Piega Ace Wireless (Test)

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Schlanke Design-Lautsprecher mit erwachsenem Klang verspricht die Ace-Serie von Piega. Moderne Aktiv- und Wireless-Technik liefern die Schweizer gleich mit.

Wir geben es ja zu: Beim Anblick der Ace Wireless-Lautsprecherserie ging bei den Testern reflexartig die Schublade „aha, schlanke Mini-Lautsprecher, die klingen immer eher dünn und substanzlos“ auf. Doch besagte Schublade schloss sich bereits beim ersten Hineinhören – und das mit Schwung.

Das war letztlich aber auch gar nicht anders zu erwarten. Denn Lautsprecher, die hauptsächlich auf Design ausgerichtet sind, hätten schon eine Hundertachtzig-Grad-Kehrtwendung von der bisherigen Piega-Entwicklungsphilosophie, immer und zuvorderst Wert auf Klangqualität zu legen, bedeutet.

So ist beispielsweise das auch bei der Ace Wireless-Serie verwendete Gehäusematerial Aluminium zuallererst aus physikalischen Gründen gewählt worden: Es ist nämlich für diesen Zweck weitaus besser geeignet als das heute in aller Regel verwendete Holzmaterial MDF, weil es sehr steif ist und eine hohe innere Dämpfung besitzt. Es neigt dadurch selbst bei deutlich geringerer Wandstärke erheblich weniger zu Resonanzen. Allerdings ist es auch erheblich teurer als MDF und sehr viel aufwändiger zu verarbeiten. Da hilft auch nicht, dass die Schweizer für ihre Boxen Alu-Stranggussprofile verwenden, von denen sie die gewünschten Gehäuseabmessungen einfach ablängen. Denn Piega verwendet diese Profi le exklusiv, was heißt, dass sie sich die – nicht gerade geringen – Werkzeugkosten für den Gießprozess mit niemandem teilen können. Entsprechend ist die von uns getestete 5.1-Kombination mit 10.000 Euro auch nicht ganz billig.

Sage aber bloß keiner, dass Piega gar keinen Wert auf gutes Design legen würde: Für die Gestaltung der Ace Wireless zeichnet immerhin die Schweizer Design-Ikone Stephan Hürlemann verantwortlich. Er schneiderte den Boxen ein sehr schlankes, tropfenförmiges Äußeres auf den Leib. Außer in eloxiertem Silber sind die Lautsprecher – gegen Aufpreis – auch mit schwarz eloxierter und weiß lackierter Oberfläche erhältlich.

Neben dem Cinch-Analogeingang bieten die Piegas auch noch RJ45-Anschlüsse, die aber nicht etwa Netzwerk-Signale in Empfang nehmen, sondern als analoge symmetrische Stereo-Buchsen verschaltet und für größere Installationen gedacht sind.

Die Ace 50 Wireless und die Ace 30 Wireless gibt es in zwei Versionen, die gemeinsam ein Stereo-Paar bilden: Die TX-Variante ist die Anschluss-Zentrale mit Eingängen für Netzwerk, HDMI, SPDIF und eine WLAN-Antenne. Sie schickt den jeweils anderen Kanal des Stereo-Signals (einstellbar auf der Rückseite) an die RX-Ausführung, die außer Strom keinen Anschluss benötigt. Die Lautstärke lässt sich dank des mitgelieferten Infrarot- Empfängers über jede beliebige TV-Fernbedienung einstellen. Dank integrierter Streaming Clients (Spotify Connect, Chromecast) lässt sich Musik problemlos aus dem Internet holen, ohne dass ein Quellgerät anschlossen ist. Sogar Apple AirPlay beherrschen die Piegas und verstehen sich zudem mit einem Roon-Server.

Fürs drahtlose Heimkino interessanter ist allerdings die Integration des WiSA-Funkstandards in den RX-Varianten der Boxen sowie in den Ace Wireless Center und den Sub Media: Einige Fernseher, beispielsweise von LG und Hisense, besitzen einen WiSA-Sender, der Mehrkanal-Ton an die Piegas ausgibt. Die WiSA Association selbst bietet mit dem SoundSend einen kleinen Sender an, der sich einfach per HDMI an den Fernseher anschließen lässt und dann die Signale an die Boxen schickt. Die nötigen Pegel- und Entfernungseinstellungen lassen sich dann mit Hilfe einer Smartphone-App bequem vom Sofa aus tätigen.

Die WiSA Association bietet einen kleinen Funksender an, mit dessen Hilfe sich Mehrkanal-Signale an die Piega-Boxen schicken lassen. Eine Smartphone-App sorgt für die nötigen Einstellungen.

