Statt 9.000 verlangt LG für seinen 55 Zoll großen OLED-Fernseher lediglich 3.000 Euro. Bedenkt man allerdings, dass der EC 930 V nur Full-HD-Auflösung bietet, wo die Crème de la Crème der Full-HD-LCDs schon für unter 2.000 Euro über den Ladentisch geht, ist er alles andere als ein Schnäppchen. Und doch: Wer brillante Farben mit tiefstem Schwarz, satte Kontraste sowie eine optimale Bewegungsdarstellung wünscht, muss wohl oder übel so tief in die Tasche greifen – denn das schaffen derzeit bloß organische Leuchtdioden.
Ausstattung und Praxis
Der filigranem, aber solide Standsockel beschert dem EC 930 V im Vergleich zum Vorgänger ein eher zurückhaltendes, dezentes Erscheinungsbild. Dennoch versprüht das unglaublich flache Curved-Gehäuse jede Menge Eleganz, wobei die Rückwand nun aus Aluminium statt aus dem Hightech-Material Carbon besteht. Die Technik steckt nach wie vor hinter einer Kunststoffhaube, welche neben der obligatorischen Elektronik auch einen Universal-Tuner samt USB-Recorder beherbergt. Allerdings kann immer nur ein TV-Sender wiedergegeben oder aufgezeichnet werden, während einige Konkurrenten dank doppelter Empfangseinheiten flexibler sind. Zu den Highlights gehört die „4 Color Pixel“-Technologie, die durch Ergänzung eines weißen Subpixels zu den drei konventionellen Farben ein realitätsnahes Bild garantiert. An den Anschlüssen hat LG nichts verändert, einzig die Service-Schnittstelle für Reparaturfälle ist neu.
Das Bedienkonzept wurde grundlegend überarbeitet. Prägten früher unzählige Symbole und klobige Menüs die Benutzeroberfläche, präsentiert sich das mit dem LB 870 V (Test in audiovision 6-2014) eingeführte webOS-Betriebssystem intuitiv und sauber strukturiert. Selbst Multitasking stellt kein Problem dar: Der Zuschauer kann beliebig zwischen sämtlichen Anwendungen wechseln, ohne die aktuell geöffnete schließen zu müssen – schaltet man beispielsweise von einem YouTube-Clip in den TV-Betrieb um, pausiert das Video automatisch. Das App-Angebot fällt leider kleiner aus als bei älteren Modellen; Spotify und Zatoo fehlen ebenso wie die Online-Videothek Watchever. Der LG Store tröstet nur bedingt darüber hinweg, obwohl er mehr als 100 Internet-Dienste und Mini-Spiele zum Download bereitstellt (Anmeldung erforderlich). Lob gibt es für den Flash- und HTML5-fähigen Web-Browser sowie den via USB und DLNA-Netzwerk fütterbaren, flexiblen Mediaplayer.
Das auf der Produktseite abgebildete „Smart Touch Control“-Element, das unter dem Bildschirm sitzt und vermutlich auf Annäherungen oder Berührungen reagiert, ist laut Anleitung der übergeordneten (noch nicht verfügbaren) 970er-Serie vorbehalten. Der EC 930 V kommt aber auch problemlos ohne dieses Bedienfeld aus: Ungeachtet der Tat-sache, dass heute kaum noch jemand die Tasten am Gerät benutzt, übernehmen zwei handliche Fernbedienungen die volle Kontrolle – ein herkömmlicher Signalgeber und LGs bewegungs-sensitive Magic Remote mit integriertem Mikrofon für Sprachbefehle. Die Navigation gelingt durchweg flott, lediglich der webOS-Launcher – die Menüleiste im unteren Bildschirmteil – lässt sich beim Laden der Hintergrundgrafik die eine oder andere Sekunde Zeit. Für die 3D-Wiedergabe liegen dem OLED-Fernseher zwei Polfilter-Brillen mit klassischem Rahmengestell sowie zwei weitere mit Klammern respektive Clips zur Befestigung an Sehgläsern bei.
Sony setzt die Quantum-Dot-Technologie bereits erfolgreich in einigen Geräten unter dem klangvollen Namen „Triluminos-Display“ ein. Dieses stammt aus dem Hause QD Vision, enthielt bislang jedoch das giftige wie umweltschädliche Schwermetall Cadmium. Samsung hingegen arbeitet mit dem amerikanischen Chemieunternehmen Dow Chemical beziehungsweise Nanoco zusammen, das nach eigenen Angaben auf die umstrittene Substanz verzichtet. Die ersten Modelle mit Nanokristall-Technologie sollen Anfang Januar auf der Consumer Electronics Show in Las Vegas vorgestellt werden – wann sie in den Handel kommen, steht noch nicht fest. LG hat trotz seines OLED-Engagements ebenfalls entsprechende LCD-Fernseher angekündigt, nannte aber keine konkreten Termine.
Der chinesische TV-Riese Hisense setzt dagegen künftig auf ULED statt OLED, wovon man sich auf der IFA selbst überzeugen konnte. Das ist beileibe keine neue Technologie, sondern steht lediglich für Fernseher mit Full-LED-Backlight, das durch ein spezielles Ultra-Dimming-Verfahren in 144 Zonen angesteuert wird (siehe audiovision 10-2014).
Gegenüber dem Vorgänger sind die Lautsprecher vom Sockel ins Gehäuse gewandert, so dass sie jetzt nach unten statt nach vorne abstrahlen. Angesichts des kleinen Resonanzraums erzeugen sie dennoch einen gut verständlichen und ausgewogenen Stereoton. Bei gehobenem Schallpegel treten aber Verzerrungen auf, zudem klingen tiefe Stimmen gelegentlich etwas dumpf.
