Geradezu winzig kommt der KC92 von KEF daher, soll im Tieftonbereich aber Großes leisten. Ob sich das Versprechen des Herstellers erfüllt, zeigt unser Test.
Bei der Entwicklung eines Subwoofers bekommt man es schnell mit „Hofmanns eiserner Regel“ zu tun: Der amerikanische Lautsprecherentwickler Josef Anton Hofmann brachte es in den 1960er-Jahren auf den Punkt, dass für die Basswiedergabe eines Lautsprechers drei Parameter besonders wichtig sind: die untere Grenzfrequenz (so niedrig wie möglich), der Wirkungsgrad (so hoch wie möglich) und die Gehäusegröße (so klein wie möglich).
Die „eiserne Regel“ besagt nun, dass diese Parameter voneinander abhängig sind: Will man eine niedrige untere Grenzfrequenz erreichen, leidet der Wirkungsgrad oder die Gehäusegröße wächst an. Ersteres ist übrigens der Grund dafür, warum heutige Subwoofer so viel Verstärkerleistung benötigen, denn moderne Kompakt-Subs mit tiefer unterer Grenzfrequenz haben eben einen richtig schlechten Wirkungsgrad. Dieses Gesetz ist eigentlich nichts anderes als die für jeden verständliche Zusammenfassung der zugrunde liegenden physikalischen Gegebenheiten, an denen auch mit modernster Technik niemand vorbeikommt.
Dies gilt freilich auch für den extrem kompakten und 2.400 Euro teuren Subwoofer KC92 aus dem Hause KEF. Aller dings haben die englischen Entwickler nach eigenen Aussagen die für einen so kleinen Sub notwendigen Kompromisse bis an die Grenze des technisch Möglichen getrieben.
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Die speziell geformte P-Flex-Sicke verformt sich selbst bei großen Luftdruckänderungen im Gehäuse nicht.
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Beim KEF-Treiber sitzt die von außen sichtbare Alu-Membran auf einem Papp-Konus mit Belüftungsöffnungen, der seinerseits mit der Schwingspule verklebt ist.
An diesem Stacking-Prinzip hat sich KEF beim KC92 ein Beispiel genommen: Die Engländer bieten dafür ein spezielles Befestigungs-Kit an, das genau auf dafür vorgesehene Gewindeeinsätze auf der Rückseite des Sub passt. Bis zu drei KC92 lassen sich so mechanisch sicher übereinanderstapeln. Dieses Stack soll dann 9,5 Dezibel mehr Maximalschalldruck liefern als ein einzelner Sub und führt zudem dazu, dass jeder einzelne der drei Woofer im normalen Pegelbereich mit erheblich weniger Hub arbeiten muss und verzerrungsärmer spielen kann.
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Bis zu drei KC92 lassen sich mit dem Stacking Kit KSK92 mechanisch sicher übereinanderstapeln. Der Maximalschalldruck erhöht sich damit um bis zu 9,5 Dezibel.
Technik
Ein erster Schritt dahin war, die verfügbare Membranfläche zu maximieren, indem die Entwickler zwei gleiche 23-Zentimeter-Treiber in den Seitenflächen links und unterbrachten. Diese Bauweise nennt sich „impulskompensiert“, die Chassis sitzen sich genau gegenüber und arbeiten gegensinnig, ihre Membranen bewegen sich also immer gleichzeitig aus dem Gehäuse heraus respektive ins Gehäuse hinein. Die von ihnen auf das Gehäuse übertragenen Kräfte gleichen sich so exakt aus, was für weniger Vibrationen und Verzerrungen sorgt.
Zum Zweiten hat jedes Chassis einen eigenen Schaltverstärker mit jeweils 500 Watt im Kreuz, was für die recht kleinen Treiber eine Menge ist. Als weitere Maßnahme gaben die Entwickler den Treibern eine maximale Auslenkung mit auf den Weg, ohne dass ungebührliche Verzerrungen hörbar werden. Dazu trägt auch die spezielle P-Flex-Sicke bei, deren feinteilige Formgebung einerseits dafür sorgt, dass ihr Verhalten in beiden Bewegungsrichtungen gleich ist, sie sich aber andererseits den bei der impulskorrigierten Bauweise auftretenden großen Luftdruckänderungen im Gehäuse-Inneren gewachsen zeigt – und sich nicht verformt. Normale Sicken mit halbkreisförmigem Querschnitt sind für solche Verformungen anfälliger und verursachen dann kräftige Verzerrungen.
