Der QN900D bildet dieses Jahr die Speerspitze von Samsungs TV-Flotte. Wieder setzen die Koreaner auf 8K-Auflösung, Mini-LEDs und Quantum Dots.
Auch wenn der anfängliche 8K-Hype weitgehend verpufft ist, weil es an nativem 8KMaterial mangelt und die zusätzlichen Pixel für das menschliche Auge aus normalem Sitzabstand keinen optischen Mehrwert erzeugen: Samsung bleibt bei seinem diesjährigen Spitzenmodell der Auflösung mit 7.680 x 4.320 Bildpunkten treu. Bei der QN900D-Serie setzt das Unternehmen vor allem auf einen leistungsstärkeren Prozessor und Künstliche Intelligenz „und haucht dadurch auch älteren Inhalten neues Leben ein“, schreibt Samsung in einer Pressemitteilung. An diesem Versprechen muss sich der GQ65QN900D messen.
Für die von uns getestete 65-Zoll-Variante werden 5.800 Euro fällig, für die 75-/85-Zoll-Brüder verlangt Samsung 7.800 Euro bzw. 11.000 Euro. Der Aufpreis gegenüber dem 3.700 Euro teuren 4KTopmodell GQ65QN95D ist alles andere als klein.
Konzipiert ist der QN900D im sogenannten „Infinity Air Design“. Die Koreaner haben die schwarzen Ränder des Flat-TVs auf ein Minimum reduziert, der Zuschauer sieht von vorne fast nur das Display und nichts, was vom Geschehen ablenken könnte. Umgeben ist das Panel von einem hochwertigen, grauen Metallrahmen. Natürlich kann der Apparat an der Wand befestigt werden, entweder mit jeder handelsüblichen Halterung oder der optional von Samsung angebotenen „Mini“- bzw. der „Slim Fit“-Wandhalterung. Das wäre in diesem Fall aber fast ein wenig schade, denn das verspiegelte Mittelstück zwischen dem graphitschwarzen Fuß und dem Display ist ein Hingucker, obwohl man es kaum sieht. So entsteht der Eindruck, als würde das gerade mal 1,3 Zentimeter dicke 8K-Panel im Raum schweben. Dank eines Kampfgewichts von 8,6 Kilogramm garantiert der Fuß einen bombensicheren Stand. Weniger angetan sind wir von der TV-Rückseite: Denn hierbei handelt es sich um eine hauchdünne Plastikabdeckung, die keinen sonderlich stabilen Eindruck hinterlässt.
Nicht mit Tasten überladen: Die kleine Samsung-Fernbedienung mit abgerundeten Kanten liegt gut in der Hand. Der interne Akku wird unter anderem per Sonnenlicht geladen. Viele Tasten sind mehrfach belegt, sodass der Steuerstab eine sehr aufgeräumte Oberfläche hat. Vier Streamingdienste kann man direkt erreichen.
Im GQ65QN900D kommen tausende Mini-LEDs zum Einsatz. Diese sollen sich auf über 1.000 Dimming-Zonen verteilen, Samsung macht hierzu wie immer keine offizielle Angabe. Zum Vergleich: Im GQ65QN90D (Test in Ausgabe 5-2024) muss man sich mit 720 Dimming-Zonen zufrieden geben. Außerdem werkeln im 8K-Boliden so genannte Quantum Dots, die das Farbspektrum erweitern.
Ausstattung & Bedienung
Bei Samsungs hochpreisigen Spitzenmodellen ist es Standard, dass die Anschlüsse für eine flexible und saubere, weil weitgehend kabelfreie Montage, ausgelagert sind. Wie der Name suggeriert, wird die schwarze One Connect Box mit nur einem Kabel mit dem Flat-TV verbunden. Ferner benötigt das externe Helferlein einen Stromanschluss.
Ein HDMI-Port nimmt native 8K-Signale mit 60 Hertz entgegen, die drei anderen HDMI-Anschlüsse unterstützen 4K-Wiedergabe mit bis zu 240 Hertz, zudem VRR (Variable Refresh Rate) und ALLM (Auto Low Latency Mode). Videospieler profitieren von FreeSync Premium Pro und HGiG, über die Gamebar kann man alle relevanten Parameter anpassen und die Seitenverhältnisse 21:9 und 32:9 wählen.
