Audiovector R-Arreté-Set (Test)

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In der Top-Variante Arreté holten wir uns die R-Serie des dänischen Herstellers Audiovector in Testlabor. Eine gute Entscheidung.

Als typischen Boxenbauer kann man die dänische Firma Audiovector vermutlich nicht bezeichnen: Auf den ersten Blick bietet der Hersteller nur zwei Lautsprecherserien an, nämlich die Einsteiger- Baureihe QR, die wir bereits vor gut zwei Jahren getestet haben, und die hochwertigere R-Serie. Schaut man allerdings genauer hin, sind viele Modelle der R-Baureihe in drei technisch unterschiedlichen Ausführungen erhältlich: Die Basis-Variante heißt Signature, die mittlere Avantgarde und das Topmodell hört auf den Namen Arreté. Lediglich die R11 und R8 gibt es ausschließlich in der Arreté-Ausführung.

So teuer wie ein VW Polo
Der Begriff „Arreté“ – im Hifi und Heimkino-Umfeld eher selten anzutreffen – kommt aus dem Altgriechischen und steht für Tugendhaftigkeit oder Vortrefflichkeit. Dementsprechend hat Audiovector in die Arreté-Modelle ausschließlich die beste verfügbare Technik integriert und an keiner Stelle Kompromisse gemacht. Das
wirkt sich natürlich auf den Preis der Lautsprecher aus: Das optisch eher unauffällig wirkende Testset mit den kompakten Standlautsprechern R3, dem Center RC, den Surrounds R1 und dem Subwoofer R Sub kostet 24.800 Euro. Das zeugt von Selbstbewusstsein und Vertrauen in die eigene Handarbeit.

Die ungewöhnlich konzipierte R-Baureihe macht ein ebenfalls nicht alltägliches Service-Angebot möglich: Besitzer der Signature- und Avantgarde-Ausführungen können ihre Lautsprecher im Werk auf eine höhere Variante aufrüsten lassen, „Individual Upgrade“ nennen die Dänen das und bieten es schon seit Jahren an. In Sachen Nachhaltigkeit ist ein solcher Ansatz lobenswert wie beispielhaft.

Ole Klifoth (rechts) ist Firmengründer und Entwicklungschef von Audiovector. Sein Sohn Mads übernahm vor einigen Jahren die Geschäftsführung.

Dezente Verpackung
Auf den ersten Blick wirken die Lautsprecher des R-Arreté-Sets eher unauffällig. Das hat Methode, denn Ole Klifoth, Firmengründer und Entwicklungschef von Audiovector, hat sie bewusst so gestaltet, damit sie sich problemlos in ein Wohnzimmer-Ambiente einpassen und auch von weniger Hifi- und Heimkino-affinen Personen toleriert werden. Sprich: Ihr „Women Acceptance Factor“ wurde als Entwicklungsgrundlage bewusst hoch angelegt. Aus diesen Vorgaben wollte Klifoth dann aber das technisch und akustisch Machbare herausholen und brannte dafür ein Technik- und Ideen-Feuerwerk ab, das seinesgleichen sucht.

So bestehen die Gehäuse aus besonders stabiler und wenig resonanzanfälliger HDF (hochdichte Faserplatte), die sonst kaum im Lautsprecherbau eingesetzt wird. Sie sind tropfenförmig gestaltet, damit möglichst wenige parallele Wände, zwischen denen stehende Wellen Resonanzen erzeugen, den Wohlklang stören. Beim Standlautsprecher R3 Arreté ist aus diesem Grund auch noch die Bodenplatte abgeschrägt. Ein passender darunter geschraubter Sockel sorgt trotzdem für einen geraden Stand und genügend Abstand zum Fußboden, denn in der abgeschrägten Boxen-Unterseite ist die Bassreflexöffnung montiert, die so frei abstrahlen kann.

Für den Tief- und Mitteltonbereich sind bei der R3 zwei 16-Zentimeter-Treiber zuständig, die zwar gleich aussehen, aber unterschiedliche Funktionen ausüben und deshalb unterschiedliche Antriebe haben. Das obere Chassis ist zwar im Bass von der Frequenzweiche nicht abgekoppelt, aber hauptsächlich für den Mitteltonbereich zuständig. Seine Schwingspule ist möglichst leicht ausgelegt, der Magnet kräftig, aber kompakt. Der untere Sechzehner arbeitet nur bis 320 Hertz und wurde mit einer deutlich längeren und belastbareren Schwingspule versehen. Durch den längeren Hub muss auch das Magnetsystem dieses Treibers merklich kräftiger ausfallen. Beide Treiber haben jeweils eine eigene Kammer im Gehäuse, die Trennwand dient gleichzeitig auch als Versteifung. Über eine sauber abgestimmte Öffnung in dieser Wand sind beide Gehäuse teile definiert miteinander verbunden, damit die beiden Chassis sich, so der Entwickler, gegenseitig kontrollieren können. Über das Rohr in der Bodenplatte wird dann die rückseitig abgestrahlte Energie beider Membranen nach außen geleitet.

