Design, Bedienung und Bildqualität stehen bei Sim2 im Fokus. Der italienische Projektoren-Hersteller verbindet beim Crystal 4 SH ein Gehäuse aus luxuriösem Kristallglas mit aktuellen Technologien und einfacher Nutzung. Reicht das für unsere Referenzklasse?
Nach dem 35.000 Euro teuren Sim2-Topmodell Nero4S (Test in audiovision 5-2022) durften wir nun den Crystal 4 SH, der mit 17.800 Euro nur rund die Hälfte kostet, in unserem Messlabor begrüßen. Optisch ist der kleine Bruder nicht minder beeindruckend: Seine Maße betragen rund 50 x 40 Zentimeter, und er bringt mit 14,5 Kilo ein stattliches Gewicht auf die Waage. Das schicke Kristallglas umhüllt Vorder-, Rück- und Oberseite. Die Seiten bestehen aus stabilem und farblich dazu passendem Kunststoff. Dieses Design hat nicht nur optische, sondern ganz pragmatische Gründe. Während Glas bei leichter Gewalteinwirkung splittern kann, darf im Rahmen der Montage an den Seiten des Projektors etwas kräftiger zugepackt werden.
Das Gerät ist in den Farben Weiß und Schwarz erhältlich, so dass es sich gleichermaßen für moderne Wohnzimmer wie auch Heimkinoräume eignet. Anschlusskabel sind nicht sichtbar, weil das Gehäuse rundum geschlossen ist. In Anbetracht der hohen Lichtausbeute von nominell 3.600 Lumen ist der Stromverbrauch mit 314 Watt relativ gering.
Sim2 hat in den Crystal 4 SH eine Flüssigkeitskühlung eingebaut. Dadurch verringert sich das Betriebsgeräusch auf flüsterleise 22 Dezibel im höchsten Laserlicht-Modus, die Lüfter verursachen keine störenden Strömungsgeräusche. Bereits leise Dialoge in Spielfilmen reichen aus, damit wir den Projektor im Raum gar nicht mehr hören. Die Garantie kann für sieben Prozent Aufpreis von zwei auf drei Jahre verlängert werden.
Ausstattung und Technik
Der Sim2 Crystal 4 SH ist ein Ein-Chip-DLP-Projektor mit 0,66-Zoll-DMD und einer nativen Auflösung von 2.716 x 1.528 Pixel. Bildinhalte kann er bis zu 3.840 x 2.160 Pixel entgegennehmen, verarbeiten und sequentiell per 4K-XPR-Shift in UHD-Auflösung projizieren.
Verwendet wird ein 1,6-faches Zoom-Objektiv aus Vollglaslinsen, das eine Auflösung von 93 Zeilen paaren pro Millimeter ermöglicht. Spezialbeschichtungen auf den optischen Elementen sollen Farbleistung, Ausleuchtung, Schärfe und Kontrastumfang verbessern. Geringe chromatische Aberrationen und minimale geometrische Verzerrungen bieten obendrein die gleiche einwandfreie optische Leistung, wie sie der doppelt so teure Nero4S darstellt. Eine Bildbreite von 2,50 Meter wird aus einer Distanz von 3,50 bis 5,60 Meter erreicht.
Auf motorischen Zoom, Fokus und Lens-Shift muss man allerdings verzichten. Wer auf eine 16:9-Leinwand projiziert, wird allerdings nichts vermissen, weil das Bild nur einmal eingestellt werden muss. Weitere Anpassungen sind in aller Regel nicht nötig. Besitzern von einer Cinemascope-Leinwand stellt Sim2 eine digitale Lens-Memory-Funktion inklusive drei Speicherbänken zur Verfügung.
