Unverhofft kommt oft: Nach 5 Jahren bringt Sony wieder einen Heimkino-Verstärker auf den deutschen Markt. Der 1.000 Euro teure TA-AN1000 hat nicht nur HDMI 2.1, Dolby Atmos und DTS:X an Bord, sondern auch einige exklusive Raumklang-Features.
Amerika ist wirklich das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, zumindest wenn es um AV-Receiver von Sony geht. Denn in den USA offerieren die Japaner seit jeher eine nicht zu verachtende Auswahl an Heimkino-Boliden, auch aus der hochwertigen „ES“-Baureihe – wie das 3.300 Dollar teure Flaggschiff STR-AZ7000ES mit 13 Endstufen. Hierzulande ist hingegen in diesem Sony-Segment seit Jahren Sauregurkenzeit angesagt. Die letzten AV-Receiver dieses Herstellers kamen 2018 auf den Markt und zählten allesamt zur Einsteiger-Klasse. Das gilt auch für den brandneuen TA-AN1000, der mit 1.000 Euro zu Buche schlägt und sieben Endstufen sein Eigen nennt – interessant ist er trotzdem.
Technische Besonderheiten
Wenn man sich das Datenblatt des TA-AN1000 genauer anschaut, wirkt er wie ein optimierter Nachfolger des 800 Euro teuren STR-DN1080 (Test in Ausgabe 9-2017). Ein Ass im Ärmel hat der AN1000 dank der Fähigkeit, Rear- und Höhenlautsprecher des Herstellers auch via Funk ansteuern zu können. In Frage kommen hierfür die Modelle SA-RS5S und SA-RS3S sowie die Subwoofer SA-SW5 und SA-SW3. Der TA-AN1000 unterstützt zudem Sonys „Acoustic Center Sync“, bei der ein kompatibler Sony-Fernseher als Center-Lautsprecher fungieren kann. Mit an Bord ist auch die hauseigene „360 Spatial Sound Mapping“-Technik. Mit Hilfe der über das integrierte Einmess-System DCAC IX (siehe Kasten) ermittelten Positionsinformationen (Höhe und Position jeder Box) werden mehrere Phantomlautsprecher generiert und unter Verwendung der realen Lautsprecher über Dolby Atmos und DTS:X zu einem 360-Grad-Schallfeld kombiniert.
Das Tastenlayout der vergleichsweise kleinen Fernbedienung hat sich gegenüber dem Vorgänger- Modell etwas verändert. Es fehlt uns eine hochwertige Anmutung, Alltagsfunktionen (etwa Lautstärke) sind uns zudem nicht ausreichend abgehoben.
Apropos Boxen-Setup: Die beiden Höhenboxen können als vordere Height-Lautsprecher, Top- Middle-Boxen oder als Dolby-Enabled-Speaker (Aufsatz-Boxen) vorne wie hinten betrieben werden. Die Crossover-Frequenzen sind zwischen 40 und 200 Hertz wählbar, im 7.1-Modus lassen sich die Rear- und Back-Rear-Boxen allerdings nur gemeinsam in Größe und Crossover einstellen. Große Surround-Boxen in Kombination mit kleinen Back- Surround-Boxen klappt also nicht, hier muss man eine Kompromiss-Frequenz wählen.
Während die Pegel und Distanzen aller Boxen mit 0,5-Dezibel- respektive 1-Zentimeter-Schritten optimal einstellbar sind, beschränkt sich der Equalizer auf „Bass“ und „Treble“, die für jede Boxengruppe (Rears und Back-Rears nur zusammen) justiert werden können.
Pre-outs gibt es nur für zwei Subwoofer, wobei diese nicht getrennt ansteuerbar sind. So bedient der AN1000 faktisch 7.1-Kanäle, mehr geht nicht. Übrige Endstufen können für das Bi-Amping der Frontboxen oder eine weitere Hörzone genutzt werden. Separate Hörzonen dürfen über den zweiten HDMI-Ausgang sowie die Cinch-Pre-outs (analoge Quellen) mit Signalen versorgt werden.
Alle Boxen-Einstellungen können in zwei verschiedenen Presets abgelegt werden, so dass man sich etwa ein Setup fürs Filmegucken und eines für das Musikhören anlegen kann.
• High-Resolution-Audioplayer
Über USB und Netzwerk gibt der Sony alle gängigen, hochauflösenden Stereosound Mehrkanal-Audioformate wie AIFF, ALAC, DSD, FLAC und WAV wieder.
• DSD-Decoding via HDMI
Der Sony verarbeitet den rohen 1-Bit-Datenstrom einer SACD per HDMI, was nicht alle Receiver können.
• Audio-Upscaler und Audio-Enhancer
Zur Klangverbesserung von CDs und MP3-Dateien verfügt der Receiver über die Schaltungen „D.L.L.“ (Digital Legato Linear) und „DSEE HX“ (Digital Sound Enhancement Engine). Zur genauen Arbeitsweise der zweistufigen Schaltung schweigt sich Sony aus, wahrscheinlich ist aber, dass sie die Abtastrate erhöht. DSEE HX versucht infolge von Datenreduktion verloren gegangene Obertöne anhand einer psychoakustischen Analyse zu rekonstruieren.