Die Anschlussterminals montiert Audiovector auf eine Grundplatte aus Carbonfaser.

Das feine Gitter vor der Membran des Audiovector-AMTs dient als akustische Linse.

Der Hochpegeleingang des Subwoofers wird mit einer Speakon-Buchse aus der Profi -Technik realisiert.

Alle Lautsprecher der R-Arreté-Serie von Audiovector bringen ein „überzähliges“ Anschlussterminal auf ihrer Rückseite mit. Es dient nicht der Zuführung eines Signals vom Verstärker, sondern soll im Gegenteil etwas zur Schutzerde der Hausinstallation, auch oft fälschlicherweise als „Masse“ bezeichnet, abführen. Und zwar Störungen, die in das Metall der Lautsprecherkörbe induziert wurden. Audiovector-Entwickler Ole Klifoth ist nämlich der Meinung, dass allein schon die Bewegung der Schwingspule – oder im Falle eines AMT der Membran mit ihren Leiterbahnen selbst – im Magnetfeld Störströme in den Körben der Treiber induziert, die sich negativ auf die Klangqualität auswirken. Auch die Vibrationen des Korbes selbst relativ zum Magneten sorgen für weiteren unerwünschten Stromfl uss. Und der kann nun wiederum durch die mit dem Strom einhergehenden Magnetfelder auf den eigentlichen Signalstrom durch Zuleitungen und Schwingspule einwirken.

Audiovektor verbindet nun die Körbe leitend über eine kompakte Frequenzweiche aus kleinem Reihenwiderstand und Kondensator gegen Masse mit dem zusätzlichen Terminal und nennt das Ganze „Freedom Grounding Concept“. Gegen Aufpreis liefert Audiovektor ein passendes Kabel. Zwei lange Adern tragen an einem Ende Bananenstecker für das Boxen-Terminal. Am anderen Ende sind sie in einem Schuko-Stecker zusammengefasst, bei dem aber nur der Schutzkontakt angeschlossen ist und der in jede Steckdose in der Nähe eingesteckt werden kann. Etwaige Ströme in den Treiber- Körben werden nun zuverlässig zur Schutzerde abgeleitet. Sorgen um eventuelle Brummschleifen muss man sich nicht machen, das „Freedom“-Terminal ist an keiner Stelle mit dem Signal verbunden. Ausprobieren konnten wir dieses auf den ersten Blick vielversprechende Konzept leider nicht, weil uns die entsprechenden Kabel nicht zur Verfügung standen. Nachholen wollen wir das aber auf jeden Fall.

Wer das „Freedom Grounding Concept“ der R-Arreté-Serie nutzen will, benötigt dafür ein spezielles Kabel, das der Hersteller für 750 Euro anbietet.

Marke Eigenbau
Apropos Membran: Als Material verwenden die Dänen ein Sandwich-Material, dessen obere Lage aus Kohle- und Glasfaser gewebt wird. Von unten auf diese geklebt wird dann noch eine dünne Kunstharz-Schicht. So will Audiovector ein möglichst geringes Gewicht bei minimalen Eigenresonanzen erreichen. Als Hochtöner verwendet Audiovector bei den Arretés einen Air Motion Transformer, den die Dänen nicht nur selbst entwickelt haben, sondern auch komplett eigenhändig fertigen. Bei diesem Lautsprecher-Prinzip arbeitet eine zieharmonikaförmig gefaltete und in diesen Falten mit Leiterbahnen versehene Membran aus dünner Kunststoff-Folie in einem kräftigen Magnetfeld. Durchfließt das Musik- oder Filmsignal die Leiterbahnen, werden die Falten zusammengezogen respektive auseinandergedrückt. Damit drücken sie dann die Luft mit hoher Geschwindigkeit zwischen den Falten heraus respektive ziehen sie hinein und erzeugen damit Schall – und das mit einem mehr als ansehnlichen Wirkungsgrad. Vor die Membran setzten die Entwickler eine akustische Linse in Form eines sehr feinmaschigen goldfarbenen Gitters, die das Rundstrahlverhalten verbessern soll. Das funktioniert auch sehr gut, wie die Rundstrahl-Messung des Center-Lautsprechers im Hochtonbereich beweist.

