Von Produkten aus der Schweiz erwartet man hohe Verarbeitungsqualität, große Präzision – und nicht zuletzt – einen stolzen Preis. Dieses Bild ist natürlich hauptsächlich von der Uhrenindustrie geprägt. Was den ersten Punkt angeht, entspricht der am Zürichsee ansässige Lautsprecher-Hersteller Piega diesem Image durchaus, was sofort erkennbar wird, wenn man die Boxen des getesteten Premium-Sets in Augenschein nimmt: Eine solche Anfass- und Fertigungsqualität, wie sie die Aluminium-Gehäuse bieten, findet man selbst im High-End-Sektor selten. Womit wir schon beim ersten Stichwort wären, denn außer dem Subwoofer warten alle Premium-Lautsprecher mit einem Aluminium-Gehäuse auf, das auf einem im Strangpressverfahren hergestellten Profil beruht.
Technik
Durch die schlanken Aluminium-Gehäuse wirken die Lautsprecher dezent und elegant. Das ist aber nicht der eigentliche Grund, warum Piega dieses Material bei fast allen Modellen einsetzt: Aluminium ist nämlich ein besseres Material für Lautsprechergehäuse als das meist verwendete Holz, weil es sehr steif ist und eine hohe innere Dämpfung besitzt. Es neigt somit selbst bei geringer Wandstärke weit weniger zu Resonanzen als beispielsweise mitteldichte Faserplatten (MDF), die man heute in vielen Lautsprechergehäusen findet. Aluminium ist allerdings auch teurer und aufwändiger zu verarbeiten, weshalb die meisten Hersteller auf seinen Einsatz verzichten. Piega verbessert die Resonanzstabilität seiner Gehäuse zudem noch mit Innenversteifungen und dämpfender Beschichtung der Innenflächen auf Bitumenbasis.
Eine weitere Besonderheit, mit der sich die Schweizer von vielen anderen Lautsprecher-Herstellern unterscheiden, ist die Technologie der Hochtöner: Piega nutzt hier Eigenentwicklungen, welche die Vorteile von Bändchen mit denen von Magnetostaten verbinden (Details im Kasten „Folien-Hochtöner der besonderen Art“). Auch von dieser Technologie sind die Schweizer so überzeugt, dass sie in fast allen Modellreihen zum Einsatz kommt.
Der in den Frontlautsprechern Premium 5.2, dem Premium Center Large und den Surroundlautsprechern Premium 1.2 gleichermaßen eingesetzte Mittel-Hochtöner mit 15 Zentimetern ist von eher klassischer Bauart, laut Hersteller wurde aber sowohl der Antrieb als auch die Membran optimiert. Fronts und Center enthalten je zwei dieser Chassis, wobei eines nur den Tieftonbereich bearbeitet, das andere hingegen auch mittlere Töne wiedergibt und den Anschluss zum Hochtöner herstellt. Den Subwoofer PS 1 entwarfen die Entwickler als Downfire-Konstruktion: Sowohl das 22-Zentimeter-Chassis selbst als auch das Bassreflexrohr strahlen zum Boden hin ab.
Tonqualität Surround
Zur Anpassung an die Raumakustik bringt der Piega-Sub einen wirkungsvollen Equalizer mit, der tiefe Frequenzen absenken kann, um der durch wandnahe Aufstellung bewirkten Anhebung entgegenzuwirken. Selbst bei ganz aufgedrehtem Bass-EQ fällt der Frequenzgang des PS 1 zu tiefen Frequenzen etwas ab, was sinnvoll ist: Allein die Nähe zum Boden sorgt bei einem Subwoofer – erst recht bei einem Downfire-Modell – für einen Push um sechs Dezibel. Mit einer unteren Grenzfrequenz von 33 Hertz und dem Maximalpegel von 102 Dezibel schlägt sich der Piega-Sub für seine Größe achtbar.
Der Center zeigt ein ordentliches Rundstrahlverhalten, die „Löcher“ im Mitteltonbereich unter größeren Winkeln sind nicht allzu breit. Ausnehmend linear sind die Frequenzgänge der Front-boxen. Aber auch Center und Surround zeigen nur geringe Abweichungen. Allenfalls eine kleine Spitze um vier Kilohertz bei beiden könnte sich im Klang bemerkbar machen.