Technik
Ein erheblicher Teil des Entwicklungs-Budgets floss, wie bei den Schweizern üblich, dann aber doch nicht in die Optik, sondern in Technik und Klang. So integrierten sie in die als Frontlautsprecher dienenden Ace 50 Wireless RX immerhin fünf 12-Zentimeter-Treiber, von denen der oberste ein eigenes, abgetrenntes Volumen bekam und als reiner Mitteltöner eingesetzt wird. Die beiden Chassis darunter verfügen über einen Magnetantrieb, die zwei restlichen fungieren als Bassreflex-Passivstrahler, setzen also die von den angetriebenen Membranen ins Gehäuse hinein abgestrahlte Energie in hörbaren Bass um. Der Ace Center Wireless verfügt über zwei dieser Treiber in einem geschlossenen Gehäuse, die Surrounds Ace 30 Wireless RX besitzen jeweils einen davon. Gemeinsam ist allen Tieftmitteltontreibern die Piega-eigene MDS-Technologie (Maximum Displacement Suspension), die für einen sehr großen maximalen unverzerrten Hub der Membranen sorgen soll. Insbesondere bei derart kleinen Treibern ist das sinnvoll und sogar nötig, um tiefe Töne mit nennenswertem Pegel zu erzeugen. Welche technischen Maßnahmen dafür im Detail getroffen wurden, verraten die Schweizer nicht.

Als Hochtöner setzt Piega bei der Ace-Serie ausnahmsweise keinen der selbst hergestellten Bändchen-Hochtöner ein, sondern einen Air Motion Transformer. Den bauen sie nicht selbst, waren bei der Entwicklung aber maßgeblich beteiligt. Diese mittlerweile von vielen Herstellern eingesetzte Bauweise bietet mit ihrer ziehharmonikaförmig gefalteten Membran bei vergleichsweise kompakter Baugröße sehr geringe Verzerrungen und hohe Maximalpegel.

Aktiv-Power mit DSP
Richtig Gehirnschmalz investierten die Schweizer auch in die Aktiv-Elektronik, die als wichtigste Voraussetzung eine drahtlose Signalversorgung mitbringen musste. Dazu griffen die Entwickler auf die bei vielen Fernsehern enthaltene WiSA-Technik zurück (siehe Kasten). Zudem implementierte Piega einen DSP (Digital Signal Processing) in die Lautsprecher-Elektronik, der vor allem dazu genutzt wird, die Basswiedergabe so zu entzerren, das sie zum einen deutlich tiefer reicht, als es bei Säulenlautsprechern üblich ist, andererseits aber die recht kleinen Treiber nicht überlastet. Hier muss der DSP sogar pegelabhängig arbeiten: Ist die Gesamtlautstärke gering, reichen die Hubfähigkeiten der Treiber aus, um auch tiefste Töne wiederzugeben. Steigt der Pegel, wird die untere Grenzfrequenz im Bass immer weiter erhöht und so stets exakt dem Maximalhub der Chassis angepasst. Die integrierten Endstufen weisen für die Ace 50 Wireless 200 Watt Gesamtleistung auf, für die Ace 30 Wireless und den Ace Center Wireless je 100 Watt. Wie sich diese Leistung auf die einzelnen Treiber aufteilt, ist hingegen Betriebsgeheimnis.

Den Subwooferpart übernimmt der Sub Medium von Piega, der ebenfalls über WiSA-Drahtlosempfang verfügt. Er ist als Röhre gestaltet, an deren Enden jeweils ein Basstreiber mit 20 Zentimetern Durchmesser sitzt. Die werden von einer 240 Watt starken Endstufe befeuert, allerdings erst, nachdem der Leistungsverstärker ein Digital Signal Processing (DSP) mit Entzerrungs- und Filterfunktionen durchlaufen hat – so wie bei den Ace Wireless-Boxen.

Unter Hifi – und Heimkino-Fans sind sie nicht sonderlich beliebt, bieten aber sachlich betrachtet einige handfeste Vorteile: Bei Aktivlautsprechern hat beispielsweise jedes Chassis oder zumindest jede Chassis-Gruppe ihren eigenen Leistungsverstärker, der in seinen Eigenschaften auf das jeweilige Arbeitsgebiet optimiert werden kann. Die Aufteilung der Frequenzbereiche ist mit aktiven Filterschaltungen zudem präziser und feinteiliger, als es mit einer aus großen Spulen, Kondensatoren und Widerständen arbeitenden Passivweiche möglich ist. Die frisst zudem in aller Regel noch einiges von der vorher von teuren externen Endstufen mühsam erzeugten Verstärkerleistung.

Zudem lassen sich in einer Aktivbox auch Entzerrungen unterbringen, mit denen man sie äußerst präzise auf die Raumakustik – und natürlich den Hörgeschmack – optimieren kann. In neuerer Zeit kommen die Möglichkeiten hinzu, die moderne DSPs bieten: Laufzeit- und Phasen-Anpassungen sind damit ebenso problemlos möglich wie dynamische Filter, die sich Signalpegel und -zusammensetzung laufend anschauen und dafür sorgen, dass sich die Chassis nie außerhalb ihrer sinnvollen Betriebsparameter bewegen. Nicht zuletzt machen DSP auch eine Kompensation mancher unerwünschter Eigenschaften von Lautsprecher-Chassis möglich.

