als Benutzeroberfläche. Diese ist optisch ansprechend und punktet durch kurze Reaktionszeiten und hohen Bedienkomfort. Dazu trägt die handliche Fernbedienung mit Direktwahltasten für Bravia Core, Netflix, Disney+, Amazon Prime Video und Crunchyroll, einer Plattform für Anime-Serien, bei.

Google TV trifft Android 10: Die Benutzeroberfläche des Sony-Fernsehers ist glücklicherweise nicht überladen. So hat man alles schnell im Blick.

Flotte Anpassungen: Ob Helligkeit, Bild- und Tonsettings oder Veränderungen am Energiespar-Modus: Die Schnelleinstellungen erlauben ein intuitives Handling.

Sieht gut aus: Auch im ungenutzten Zustand ist der 65-Zöller ein echter Hingucker. Denn Sony hat diverse Hintergrundbilder im Gerät hinterlegt.

Zu viel Zeit vor dem Fernseher, noch dazu mit falschen, weil nicht altersgerechten Inhalten, tut dem Nachwuchs nicht gut. Deshalb hat Sony dem XR-65X90L diverse Kindersicherungs-Features spendiert. Hier kann man Einschränkungen zur Verwendung von Kanälen, externen Eingängen und Apps festlegen, außerdem lässt sich die Bildschirmzeit bestimmen. Der Eintrag „Fernsehen einschränken“ erfordert eine vierstellige PIN. Anschließend kann man für den Zugang zu TV-Programmen eine Altersbeschränkung definieren, den Zugang zu bestimmten Kanälen verwehren und externe Eingänge blockieren. Wer sich die Mühe machen will, kann zudem durch alle verfügbaren Apps scrollen und diese mit einem Schloss versehen, damit der Nachwuchs keinen Zugriff hat. Zum Einschränken der Bildschirmzeit kann man ein tägliches Nutzungslimit sowie ein eingeschränktes Zeitfenster hinterlegen. Auch die entsprechenden Wochentage für diese Vorgaben sind anpassbar. Hat man die Bravia Cam angeschlossen, profitiert man zudem von einer Näherungswarnung. Sobald sich die Kinder zu nah vor das TV-Display bewegen, gönnt sich der 65-Zöller ein vorübergehendes Päuschen.

Pause für Vielgucker: Eltern haben die Möglichkeit, im Menü des 65-Zöllers ein Nutzungslimit zu hinterlegen und den TV-Konsum zu kontrollieren.

App-Sperre: Nicht jede App eignet sich für Kinder. Deshalb bietet Sony die Option, jede einzelne installierte Anwendung zu sperren.

Im Gegensatz zu den Sony-Topmodellen besteht die Oberfläche des Steuerstabs aus Kunststoff und nicht aus Aluminium, auch eine Beleuchtung fehlt. Eine simple Fernbedienung mit klassischem Ziffernfeld gehört zum Lieferumfang. Als Sprachassistent steht Google Assistant zur Verfügung, ebenso gelingt die Steuerung über Alexa-fähige Geräte. Optional bietet der japanische Hersteller die Bravia Cam an, die eine Gestensteuerung ermöglicht, Bild und Ton optimiert, eine Nähewarnung integriert hat und Videochats auf dem großen Bildschirm gestattet. Unsere bisherigen Erfahrungen mit der Kamera zeigen allerdings: eine nette Spielerei, die man jedoch nicht wirklich benötigt. Die Einrichtung des XR-65X90L gelingt prinzipiell wie bei allen Sony-TVs per Fernbedienung oder mittels Smartphone und „Google Home“-App. Allerdings mussten wir auch diesmal zum Signalgeber greifen, weil wir trotz mehrfacher Versuche mit einem aktuellen Samsung-Smartphone bei der Anmeldung im Google-Konto scheiterten.

Bild- und Tonqualität
Maximal 1.060 Candela hatte der Vorgänger XR-65X90K jeweils im „Brillant“- und im „Standard“-Modus erzielt. Der XR-65X90L packt noch ein wenig drauf. 1.245 Candela messen wir im „Standard“-Setting, im „Kino“-Modus sind es immerhin 1.150 Candela, der „Brillant“-Modus schafft zu unserer Überraschung nur 725 Candela. Mit 685 bzw. 650 Candela leuchtet der Sony in der farblich besten „Kino“-Voreinstellung auch bei 50- und 100-prozentigem Weißanteil ordentlich hell. So viel schaffen viele OLEDs gerade mal in der Spitze. Der ANSI-Kontrast fällt mit einem Wert von 1.050:1 jedoch recht überschaubar aus.