Premiere feiert mit dem Neural Quantum 8K AI Gen3 Samsungs bisher leistungsstärkster Prozessor mit Künstlicher Intelligenz. Die Anzahl neuronaler Netzwerke haben die Koreaner von 64 auf 512 verachtfacht. „8K AI Upscaling Pro“ skaliert Inhalte in SD, HD und UHD auf bis zu 7.680 x 4.320 Bildpunkte. Samsung verspricht schärfere und detailreichere Bilder mit einer 1,8-fach besseren Auflösung im Vergleich zu einem Neo-QLED-4K-Fernseher. Außerdem sollen Schärfe und Detailtiefe von 4K-Material bis zu 90 Prozent der Auflösung von nativen 8KInhalten entsprechen. Unsere Einschätzung können Sie dem Kasten oben entnehmen.
Das Feature „AI Motion Enhancer Pro“ erkennt Sportarten automatisch und nutzt „Deep Learning“-Techniken, um Ballverzerrungen zu vermeiden. „AI-Function Active Voice Amplifier Pro“ will die Qualität von Stimmen und Dialogen verbessern, indem es diese von der rest lichen Geräuschkulisse trennt und verstärkt.
Mit seinem „Made for Germany“-Aktionsprogramm bietet Samsung die Option, Streaming-Angebote kostenfrei auszuprobieren: Beim Kauf eines Samsung-Aktionsgeräts, wozu u.a. die Modelle QN900D, Q80C und QN90C/D gehören, erhalten Kunden bis zu 24 Monate Gratis-Zugang zu Live-TV und Streaming-Content. Hierzu zählt Magenta TV mit Disney+ und Netflix. Zusätzlich gibt es jeweils für 12 Monate RTL+ Max und Sportworld, 12 Leihfilme über Maxdome, für 6 Monate HD+ und Waipu.tv sowie für 3 Monate Zattoo und Qobuz.
Als Betriebssystem vertraut Samsung auf Tizen OS mit einer großen App-Auswahl speziell im Streaming-Bereich. Hierzu gehören unter anderem Disney+, Amazon Prime Video, Apple TV+, WOW, Magenta TV, HD+, Rakuten TV, Paramount+, Netflix und RTL+ sowie Samsung TV Plus. Einige Apps bietet man im Rahmen einer Aktion kostenlos zum Testen an (siehe Kasten). Leistungsstark ist auch der im 65-Zöller integrierte Mediaplayer, für den die Darstellung von Fotos und Videos in 360-Grad-Ansicht ein Kinderspiel ist. Neu in diesem Modelljahr ist der Menüpunkt „Daily+“, mit dem man durch das offene App-Ökosystem von Samsung Tizen OS häufig genutzte Aktivitäten über den Fernseher verwalten kann. Hierzu zählen unter anderem Apps und Dienste wie SmartThings, Samsung Health, Connect Time und Workspace. Letzterer erlaubt den Zugriff auf den heimischen Windows- oder Mac-Rechner aus der Ferne. Nützlich im Smart Home ist die Option, Lampen von Philips Hue synchron zum Bildschirminhalt leuchten zu lassen.
Möchte man mehrere Quellen parallel darstellen, so eignet sich der „Multi View“-Modus. Dieser holt zwei Fenster auf das TV-Display. In diesen kann man unter anderem Live-Fernsehen, Internet-Inhalte, Oberflächen von Smartphone, PC und Mac sowie USB- und Mobilkamera darstellen.
Damit unterschiedliche Familienmitglieder den GQ65QN900D optimal nutzen können, erlaubt Tizen OS das Anlegen individueller Benutzerkonten. So profitiert beispielsweise jedes Familienmitglied von persönlichen Programmvorschlägen. Über eine clevere Suchfunktion durchforstet man das TV-Programm und Mediatheken. Der „Ambient Modus“ holt Fotos, Kunstwerke, Infotafeln sowie Videos in Dauerschleife auf das Panel.