Mit „Live Colors Calibration“ (LCC) wird eine automatische Kalibrierungs-Funktion geliefert, um den Projektor professionell zu Hause einzustellen. Dieses Tool steht exklusiv dem Installer oder Fachhändler zur Verfügung (siehe Kasten Seite 20). Darüber hinaus sind für Enthusiasten ein Sechs-Achsen-Farbmanagement, übliche RGB Gain/Offset-Regler und rudimentäre Gamma-Parameter eingebaut. Damit lassen sich alle nötigen Einstellungen vornehmen im Rahmen der Kalibrierung. Eine dreistufige Zwischenbildberechnung ist für SDR- und HDR-Inhalte implementiert, um die Bewegungsschärfe nach persönlichem Geschmack zu verbessern.
Ein weiteres Highlight ist die Implementierung von High Dynamic Range (HDR). Für die bestmögliche Wiedergabe von hochaufgelösten und kontrastreichen 4K-Inhalten hat Sim2 ein dynamisches Tone Mapping entwickelt, das die in den Bildsignalen hinterlegten Metadaten analysiert und den Projektor exakt darauf einstellt. Wie das im Detail funktioniert, erfahren Sie im entsprechenden Kasten.
Zugriff auf Smartfunktionen mit jeder Menge Apps bietet der zum Lieferumfang gehörige Roku 4K-Mediaplayer. Hierüber können alle relevanten Bezahl-Dienste wie Netflix, Disney+, Apple TV+, Amazon Prime Video und Wow aufgerufen werden, ebenso wie die kostenlosen Mediatheken der TV-Anstalten. Da der Sim2 weder Lautsprecher noch ARC-HDMI-Anschlüsse besitzt, kann man den Stick nicht direkt mit dem Projektor verbinden, sondern muss den Umweg über den AV-Receiver gehen.
Leistungsstarker Laser
Entgegen dem Nero4S kommt im Crystal 4 SH keine herkömmliche UHP-Lampe zum Einsatz. Stattdessen werden neu entwickelte blaue Laserdioden mit zwei Farbrädern zur Lichtemission kombiniert. Das erste Farbrad bietet mit seinen grünen und gelben Leuchtstoffen konstante Emissionen. Das zweite „reinigt“ die Farben mit seinen dichroitischen Filtern, was eine hohe kolorimetrische Wiedergabegenauigkeit zur Folge hat.
Sim2 gibt einen Wert von 20.000 Stunden an, bis die Laserlichtquelle 50 Prozent an Leistung einbüßt. Das sollte für jahrzehntelangen Filmgenuss locker reichen. Der Laser lässt sich statisch in 11 Stufen dimmen. Die Lichtausbeute beträgt je nach Wert 50 bis 100 Prozent und kann variabel an die eigene Leinwandgröße und Nutzungsart für HDR und SDR angepasst werden.
Installation und Bedienung
Der Crystal 4 SH kann auch vom Heimkinobesitzer selbst installiert werden. Der Anschluss der Signalkabel gestaltet sich dabei angenehm leicht, weil die Terminals hinter der großen Klappe auf der Rückseite gut zugänglich sind. Die Stecker sitzen fest und ruckelfrei in den Buchsen, womit eine störungsfreie Signalübertragung gewährleistet ist. Bei einer Überkopf-Montage an der Zimmerdecke sind die Kabel nicht zu sehen, da diese „versteckt“ vom Gehäuse verlegt werden können.
Im Rahmen einer Tisch- oder Regalinstallation steht der Crystal 4 SH auf seinen vier Füßen. Der Zoom-Regler befindet sich unter dem Objektiv. Das gestaltet die Einstellung der Bildgröße ein wenig fummelig. Für die Fokussierung muss relativ weit in den Objektivschacht gegriffen werden. Die Einstellung gelingt aber angenehm feinfühlig und präzise. Eher umständlich finden wir das Lens-Shift, denn für die vertikale Bildverschiebung wird ein Inbusschlüssel benötigt, um die auf dem Gehäuse eingelassene Schraube zu verstellen. Zum Glück muss man diese Arbeit nur einmal verrichten. Eine motorische Einstellung per Fernbedienung, wie in dieser Preisklasse eigentlich zu erwarten, würde das Prozedere erleichtern.
