Sharp LC-70UI9362E (Test)

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Sie macht wenig Freude: Die Tasten der sehr leichten Sharp-Fernbedienung sind zu schwammig und ermöglichen keine präzise Navigation. 

Sharp bringt einen 70-Zöller mit Harman-Kardon-Sound zum Kampfpreis auf den Markt. Zuschlagen oder das Budget lieber überdenken?

1.800 Euro verlangt Sharp für seinen 70-Zöller LC-70UI9362E. Im Handel ist der TV-Riese gar schon für knapp 1.100 Euro zu haben. Die spannende Frage: Bekommt der Käufer beim Sharp nur Masse oder auch bildliche und tonale Klasse? Logisch, dass Sharp in dieser Preisregion nur ein Panel mit Edge-LED-Hintergrundbeleuchtung verbaut hat. Das Display ist mit einer Tiefe von 9,2 Millimeter recht schlank und von einem massiven Metallrahmen umgeben. Auch bei den beiden Füßen setzen die Japaner auf Metall. Die Verarbeitungsqualität passt schon mal.

Ausstattung & Praxis

Beim Check der rückwärtigen und seitlichen Anschlüsse erlaubt sich der 70-Zöller ebenfalls keinen Patzer. Drei HDMI- und drei USB-Ports reichen in den meisten Fällen aus, ein SD-Kartenslot ist nicht selbstverständlich. Hinzu kommen ein optischer Digitaleingang und ein Komponentenanschluss. Einschränkungen muss man hingegen bei den TV-Tunern hinnehmen. Für Kabel, Satellit und DVB-T2 HD ist jeweils nur ein Single-Tuner verbaut. Dieser Nachteil fällt aber deswegen nicht ins Gewicht, da der Sharp keine TV-Aufzeichnungen auf USB-Festplatte erlaubt. Klanglich einiges erwarten lässt das 2.1-Soundsystem aus dem Hause Harman Kardon mit zwei mal 10 Watt Leistung und einem 20 Watt starken Subwoofer.

Single statt Doppel: Die TV-Tuner hat der 70-Zöller nur einfach an Bord. Ansonsten ist der Flachmann rückwärtig und seitlich sehr ordentlich bestückt.

Die Menüs des LC-70UI9362E sehen optisch nicht gerade taufrisch aus. Allerdings ist die Bedienoberfläche funktional und selbsterklärend, hier ergibt sich fast alles von alleine. Das Hauptmenü ist in die Rubriken „Apps“, „Einstellungen“, „Medien“ und „Quellen“ unterteilt. Die Bedienung gelingt einigermaßen flott, macht allerdings mit der silbergrauen Fernbedienung wenig Spaß. Die Tasten des extrem leichten Steuerstabs sind wahnsinnig schwammig, hier fehlt ein sauberer Druckpunkt für Präzision beim Navigieren. Das Eintippen von Filmtiteln ist echte Fummelarbeit. Zudem muss man die Fernbedienung recht präzise auf den Flat-TV ausrichten, sonst werden Befehle nicht umgesetzt. Bei unserem Testgerät nervte permanent die Einblendung „Sraf HTML5 Browser v4.0“ und der Hinweis, dass diese Kopie nicht lizenziert sei. Zu YouTube und Netflix gelangt man über eigene Tasten. „Net+“ führt ins App-Portal von Sharp. Hier fehlen mit Maxdome und Amazon leider zwei wichtige Streaming-Dienste. Dafür findet man unter anderem RakutenTV, MySpass und Netzkino. Musikfreunde müssen sich mit Deezer und Internetradio-Plattformen begnügen. Das Spiel- und News-Angebot fällt hingegen ordentlich aus.

Funktionale Oberfläche: Auf gängige Apps hat man über den Startbildschirm sofort Zugriff. Die Menüstruktur ist einfach gehalten, die Orientierung dadurch simpel.

Kein Leckerbissen ist der Mediaplayer. Der zeigt zwar entweder alle Dateien von einem USB-Stick an oder teilt diese in die Rubriken „Filme“, „Musik“ und „Foto“ auf. Doch fehlende Vorschaubilder erschweren das gezielte Durchforsten großer Bildersammlungen. Dank „Miracast“ lassen sich Smartphone-Inhalte auf den 70-Zöller spiegeln.

Bild- und Tonqualität

Normalerweise eignet sich der Modus „Dynamisch“ nur zum Fernsehen im Freien oder in sehr hellen Räumen. Wer auf kräftige Farben steht, kann beim Sharp dieses Setup sogar im Dunkeln nutzen. Aufgrund der generell begrenzten Leuchtkraft des 70-Zöllers ist der Bildeindruck in diesem Modus ganz angenehm, die Plastizität gefällt. Über die „Picture“-Taste kann man von „Dynamisch“ zu „Film“, „Eco“ und „Standard“ wechseln. Nervig: Um den „Eco“-Modus zu verlassen, muss man dies über das Menü jeweils erst bejahen. Im normalen TV-Alltag leistet sich der Japaner zumindest mit nativem HD-Material keine größeren Schwächen. Bei etwas älteren Filmen, die noch in SD-Auflösung produziert wurden und jetzt über einen öffentlich-rechtlichen Sender in HD ausgestrahlt werden, erkennt man deutliche Bildfehler wie starke Artefakte-Bildung und Doppelkonturen.

