Mit 1.500 Euro kostet Denons neuer AV-Receiver AVR-X4200W genauso viel wie sein Vorgänger AVR-X4100W, bringt im Vergleich aber entscheidende Neuerungen mit: Zu HDMI 2.0a samt HDR-Unterstützung gesellt sich HDCP 2.2, womit der Bolide sicher in die UHD-Zukunft blickt. Neben Dolby Atmos unterstützt der X4200W auch das 3D-Tonformat DTS:X, allerdings erst mit einem kostenlosen Firmware-Update Anfang 2016. Selt-samerweise erscheint das nach wie vor 149 Euro teure Auro-3D-Update ebenfalls erst Anfang 2016, obwohl es für den Vorgänger und andere Denon-Receiver schon mehrere Monate erhältlich ist.
Optik und Haptik
Rein optisch sieht der in Schwarz und Premium-Silber erhältliche Bolide wie sein Vorgänger AVR-X4100 aus. Die im positiven Sinne unaufdring-liche Optik der gebürsteten Metallfront gefällt, die Verarbeitung ist gut, aber nicht perfekt: So bog sich der Deckel unseres Testexemplars schon bei leichtem Druck durch, zudem sind die oberen Ecken der Frontplatte recht scharfkantig. Das Lautstärkerad läuft leicht gerastert, aber nicht so satt, wie wir es uns in dieser Preisklasse gewünscht hätten. Besser gefällt uns das gut lesbare Punktmatrix-Display samt separater Lautstärke- und Kanalanzeige, das sich nicht nur dimmen, sondern auch ganz abschalten lässt.
Ausstattung und Praxis
Unter der Haube erledigt Denons „Dynamic Discrete Sound Circuit“ (D.D.S.C.-HD) sowie das „AL24 Processing Plus“ die Signalverarbeitung: Sie erfolgt hier in getrennten Bausteinen und soll im Vergleich zu integrierten Systemen für einen besseren Klang sorgen. Auch die Hochskalierung von 16-Bit-Audio ins 24-Bit-Format dient angeblich einer optimierten Klangqualität. An Bord ist zudem die Anti-Jitter-Technik „Denon Link HD“ für das Zusammenspiel mit kompatiblen Denon-Playern: Hier eliminiert die separate Taktsignalübertragung via Cinch klangschädliche Zeitschwankungen des Signals.
Mit sieben integrierten Endstufen befeuert der Denon 7.1- bzw. 5.1.2-Boxen-Sets. Dank interner 9.2-Kanalverabeitung sind in Verbindung mit externen Verstärkern auch 7.1.2- bzw. 5.1.4-Setups möglich. Ungenutzte Endstufen können für Bi-Amping oder weitere Hörzonen verwendet werden, wobei der Receiver in Hörzone 2 und 3 auch Digitalsignale der S/PDIF- und Koaxial-Buchsen wiedergibt, in Zone 2 zudem HDMI-Signale.
Die Lautsprecher-Konfiguration fällt vorbildlich aus: Die Boxenabstände können in Ein-Zentimeter-Schritten definiert werden und sind mit 18 Metern Maximaldistanz auch für ganz große Heimkinos ausreichend. Die Kanalpegel lassen sich in 0,5 Dezibel-Schritten einstellen und können jenseits des Basis-Setups auch über die „Option“-Taste an der Fernbedienung für jeden Quellen-Eingang individuell justiert werden. Die Hochpass-Filter lassen sich für alle Boxen einzeln von 40 bis 250 Hertz setzen. Den Subwoofer findet man übrigens nicht im „Übernahmefreq.“-Menü, sondern im separaten „Bässe“-Menu, wo auch der Subwoofer-Modus „LFE+Main“ eingestellt wird, der Bassanteile von groß definierten Boxen zusätzlich auf den Subwoofer schanzt. Ein zweiter, separat konfigurierbarer Woofer findet am zusätzlichen Pre-out Anschluss, beide Krawallmacher lassen sich aber nicht in der Phase invertieren, um gegenseitigen Bassauslöschungen entgegenzuwirken. Auch der manuelle Grafik-Equalizer mit neun Bändern sieht keine Regelung der Subwoofer vor und justiert alle rest-lichen Boxen ab aus unserer Sicht etwas zu hoch angesiedelten 63 Hz bis hinauf zu 16 kHz zwischen +6 bis -20 Dezibel.
Die Technik ist also top, doch die Bedienung kann nicht immer überzeugen. Mit Stand-Alone-Internet-Radios, Apps auf dem PC oder Smartphone können die Receiver nicht konkurrieren: Es hapert vor allem an schnellen, praktikabel zu durchsuchenden Senderlisten. Und obwohl die Hersteller teils auf die gleichen Anbieter setzen, unterscheidet sich der Bedienkomfort, wie sich in unseren Tests zeigt.