Praktisch finden wir hingegen die digitale Lens-Memory-Funktion. Wir richten das Bild vollflächig auf unserer drei Meter breiten Leinwand im Cinemascope-Format aus, damit Filme mit dem Seitenverhältnis 2,39:1 vollständig darauf abgebildet werden. Die Letterbox-Balken verschwinden in der schwarzen Kaschierung des Leinwandrahmens. Diese Position speichern wir unter der Taste F1 der Fernbedienung. Für 16:9-Inhalte wird das Bild anschließend verkleinert und an die gewünschte Position verschoben. Die finale Einstellung speichern wir unter der Taste F2 auf dem Handsender. Jetzt können wir mit einem Tastendruck die Bildformate
wechseln. Der Vorteil gegenüber einer optischen Anpassung durch Verstellen des Zooms ist, dass die Bildschärfe und Lichtausbeute unverändert bleiben. Als Nachteil erweist sich die verringerte Auflösung, da die Bildinformationen um rund 33 Prozent reduziert werden wegen der digitalen Verkleinerung des Signals. Anstatt 2.716 x 1.528 werden jetzt 1.920 x 1.080 Pixel des DLP-Chips verwendet, plus XPR-Shift-Technologie. Auf Test- und Standbildern ist die geringere Auflösung erkennbar, im laufenden Film hingegen zu vernachlässigen. Abschließend legen wir für HDR und SDR unterschiedliche Parameter an. Von jetzt an funktioniert alles im Grunde vollautomatisch.
Der Sim2 Crystal 4 SH schaltet selbstständig in die vorab ausgewählten Bildmodi, wenn Inhalte in SDR und HDR zugeführt werden. Die Navigation durch die On-Screen-Displays (OSD) von Projektor und Roku-Mediaplayer gelingen zügig mit den jeweiligen Handsendern. Die Menüs sind selbsterklärend und die Schriften sind groß genug, um sie auf der Leinwand gut lesen zu können.
Licht und Farbe
Ab Werk wird der Sim2 im Farbraum LCC ausgeliefert. Hierbei handelt es sich um einen ab Werk individuell kalibrierten Modus. Wer eine farbneutrale Leinwand wie eine Stewart Studiotek 100 besitzt, erhält hier bereits präzise Farben. Wir entscheiden uns jedoch nach einer Überprüfung der bereits sehr guten Werte, im Bildmodus „Kino“ die Farben auf Perfektion zu trimmen. Einfach weil wir sehen wollen, wie das interne Color Management System (CMS) funktioniert. Hierfür verwenden wir die zur Verfügung stehenden Bordmittel: Primär- und Sekundärfarben lassen sich im Farbraum präzise anpassen. Der Graustufenverlauf ist mit wenigen
Klicks optimiert. Beim Gamma 2,2 müssen wir auf hohem Niveau ein paar Abstriche machen, da es um 2,3 im Durchschnitt verläuft. Die Lichtausbeute beträgt kalibriert 3.120 Lumen, was für Bildbreiten bis zu 4 Meter für HDR-Inhalte mit 32 Footlambert gut geeignet ist, beziehungsweise bis 5,70 Meter und 16 Footlambert für SDR.
Der native On/Off-Kontrast beträgt verbesserungswürdige 1.300:1 und liegt damit im Bereich des Nero4S. Mittels des dynamischen Laser-Dimmings (Ein) und Super Hybrid Modus (Erweitert) lässt sich der Kontrast aber auf gute 5.213:1 steigern; In-Bild-Kontrast 1.300:1 und ANSI 420:1 ohne Helligkeitstricksereien sind auch ordentlich und übertreffen gleichfalls die Messwerte des Nero4S. Die Maximalhelligkeit beträgt ungeachtet der Farbgenauigkeit 3.600 Lumen. Hier hat der Nero4S mit über 5.000 Lumen die Nase klar vorn. Die Ausleuchtung (Color Uniformity) ist vorbildlich mit 97 Prozent, so dass kein Helligkeitsabfall von der Mitte zur Seite erkennbar ist.
