Anthem MRX 300 – AV-Receiver für 1.200 Euro
Der preiswerteste Receiver aus der Palette des Herstellers Anthem beschränkt sich fast ausschließlich aufs Heimkino. An Multimedia bietet er lediglich einen Anschluss für eine iPod-Dockingstation, der sich aber noch nicht nutzen lässt, weil die Station noch nicht auf dem Markt ist.
Ausstattung und Technik
Auch die Ausstattung mit vier HDMI-Eingängen und einem -Ausgang ist nicht üppig, in der Praxis aber in vielen Fällen ausreichend. Die Umsetzung von SD-Video auf 1080p gelingt überzeugend, weder bei analoger noch bei digitaler Zuspielung entstehen ausgefranste Kanten oder Bildflimmern.Das textbasierte englische Bildschirmmenü des Receivers aus Kanada ist anders aufgebaut als bei japanischen Modellen, aber in sich logisch. Weiterschalten klappt erheblich schneller als bei vielen grafikbasierten Menüs. Für Einsteiger gibt es ein Schnellstart-Menü, in dessen Ablauf alle wesentlichen Justagen vorgenommen werden.
Mit der "Channels"-Taste rechts oben auf der übersichtlichen Anthem-Fernbedienung
lassen sich die Kanalpegel einzeln einstellen, die "Audio"-Taste ermöglicht die Wahl
des Wiedergabe-Modus.
Obwohl Anthem sehr hochwertige Vor- und Endstufen baut, enttäuschen beim MRX 300 die Einstellmöglichkeiten für Lautsprecher-Pegel und -Entfernungen, denn sie fallen mit einem Dezibel respektive 30 Zentimetern zu grob aus. Das Einmess-System ARC-1 ist dagegen alles andere als eine Sparversion: Jedem Receiver liegen ein individuell ausgemessenes Mikrofon und ein passendes Stativ bei, außerdem ein serielles Kabel und eine USB-Verbindung. Beide sind nötig, weil man für die Einmessung einen PC braucht. Dabei stellt besonders die serielle Schnittstelle eine gewisse Hürde dar, die heute kaum mehr ein aktueller Computer an Bord hat. Einen Ausweg aus diesem Dilemma bietet ein Adapter von USB auf seriell. Die ermittelten Raumkorrektur-Daten werden vom PC in den Receiver geladen und enthalten Frequenzgang-Korrekturen für alle Kanäle sowie die Boxenpegel. Die Entfernungen ermittelt das System nicht, die muss der Nutzer von Hand einstellen.
Die vier HDMI-Eingänge und der eine HDMI-Ausgang sind für die Preisklasse des Anthem
nicht standesgemäß. Eine Signaldurchleitung im Standby bietet der Receiver nicht.
Tonqualität
Recht knapp fällt mit 55 Watt an sechs Ohm die Siebenkanal-Leistung aus und auch im Stereo-Betrieb bedeuten 139 Watt pro Kanal an vier Ohm die rote Laterne im Testfeld. Auf den Klang aber hat diese messtechnische Einschränkung kaum merkliche Auswirkungen. Erstaunlicherweise übertrifft der Anthem sogar alle Mitbewerber in Sachen maximaler Lautstärke – kein anderer Testkandidat bleibt so lange sauber und unverzerrt wie er. Auch sonst kann sich der Kanadier hören lassen. Die Abschlepp-Szene aus "Terminator – die Erlösung" (DTS-HD) ertönt wuchtig, präzise und mit duchsetzungsstarken Bässen. Dialoge ertönen dabei präsent und gut verständlich.
Textbasiert: Etwas einfacher als die grafischen Menüs der Mitbewerber
ist das Anthem-Menü trotzdem übersichtlich und reagiert schneller.
Sehr angenehm und seidig, dabei aber detailgenau klingt "They Can’t Take That Away From Me" von der Blu-Ray "Legends Of Jazz" (Dolby TrueHD). Jane Monheit kommt locker und unverfärbt, das Gitarrenspiel von John Pizzarelli perlt sauber und frei aus den Boxen. Das bekannte Bassmanagement-Problem mit phasenbedingten Auslöschungen im Bass bei großen Frontboxen ohne Subwoofer weist auch der Anthem auf, allerdings in geringerem Maß als Marantz und Denon, wie ein direkter Vergleich mit "Away From The Sun" von 3 Doors Down zeigt. Zudem lässt sich beim MRX 300 der Pegel der zugemischten Basssignale in weiten Grenzen ändern, auch bei deaktiviertem Subwoofer. Im Test konnten wir mit einer Anhebung um vier Dezibel ein ausgeglichenes Klangbild erreichen. Diese Einstellung ist allerdings nur vorübergehend aktiv und geht spätestens beim nächsten Ausschalten des Geräts verloren. Sie lässt sich permanent machen, indem man im Setup temporär den Subwoofer aktiviert und auf den gewünschten Pegel einstellt. Nach Deaktivieren des Subs geht die Pegeleinstellung auch beim Ausschalten des Receivers nicht mehr verloren. Diese Funktion ist übrigens in der Bedienungsanleitung nicht dokumentiert, könnte also durchaus ein Firmware-Bug sein. Da sich aber bei den letzten Firmware-Updates, die bei Anthem vergleichsweise häufig kommen, nichts geändert hat, darf man hoffen, dass diese wertvolle Einstellmöglichkeit weiterhin erhalten bleibt.
1.200 Euro: Optisch eher unauffällig präsentiert sich die Front des
Anthem MRX 300 aus Kanada. Unter einem Schieber links unten
verbirgt sich der Front-AV-Eingang.
Fazit
Nach Punkten ist der Anthem MRX 300 wegen der geringen Verstärkerleistung und der fehlenden Multimedia-Ausrüstung klares Schlusslicht im Testfeld, in Sachen Klang aber spielt er ganz vorn mit und macht die Defizite wieder wett.
Technische Ausstattung und Bewertung
Der Testbericht Anthem MRX-300 (Gesamtwertung: 75, Preis/UVP: 1200 Euro) ist in audiovision Ausgabe 10-2011 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.