Bildqualität Fernsehen
Für das exzessive Fernsehen sind OLED-Geräte definitiv nicht die erste Wahl, zumindest nicht, wenn stundenlang das gleiche TV-Programm läuft. So beweisen die eingebrannten Senderlogos, dass der Vorbesitzer unseres Testexemplars eine Vorliebe für die öffentlich-rechtlichen HD-Kanäle hat. Aber keine Panik: Die Einbrenneffekte machen sich nur bei hellen, monotonen Bildern bemerkbar und verschwinden mit der Zeit. Positiv aufgefallen ist uns die flüssige Bewegungsdarstellung; Laufschriften gleiten praktisch ohne Verwischen dahin. Ebenso werden Sportübertragungen auf ein von LCD-TVs bislang unerreichtes Qualitätslevel gehoben.
Selbstredend kann der EC 930 V einem Ultra-HD-Modell in puncto Schärfe nicht das Wasser reichen, doch zeichnet er die meisten Motive trotzdem sauber durch. Schade nur, dass sich der Bild-beschnitt (Overscan) bei SDTV-Material nicht abschalten lässt. Aus diesem Grund verlieren die ohnehin schon niedriger aufgelösten Motive speziell in den Detailbereichen zusätzlich an Feinzeichnung, auch ruft das De-Interlacing hin und wieder Artefakte hervor, weswegen es im TV-Sehtest insgesamt nur für ein „gut“ reicht. Bei HDMI-Zuspielung treten hingegen keine Probleme auf – selbst kritische DVD-Sequenzen wie die Flugzeuglandung zu Beginn von „Sechs Tage, sieben Nächte“ erscheinen flimmerfrei.
Die Helligkeitsreserven liegen mit maximal 361 Candela pro Quadratmeter im Preset „Kräftig“ auf dem Niveau des Vorgängers. Zwar schaffen gute LED-Backlights à la Toshiba M7 mehr (siehe audiovision 8-2014), dafür besticht LGs OLED-Fernseher durch einen erstklassigen Kontrastumfang. So messen wir ein Im-Bild-Verhältnis von 1.280:1 beziehungsweise 875:1 bei reflektierendem Licht (Leuchtdichtefaktor). Leider begünstigt die Displaykrümmung zum Teil Spiegelungen und Verzerrungen; darüber dürften insbesondere seitlich sitzende Zuschauer klagen.
Bildqualität Blu-ray
Nicht nur im Tuner-Betrieb, auch in Verbindung mit Blu-ray-Playern zeigt der EC 930 V eine verblüffende Ähnlichkeit zu LGs OLED-Pionier EA 9809: Unsere Labormessungen bescheinigen ihm neben fast identischen Helligkeits- und Kontrastwerten eine gleich hohe Blickwinkelstabilität sowie ähnlich homogene Farben. Die Reproduktion gelingt allerdings nur im 25-Prozent-Feld neutral; bei vollflächiger Darstellung treten teils massive Abweichungen auf – zum Glück kommt das in der Praxis eher selten vor. Ein Vorteil der organischen Leuchtdioden ist die hohe Brillanz, wodurch vor allem Animationsstreifen satter und kräftiger als auf LCD-Fernsehern erscheinen. Ebenso werden Schwarz-Weiß-Klassiker à la „Casablanca“ überzeugend wiedergegeben, obgleich Graustufen einen minimalen Gelbstich aufweisen.
Dafür bietet die OLED-Technologie ein entscheidendes Alleinstellungsmerkmal: Sie schaltet in schwarzen Motivbereichen die betroffenen Dioden komplett ab, so dass etwa nächtliche Filmszenen sichtbar an Plastizität gewinnen. Als bester Bild-modus setzt sich wieder einmal „isf Expert1“ durch, der mit vernünftigen Voreinstellungen daherkommt und deshalb nur wenige manuelle Anpassungen erfordert. Einzig die Leuchtkraft fällt ab Werk mit 55 Candela pro Quadratmeter sehr spärlich aus. Die TruMotion-Glättungsschaltung wird in der Regel nicht benötigt, zeigt der LG doch auch ohne sie eine erstklassige Bewegungsschärfe mit originalgetreuem 24p-Kinolook.
In Sachen Langlebigkeit besteht aber Verbesserungspotenzial: Nicht nur die bereits erwähnten Einbrenneffekte, die schon nach rund einer Stunde auftreten, trüben den guten Gesamteindruck, sondern auch die Ausleuchtung, die mit zunehmender Betriebsdauer fleckiger wird (Dirty-Screen-Effekt). Um diesen Problemen entgegenzuwirken beziehungsweise die Auswirkungen hinauszuzögern, regelt der Fernseher die Helligkeit in unbewegten Bildern stufenweise herunter.
Bildqualität 3D
Auch in der dritten Dimension bleiben die satten Farben und starken Kontraste mit tiefem Schwarz erhalten – vorausgesetzt, man sitzt zentral vor dem Fernseher. Denn aus schräger Perspektive nimmt die Brillanz zur linken und rechten Seite hin sichtbar ab. Ferner reduziert das Polfilter-Verfahren die vertikale Auflösung, so dass Zeilenraster zum Vorschein kommen. Abgesehen davon treten keine störenden Artefakte auf. (mr/ff)
Der Testbericht LG 55 EC 930 V (Gesamtwertung: 81, Preis/UVP: 3000 Euro) ist in audiovision Ausgabe 1-2015 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Mit seinen tollen Farben, dem satten Schwarz und der hohen Blickwinkelstabilität ist LGs neuer OLED ein TV-Highlight und ein Traum für Bild-Enthusiasten. Jedoch verhindern die fehlende UHD-Auflösung und einige Display-Defizite eine höhere Wertung.