Damit nicht genug: Per eingebautem DSP (Digital Signal Processing) sorgt KEF auch elektronisch für einen möglichst tiefen wie sauberen Bass, und zwar mit der so genannten Smart Distortion Control Technology (SDCT). Sie besteht aus zwei Teilen: Zunächst einmal hat KEF dort ein Parameter-Modell der Treiber integriert, das deren Eigenschaften genau invertiert und so dafür sorgt, dass deren Unvollkommenheiten zu großen Teilen ausgebügelt werden. Bei besonders starken Auslenkungen, wenn die Treiber an ihre Grenzen kommen, reicht das aber noch nicht. Dann sorgen Stromfühler in den Zuleitungen zu den Treibern dafür, dass die Elektronik immer genau über den aktuellen Betriebszustand informiert ist. Wird es der Elektronik zu viel, regelt sie dynamisch und fließend die Leistung auf ein bekömmliches Maß herunter, indem sie die Entzerrung zu tiefen Frequenzen mehr und mehr zurücknimmt.
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Gerade so eben bringt KEF die beiden sich gegenüberliegenden Treiber im sehr kompakten Gehäuse des KC92 unter.
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Der KEF-Sub bringt eine umfangreiche Ausstattung mit, sogar ein Line-Ausgang mit Hochpassfilter ist an Bord.
Für seine Preisklasse ist der KC92 standesgemäß ausgestattet: Er bringt Line- und Hochpegel- Eingänge ebenso mit wie einen hochpassgefilterten Line-Ausgang mit justierbarer Trennfrequenz. Dazu kommen fünf schaltbare Entzerrungen für verschiedene Aufstellungen im Hörraum, wie zum Beispiel an einer Wand oder in der Raumecke. Sogar ein Anschluss für den optional erhältlichen Drahtlos-Adapter KW1 ist an Bord. Die Phase lässt sich leider nicht stufenlos regeln, sondern nur zwischen 0 und 180 Grad umschalten.
Tonqualität
Mit unteren Grenzfrequenzen von 16,6 Hertz bei niedrigster und 17,9 Hertz bei höchster Tiefpass-Einstellung zeigt der KC92 auch erheblich größeren Subwoofern, was eine Harke ist. Dass er dabei immer noch Maximalpegel von 100 respektive 102 Dezibel schafft, ist mehr als erstaunlich und ein Zeugnis für die Fähigkeiten seiner Entwickler.
Diese wurden im Hörraum schnell deutlich: Der Kleine spielt erwachsen, grundsolide und lässt sich auch von kräftigen Tiefbass-Schlägen wie in „Terminator – Die Erlösung“ nicht aus der Ruhe bringen: Die Shotgun im Abschleppwagen kracht standesgemäß und die Flugrobots setzen ehrfurchtgebietend die Magenwände tieffrequent in Bewegung. Dabei war nie ein Hauch an Verzerrungen zu vernehmen, selbst bei hohen Pegeln stößt der KC92 nicht an die Grenzen der „Eisernen Regel“, sondern nähert sich ihnen sukzessive und fast unmerklich an – indem er ganz tiefe Frequenzen nach und nach herausnimmt. Um das wahrzunehmen, muss man aber schon richtig laut aufdrehen. Wie nicht anders zu erwarten, kommt der Subwoofer auch mit Musik ausgesprochen gut klar: Bei Clair Marlos „Let it Go“ beispielsweise fügt sich sein Signal organisch sehr sauber in die Musik ein und geht auch satte Pegel locker mit.
Der Testbericht KEF KC92 (Gesamtwertung: 83, Preis/UVP: 2.400 Euro) ist in audiovision Ausgabe 10-2024 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Wer kaum Platz für einen Subwoofer hat, aber trotzdem jede Menge sauberen Tiefbass möchte, ist beim KEF KC92 genau richtig. So viel geballte Technik auf kleinstem Raum hat aber ihren Preis.
Michael Nothnagel