Anders als bei UHD-Projektoren hat Sony im Full-HD-Segment viele Mitbewerber. Die will das SXRD-Modell VPL-HW 65 ES mit besonders bewegungsscharfen Bildern auf Distanz halten. Außerdem spendieren ihm die Japaner die zweite Generation der „Reality Creation“-Schaltung und eine hellere UHP-Lampe, die bis zu 6.000 Stunden lang halten soll. Im Vergleich zum damals 3.200 Euro teuren Vorgänger VPL-HW 55 ES (audiovision 4-2014) geht nun auch der Preis in Ordnung.
Ausstattung und Praxis
Inzwischen verzichtet der in Weiß und Schwarz erhältliche Sony auf analoge Videoeingänge und synchronisiert 3D-Brillen nur noch per Funk. Die separat erhältlichen Shutter-Gläser kosten 50 Euro pro Stück; rund 300 Euro sind für das Wireless-HDMI-Set IFU-WH1 zu entrichten. Installationsprobleme löst der weite Lens-Shift-Bereich: Zwei Rädchen auf der Oberseite verschieben das Bild um je 25 Prozent zur Seite sowie um 71 Prozent nach oben oder unten. Auf diese Weise kann man sich in vielen Fällen die Deckenmontage sparen. Im Gegensatz zu vollständig motorisch steuerbaren Projektoren von JVC oder dem Sony VPL-VW 520 ES entfallen aber Extras wie automatische Bildspeicher (Picture Position Memory). Der Drei-Chip-Projektor zeichnet Testbildlinien etwas weicher als ein Ein-Chip-DLP. Kleine Abweichungen in der Farb-deckung regelt bei Bedarf das Konvergenzmenü nach.
Die beleuchtete Fernbedienung greift direkt auf Kontrastverstärkung, Gammakorrektur oder Reality- Creation zu, was aussagekräftige Bildvergleiche ermöglicht. Mit an Bord ist Sonys „Advanced Iris 3“-Technologie, die den Bildkontrast feinstufig steigert (siehe Kasten). Anders als bisher greift die RCP-Taste („Real Color Processing“) ins Leere und verzweigt nicht mehr zu Sonys leicht verändertem Farbmanagement. Dagegen lassen sich die Motionflow-Modi direkt umschalten. Die Schaltung glättet nicht nur Kinofilme, sondern zeigt auch TV-Material eine Klasse schärfer.
Licht und Farbe
Im Bildmodus „Benutzer“ stellt der Sony mit gut 1.600 Lumen die höchste Lichtausbeute bereit, allerdings mit unterkühlten Farben. „Kino Film 1“ und „Kino Film 2“ liefern einen erweiterten Farbraum, unnatürlich wirken die kühlen Bildmodi „TV“, „Spiel“ sowie „Kino hell“. Die besten Farben und eine neutrale Farbtemperatur von 6.400 Kelvin bringt das Preset „Referenz“ mit: In unserem Sehtest-Klassiker „Casino Royale“ passen die Hauttöne vom Bond-Mimen Daniel Craig ebenso wie die türkisen Farbnuancen im tropischen Meer. Leicht abweichende Mischfarben führen aller-dings zu einem Punktabzug, während alle Graustufen und RGB-Grundfarben exakt stimmen. Das erweiterte Bildmenü stellt auf Wunsch drei leicht bis deutlich erweiterte Farbprofile zur Verfügung.
Im Vergleich zum VPL-HW 55 ES steigert der 65er den Im-Bild-Kontrast nach EBU- und ANSI-Testbild leicht und ist gut 200 Lumen heller, was die Strandszenen auf den Bahamas besonders plakativ und lebensecht erscheinen lässt. Mit seiner neuen Lampe leuchtet der Projektor bis zu 3,5 Meter breite Leinwände aus, immerhin noch 2,75 Meter sind es im Eco-Modus. Auf der Sparstufe steigen Farbfehler nur leicht, jedoch fällt die Farbtemperatur mit 6.950 Kelvin etwas kühler aus. Der Lüfter agiert mit maximal 27,3 Dezibel unauffällig, so dass er auch bei voller Lampenleistung nicht nervt.
Schärfe und Videoverarbeitung
Anders als beim Vorgänger nimmt der Videoprozessor des VPL-HW 65 ES keine Halbbildvideos im Format 480i/576i entgegen. Tests mit 1080i-Clips laufen jedoch sowohl bei Kinofilmen als auch bei TV-Material absolut rund: Sonys Vollbildwandlung übertrifft die vieler Sat-Receiver beziehungsweise Settop-Boxen meist klar. Geht man dort auf die 1080i-Ausgabe zurück, beseitigt der Videoprozessor des HW 65 das Bildflimmern deutlich effektiver.