• Verlustfreie Bluetooth-Übertragung
Normalerweise werden Audiodaten bei der Übertragung per Bluetooth im verlustbehafteten Format SBC komprimiert. Der Sony dagegen beherrscht den eigens entwickelten Codec „LDAC“, der mit seiner rund dreimal so hohen Datenrate von 990 kbps die Qualität hochauflösender Audiodateien bewahrt. Der Receiver fungiert als Bluetooth-Empfänger und -Sender und ist damit ein idealer Spielpartner für Sonys LDAC-Produktprogramm, das aus diversen Walkmans, Kopfhörern, Audio-Komponenten und Lautsprechern besteht.
Decoder & Klangschaltungen
Wie eingangs erwähnt, besitzt der AN1000 Decoder für Dolby Atmos und DTS:X, Auro 3D ist dagegen keine Option. Mit an Bord sind die 3D-Ton- Upmixer Dolby Surround und DTS Neural:X, wobei der Sony auch das Cross-Format-Upmixing – also die Wiedergabe von Dolby-Ton via DTS-Upmixer und umgekehrt – ermöglicht. Sonys „360 Spatial Sound Mapping“ klappt optional in Kombination mit dem „Auto Format Decoding“, hierbei wählt der Amp automatisch den passenden Decoder für das anliegende Tonsignal.
An Klangprogrammen findet man nur den „Audio Enhancer“, der nach Sony-Angaben Signale „nahe an High-Resolution-Klangqualität hochskaliert“. Der Mischer funktioniert laut Bedienungsanleitung nur bei 2-Kanal-Soundquellen mit einer Abtastfrequenz von 44,1 kHz oder 48 kHz – im Test konnte man die Schaltung aber auch bei Mehrkanal-Inhalten einschalten.
In den Toneinstellungen des Menüs findet man weitere interessante Punkte. Mit der Lautsprecher-Verlagerung/Phantom-Surround-Back versetzt man alle Boxen virtuell so, dass die Winkel und Abstände optimal zum Sitzplatz ausfallen. Zudem werden im 5.1- bzw. 5.1.2-Betrieb künstliche Back-Rear-Boxen generiert. Im Tonmenü lässt sich außerdem eine Dynamikbegrenzung, die Upmixer-Funktion sowie ein Virtualisierer für 3D-Sound bei nicht vorhandenen Höhenboxen ein- bzw. ausschalten. Das AV-Sync korrigiert ferner asynchronen Ton und für IMAX-Enhanced-Inhalte darf man manuell das Bassmanagenemnt justieren. Nicht zu übersehen: Die Front des AN1000 ziert das „Hi-Res Audio“-Logo, was es damit auf sich hat, erläutern wir im entsprechenden Kasten.
Zwei der 6 HDMI-Eingänge und beide HDMI-Ausgänge unterstützen Auflösungen von 8K/60Hz bzw. 4K/120Hz inklusive HDR10, HLG und Dolby Vision. HDR10+ bleibt wie bei den hauseigenen Fernsehern auf der Strecke. Für Gamer werden eine variable Bildwiederholrate (VRR) und der automatische Low-Latency-Modus (ALLM) geboten. SD-/HD-Material skaliert der AN1000 zudem auf 4K/8K-Auflösungen hoch.
Vor der eigentlichen Messung muss erstmal das Lautsprecher-Layout definiert werden; in unserem Fall ein 5.1.2-System mit 2 Deckenboxen (Top Middle). Es lassen sich auch Front-Height- und Aufsatzboxen für vorne oder hinten definieren. Zudem wird festgelegt, in welchem der beiden Lautsprecher-Presets die Messung abgelegt werden soll. Im nächsten Schritt muss man per Hand (also mit Maßband, Meterstab oder Laser-Entfernungsmesser) einige Abstände messen und in die jeweilige Maske eintragen: Distanz vom TV zum Sitzplatz, vom Boden zum Ohr, Deckenhöhe sowie der Abstand vom Boden bis zur Mitte des TV-Bildschirms. Erst dann beginnt die automatische Kalibrierung mittels Testtönen. Das oben auf dem mitgelieferten Mini-Ständer platzierte Mikrofon wird am Sitzplatz auf Position der Ohren aufgestellt, beim zweiten Messdurchgang wird das Mikro hingegen an der Bodenplatte des Ständers horizontal um 90 Grad gedreht positioniert.
