Yamaha RX-A880 (Test)

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Yamaha: Das Design der neuen Fernbedienung gefällt; sie liegt gut in der Hand. Die geringe Tastenhöhe verleitet aber zu Fehleingaben.

Eigentlich sollte hier ein Test des Yamaha RX-A890 stehen, doch die Japaner bringen dieses Jahr keine neuen Receiver auf den Markt. Der RX-A880 hat demnach schon ein Jahr auf dem Buckel – zudem unterscheidet er sich in weiten Teilen nur bedingt vom Vorgänger RX-A870. Geändert hat sich auf jeden Fall der Preis, der um 50 Euro auf 1.100 Euro gestiegen ist.

Dabei hätte es durchaus Innovationspotenzial gegeben: IMAX Enhanced, 11.2 Kanalverarbeitung, 9 Endstufen – Auro 3D? Der RX-A880 bleibt hingegen Yamahas Hierarchie-Strategie treu und muss sich als kleiner Vertreter der großen „Aventage“-Modellreihe mit Mittelmaß bei der Ausstattung begnügen. 7 Endstufen bei 7.2- bzw. 5.2-Kanalverarbeitung sind das Maxiumum, DTS:X und Dolby Atmos die Decoder der Wahl. Als ärgerlich empfinden wir die Beschränkung des beliebten Cross-Format-Upmixings, das im RX-A880 Dolby-HD-Ton (TrueHD, Digital+) betrifft, der nicht mehr via DTS-Upmixer abgespielt werden kann; komprimierte Streams in Dolby Digital 5.1 und 2.0 darf man hingegen weiterhin mit dem Neural:X-Decoder hochmischen. DTS Virtual:X ist nicht mit an Bord, Yamahas innovative DSP-Technik „Surround:AI“ bleibt den größeren Aventage-Receivern vorbehalten. Die meisten von Yamahas ausgefeilten DSP-Programmen (18 Stück) sind aber integriert.

Verbesserungen gab es dagegen bei der Bedienung – um genau zu sein bei der Fernbedienung, den Onscreen-Menüs und den „Scenes“. Mit Letzteren lassen sich Grundeinstellungen des Geräts auf 8 Speicher ablegen und per Tastendruck auf-rufen. Der neue Geber fällt mit 24,5 Zentimeter Länge recht groß aus, liegt aber trotzdem gut in der Hand. Die Oberseite wurde vollständig gummiert und fühlt sich angenehm an. Die Tasten mit nur kleinen Erhebungen und Vertiefungen sind leider schwer zu erfühlen und bieten einen geringen Druckpunkt, weshalb man sich öfter mal „verdrückt“. Eine Tastenbeleuchtung bleibt den Gebern der größeren Modelle vorbehalten.

Gut bestückt: Von den 9 Paar Boxenklemmen können nur 7 zeitgleich befeuert werden. Dank zahlreicher digitaler sowie analoger Video- und Audioschnittstellen kommen keine Engpässe auf; auch ein Phono-Eingang ist dabei. Die 7.2-Pre-outs steuern keine Höhenboxen. Dafür lassen sich zwei Subwoofer anschließen, aber nicht getrennt regeln.

Wie üblich lässt sich der Yamaha-Receiver auch über die MusicCast-App oder Controller-App steuern. Mit an Bord ist auch Amazons Alexa, so dass sich der RX-A880 rudimentär per Sprache bedienen lässt – hierfür wird allerdings ein Alexa-Speaker benötigt.

Als gelungen empfinden wir das neue Design der grafischen Menüs, die sich nun intuitiver bedienen lassen. Alle Reiter sitzen jetzt links, rechts bekommt man zum gewählten Menüpunkt ausführliche Erklärungen. Weniger gefällt uns die  Schriftschärfe, denn Texte wirken so, als wären sie von SD auf HD hochgerechnet.

Ausstattung und Praxis

Das Metallgehäuse fällt typisch für einen Aventage-Receiver hochwertig aus; an der Unterseite soll ein fünfter Standfuß („A.R.T. Wedge“-Design) Vibrationen minimieren. Unter der kleinen Frontklappe kommen diverse Anschlüsse zum Vorschein: Kopfhörer, USB, YPAO-Mikro und Audio-Klinke.

Höhenboxen sind beim RX-A880 nur vorne (Dolby Enabled, Höhe Front, Lichte Höhe) vorgesehen.

Auf der Rückseite findet man ein gut bestücktes Anschlussfeld: 7 HDMI-Eingänge und 2 HDMI-Ausgänge, 3 Stereo-Cinch-Buchsen, je 2 optische und koaxiale Schnittstellen und sogar ein Phono-Eingang sind an Bord. Lautsprecher darf man 9 Stück verkabeln. Nutzt man die beiden Höhen-Kanäle, die bei Yamaha „Front Presence“ heißen, bleiben die Surround-Back-Lautsprecher stumm – und umgekehrt. Welche Schallwandler gerade aktiv sind, entscheidet der benutzte Ton-Decoder bzw. das Eingangssignal oder das konfigurierte Boxen-Setup.

7.1.2-Setup: Ob die Höhenboxen oder die Back-Rears laufen, entscheidet der Decoder bzw. das Tonsignal.

Die Einmess-Automatik YPAO korrigiert den Frequenzgang der Lautsprecher unter Berücksichtigung von bis zu 8 Messpunkten. Die 3 ermittelten Klangkurven darf der Nutzer nachträglich per semi-parametrischem Equalizer modifizieren. Bei der manuellen Boxen-Konfiguration sehen wir Verbesserungspotenzial, denn die Distanzen lassen sich nur in 5-Zentimeter-Schritten verrücken; 1-Zentimeter-Einheiten wären besser. Zudem lassen sich die beiden Subwoofer-Ausgänge nicht getrennt regeln.

