Seit der Einführung der neuen Netzwerk-Receiver-Baureihe TX-RZ ist noch kein Jahr verstrichen, da ruft die zweite Generation bereits zur Wachablösung. Für ebenfalls 1.300 Euro ersetzt der brandneue TX-RZ810 den TX-RZ800, der bereits nur wenige Wünsche offen ließ. Wo hat Onkyo also nachgebessert?
Optimiertes Streaming
Etwa bei der proprietären Einmess-Automatik AccuEQ, die mit „Accu-Reflex“ um eine Phasenkorrektur-Funktion für Aufsatz-Lautsprecher erweitert wurde (Kasten „Richtige Phase für Dolby Atmos“). Beworben wird auch die neue Streaming-Funktion „FireConnect“, deren Integration über ein Firmware-Update zu einem späteren Zeitpunkt geplant ist – und sich damit unseren Testfingern vorerst entzieht. Quasi als Konkurrenz-Lösung zu Denons „Heos“ und Yamahas „MusicCast“ gedacht, soll „FireConnect“ das autarke Musik-Streaming analoger wie digitaler Tonquellen an Drahtlos-Lautsprecher im ganzen Haus ermöglichen. Eine nicht unwichtige Fußnote: Auch die Empfänger-Boxen müssen kompatibel mit dem „FireConnect“-Wireless-Protokoll sein. Die will Onkyo künftig in Form von „FireConnect“-Speakern nachreichen. Apropos Streaming: Mit Google Cast beherrscht der TX-RZ810 neben AirPlay, Bluetooth und WiFi-Direct ein weiteres Drahtlos-Protokoll, jedoch ebenfalls erst nach einem Firmware-Update in hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft. Gleiches gilt für die kostenpflichtigen Streaming-Dienste „Tidal“ und „Deezer“, die den bereits installierten Platzhirsch „Spotify“ ergänzen sollen.
Schon ab Werk gibt es das aufgefrischte Menü-Design mit neuen Grafiken, Hintergrundbildern sowie größeren Überschriften; die Standardschrift fällt für normale Wohnzimmer-Sitzabstände immer noch etwas klein aus. Neu ist auch das Design der Fernbedienung, die entschlackt wurde, jetzt auf einen Ziffernblock verzichtet und dafür den Volume-Tasten viel Freiraum gewährt – im Dunkeln ist sie daher besser zu bedienen als das Vorgänger-modell. Leichte Veränderungen verzeichnen wir am Gehäuse des in Schwarz oder Silber erhält-lichen Boliden, der nun vier Zentimeter kürzer und drei Kilo leichter ist. Die Anordnung der Buchsen auf der Rück-seite zeigt sich ebenfalls verändert und erinnert nun an die 2016er-Modelle der TX-NR-Reihe.
Ausstattung und Praxis
Allerdings wurde auch der Rotstift angesetzt, vornehmlich bei den analogen Schnittstellen. So fehlen dem Neuling die YUV- und FBAS-Ausgänge des Vorgängers. Zudem ist einer der ehemals drei FBAS-Eingänge verschwunden und die Zahl der Cinch-Eingänge wurde um zwei auf sechs Buchsen reduziert; Schallplattenfreunde können aber aufatmen, blieb die Phono-Platine doch erhalten. Schwerer ins Gewicht fällt die Streichung von zwei Digitalton-Eingängen, womit noch eine Koax- und zwei Toslink-Buchsen verbleiben.
Konzipiert als 7-Kanal-Receiver beschallt der TX-RZ810 maximal 7.2- bzw. 5.2.2-Boxen-Sets mit zwei Höhenboxen. 7.2.2- oder gar 7.2.4-Konfigurationen sind wegen fehlender Pre-outs nicht möglich (siehe Kasten Seite 25). Der DTS:X-Dekoder verrichtet seine Arbeit leider erst nach einem voraus-sichtlich im Sommer erscheinenden Firmware-Update. Mit Dolby-Atmos-Ton kann man dagegen sofort loslegen; Auro 3D unterstützt Onkyo auch bei seinen 2016er-Modellen nicht. Wer mit Höhen-ton ohnehin nichts anfangen kann, darf freie Endstufen für die aktive Beschallung eines Nebenraums nutzen; alternativ auch für das Bi-Amping der Front-Boxen. Hörzone 2 und 3 können zudem auch passiv über die Cinch-Vorverstärkerausgänge angesteuert werden.