Bei frontaler Draufsicht ist die Schwarzperformance des X90L minimal besser als beim Vorgänger. Der Lichthof um weiße Einblendungen ist von der Intensität her marginal, das Schwarz ist schön dunkel. Bei leuchtstarken Inhalten hellen Filmbalken jedoch leicht auf. Und bei seitlicher Betrachtung wird der qualitative Unterschied des Sony zu einem OLED-Fernseher deutlich. Im Bereich um weiße Einblendungen wird das Schwarz jetzt dezent bläulich, die Homogenität der Ausleuchtung ist nicht mehr perfekt. Allerdings fällt dies nur im vollkommen abgedunkelten Raum auf. Tagsüber und abends, sobald eine Lampe im TV-Zimmer leuchtet, sind wir mit der Schwarzdarstellung des Flachmanns überaus zufrieden. Die eben beschriebenen Phänomene sieht man dann nicht.

Farbecht: Im „Kino“-Modus punktet der Sony ab Werk. Im SDR-Farbraum sind keine wesentlichen Anpassungen für ein gutes Ergebnis erforderlich.

Wie beim Vorgänger: Auch der XR-65X90L hat am oberen Messpunkt des Farbsegels im DCI-P3-Spektrum eine Schwäche, alle anderen Farben trifft er präzise.

Lückenlos: Zwei der vier HDMI-Ports des XR-65X90L unterstützen alle wichtigen Features des aktuellen Standards 2.1. Außerdem kann der Sony-Fernseher als Center-Lautsprecher in ein Heimkino-System eingebunden werden. Aufzeichnungen von TV-Sendungen auf USB-Festplatte sind mit dem 65-Zöller ebenfalls möglich.

Farblich ist der „Kino“-Modus die erste Wahl. In diesem Setting gefällt uns die Abstimmung des Sony: Das Bild fällt nicht wie oft in diesem Setup zu weich aus, die Schärfe ist gut, auch die Plastizität überzeugt. Klasse ist auch die Bewegungsdarstellung. Stellt man in der „Motionflow“ sowohl die „Glätte“ als auch die „Klarheit“ jeweils auf den Wert „2“, so gleitet die Kamera in der Doku „Berlin und Brandenburg von oben“ butterweich am Berliner Fernsehturm vorbei. Wer auf noch mehr Schärfe und Tiefe steht, wechselt in den „Standard“-Modus. „Brillant“ knallt so richtig, eignet sich aber ob der nicht mehr so ganz exakten Farbwiedergabe primär für sehr helle Umgebungen.

Für kontrastreichere Inhalte unterstützt der 65-Zöller neben HLG und HDR10 auch Dolby Vision, HDR10+ fehlt. In den drei Dolby-Vision-Modi (Brillant, Hell, Dunkel) kann man die Bildcharakteristik sehr gut an die eigenen Vorlieben und Lichtverhältnisse anpassen. Der Sony ist sehr dynamisch, farbenfroh, liefert eine breite Farbpalette mit feinsten Übergängen und überzeugt auch bei seitlichen Blickwinkeln mit hoher Farbtreue.

Für eine ordentliche Klangkulisse sorgt das 30 Watt starke Audiosystem mit zwei Breitband- und zwei Hochtonlautsprechern und Dolby-Atmos-Support. Empfehlenswert ist die automatische Akustikkalibrierung mittels Mikrofon in der Fernbedienung. Die Stimmverständlichkeit des XR-65X90L ist gut, der Audiomodus „Dialog“ ist für Nachrichten und Talkshows empfehlenswert. Für einen Mittelklasse-Fernseher beschert der Sony eine ansprechend breite Klangbühne. Das Bassvolumen ist überschaubar. Praktisch: Im Heimkino-System fungiert der Apparat als Center-Lautsprecher.

Der Testbericht (Gesamtwertung: 83, Preis/UVP: 2.000 Euro) ist in audiovision Ausgabe 7-2023 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

83 Sehr gut

Etwas heller, minimal besser bei der Schwarzdarstellung als der Vorgänger: Der XR-65X90L punktet als Mittelklasse-Fernseher mit einem guten Gesamtpaket, umfangreicher Ausstattung und hohem Bedienkomfort. Die TV-Qualität und der Ton dürften in den meisten TV-Haushalten vollkommen genügen. Insgesamt ein starker Auftritt des Sony.

Jochen Wieloch

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