Davon ist in unserem Testraum zum Glück nichts zu hören. Im Gegenteil: Den Aufwand, den Piega in Technik und Entwicklung des Premium-Sets investiert hat, zahlt sich im Hörergebnis voll aus: Die Kombo spielt absolut selbstverständlich und äußerst homogen. Wie die Piegas beispielsweise den Einzug von Gandalf ins Auenland im ersten „Herr der Ringe“-Teil zelebrieren, hat schon fast Suchtfaktor. Sie zaubern eine so unglaublich detaillierte, entspannte Atmosphäre, dass es ein Genuss ist. Auch die Kanalisations-Szene aus „Ratatouille“ macht Riesenspaß, das Glucksen der Wassertropfen und die hallige Atmosphäre lassen den Hörer unwillkürlich nach einem Handtuch suchen. Ordentlich zur Sache – auch im Bass – geht das Set dann, wenn Hauptdarsteller Remy durch Fallrohre und Strudel mit Getöse in den Untergrund von Paris gespült wird. Hier machen selbst stramme Pegel kein Problem, sondern tragen lediglich zum Spaßfaktor bei, ohne dass irgendwelche Kompressionseffekte oder Verzerrungen hörbar werden. Bei den heftigen Impulsen der Abschleppwagen-Verfolgungsfahrt aus „Terminator – die Erlösung“ sind die Schweizer Boxen auch keine Kinder von Traurigkeit, könnten allerdings noch einen Tick temperamentvoller zur Sache gehen.
Mit Musik kommen derartige Wünsche hingegen nicht auf, dazu spielt das Set zu sehr wie aus einem Guss. Faszinierend beispielsweise, wie locker und souverän John Pizarelli und Jane Monheit ihr „They Can‘t Take That Away From Me“ vortragen, da treten die Schallwandler fast völlig in den Hintergrund. Selbst laute Rockmusik wie die von 3 Doors Down macht richtig Spaß, trotz aller Feinsinnigkeit kommt dabei immer noch mehr als genug Wucht rüber – und lässt auch die authentisch wirken.
So arbeiten die Piega-Chassis aber nicht. Die Schweizer Entwickler mischten nämlich die Bauformen Bändchen und Magnetostat. Von Letzterem übernahmen sie die auf eine Folie angebrachten verschachtetelten Leiterbahnen, die von Länge und Querschnitt so abgestimmt sind, dass sie einen verstärkerverträglichen Widerstand erzeugen. Statt aber Kunststoff-Folie zu verwenden wie beim Magnetostaten, bringen die Schweizer die Leiterbahnen auf Aluminiumfolie auf, weil sie in diesem Material akustische Vorteile sehen. Diese Folie versieht der Hersteller zudem mit einer kleinteiligen Prägung, die für erhöhte Steifheit und innere Dämpfung und somit für verringerte Resonanzen sorgen soll. Diesem Prinzip vertrauen die Schweizer derart, dass sie es in nahezu allen ihren Lautsprechern einsetzen. Sogar zwei Koaxial-Bändchen, die auch einen Mitteltöner enthalten, hat Piega im Programm.
Tonqualität Stereo
Die Premium 5.1 können im Stereobetrieb problemlos auf den Subwoofer verzichten, die jeweils zwei 15-Zentimeter-Bässe stellen auch bei satten Pegeln ein kräftiges, fest umrissenes Bassfundament zur Verfügung.
Winkelt man die Standboxen etwas zum Hörplatz an, wird die schon faszinierend weite Räumlichkeit bei „Jazz At The Pawnshop“ noch präziser und greifbarer. Stimmen wie die von Sara Cahoone bei ihrem „Naked“ klingen sehr natürlich und stehen geradezu greifbar im Raum. (mino)
Der Testbericht Piega Premium Set (Gesamtwertung: 89, Preis/UVP: 7650 Euro) ist in audiovision Ausgabe 12-2015 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Bei Piegas Premium-Set stellt sich ausgefeilte Technik ganz in den Dienst der Tonwiedergabe: So homogen und glaubwürdig tönen nur wenige. Allein das gezügelte Temperament verhindert ganz knapp den Einzug in unsere Referenzklasse – ein Highlight ist die Schweizer Kombo aber allemal.