Bei der Boxen-Konfiguration ist die Einstellung der Abstände mit Drei-Zentimeter-Schritten ausreichend genau, aber nicht perfekt. Die Pegel-einstellung klappt mit Schritten von 0,5 Dezibel präziser. Die Crossover-Frequenzen lassen sich für jede Kanalgruppe individuell zwischen 40 und 200 Hertz einstellen; die beiden Cinch-Ausgänge des Subwoofer-Kanals können aber nicht getrennt geregelt werden. Gelungen ist der Equalizer, der für alle Kanalpaare außer dem Subwoofer 15 Frequenzbänder bietet, von denen sich neun gleichzeitig nutzen lassen – beim TX-RZ800 waren es nur sieben Bänder. Der Subwoofer-Kanal regelt mit fünf Einstellbändern zwischen 25 und 160 Hertz.
Über die Quick-Menü-Taste „Q“ der Fernbedienung gelangt man ins Schnellmenü, das sich über das laufende Bild legt. Dort findet man die wichtigsten Audioeinstellungen, darunter die Klangprogramme, die Lip-Sync-Funktion, die Aktivierung der AccuEQ-Einmessung und des Equalizers, die Late- Night-Schaltung, den Music-Optimizer und die Re-EQ-Schaltung zur sanften Höhenabsenkung. Neben dem schnell agierenden Onscreen-Menü kann zur Steuerung auch Onkyos „Remote“-App für Smartphones und Co. benutzt werden.
Innere Werte
Als einer von wenigen AV-Receivern wartet der TX-RZ810 mit einer THX-Select-2-Plus-Zertifizierung auf, die eine heim-kinogerechte Signal-Nachbearbeitung und genügend Leistung für normale Wohnzimmergrößen sicherstellt. Ferner setzt Onkyo auf die selbst entwickelte D/A-Wandler-Schaltung „Vector Linear Shaping Circuitry“, um Impulsrauschen im Analogsignal vollständig auszumerzen. Als stabiler Energie-Lieferant dient ein voluminöser EI-Kern-Transformator – nicht schlecht, dem größeren Bruder des Vorjahres TX-RZ900 (Test in audiovision 11-2015) gönnten die Entwickler aber einen noch stabileren Ringkerntrafo.
Video und Multimedia
Veränderungen gab es am Videoboard. Wie schon beim Vorgänger verstehen sich die acht HDMI-Ein- und zwei HDMI-Ausgänge auf 4K/60p-Signale samt HDR-Funktionalität, den Kopierschutz HDCP 2.2 akzeptiert der TX-RZ810 aber nur noch an drei statt ehemals fünf Eingängen. Neu ist dafür der rudimentäre Video-Scaler, der – gut versteckt im Basismenü unter „TV-Ausgang /OSD“ – ausschließlich 1080p-Videos auf 4K-Auflösung hochrechnet; eingehende analoge FBAS- und YPbPr-576i-Signale werden dagegen nur in ein HDMI-Signal gleicher Auflösung konvertiert. Die dreistufige „Super Auflösung“ zum Aufpäppeln der Feinzeichnung von Blu-ray-Bildern lässt sich nur bei aktiviertem Upscaler anschalten. Das automatisch und manuell einstellbare Lip-Sync-Delay verfügt über einen großen Regelbereich von -100 bis +500 Millisekunden.
Auf der Audioseite offeriert der TX-RZ810 mit USB, Bluetooth, AirPlay, WLAN und Ethernet alle wichtigen Audiostreaming-Optio-nen via Smartphone oder Netzwerk. Internet-Radio spielt der Receiver über das TuneIn-Radio. Aktuell ist auch der Streaming-Dienst Spotify an Bord, Tidal und Deezer sollen per Firmware-Update folgen. Die USB-Schnittstelle liest die gängigen Audio-Formate und erkennt sogar NTFS-formatierte Speichersticks.
Tonqualität Surround
Bei der Leistungsmessung konnte der TX-RZ810 mit hohen Kraftreserven auftrumpfen und seinen Vorgänger übertreffen. An sieben Kanälen stellt er bei 4- sowie 6-Ohm-Last rund 100 Watt zur Verfügung und steigert sich bis zu bärenstarken 228 Watt im Stereo-Betrieb (4 Ohm). Die Energie-Effizienz mit durchschnittlich 330 Watt fällt dafür auch etwas geringer aus als beim TX-RZ800 (300 Watt).
