Ohne Subwoofer und Surround-Lautsprecher kommt LGs neue Soundbar DSE6S daher, trotzdem möchte sie mit Dolby Atmos und DTS:X großen Klang liefern – und das für gerade mal 500 Euro. Ob diese Rechnung aufgeht, zeigt unser Test.
Nicht nur das Fehlen von Subwoofer und Rear-Speakern erleichtert bei der DSE6S die Integration ins Wohnambiente, auch die kompakten Abmessungen von 6,3 x 80 x 13,1 cm (H/B/T) tragen dazu bei. Das Design ist ebenfalls gelungen, so fühlt sich die Kunststoff-Oberseite angenehm samtig an, fast wie gummiert. Darin eingelassen sind Touch-Tasten für Power, Quelle, Lautstärke, Play/Pause, Bluetooth und WLAN. Alle vier Seiten umspannt dunkelgraues Stoffgewebe, das die Treiber schützt. Teile der Soundbar sind laut Hersteller aus recyceltem Kunststoff gefertigt, die Verpackungen bestehen aus wiederverwertbarem Karton. Subwoofer und Rear-Speaker lassen sich auch nicht gegen Aufpreis nachrüsten. Dafür lässt sich die DSE6S via „WOWCAST“ mit LG-Fernsehern kabellos koppeln. Zudem geht die Soundbar eine klangliche Symbiose mit kompatiblen LG-TVs ein, „WOW Orchestra“ nennt sich die Funktion für eine größere Klangfülle. Sämtliche Einstellungen hierfür lassen sich via Fernbedienung und Bildschirmmenü des Fernsehers vornehmen.
Decoder und Klangprogramme
Die DSE6S wurde als 3.0-System mit den Frontkanälen Links, Rechts und Center konzipiert. Vier passive Bassmembranen sollen die Tieftonausbeute bestmöglich erhöhen. Insgesamt stehen den aktiven Chassis 100 Watt zur Verfügung. Treiber für Surround- und Höhenkanäle sind nicht vorhanden, was LG jedoch nicht davon abhielt, Decoder für Dolby Atmos und DTS:X zu verbauen; sogar IMAX-Enhanced-Inhalte werden unterstützt. DSP-Trickserei soll den Ohren immersiven 3D-Sound vorgaukeln.
An DSP-Klangprogrammen stehen wie bei LG üblich „AI Sound Pro“, „Standard“, „Music“, „Cinema“, „Clear Voice“, „Sports“, „Game“ und „Bass Blast“ zur Wahl, die sich sowohl bei 2D- als auch 3D-Sound aktivieren lassen. Via beiliegender Fernbedienung kann man Bässe und Höhen justieren, zudem darf man die Laut stärke des Centerkanals separat regeln. Einige zusätzliche Funktionen klappen allerdings nur mit LGs kostenloser Sound Bar App (siehe Kasten).
Die Fernbedienung nutzt LG auch bei anderen Soundbars. Sie ist übersichtlich, besitzt gummierte Tasten und ein Steuerkreuz. Die schwarzen Hochglanz-Elemente spiegeln aber und reagieren empfindlich auf Fingerabdrücke und Mikrokratzer
Ausstattung und Technik
Der HDMI-Eingang sowie der HDMI-Ausgang mit eARC sind in einer Aussparung an der Rückseite positioniert. Videosignale leitet die DSE6S bis 4K mit 120 Hz weiter. Gamer können zudem VRR und ALLM zur Reduzierung von Screen Tearing und Latenzzeiten nutzen. Dolby Vision und HDR10 werden unterstützt, HDR10+ bleibt wie bei den hauseigenen Fernsehern außen vor. Dank CEC-Funktion kann man die Lautstärke der Bar über die TV-Fernbedienung regeln.