Im Gegensatz zu vielen Mitbewerbern verfügt die Fernbedienung des Denon über eine eigene Taste für das Radio aus dem Netz. Nach einer kurzen Startzeit von 55 respektive 15 Sekunden (mit / ohne Netzwerk-Standby) gewährt das auf vTuner basierende Web-Radio unkomplizierten Zugriff auf alle Sender aus Deutschland und erfreut mit einer gut funktionierenden Suche („Nach Stichwort suchen“). Mit den großen „CH / PAGE“-Tasten kann man in der Senderliste blättern, die solche mit Podcast-Angebot mit Ordner-Symbolen kennzeichnet, aber nur sieben Stationen je Seite auflistet. Diverse Filter erleichtern den Überblick über die Rundfunk-Vielfalt.
Leider sind nicht alle Sender korrekt kategorisiert. So listet das Filter „Öffentlich-rechtlich“ nicht die Stationen B5 aktuell, B5 plus oder BR Heimat, obwohl die in der Gesamtliste enthalten sind. Das Speichern der Sender gelingt am Receiver und – noch bequemer – am Computer. Dazu muss man sich auf radiodenon.com anmelden und die MAC-Adresse des Receivers (im Menü „Netzwerk/Informationen“) eingeben. Die am Gerät gespeicherten Sender werden unter „Favorites“ abgelegt, die per PC gespeicherten finden sich im Ordner „radiodenon.com“.
Pluspunkte verdient sich der Denon dank des separaten Boxen-Setups für die 2-Kanal-Wiedergabe, in dem man Bass-Management, Pegel und Distanzen unabhängig von den Einstellungen der Mehrkanalton-Wiedergabe konfigurieren kann. Die gut funktionierende Einmessautomatik Audys-sey MultEQ XT32 unterstützt bis zu acht Messpunkte sowie die optionale „Pro“-Einmessung durch Fachhändler. Als etwas unglücklich empfinden wir dagegen das Fehlen von DTS Neo:6, denn der
Atmos-Surround-Upmixer akzeptiert bei neueren Denon-Receivern keinen DTS-Ton. So lassen sich DTS-2.0-Aufnahmen vorerst nur mit Denons eigenen Raumklang-Programmen auf Mehrkanal-Wiedergabe trimmen. Ein DTS-Upmixer kommt erst mit dem DTS:X-Update in Form der Neural:X-Schaltung.
Die Bedienung gelingt dank übersichtlicher und bestens lesbarer Menüs sowie der gut in der Hand liegenden Fernbedienung einfach, nur das leicht verzögerte Ansprechen der Menüs nach einem Tastendruck nervt etwas, da es zu Fehleingaben verleitet. Eine Schnellstart-Anleitung liegt auf Papier bei, die komplette deutsche Bedienungsanleitung gibt es dagegen nur auf CD-ROM oder online auf der Denon-Webseite.
Video und Multimedia
Dank vollwertigem Video-Prozessor skaliert der X4200 analoge wie digitale Videosignale zu HDMI-Video mit 4K/60 Hertz, über die Bildregler lassen sich Kontrast, Helligkeit und Farbsättigung in 100 Stufen, die Konturenschärfe in zwölf und die Rauschunterdrückung in drei Stufen regeln. Asynchronen Ton gleicht das Video-Delay aus, das man von 0 bis 200 Millisekunden einstellen kann. Alle acht HDMI-Eingänge sind mit HDMI 2.0a samt HDR- und HDCP-2.2-Unterstützung zukunftssicher, dies gilt auch für zwei der drei HDMI-Ausgänge. Hinter der Frontklappe sitzt zusammen mit einem HDMI-Eingang, FBAS-Video und der Kopfhörerbuchse die USB-Schnittstelle. Der Mediaplayer erkennt zwar keine NTFS-Stifte, via FAT32-Sticks spielt er aber viele Formate wie AAC, AIFF, ALAC, MP3, DSD und FLAC; Mehrkanal-Dateien erkennt er leider nicht. Neben USB nimmt der Denon Kontakt zu externen Medien via AirPlay, Bluetooth und DLNA-Client auf. Musik gelangt zudem in Form des gut gemachten Internetradios (siehe Seite 63) und des „Spotify“-Streaming-Dienstes in den Receiver.
Tonqualität Surround
Mit 119 Watt im Fünf-Kanal-Betrieb (6 Ohm) und 219 Watt im Stereo-Betrieb (4 Ohm) zeigt sich der Denon genauso kräftig wie sein größerer Bruder AVR-X5200 (Test in audiovision 11-2014). Im Betrieb zieht der Receiver satte 343 Watt aus der Steckdose, im zuschaltbaren Eco-Modus halbiert sich die Leistungsaufnhame auf 155 Watt – im Standby mit aktivierter HDMI-Durchschleifung sind es sogar nur 0,5 Watt.
