Das Auge isst bekanntlich mit. Schön angerichtet sind TCLs neue „Cityline“-Fernseher der S79-Serie in jedem Fall, doch scheinen die technischen Zutaten nicht mehr ganz frisch zu sein. So bereitet der U55 S7906 das Bild stets nach SDR-Rezept zu, was HDR-Freunden natürlich weniger schmeckt. Wir haben über den Tellerrand geblickt.
Ausstattung und Praxis
Man nehme einen 8,3 Millionen Pixel auflösenden Bildschirm, stecke ihn in ein 9,9 Millimeter flaches Gehäuse, garniere es mit einem schwarz-silbernen Alu-Rahmen und fertig ist TCLs neueste Kreation. Wer auf ein schlichtes, aber elegantes Design steht, dem wird der S79 bestimmt gefallen. Einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen allerdings die inneren Werte. Fangen wir bei einem möglichen K.O.-Kriterium an: Wie bereits angedeutet, beherrscht der Fernseher kein HDR – weder bei HDMI-Zuspielung noch über den internen Mediaplayer. Ohnehin wäre die Lichtausbeute des Edge-LED-Backlights mit 370 Nits (laut Datenblatt) zu gering, zumal auch auf eine Local-Dimming-Schaltung verzichtet wurde. Nichtsdestotrotz verspricht der Hersteller ein 10-Bit-Panel und einen gegenüber sRGB um 30 Prozent erweiterten Farbraum. Dabei stehen vier Modi zur Auswahl. Bildtüftlern dürfte jedoch das fehlende Farbmanagement ein Dorn im Auge sein.
TV-Freunde müssen noch weitere Abstriche hinnehmen. Der eingebaute Triple-Tuner weist in der Praxis nämlich – wie beim Top-Modell U65 S8806 DS (Test in audiovision 1-2016) – große Schwächen auf, was ihn fast unbrauchbar macht. So bekamen wir selbst nach dem vierten Suchlauf in erster Linie Erotiksender serviert. Außerdem hatte unser Testgerät regelmäßig mit Signalverlusten zu kämpfen. Immerhin spendiert TCL vier HDMI-Eingänge, so dass neben Blu-ray-Player und Co. locker eine Settop-Box Anschluss findet. Die Schnittstellen nehmen auch HDCP-2.2-verschlüsselte UHD-Videos mit bis zu 60p entgegen. Ebenso sind 4K-Inhalte über USB und Netzwerk zuspielbar, wobei alle Test-Clips korrekt wiedergegeben werden.
Im Smart-TV-Portal – made by Netrange – sieht es mit ultrahochaufgelösten Inhalten eher schlecht aus. Die YouTube-App zum Beispiel erreicht nur 720p-Qualität, Alternativen à la Vimeo bietet der U55 S7906 leider nicht. Unter den Online-Videotheken genießt Netflix eine Art Monopolstellung; Amazon Instant Video oder Maxdome sucht man vergeblich. Stattdessen stehen zahlreiche kleine, unbekannte Internet-Dienste zur Auswahl.
Audiotechnisch ist der 55-Zöller beileibe nicht so leistungsstark wie sein großer Bruder der S88-Serie. Den nach unten abstrahlenden Lautsprechern fehlt es vor allem an Dynamik und Tiefgang, was sich über das Tonmenü aber ein wenig korrigieren lässt. Gut gefällt uns die relativ breite Stereo-basis mit ordentlicher Sprachverständlichkeit.
Bildqualität
Obwohl das Tuner-Problem bestehen bleibt, scheint die Firmware stabiler als beim Top-Modell zu laufen, da die Bildeinstellungen beziehungs-weise -parameter nicht ständig (automatisch) verändert werden. Die besten Ergebnisse liefert aber nach wie vor das Preset „Kino“. Es zeichnet sich durch eine ordentliche Farbreproduktion aus, die mit der von günstigen Markengeräten vergleichbar ist – wären da bloß nicht die abweichenden Cyan- und Blautöne, welche die durchschnittlichen Delta-E-Werte auf 3,8 hochtreiben.
Überraschend gut stellt der U55 S7906 die Grautreppe dar. Folglich zeigen etwa die Schwarz-Weiß-Sequenzen zu Beginn von „Casino Royale“ keine nennenswerten Einfärbungen. Leider hapert es an der 24p-Wiedergabe, wie das darauf folgende Intro schonungslos aufdeckt: Die Bewegungsglättung ist selbst in Aus-Stellung der entsprechenden Regler permanent aktiv, wodurch der typische Kinolook verloren geht. Dieser lässt sich im HDMI-Modus „Grafik“ teilweise wiederherstellen, allerdings verwirft der Fernseher dann alle anderen Einstellungen. Der Schärfeeindruck geht in Ordnung, wobei wir die Ornamente der Kirchenfassade in der Markusplatz-Szene unseres Sehtest-Klassikers schon detaillierter gesehen haben.
Ein echtes Manko sind die mageren Helligkeitsreserven im empfohlenen Bildmodus: Mit maximal 246 Candela kann sich der 55-Zöller im lichtdurchfluteten Raum nur schwer durchsetzen; die Presets „Standard“, „Dynamik“ und „Stadion“ entlocken dem Backlight zwar mehr als 400 Candela pro Quadratmeter, weisen jedoch eine viel zu hohe Farbtemperatur von 9.400 bis 15.000 Kelvin auf. Ungeachtet der eingeschränkten Leuchtkraft sowie der nicht vorhandenen Local-Dimming-Schaltung kommt im ANSI-Schachbrett ein ordentlicher Kontrast von 1.400:1 zustande. Leider bleibt davon aus seitlicher Perspektive nicht viel übrig – genau gesagt lediglich ein Viertel. Gleiches gilt für die Helligkeit, auch wenn der Verlust hier immerhin nur 44 Prozent beträgt. Zudem bleichen die Farben ab 30 Grad sichtbar aus.
Der Testbericht TCL U55S7906 (Gesamtwertung: 61, Preis/UVP: 1300 Euro) ist in audiovision Ausgabe 9-2016 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Der TCL U55 S7906 stellt sich der HDR-Konkurrenz tapfer entgegen. Er brilliert im Testlabor mit hoher Schärfe, ordentlichen Farben und sattem Kontrast, zieht in dynamikreichen Filmszenen allerdings den Kürzeren. Punkte kostet ihn außerdem der mangelhafte Bedienkomfort im Hinblick auf den Tuner.