Die Schärfefilterung „Reality Creation“ arbeitet endlich nicht mehr so grobmotorisch und hebt nun vor allem subtile Details an. In Linienmustern sehen wir weniger Einfärbungen als beim Vorgänger oder kontraststärkere Details im Testbild „Pixel Phase“. Die auf den Namen „Realismus“ getaufte Funktion macht auch in natürlichen Bildern wie der Markusplatz-Szene aus „Casino Royale“ eine gute Figur: Die Passanten wirken ebenso wie die Torbögen und Turmziegel dezent schärfer, aber immer noch sehr fein differenziert. Überzeugend werkelt auch die neue Zauberfunktion „Weiche Übergänge“: Sie beseitigt im Videosignal enthaltene Stufen (Banding) und gestaltet Grauverläufe von Testbildern auf Blu-ray-Disc sichtbar feiner.
Im Menü „Dynamikkontrolle“ mutiert die statische Iris zu einer dynamischen, die sich in hellen Szenen automatisch öffnet und deshalb kein Licht mehr verschenkt. In extrem dunklen Szenen hingegen schließt sie sich noch weiter als zuvor auf der niedrigsten Blendenstufe „0“. Das belegt ein komplett schwarzes Testbild, in dem die Iris in den beiden Einstellungen „Begrenzt“ und „Voll“ das Restlicht noch mal um den Faktor vier absenkt.
Sobald jedoch dunkle Grautöne in düsteren Bildern auftauchen, unterscheiden sich die beiden Modi der Dynamikkontrolle: Hier reduziert die Stufe „Begrenzt“ Restlicht halb so stark wie das Preset „Voll“, beispielsweise in der finsteren Montenegro-Szene aus „Casino Royale“. Auf Stufe „Begrenzt“ bleiben Bildhelligkeit und Grauabstufungen erhalten, während der Modus „Voll“ sichtbar an Leuchtkraft verliert und bereits Nuancen in den dunklen Wäldern verschluckt.
Diese beiden Nebenwirkungen der dynamischen Iris lassen sich allerdings im Unterpunkt „Kontrastverstärkung“ weitgehend ausgleichen: Die Schaltung analysiert das Videosignal und spreizt den Kontrast düsterer Szenen dynamisch. Da die Wälder und Büsche neben dem Gleis nicht voll ausgesteuert sind, kann die Kontrastspreizung die Bildhelligkeit in etwa verdoppeln. Auf diese Weise steigert die Kombination aus dynamischer Iris und Kontrastspreizung die Tiefe des Schwarzwerts in den Letterbox-Streifen ebenso wie den Bildkontrast auf rund das Doppelte, was am Ende ohne Lichtverlust auch in dunklen Szenen gelingt. Störeffekte wie leichtes Übersteuern beziehungsweise Pumpen sind kaum oder nur sehr selten sichtbar, selbst wenn eine strahlend helle Szene einer dunklen folgt.
Lob verdient Sonys Motionflow-Schaltung: Im Modus „True Cinema“ laufen Kinofilme sowie 60-Hertz-NTSC-Trailer in originaler 24p-Bildrate. Auf Wunsch glättet sie Filme und Videos (24p, 25p, 30p) schwach oder stark. Beide Stufen reduzieren auch bei TV-Material das Verschmieren schneller Objekte deutlich. Die Modi „Impuls“ beziehungsweise „Kombination“ fügen schließlich Dunkelphasen ein und steigern die Bewegungsschärfe weiter, verursachen aber leichtes Flackern sowie einen Lichtverlust. Für rasante Fußballspiele sind sie aber ein Hingucker.
3D-Filme löst der Sony meist messerscharf auf, nur der hellste 3D-Modus halbiert die Vertikalauf-lösung. Kinostreifen laufen im 24p-Modus mit klarer Doppelkante (48-Hertz-Modus) oder werden per Motionflow-Schaltung geglättet, was ebenfalls plastisch und bewegungsscharf wirkt. Anders als bei 3D-DLPs mit 144-Hertz-Projektion flackern helle Bildpartien allerdings leicht. ur
Der Testbericht Sony VPL-HW65ES (Gesamtwertung: 85, Preis/UVP: 2500 Euro) ist in audiovision Ausgabe 7-2016 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Sony hat dem VPL-HW 65 ES diverse Verbesserungen spendiert. Neben der helleren und länger haltbaren Lampe überzeugt auch die optimierte „Reality Creation“-Bildverarbeitung. So ist der neue SXRD-Projektor ein echtes Highlight am Full-HD-Beamer-Himmel.