Und dann ist da noch die mittlerweile nicht mehr ganz neue Gattung der Smart Speaker, die dank Integration vieler Streaming-Optionen und Signaleingänge den Einsatz eines Heimkino-Receivers überflüssig machen. Die wären ohne Aktivtechnik undenkbar.

Smart Speaker wie die Ace 30 Wireless TX würden ohne Lautsprecher-Aktivtechnik mit integrierten Leistungsverstärkern nicht funktionieren.

Satte fünf 12-Zentimeter-Treiber bringt Piega in der Ace 50 Wireless unter. Ganz unten lugt die Funkantenne durch die Alu-Front.

Tonqualität Surround
Der Effekt der DSPs ist bemerkenswert, reicht doch der Frequenzgang des Subwoofers bis 20 Hertz hinunter, bei einem Maximalpegel von immerhin 98 Dezibel, mehr als ordentliche Werte für ein derart kompaktes Modell. Richtiggehend erstaunlich ist der Tiefgang der Ace Wireless, alle drei spielen absolut linear bis unter 40 Hertz – alle Achtung!

Auch abseits tiefer Frequenzen zeigen die Lautsprecher ansprechende Frequenzgänge mit nur geringfügigen Welligkeiten und ausgezeichneter Ausgewogenheit. Dies gilt ebenfalls für das Rundstrahldiagramm des Centers, das zwar bei 1,5 Kilohertz einen Einbruch unter größeren Winkeln aufweist, darüber und darunter aber nahezu untadelig verläuft.

Wie bereits angedeutet: Dünn und substanzlos á la Miniboxen klingt das Piega-Set – übrigens über ihre Analogeingänge mit Signalen versorgt, um die Vergleichbarkeit mit bisherigen Tests zu gewährleisten – nun wahrlich nicht, sondern schlicht erwachsen und ausgewogen. Das Schöne dabei: Piega kippt hier auch nicht das Kind mit dem Bade aus und verpasst dem Set einen zu aufdringlichen Tief- und Grundtonbereich, sondern bleibt in diesen Klang-Disziplinen schön neutral und ehrlich. Das machen Dave Matthews und Tim Reynolds mit ihrem „Crash Into Me“ – Live in der New Yorker Radio City Music Hall – schön deutlich; Matthews Stimme und die Gitarren klingen natürlich und angenehm. Dazu trägt auch die ungemein luftige Räumlichkeit des Sets bei, die Sänger und Instrumente wie selbstverständlich und dreidimensional platziert, ohne es dabei an Präzision mangeln zu lassen. Diese Eigenschaft macht Omar Hakims „Listen Up!“ zu einem besonderen Erlebnis, denn hier fühlt sich der Zuhörer wirklich von den Instrumenten umgeben und als Teil der Aufnahme. Dreht man die Lautstärke auf unvernünftige Pegel, beginnt das Set zu komprimieren und bremst vor allem kräftige Impulse ein. Das wird aber nie unangenehm oder führt gar zu Verzerrungen, der DSP bewahrt einfach Treiber und Elektronik unter der Berücksichtigung der physikalischen Grenzen sanft, aber bestimmt vor Ungemach.

Selbst bei erhöhter Zimmerlautstärke ist davon kaum etwas zu merken, sogar die mit krachenden Impulsen und tieffrequent rumpelnden Flugrobots reichlich versehene Abschleppwagen- Szene aus „Terminator – Die Erlösung“ kommt ansprechend und mitreißend. Zudem ist die Sprachverständlichkeit immer hervorragend und die
luftige Räumlichkeit des Sets lässt fast vergessen, dass hier Lautsprecher spielen.

Tonqualität Stereo
Die gelungene DSP-Abstimmung der Ace 50 Wireless macht Stereo-Musik ebenfalls zu einem Genuss, auch ohne Subwoofer-Unterstützung: Michael Ruffs „Walking With Somebody“ kommt basskräftig beschwingt, luftig und ungemein räumlich. Bei „I Know You By Heart“ bringen sie Eva Cassidys Stimme sehr schön emotional und präsentieren ihre immensen Interpretationskünste ungefiltert. Mit der Lautstärke sollte man es auch hier nicht übertreiben, aber selbst großes Symphonieorchester á la „An der Schönen Blauen Donau“ vom Concertgebouw Orchestra mit Nicolaus Harnoncourt am Taktstock stellt sie sehr entspannt, dreidimensional und detailgenau dar.

Der Testbericht Piega Ace Wireless (Gesamtwertung: 84, Preis/UVP: 10.000 Euro) ist in audiovision Ausgabe 5-2023 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

84 Sehr gut

Piegas Entwickler haben bei der Ace Wireless-Serie die physikalischen Limitierungen schmaler Boxengehäuse mit DSP-Hilfe weitgehend umschifft und den Lautsprechern eine erstaunlich hohe Klangqualität verpasst. Nimmt man dazu die ausgefeilte Wireless-Technologie, wird das Piega-Set für viele Wohnzimmer von Heimkino-Fans interessant.

Michael Nothnagel

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