Mit Bluetooth, Chromecast und AirPlay 2 sind viele Streaming-Technologien an Bord, nur DTS Play-Fi vermissen wir. Der USB-Medien-Player verarbeitet Dateien in den Formaten FLAC, OGG , WAV, MP3 und AAC. Die Sprachassistenten von Amazon und Google funktionieren mit Hilfe eines kompatiblen Lautsprechers. An Streaming-Diensten sind Spotify und Tidal integriert.
Bildschirmmenüs oder ein Display am Gerät gibt es nicht, stattdessen zeigen Lichter den Betriebsstatus an und eine Frauenstimme teilt auf Englisch getätigte Fernbedienungsbefehle mit. Man kann diese Sprachführung zum Teil abschalten, für manche Befehle ohne Direkttasten auf dem Geber geht das aber nicht.
Bestes Beispiel ist die „AI Room Calibration“, die in nur wenigen Sekunden mittels Testtönen den Raum einmisst und den Soundbar-Klang darauf abstimmt. Auch andere Funktionen wie der „Nachtmodus“ („Night Time“) fürs Leisehören, eine Dolby-Dynamikreduktion (DRC), die automatische Lautstärkeanpassung oder das AV-Sync lassen sich nur über die App aktivieren.
Tonqualität
Nach Ausführung des Einmess-Systems „AI Room Calibration“ rotierte wieder mal Steely Dans „Two against nature“ (5.1) in unserem Player. Unsere Befürchtungen eines dünnen, schwächlichen Klangs wurden zum Glück schnell widerlegt, die DSE6S spielte rund, mit warmen Mitten und sogar etwas Fundament im Oberbass – die Power und den Tiefgang eines externen Subwoofers sollte natürlich niemand erwarten. In den Höhen fehlte uns etwas Glanz, andererseits bot die Bar damit eine angenehme, langzeittaugliche Klangabstimmung.
Mit Atmos-Trailern von der Dolby-Demo-Disc spielte die DSE6S vorne rund 2 Meter breit und dort auch schön plastisch mit gut ortbaren Effekten. Von seitlich und hinter unserem Hörplatz konnten wir hingegen praktisch nichts hören. Auch mit echtem Höhen-Sound kann die DSE6S nicht dienen, so schallten die Höhen-Synthesizer im Dolby Clip „Audiosphere“ oder das Blatt in „Leaf“ nur vorne – und das knapp über der Bar. Der „Powerful Bass“ im „Amaze“-Clip war erwartungsgemäß nicht hörbar, so tief kann die Bar nicht in den Frequenzkeller. Für Actionfilm-Fans mit Faible für viel Rums ist die DSE6S also weniger gemacht bzw. gedacht.
Sprecher in Dokumentationen waren gut verständlich und blieben es auch aus seitlichen Hörwinkeln. Die Klangprogramme wirken sich viel mehr auf die tonale Abstimmung bzw. den Sound-Charakter als auf die Räumlichkeit aus. Während „Standard“ praktisch immer gute Ergebnisse lieferte, waren die anderen je nach Tonformat oder abgespieltem Inhalt entweder Geschmacksache oder weniger zu gebrauchen.
Stereo-Musik lässt sich gut auf der DSE6S hören, zumal die Klangabstimmung im „Standard“-Modus sehr entspannt ausfiel, was besonders mittelprächtigen Popaufnahmen gut zu Gehör stand. Eine feine Durchzeichnung oder satte Bässe waren allerdings nicht eine Stärke der DSE6S. Für mehr Räumlichkeit bot sich der „Game“-Modus an, der tonal ebenfalls angenehm ausfiel.
Der Testbericht LG Soundbar DSE6S (Gesamtwertung: 72, Preis/UVP: 500 Euro) ist in audiovision Ausgabe 7-2023 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Die LG DSE6S liefert guten Klang und lässt sich perfekt mit den hauseigenen Fernsehern kombinieren. Das ganz große Surround-Spektakel kann der 500 Euro günstige Klangriegel aber nicht entfachen und mehr Bass gibt es auch nicht gegen Aufpreis.
Andreas Oswald