Bildqualität
Wie beim Nero4S sind wir beim Crystal 4 SH von der herausragenden Schärfe begeistert. Bis zum Rand werden alle Inhalte optimal fokussiert.
Spielfilme mit 24 Bildern pro Sekunde werden originalgetreu reproduziert. Die Zwischenbildberechnung lässt sich dreistufig hinzuschalten und verbessert Bewegungsabläufe. Auf „gering“ sehen wir keine nennenswerten Fehler, ein leichter „Seifenoper-Effekt“ ist hier aber bereits wahrzunehmen. Auf den höheren Stufen wird das Bild zusehends flüssiger, jedoch nehmen Artefakte in Form von Grießeln um feine Strukturen sichtbar zu.
Dank schneller Schaltzeiten der Laser ist der sogenannte Regenbogen-Effekt gering, ausschließlich an kontrastreichen Kanten und im Abspann von Filmen können wir ihn gelegentlich ausmachen. Mit 720p-Inhalten von TV-Sendungen, die vom Roku-Mediaplayer übertragen werden, gibt sich der Crystal 4 SH keine Blöße. Auf UHD-Auflösung hochskaliert überzeugen Detaildarstellung und Schärfe. Gesteigert wird der Bildeindruck mit Filmen und Serien in 1080p. Farben werden originalgetreu projiziert, dunkle Inhalte haben viel Zeichnung. Zur Top-Performance läuft der Beamer mit 4K-Inhalten auf. Feinste Elemente in UHD-Pixelauflösung werden glasklar dargestellt. Wenn Neo gelangweilt in „Matrix: Resurrections“ am Schreibtisch sitzt, ist die schwarze Tastatur gut erkennbar. Die kleinen Schriftzeichen auf den drei Displays vor ihm sind beinahe lesbar (siehe Bild). Minimal besser stellen das lediglich native 4K-Projektoren dar.
Wo der Nero4S in Nachtaufnahmen noch leicht schwächelte ob des suboptimalen Schwarzwertes, spielt der Crystal 4 SH hier seine ganze Stärke aus, die ihm von der Super-Hybrid-Technologie (siehe Kasten) verliehen wird. Während die Laser die Lichtausbeute leicht dimmen, so dass Schwarz erkennbar dunkler dargestellt wird, werden andere Inhalte über eine Gamma-Anpassung dezent aufgehellt. Auf diese Weise stellt sich zu keinem Zeitpunkt ein Grauschleier ein. Vielmehr wird die Plastizität sichtbar gesteigert. Ein störendes Pumpen, das bei solchen Eingriffen nie auszuschließen ist, konnten wir mit unserem Testmaterial nicht ausmachen.
Von der hohen Lichtausbeute und dem erweitertem HDR-Farbraum DCI-P3 profitieren vor allem Spielfilme wie „Sully“ von der 4K-Blu-ray. Wenn der Captain über den New Yorker Times Square joggt, leuchten die roten und blauen Neonlichter in so prachtvollen Farben, wie wir sie nur selten zu Gesicht bekommen. Dabei werden alle Inhalte auf den Bildschirmen vollständig dargestellt. In Steven Spielbergs „West Side Story“ führen die satten Farben im Kaufhaus Gimbels zu echten HDR-Wow- Momenten. Getoppt wird das allenfalls, wenn Maria durch die Straßen tanzt und mit ihren Freunden „America“ singt. So satte gelbe Kleider, natürliche Hautfarben und leuchtende Rotfarbtöne bekommen auch wir nicht alle Tage zu sehen.
Der Testbericht Sim2 Crystal 4 SH (Gesamtwertung: 91, Preis/UVP: 17.800 Euro) ist in audiovision Ausgabe 2-2023 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.