So viel Leistung bietet beste Voraussetzungen für die Wiedergabe einer hervorragenden 5.1-Abmischung wie bei Steely Dans „Janie Runaway“, den der Onkyo gleichermaßen kraftvoll, dynamisch und musikalisch rund in unseren Hörraum stellte, ohne dabei auf Feinzeichnung zu verzichten.
Die Phase-Matching-Bass-Funktion zur Korrektur von Phasen-verschiebungen bei Bässen ist aus den Menüs verschwunden, beim Test-Stolperstein „3 Doors Down – Away from the Sun“ klang der Onkyo aber auch ohne Schaltoption nicht auffallend dünn – trotz deaktiviertem Subwoofer und groß definierter Frontboxen. Die Einmessung versagte im ersten Versuch mit unbrauchbaren Crossover-Frequenzen – nur um bei der Wiederholung mit leicht veränderter Mikro-Position fast alles richtig zu machen. Die entzerrte Zielkurve passte den Klang aller Boxen ohne Aufhellung einander an, für klangliches Feintuning lässt sich der umfangreiche Equalizer zur Einmessung aktivieren. Zur automatischen Absenkung von Höhen eignet sich das gut funktionierende „Re-EQ“, das sich aber nicht bei Atmos-Abmischungen anschalten lässt; ebenso wenig die „Late Night“-Schaltung fürs Leisehören.
Leisehören ist bei Actionkrachern wie „Mad Max – Fury Road“ samt Top-Atmos-Sound aber ohnehin nicht angesagt: Hier verursachte Onkyos RZ810 mit massiven Bass-gewittern und fetter Dynamik beim Anspringen des V8-Interceptor-Motors ein regelrechtes Erdbeben – für den ein oder anderen vielleicht schon zu viel des Guten. Die umherfliegenden Stimmen im Vorspann klangen ortbar, körperhaft und losgelöst von den Lautsprechern.
Natürlich wollten wir auch wissen, ob sich der Onkyo dank neun Vorverstärkerausgängen auf ein Atmos-Setup mit 7.1.2-Kanälen erweitern lässt, im Boxenkonfigurationsmenü wird diese Option angeboten. Doch wie beim Vorgänger TX-RZ800 verhieß die Buchsenbeschriftung der entsprechenden Pre-outs mit „BACK or HEIGHT“ nichts Gutes: So legt auch der TX-RZ810 bei aktivierten Höhenboxen das Höhensignal auf die Pre-outs, bei aktivierten Back-Surround-Boxen das Back-Rear-Signal. Daher bleibt es bei der Qual der Wahl zwischen 7.1- oder 5.1.2-Sound. Wer zwei oder vier Höhenkanäle zusätzlich zum 7.1-Setup fahren möchte, muss bei Onkyo derzeit zu den größeren, doch technisch teils veralteten Modellen TX-NR1030 (Test in 3-2015) oder TX-NR3030 (Test in 11-2014) greifen.
Tonqualität Stereo
Auch bei der Stereo-Wiedergabe legte der Onkyo einen starken Auftritt hin. Norah Jones‘ Ballade „Don‘t know why“ schallte im Pure-Direct-Modus mit viel Schmelz und unmittelbarer Authenti-zität, ihre sehr trocken und präsent abgemischte Stimme stand körperhaft zwischen den Frontboxen. Andere Qualitäten waren bei Christy Barons minimalistischem „Ain‘t no Sunshine“ gefragt, wo der Receiver dem gezupften Kontrabass grob- wie feindynamisch sauber folgte.
Der Music Optimizer zur Verbesserung klanglich stark komprimierter Kost versieht den Sound mit mehr Höhen und Bässen, bereinigt das Sig-nal aber nicht von digitalen Störgeräuschen. Auf den analogen Cinch-Buchsen rauscht der Onkyo beinahe genauso wenig wie über die optischen Digitaleingänge; hörbar wird dies aber nur bei Pegeln jenseits von Gut und Böse oder speziellen Testsignalen.
Der Testbericht Onkyo TX-RZ810 (Gesamtwertung: 88, Preis/UVP: 1300 Euro) ist in audiovision Ausgabe 7-2016 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Onykos 1.300 Euro-Bolide TX-RZ810 klingt kraftvoll und setzt sich vom Vorgänger mit vielen kleinen, aber feinen Verbesserungen und einigen neuen Features ab – viele werden aber erst per Firmware-Update nachgereicht. Ein Highlight ist er für uns aber schon heute.