Ließ der Denon im Hörtest seine Muskeln spielen, schallte Steely Dans „Two against Nature“ uns quicklebendig, ja leichtfüßig, ohne Härten und Schärfe sowie wunderbar räumlich entgegen. Der angenehme, verfärbungsfreie und damit im besten Sinne neutrale Klangcharakter blieb auch bei hohen Pegeln erhalten – toll, wie souverän und lässig der Denon pointierte Rhythmen aus den Boxen schüttelte. Für den zweiten Hördurchgang bemühten wir das Audyssey-Einmess-System, das bis auf eine unterschiedliche Distanzermittlung der linken und rechten Frontbox überzeugte; Lautsprechergröße, Pegel und die Übernahmefrequenzen für Bässe wurden korrekt gesetzt. Nach verrichteter Einmessung stellt Audyssey drei tonal unterschiedliche Klangkurven zur Wahl, die Minimierung von Klangunterschieden der einzelnen Lautsprecher führte zu einem homogeneren Surround-Klang, Soundobjekte saßen nun plastischer im Raum. Dabei sorgte die „Reference“-Kurve im Test für eine leichte Höhenbetonung, die auch bei hohen Lautstärken nicht störte sowie dem Sound mehr Brillanz und Durchzeichnung verlieh – was uns gefiel. Die „Flat“-Kurve trimmte den Frequenzgang auf linear und hob die Höhen für unsere Ohren etwas zu sehr an. Bei „L/R Bypass“ passt Audyssey den Klang des Centers, der Rears und des Woofers dem der Frontboxen an, deren Frequenzgang unverändert bleibt.
Als Nächstes rotierte die „DTS Demo Disc 2015“ mit einem Ausschnitt aus „X-Men – Zukunft ist Vergangenheit“ im Player, den Roboterangriff auf den Rebellenbunker setzte der Denon luftig, groß, präzise sowie unangestrengt in Szene. Der minimale Bassmangel war durch das Zuschalten der Loudness-Funktion „Dynamic EQ“ schnell behoben; den Nachbarn aufschreckende Monsterbässe schob unser Nubert-Sub aber erst in den Raum, als wir den Basspegel um einige Dezibel anhoben.
Apropos Nachbarn: Für ein friedvolles Zusammenleben soll Denons „LFC“-Schaltung (Low Frequency Containment) das Dröhnen in Nebenräumen verhindern und Bässe nur im eigenen Hörraum wiedergeben. Im Test reduzierte LFC die Bässe unabhängig von der Lautstärke, was tendenziell lauteres Hören ermöglicht; so richtig drücken wollte der Kampf in „X-Men“ dann aber nicht mehr. Als sinnvoll erwies sich das „Cinema EQ“-Filter, das Höhen leicht absenkt und so zu spitzen Filmton angenehmer macht.
Tonqualität Stereo
Auch im Stereo-Betrieb bleibt der Denon seinem locker-luftigen und gleichzeitig zupackenden Klang treu. Die Phantom-Mitte rastete aber erst ein, nachdem wir für die linke und rechte Frontbox die gleichen Distanzwerte einstellten; hier rückte die Einmess-Automatik den rechten Schallwandler einige Zentimeter zu weit nach vorn. Der musikalische Charakter blieb bei analoger wie digitaler Zuspielung erhalten, wobei via S/PDIF eingespeiste Testsignale minimal weniger rauschten als über die analogen Eingänge – was jedoch nur bei Lautstärken jenseits von Gut und Böse hörbar wird. Gleiches gilt für den „Pure Direct“-Modus, in dem der Denon zugunsten höchster Rauscharmut sowohl die Videoelektronik als auch das Receiver-Display abschaltet. (ao)
Der Testbericht Denon AVR-X4200W (Gesamtwertung: 89, Preis/UVP: 1500 Euro) ist in audiovision Ausgabe 11-2015 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Denons AVR-X4200 verzückt mit musikalischem Klang und viel Leistung. Dank HDCP 2.2 blickt er sicher in die UHD-Zukunft. Mit Atmos, Auro und DTS:X sind zudem alle 3D-Tonformate an Bord.
Ein echtes Highlight, auch wenn die 7.1.4-Wiedergabe größeren Modellen vorbehalten bleibt.
2 Kommentare
Ich find’s merkwürdig, dass alle Hersteller schon seit längerem mit DTS-X werben, aber es nach wie vor kein konkretes Release-Date gibt. Ich befürchte vor Mitte 2016 wird das nichts.
Es liegt an DTS selber die haben probl..
Eigenlich ist es auch egal es gibt ja noch keine Blu-Ray mit DTS-X