Neben dem Bassreflexrohr im Boden hat die R3 Arreté auch zwei mit Gitter abgedeckte Öffnungen auf ihrer Rückseite ganz oben. Über diese strahlt der Hochtöner seine von der Membranrückseite erzeugte Energie nach hinten in den Raum ab und soll damit helfen, den Eindruck von Räumlichkeit und Dreidimensionalität zu verstärken. Diese Technik nennt der Hersteller „Soundstage Enhancement Concept“. Auch die Surroundboxen R1 Arreté bringen eine solche Öffnung mit, der Center jedoch nicht.

Etwas Besonderes ließ sich Entwickler Klifoth auch bei den Anschlüssen einfallen: Die wuchtigen, extrem stabil wirkenden Terminals montierte er auf eine massive Karbonfaserplatte. So werden jegliche klangschädigenden Einflüsse auf die Frequenzweichen-Bauteile, die auf derselben Platte von innen montiert sind, vermieden. Zudem gibt es bei der R3 nicht nur vier Terminals, wie es sich für einen Bi-Wiring-Anschluss gehört, sondern deren fünf. Der Überzählige dient zur Ableitung von Störspannung auf die Schutzerde der Hausinstallation und soll den Klang verbessern (siehe Kasten).

Das kompakte Gehäuse des Subwoofers R Sub weist ebenfalls gewölbte Seitenwände auf und integriert sich optisch damit ausgezeichnet ins Gesamtset. Der von vorn eingebaute 25-Zentimeter-Treiber wird von der eingebauten 400-Watt-Endstufe angetrieben, die gleich große Passivmembran ist im Gehäuseboden untergebracht. Dank der mitgelieferten Spikes hält der Sub immer genügend Abstand zur Stellfläche, so dass sich der Tiefbass von der Passivmembran sauber im Raum ausbreiten kann. Neben Cincheingängen für Line (mit regelbarem Tiefpassfilter) und LFE (ungefiltert) verfügt der Audiovector-Sub noch über einen Hochpegel- Eingang, allerdings nicht mit den üblichen Schraubterminals, sondern mit einer aus dem Pro-Bereich stammenden Speakon-Buchse, die kurzschluss- und verwechslungssicher für linken und rechten Kanal Kontakte zur Verfügung stellt. Ein passendes Kabel liegt dem Subwoofer bei. Je einer der beiden Pegelsteller ist für den LFE-Eingang und für den Line- bzw. den Hochpegel-Eingang zuständig. Die Trennfrequenz des integrierten Tiefpassfilters ist zwischen 30 und 120 Hertz einstellbar, die Phase lässt sich jedoch nur zwischen 0 und 180 Grad umschalten.

Gehäuse sind für Lautsprecher-Entwickler Segen wie Fluch: Sie bieten einerseits eine bequeme, bei entsprechender Gestaltung sogar ästhetisch ansprechende Möglichkeit, die für den gewünschten Übertragungsbereich benötigten Chassis unterzubringen. Andererseits bereiten Gehäuse auch etliche Probleme: Neben den mitschwingenden Wänden sind dies vor allem die Hohlraumresonanzen, die richtig Ärger machen können. Die sind ausschließlich von den inneren Abmessungen abhängig. Eine ein Meter hohe rechteckige Standbox hat beispielsweise eine erste Resonanz knapp oberhalb von 170 Hertz und dann bei jedem Vielfachen dieser Frequenz. Analog gilt dies selbstverständlich für die Breiten- und Tiefen-Maße des Lautsprechers.

Diese Resonanzen machen sich durch scharfe Anhebungen und Einbrüche im Frequenzgang bemerkbar und sind unangenehm hörbar.

Das am häufigsten gegen diese Resonanzen eingesetzte Mittel ist, Dämm-Material in der Box unterzubringen, dass die stehenden Wellen recht effektiv dämpfen kann. Audiovector geht bei der R-Serie allerdings einen anderen Weg: Stehende Wellen treten nämlich nur zwischen parallelen Gehäusewänden in nennenswertem Maß auf. Also baut der dänische Hersteller seine Lautsprecher schlicht ohne solche parallelen Wände.

Das ist zum Beispiel der Hauptgrund für die gewölbten Seiten, zwischen ihnen können sich keine Resonanzen entwickeln. Bei den Standboxen gingen die Entwickler sogar noch einen Schritt weiter und winkelten den Gehäuseboden so an, dass zwischen ihm und dem Deckel keine stehende Welle auftritt. So kann bei besserem Klangergebnis wesentlich weniger Dämm-Material eingesetzt werden.

