Im Wettlauf um moderne Technik zählt Sony zu den Frühstartern. So brachten die Japaner den HDR-Projektor VPL-VW520ES einige Monate vor den ersten Ultra-HD-Blu-ray-Spielern auf den Markt (Test in audiovision 1-2016). Ganz ausgereift war die HDR-Darstellung aber nicht: Eine automatische Signalerkennung schlug fehl und die Kontrasteinstellung reichte nicht für ausreichend helle Bilder. Die Probleme löste Sony über ein Firmware-Update mit dem neuen Regler „Kontrast (HDR)“. Damit ist auch der neue VPL-VW550ES bestückt. Im Vergleich zum ebenso teuren Bruder VW520 wurden zudem Funktionen der HDMI-Schnittstellen und der Bildverarbeitung „Reality Creation“verbessert.
Ausstattung und Praxis
Den VPL-VW550ES gibt es in Schwarz oder Weiß, passend für dunkle Heimkinos sowie hell eingerichtete Wohnzimmer. Dort hängt der vergleichsweise kompakte und elegante 4K-Projektor unauffällig an der Decke. Äußerlich gleicht er dem Vorgänger VPL-VW520ES aufs Haar und hat von ihm auch die 280 Watt starke Lampe geerbt. Sie soll im Eco-Modus bis zu 6.000 Stunden lang halten, kostet allerdings stolze 446 Euro; leider nennt Sony selbst auf Nachfrage keine Zahl für den Betrieb mit voller Leistung. Lediglich 60 Euro zahlen 3D-Freunde für die batteriebetriebene HF-Brille TDG-BT500A.
Sonys Lüftertechnik saugt den Luftstrom von hinten sowie um das Objektiv herum an und wälzt ihn über große Austrittsöffnungen nach vorne um. Das Geräusch bleibt dabei in beiden Lampenstufen angenehm leise (23,2 bzw. 28,3 Dezibel). Pluspunkte verdient sich der VW550 außerdem für seine effektive Auto-Kalibrierung, die er dem 8.400 Euro teuren (und dank Update auch HDR-fähigen) 4K-Einsteiger VPL-VW320 voraus hat. Die Funktion ermöglicht in kurzer Zeit einen Neuabgleich der Farben und kann somit Drifteffekte der Lampe kompensieren (siehe Kasten „Auto-Kalibrierung der Farben“).
Im Unterschied zur UHD-Auflösung von Flachbild-TVs (3.840 x 2.160 Bildpunkte) zeigt Sonys 4K-Projektion nach dem DCI-Standard seitlich 256 Pixel mehr (4.096 x 2.160 Bildpunkte). Das Seitenverhältnis erhöht sich dabei von 1,78:1 (16:9-Format) auf 1,89:1 (17:9-Format). Spielt man Cinemascope-Streifen mit den bekannten Letterbox-Balken zu, skaliert der Sony per Tastendruck ein größeres sowie knapp sieben Prozent helleres 21:9-Bild auf das 4K-Panel. Cineasten müssen sich dabei kaum Gedanken über die Wahl der passenden Leinwand machen. Denn mithilfe seiner fünf Bildpositionsspeicher („Picture Position Memory“) korrigiert der Projektor auf Wunsch die passenden Einstellungen von Zoom, Fokus und Lens-Shift auf Knopfdruck.
Für Flexibilität sorgen der große Zoomfaktor von 2,06:1 (Projektionsverhältnis 1,38:1 bis 2,83:1) sowie die weite Bildverschiebung (vertikal minus 80 bis plus 85 Prozent, 33 Prozent zu den Seiten). Willkommene Helfer sind auch die Zwölf-Volt-Trigger-Ausgänge und Fernsteuer-Schnittstellen (RS-232 sowie RJ45). Anders als beim Vorgänger VW520ES funktionieren der Kopierschutz-Standard HDCP 2.2 und die HDR-Erkennung nun auf beiden HDMI-Schnittstellen. Sie verarbeiten 4K-Videos mit 50/60 Hertz in 10 Bit (4K/60p 4:2:0). Zudem wurde die Bildverbesserungsschaltung „Reality Creation“ weiterentwickelt: Sie analysiert Videoinhalte jetzt objektbasiert auf Größe und Bewegung und schärft bevorzugt feine Motive an. Filmkorn oder Videorauschen in großen Flächen sollen verschont bleiben. Über zahlreiche Direkttasten der Fernbedienung lassen sich die Ergebnisse gut vergleichen.