Am Ende der Messungen kann der Nutzer entscheiden, ob etwa via DSP die Positionen der Lautsprecher noch optimiert und Phantom-Lautsprecher generiert werden sollen (siehe Bild unten). Im nächsten Schritt kann man zwischen drei Kalibrierungskurven wählen: „Full Flat“ für einen linearen Frequenzgang, „Engineer“ für eine Abstimmung nach Merkmalen eines Sony-Hörraums sowie „Front Reference“ für eine Anpassung aller Lautsprecher an den Frequenzgang der Frontboxen. Natürlich kann man die Kalibrierung auch deaktivieren. Im fi nalen Schritt lässt sich ein Kalibrierungsabgleich aktivieren, der die Wellenformausgabe des Tons von gepaarten Stereo-Lautsprechern anpasst.
Im Test klappte die Einmess-Prozedur problemlos. Die ermittelten Werte waren plausibel, nur unsere Rear- Lautsprecher und der Center wurden als „Groß“ (statt klein) definiert, was sich im manuellen Boxenmenü aber schnell korrigieren lässt.
Streaming und Bedienung
Kontakt zu Musik nimmt der Sony über AirPlay 2, Chromecast und Bluetooth auf, zudem kann man Dateien über USB oder von Servern (DLNA) zuspielen. Spotify ist bereits integriert, ein Internet-Radio fehlt hingegen. Die Sprachsteuerung klappt unter Zuhilfenahme eines kompatiblen Smart-Speakers mit dem Google Assistant.
Die Menüs kommen uns arg verschachtelt vor, da sucht man lange, bis man eine Einstellung findet. Schönheitspreise gewinnt die Benutzerführung auch nicht, die Erklärungen zu den meisten Funktionen sind jedoch Pluspunkte und ersparen in vielen Fällen den Blick in die Bedienungsanleitung. Alternativ kann man den AN1000 über Sonys „Music Center“-App steuern.
Tonqualität
Bei der Leistungsmessung lieferte der TA-AN1000 in etwa dieselbe Power wie der STR-DN1080. Die 178 Watt bei Stereo (4 Ohm) und 106 (4 Ohm) bzw. 97 Watt (6 Ohm) pro Kanal im 5-Kanal-Betrieb können sich sehen lassen, 78 Watt (6 Ohm) im 7-Kanal-Modus sollten im Alltag ebenfalls ausreichend sein.
Probleme gab es beim Frequenzgang, denn die Frontlautsprecher wollten keine Crossover- Frequenz akzeptieren und lieferten stets den vollen Pegel hinunter bis 20 Hertz. Ein Problem, das sich via Firmware-Update beheben lassen sollte. Bei Center und Surroundkanälen wurden die gesetzten Crossover-Frequenzen (je bei 80 Hertz) hingegen korrekt angenommen.
Der durchschnittliche Stromverbauch im 5.1-Betrieb lag bei 275 Watt und war damit etwas geringer als bei vielen Kollegen, die meist zwischen 300 und 400 Watt liegen. Der hohe Standby-Verbrauch bei aktiver HDMI-Durchleitung von knapp über 25 Watt ist dagegen unschön. Ohne aktivierte Pass-Through-Funktion waren es angemessene 0,4 Watt.
Im Hörtest legte der Sony mit Steely Dans Mehrkanalmix vom Album „Two Against Nature“ einen druckvollen, dynamischen und ausgewogenen Sound hin, der mit guter Feinauflösung und Plastizität überzeugte. Den Atmos-Ton diverser Dolby-Demo-Clips bot der Sony räumlich groß, geschlossen und mit sauber ortbaren Effekten dar.
Im Bass lieferte das Ergebnis der automatischen Einmessung zu viel Power, hier mussten wir einige Dezibel zurücknehmen, um nicht erdrückt zu werden. Natürlich aktivierten wir auch Sonys „Spatial Sound Mapping“, was sich erst einmal mit einem signifikanten Lautstärkeanstieg bemerkbar machte, auch betonte die Schaltung Höhen etwas und sorgte unten herum für mehr Schub. Effekte schälte die Schaltung präsenter heraus, alles spielte etwas luftiger, gefühlt größer. Beim Dolby-Clip „Audiosphere“ waren die Synthesizer auf den Höhenboxen besser ortbar – ohne Spatial-Sound waren wir uns bisweilen nicht sicher, ob die Synthies von oben oder von vorne spielten.
In Stereo musizierte der TA-AN1000 im Pure-Direct-Modus im Hochton mit guter Auflösung, ohne besonders spitz zu werden. Gute Aufnahmen kann man so schön laut hören, stark komprimierte YouTube-Musik geht bei höheren Pegeln auch mal etwas „auf die Ohren“. Druckvolle Bässe und eine präzise Ortung von Instrumenten gehören zu den Tugenden des Amps.
Der Testbericht Sony TA-AN1000 (Gesamtwertung: 72, Preis/UVP: 1.000 Euro) ist in audiovision Ausgabe 11-2023 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Für 1.000 Euro bekommt man mit dem Sony TAAN1000 einen Einsteiger-Verstärker, der mit HDMI 2.1, ordentlich Leistung und gutem Klang punktet. Die Bedienung der Menüs ist im Vergleich zur Konkurrenz hingegen etwas umständlich.
Andreas Oswald