Der Gehäuseboden der R3-Standboxen ist nach hinten abgeschrägt, um stehende Wellen und damit Resonanzen zu verhindern. Für einen geraden Stand der Lautsprecher sorgt ein aufgeschraubter Sockel aus Metall.

Die AMT-Hochtöner fertigt Audiovector in Dänemark selbst per Hand.

Tonqualität Surround
Mit einem Maximalpegel von 104 Dezibel und einer unteren Grenzfrequenz von 26 Hertz ist der Sub auch für pegelstarke Heimkino-Sessions gut gerüstet. Ein steiles Hochpassfilter knapp unterhalb von 30 Hertz schützt die Treiber vor zu großen Hüben und die Endstufe vor Überlastung.

Die Frequenzgänge von Front und Surround weisen um 3 Kilohertz eine Absenkung auf, die die zusätzliche Energie, die der Hochtöner über die Rückseiten-Öffnungen in den Raum schickt, ausgleichen sollen. Der Center bringt unter 800 Hertz etwa 2 Dezibel weniger Pegel als im Bereich darüber. Hier versuchen die Entwickler offenbar, das im Mitteltonbereich mäßige Rundstrahlverhalten des RC Arreté zu kompensieren. Oberhalb drei Kilohertz strahlt der Center, wie schon erwähnt, ausnehmend breit ab.

Jegliche Messwerte waren im Hörraum dann schnellstens vergessen, das Set spielte derart locker, homogen und räumlich auf, dass es die Zuhörer sofort in seinen Bann zog. Gleichgültig, ob Jane Monheit und John Pizarelli ihr „They Cant´t Take That Away From Me“ zum Besten geben oder bei „Terminator – die Erlösung“ der Tankwagen magenerschütternd in die Luft fliegt, das Set behält immer wie selbstverständlich die Übersicht. Dabei wirkt es zudem nie unbeteiligt oder distanziert, sondern immer engagiert und, wenn nötig, auch emotional. Das lädt geradezu ein, auch altbekanntes Material mal wieder aus dem Schrank zu holen, um es mit den Audiovectors neu zu erleben. Immer wieder faszinierend dabei: die immens selbstverständliche und dreidimensionale, dabei aber präzise Räumlichkeit, die zum Beispiel Omar Hakims „Listen Up!“ zu einem eindrücklichen Erlebnis macht. Man sitzt geradezu körperlich im Studio inmitten der Band und fühlt sich rundum von Musik eingehüllt. Klasse!

Ja, es gibt Heimkino-Sets, die mehr Bassgewalt in den Raum wuchten, und sicher auch welche, die zu mehr unverzerrtem Pegel in der Lage sind. Was aber die Präzision, Natürlichkeit und Homogenität der Wiedergabe angeht, haben die Tester noch nicht viele Lautsprecher gehört, die den Audiovectors in diesen Disziplinen das Wasser reichen können. Das ist sowohl mit Filmton als auch mit Mehrkanal-Musik ganz großes Kino!

Tonqualität Stereo
Mit Stereo-Material können die gut ein Meter hohen R3 Arreté nahtlos an das tolle Mehrkanal- Klangerlebnis anschließen. Auf eine Unterstützung durch den Subwoofer können sie dabei problemlos verzichten, ihre Basswiedergabe kam voluminös, konturiert und auch mit ordentlich Tiefgang, wie zum Beispiel bei Michael Ruff mit seiner toll aufgenommenen CD „Speaking in Melodies“, bei der E-Bass und Kickdrum schön knackig bleiben, aber trotzdem angenehm die Bauchdecke vibrieren lassen. „An der schönen blauen Donau“ aus dem Concertgebouw in Amsterdam mit Nikolaus Harnoncourt demonstriert erneut, wie engagiert, homogen und fein auflösend Lautsprecher Musik wiedergeben können. Das Orchester tönt wie aus einem Guss, ohne dass filigrane Details dabei verschwinden.

Der Testbericht Audiovector R-Arreté-Set (Gesamtwertung: 95, Preis/UVP: 24.800 Euro) ist in audiovision Ausgabe 7-2023 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

95 Sehr gut

So unscheinbar die Audiovector-Boxen optisch auch wirken mögen, ihre überragende Klanqualität beantwortet jede Frage, ob ihr Preis von knapp 25.000 Euro gerechtfertigt ist, ohne Zweifel mit ja. Der Mühen Lohn ist ein lockerer Einzug in unsere Referenzklasse.

Michael Nothnagel

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