Licht und Farbe
Sonys neuer Drei-Chip-Projektor hält nicht nur das Top-Niveau des Vorgängers VW520, sondern steigert den ANSI-Kontrast leicht auf 470:1. Szenen mit viel Licht und Schatten projizieren sonst eher DLP-Projektoren mit Ein-Chip-Technik vergleichbar dynamisch. Doch selbst den 4K-DLP Acer V9800 übertrifft der Sony (Test ab Seite 59). Beim nativen Panel-Kontrast liegen sogar Welten zwischen beiden Projektor-Technologien: Sonys SXRD-Panels bieten ohne Einsatz der Iris ein Kontrastverhältnis von rund 15.000:1 – gut das Zehnfache im Vergleich zur DLP-Projektion des Acer V9800. Restlicht in schwarzen Letterbox-Streifen oder Streulicht um helle Spitzlichter sieht man kaum: Der Im-Bild-Kontrast eines kleinen Weißfelds auf schwarzem Grund liegt bei starken 6.650:1. Aus unserer Sicht muss der VW550ES deshalb nicht zwingend auf seine Iris zurückgreifen. Sie schluckt Restlicht in dunklen Szenen noch stärker, was aber gelegentlich mit Pumpeffekten oder Verlust von Helligkeit verbunden ist.
Der Rivale schafft dann nur rund 1.000 Lumen, deckt dafür jedoch den DCI/P3-Farbraum ohne Einschränkung vollständig und genau ab. Sonys Farbmodus „BT.2020“ folgt der Vorgabe zwar von Blau über Magenta, Rot und Gelb noch recht genau, ist in Richtung Grün und Cyan aber spürbar eingeschränkt (siehe Diagramm unten). Auch intensive rote Farben wirken eine Spur blasser, während sich Magenta über das Farbmanagement leicht zu Blau hin und somit exakt an die Zielvorgabe verschieben lässt.
Dank der üppigen Lichtausbeute kommen HDR-Bilder gut zur Geltung. Dabei ermöglicht der neue Regler „Kontrast (HDR)“ passende Einstellungen der Spitzenhelligkeit. Kontraste zwischen 0,1 und 1.000 Nits des HDR-Testbilds werden aber nur auf der Leinwand sichtbar, wenn man die Wände des Heimkinos wie in unserem Testraum konsequent schwarz tüncht.
Die Vorgaben des HDTV-Standards BT.709 treffen die beiden Presets „Referenz“ und „Benutzer“ (maximal 1.320 Lumen) besonders exakt: Farborte und Helligkeitswerte aller 33 von uns gemessenen Farbnuancen liegen durchweg im sehr guten Bereich (siehe Grafik rechts). Abweichungen von im Mittel 1,8 bei den Farben beziehungsweise 0,7 bei Graustufen sind der verdiente Lohn für den ausgereiften Sony VPL-VW550ES. Farben von Grün über Gelb bis Rot stellt er dabei leicht erweitert und somit sehr knackig dar. Wer möchte, kann diesen Trend im Expertenmenü verstärken: Hier sorgen die Modi „Farbraum 1“ und „Farbraum 3“ für besonders intensive, aber noch natürliche Bilder. Das Preset „Farbraum 2“ übertreibt leider stark.
Schärfe und Videoverarbeitung
Die HDMI-Eingänge verarbeiten Videoclips ab 480p/576p und fügen 1080i-Halbbilder aus dem Sat-Receiver zu scharfen, flimmerfreien Vollbildern zusammen. Bei leicht verrauschtem TV-Material oder mit Blu-ray-Filmen wie unserem betagten Sehtest-Klassiker „Casino Royale“ überzeugt die verbesserte „Reality Creation“ auf ganzer Linie: Bonds gemusterte Krawatte tritt im Hotelzimmer kontrastreicher hervor, ohne das Filmkorn im Hintergrund unnatürlich stark anzuschärfen.
Sonys Motionflow-Modi arbeiten wie bisher und belassen entweder den originalen 24p-Look oder fügen Zwischenbilder ein. Damit lässt sich sogar 60-Hertz-Ruckeln von NTSC-Trailern beseitigen sowie die Bewegungsschärfe bei Sportsendungen in den Modi „Kombination“ oder „Impuls“ auf die Spitze treiben. Das aber kostet Licht und kann Flackern nach sich ziehen. Zusätzlich sorgt „Motionflow“ für knackscharfe und plastische 3D-Bilder, steht aber leider nicht für 4K-Inhalte zur Verfügung.