Auf dem Papier unterstützt der Sharp die HDR-Formate HLG und HDR10. In der Praxis glaubten wir lange, der Apparat beherrscht überhaupt kein HDR. Immer wieder blendete unser Player die Meldung ein, dass die optimale Bildqualität erst mit einem UHD-Fernseher erreicht wird, der HDR unterstützt. Nach intensiver Suche stießen wir im „System“-Menü auf die „HDMI-Einstellungen“. Der Eintrag „HDMI 2.0-Format“ muss auf „Verbessert“ gestellt werden.

Nicht bis ans Limit: Speziell bei Grün und Gelb weist der Sharp bei der HDR-Darstellung Defizite auf, bei Rot liegt der Messpunkt nur minimal daneben.

Das Ergebnis ist dennoch ernüchternd. Im Modus „Dynamisch“ ist bereits bei 280 Candela Schluss, im bevorzugten Setup „Movie“ kommt der 70-Zöller gar nur auf 225 Candela. Das ist viel zu wenig für dynamische und leuchtende Bilder. Ebenfalls ungewöhnlich: Sobald man Filme über Netflix mit HDR abspielt, blockiert der Apparat sämtliche Menü- und „Picture“-Einstellungen. So ist man auf die Parameter angewiesen, die der Sharp selbst auswählt. Bei Filmen von UHD-Blu-rays kann man zwischen „HDR Dynamisch“, „HDR Movie“, „HDR Game“ und „HDR User“ wählen. Für die optimale Farbtemperatur sollte man unbedingt selbst Hand anlegen. „Standard“ kommt auf 7.924 Kelvin, „Warm“ auf 5.549 Kelvin. Reduziert man hier den „Rot“-Wert von 100 auf 94, so erreicht man 6.573 Kelvin. Diese Vorgabe ist nahezu perfekt.

Wir wechseln zu unserer Test-Blu-ray „Deutschland von oben“. Schon bei der ersten Kapiteleinblendung sieht man Hinterleuchtungen der Edge-LED-Technik in den Ecken und an den Rändern. Schwarz ist kein Schwarz, sondern lediglich ein dunkles Grau. „Gamma“ sollte auf „Hoch“ stehen, um den Kontrast und die Tiefe zu erhöhen. Ungewöhnlich: Für die Bewegungsdarstellung lassen sich im Menü leider keine Parameter verändern. Die Bewegungsperformance variiert enorm. Schwenks aus der Luft sind teilweise ganz geschmeidig, in anderen Sequenzen sind deutliche Ruckler erkennbar, Schiffe gleiten dann alles andere als flüssig über die Elbe. Die Farbnatürlichkeit ist ordentlich, in sehr hellen genauso wie in dunklen Bildbereichen fehlt es dem LC-70UI9362E aber an Detailfreude und Durchzeichnung. Durchwachsen ist die Blickwinkelstabilität: Bereits vor Erreichen der 45-Grad-Marke bleichen Farben aus, Schwarz hellt stark auf.

Deutliche Abweichungen: Die Messung im SDR-Bereich wirkt mitunter etwas wild, speziell die violetten Töne laufen ziemlich aus dem Ruder.

TV-Sendungen in SD-Auflösung bereiten auf dem Sharp wenig Freude. Das Bildrauschen ist enorm, hier hilft auch die Rauschunterdrückung nicht spürbar weiter. Das Bild ist zudem recht flach. Aber selbst bei HD-Programmen wie „Hart aber fair“ kämpft der Flat-TV mit dezentem Rauschen. Im „Standard“-Modus sind Gesichter viel zu rot, hier muss man etwas Farbe rausnehmen. Die Blu-ray „After Earth“ haben wir schon schärfer gesehen. Bei der Verfolgungsszene im Wald bleibt der 70-Zöller jedoch recht souverän, mit der Zeichnung im Baumstamm sind wir zufrieden.

Ohne Vorschau: Das Durchforsten großer Bildersammlungen von USB-Sticks ist umständlich, weil der Sharp lediglich Symbole, aber keine Mini-Bilder anzeigt.

Beim Ton sollte man auf die Modi „Musik“ oder „Film“ vertrauen. Stimmen sind gut zu verstehen. Musik und Effekten fehlt es jedoch generell ein wenig an Wärme und Dynamik. Sehr viel lauter als Zimmerlautstärke sollte man nicht schauen, sonst geht die Pegelfestigkeit flöten. 

Der Testbericht Sharp LC-70UI9362E (Gesamtwertung: 59, Preis/UVP: 1800 Euro) ist in audiovision Ausgabe 9-2019 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

59 ausreichend

Der Sharp bietet ein großes Bild zum kleinen Preis, leider bleiben Panelhelligkeit, Schwarzdarstellung und Bedienkomfort auf der Strecke. Für alltägliche TV-Abende mag das genügen. Heimkino-Feeling kommt mit dem LC-70UI9362E jedoch nicht auf.
Jochen Wieloch

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