Yamahas AV-Receiver verfügen über „Cinema DSP 3D“-Programme, die den Sound verschiedener Örtlichkeiten simulieren und/oder Ton für die Wiedergabe von Film, Musik oder Games optimieren. Den RX-A880 statteten die Entwickler mit 18 DSP-Klangfeldern aus, die auch die beiden Höhenlautsprecher berücksichtigen. Als Besonderheit – und hier ist Yamaha den Konkurrenten voraus – lassen sich alle Halleffekte auch manuell nach persönlichen Vorlieben konfigurieren: So kann man über Parameter wie Verzögerungszeiten und Pegel den DSP-Effekt und damit die virtuelle Raumgröße selbst bestimmen.

Die Raumsimulationen lassen sich mit diversen Einstellreglern im Klang anpassen.

Wie glaubwürdig das letztlich klingt, hängt vom realen Hörraum und dem Lautsprecher-Aufbau ab: Aus halligen Umgebungen kann auch fortschrittlichste DSP-Technik keinen klanglich perfekten Kinosaal zaubern – der DSP-Nachhall und der des Hörraums addieren sich ungünstig auf. Das Ergebnis überzeugt umso mehr, je trockener der Hörraum ist. Auch die Anzahl der Lautsprecher und der Abstand zu ihnen ist von Belang: Mit mehr Schallquellen und kürzeren Distanzen kommt mehr Direktschall beim Hörer an, wodurch der Eigenklang des Wiedergabe­raums in den Hintergrund tritt.

Video und Multimedia

Die Buchsen nach dem HDMI-2.0-Standard akzeptieren 4K/60p-Signale sowie HDR10, Dolby Vision und HLG; zudem wird bereits der Kopierschutz HDCP 2.3 des HDMI-2.1-Standards unterstützt. Auf Wunsch rechnet die Videoelektronik HDMI- und analoge SD-Signale bis zu 4K/60p hoch, im Test verursachte der RX-A880 hierbei jedoch leichte Doppelkonturen. Bildregler gibt es nicht.

Klangregelung: Der manuelle Equalizer erlaubt die präzise Manipulation in Frequenz, Bandbreite (Q) und Pegel.

In Sachen Multimedia darf man per AirPlay2, Bluetooth, DLNA, WLAN und USB andocken. Bei den Streaming-Apps stehen Spotify, Napster, Qobuz, Deezer und Tidal zur Wahl, kostenlose Musik liefert das Web-Radio. Wie alle Receiver der Aventage-Reihe unterstützt der RX-A880 MusicCast, mit dem sich Yamaha-Komponenten zu einem Multiroom-System vernetzen lassen. Dank „MusicCast Surround“ kann man die Streaming-Lautsprecher MusicCast 20 und MusicCast 50 als rückwärtige Boxen kabellos in das System einbinden. Der Subwoofer MusicCast Sub100 kann ebenfalls drahtlos mit dem RX-A880 verbunden werden.

Tonqualität

Bei der Leistungsmessung lieferte der Yamaha im 7-Kanal-Betrieb 76 (6 Ohm) bzw. 80 (4 Ohm) Watt je Kanal, was auch für anspruchsvolle Lautsprecher-Sets ausreicht. Im Stereo-Betrieb kletterte die Power gar auf 151 (6 Ohm) respektive 183 (4 Ohm) Watt pro Kanal hoch.

Im Hörtest schob der Yamaha den 5.1-Track von Steely Dans „Two Against Nature“ dynamisch, druckvoll und plastisch in den Hörraum; Bässe kamen tief und sauber. Auch klassische Musik mit Chor und Orchester brachte der Japaner tonal harmonisch und ausgewogen sowie räumlich überzeugend zu Gehör. Die YPAO-Einmessung lieferte plausible Ergebnisse, so dass der RX-A880 den „Powerful Bass“ im Dolby-Amaze-Trailer enorm tief und frei von Verzerrungen in den Raum pustete. Effekte reproduzierte der Receiver räumlich groß und nachvollziehbar – zumindest auf der 2D-Klangebene. Höhen-Effekte wie die Synthesizer in Dolbys „Audiosphere“-Clip konnten wir dagegen nur selten von oben, meist nur von vorne hören.

Für die Dynamik-Reduzierung bietet der Yamaha zwei Schaltungen: „Dynamikumfang“ soll in zwei Stufen die grundlegende Dynamik-Kompression regeln; im Test funktionierte dies aber nur mit Dolby-Ton, nicht mit DTS-Signalen. In zweiter Instanz bietet „YPAO Volume“ in Abhängigkeit von der Einmessung eine adaptive Kompression des Dynamikumfangs, was bei Dolby gut funktionierte, mit DTS-Ton aber nur marginal bis nicht hörbar.

Bei Stereomusik überzeugte der Yamaha im „Pure Direct“-Modus mit klarem, neutralem und detailreichem Spiel. Auch unten herum klang der Japaner sauber und dynamisch, Bässe kamen druckvoll und mit Drive. Bei hohen Pegeln tönte es aber schon mal etwas hart, sofern die Musikquelle „crisp“ aufgenommen war – was bei Mainstream-Pop öfter der Fall ist. 

 

Der Testbericht Yamaha RX-A880 (Gesamtwertung: 80, Preis/UVP: 1100 Euro) ist in audiovision Ausgabe 7-2019 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

80 sehr gut

Für 1.100 Euro bekommt man mit dem Yamaha RX-A880 guten Sound, viel Leistung und üppige Multimedia-Features. Ein echtes Manko ist jedoch die fehlende 11.2-Kanalverarbeitung.

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