Diese erscheinen in feinsten Mustern aufgrund der Konvergenzproblematik etwas flauer sowie leicht eingefärbt. Speziell in Telestellung des Objektivs schwindet der Kontrast nativer UHD-Testbildlinien. Deshalb sollte man den Sony wenn möglich immer in der klar schärferen und helleren Projektion mit maximaler Weitwinkel-Stellung des Zooms betreiben. Doch auch dann reicht der Schärfeeindruck zumindest bei statischen Testbildern respektive Fotos nicht ganz an den höheren Detailkon-trast und Schärfeeindruck des ersten UHD-Ein-Chip-DLPs Acer V9800 heran. Kommt Bewegung hinzu, hat jedoch Sony die Nase vorn.
Von der Kalibrierfunktion haben wir uns aufgrund der tollen Presets keine großen Effekte versprochen, waren aber positiv überrascht: In der Vorprüfung stellt der Sony zunächst per Lens-Shift eine fast gerade Projektion ein und prüft in Minutenfrist die Grundfarben Rot, Grün und Blau sowie Weiß. In der automatischen Kalibrierung analysiert der integrierte Sensor dann noch verschiedene Graustufen und ist nach gut zwei Minuten fertig. Die ohnehin gute Farbdarstellung wurde damit tatsächlich noch auf die Spitze getrieben.
4K-Wiedergabe und HDR
Auch wenn UHD-TVs Details schärfer und kontrastreicher auflösen, deklassiert Sonys 4K-Projektion diese allein aufgrund der schieren Größe der Projektion. Auf unserer 2,6 Meter breiten Leinwand kann das Auge in ruhigen Szenen über das Bild wandern und Details in weiter Ferne entdecken oder in Naheinstellungen mit einer lichtstarken Kameraoptik erleben, wie sich die knackscharfen Gesichter der Schauspieler plastisch vom unscharfen Hintergrund abheben. Aus ästhetischer Sicht ist eine große 4K-Projektion sowohl für Cineasten als auch für ambitionierte Fotografen ein echter Quantensprung.
Auch das Thema HDR hat Sony inzwischen ganz gut im Griff. So aktiviert der VW550 automatisch die passenden Presets (für alle Bildmodi) sowie den neuen Regler „Kontrast (HDR)“. Er deckt in feinen Stufen einen weiten Regelbereich ab und verhilft dem HDR-Modus „Referenz“ zu korrekten Helligkeitsstufen sowie einer ordentlichen Gamma-Charakteristik. Nach leichter Kontrasterhöhung gelingt eine saubere Differenzierung von ganz dunklen Graustufen bis zu hellen Spitzlichtern (im HDR-Testbild von 0,1 bis 1.000 Nits). Ebenso überzeugt die feine 10-Bit-Darstellung mit weichen Übergängen. Dank der Unterstützung für „Hybrid Log Gamma HDR“ (HLG) ist der Sony zudem mit der Tonwert-Korrektur für kommende TV-Übertragungen gerüstet. Unsere Messungen des BT.2020-Modus offenbaren allerdings eine spürbare Einschränkung der DCI/P3-Vorgabe bei Grün oder Cyan (siehe Kasten „HDR-Farb- und Kontrastdarstellung“).
Beim Sci-Fi-Blockbuster „Lucy“ bringt der Sony die Ultra-HD-Auflösung und HDR-Qualität eindrucksvoll auf die Leinwand: Helle Szenen bieten ordentlichen Punch und satte Farben, wobei Profis das leicht übersteuerte Rot im Farbmanagement noch feiner abstimmen können. Im HDR-Modus „Kino Film 1“ wechselt er auf eine gespreizte Gamma-Charakteristik, die düstere Bilder zu dunkel erscheinen lässt.
Sicherlich gibt es noch Luft nach oben, doch insgesamt stimmt die Richtung und lässt HDR bei der Heimkino-Projektion an Bedeutung gewinnen. Entsprechende Projektoren werden in unserem Sehtest deshalb ab sofort im HDR-Modus bewertet, dafür entfällt die Beurteilung der 3D-Wiedergabe. ur
Der Testbericht Sony VPL-VW550ES (Gesamtwertung: 93, Preis/UVP: 10000 Euro) ist in audiovision Ausgabe 3-2017 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Der Sony VPL-VW550ES kostet nicht mehr als sein Vorgänger VPL-VW520ES und zeigt im Detail feine Verbesserungen. Die Kinderkrankheiten der HDR-Darstellung sind weitgehend überwunden, weshalb entsprechende Ultra-HD-Filme besser als 4K-Inhalte in SDR-Qualität wirken. Für diese Fähigkeit verdient sich der 550ES ein „Highlight“ und Referenzstatus.