Der Bedienkomfort ist sehr hoch. Ein horizontales Menü serviert Schnelleinstellungen für Parameter wie Helligkeit, Kontrast, Bild, Ton, Spielesettings und für Farbraum-Anpassungen. Sprachbefehle verarbeitet der Samsung mit Amazon Alexa und Bixby. Die kompakte Fernbedienung kommt ohne Batteriewechsel aus, der interne Akku wird per Sonnen- oder Kunstlicht oder via USB-C-Port geladen. Dank weniger Tasten fällt die Benutzeroberfläche sehr aufgeräumt aus, aufgrund von Mehrfachbelegungen sind andere Signalgeber jedoch intuitiver zu bedienen.
Stromsparen vs. Helligkeit
Damit ein stromfressendes 8K-Display die seit 2023 geltenden EU-Richtlinien für Energieeffizienz einhalten kann, wird im Auslieferungszustand die mögliche Maximalhelligkeit extrem reduziert. Beim Samsung sollte man deshalb den „Eco“-Modus verlassen und in das Menü „Allgemein und Datenschutz“ sowie „Ein/Aus und Energiesparen“ wechseln. Hier kann man die „Helligkeitsoptimierung“ bei Bedarf deaktivieren, damit die Bildschirmhelligkeit nicht automatisch in Abhängigkeit vom Umgebungslicht eingestellt wird, außerdem sollte man „Energiesparlösung“ ausschalten, auf Wunsch ebenfalls „Automatisches Energiesparen“.
Das Spektrum der Inhalte reicht von Unterhaltung und Dokus über Natur, Nachrichten, Lifestyle, Auto und Motor, Musik, Kinderserien und Anime bis hin zu Serien und Sport. Zum Portfolio gehören sowohl deutscher Content wie etwa vom ZDF und von Spiegel TV als auch internationale Produktionen von der BBC, The Jamie Oliver Channel und Trace Urban. Bloomberg wird sogar in 4K-Auflösung ausgestrahlt. Ein Samsung-Account ist kein Muss, bringt aber Vorteile. Dieser schaltet mehr Funktionen frei, um das Streamen zu personalisieren. Dazu gehören unter anderem das Pausieren von Sendungen, die Bearbeitung von Kanälen, das Einrichten von Erinnerungen und das Erstellen von Watchlists. Ein bestehender Samsung- Account kann für Samsung TV Plus einfach übernommen werden. Der Dienst ist ebenfalls auf Galaxy-Tablets und -Smartphones ab Android 8.0 verfügbar.
Samsung offeriert eine clevere Kalibrieroption mit dem Smartphone, um auch dem GQ65QN900D den finalen Feinschliff zu verpassen. Dafür muss man auf Android-Smartphones oder einem iPhone die kostenlose App „SmartThings“ installieren. Benötigt wird lediglich die Kamera des Mobiltelefons. Das Prozedere ist simpel: Nach dem Starten der Kalibrierung hält man das Smartphone ein bis drei Zentimeter vor ein entsprechendes Feld auf dem TV-Display. Zwei Kalibrier programme stehen zur Auswahl. Während des Kalibrierens werden verschiedene Weiß-, Grau- und Farbfelder in unterschiedlichen Größen dargestellt, die die Software analysiert. Wer eine unruhige Hand hat, kann für das Smartphone auch gerne ein Stativ verwenden. Aus dem kalibrierten Ergebnis legt Samsung einen eigenen Modus mit dem Namen „Kalibriert“ an. Dieser lässt sich wie alle anderen Bildmodi über die Einstellungen im TV-Menü abrufen.
Sowohl im „Filmmaker“- als auch im per Smartphone kalibrierten „Film“-Modus liefert der 65-Zöller realistische Farben, die die Wirklichkeit authentisch abbilden. Schärfe und Plastizität sind hervorragend, das Bild ist dabei auch nicht zu weich gezeichnet. Wer es farblich kräftiger und noch schärfer will, sollte zum „Standard“-Setting wechseln. Hier legt der GQ65QN900D in beiden Disziplinen eine Schippe drauf. Der „Dynamisch“-Modus ist sehr hell, übertreibt es farblich aber nicht so stark wie der Vorgänger und erscheint uns etwas weniger strahlend.
Bild- und Tonqualität
Der YouTube-Clip „Die schönsten Länder Europas“ zeigt eindrucksvoll, was der Samsung drauf hat. Hier schießt dieser ein Detail-Feuerwerk ab, das den Zuschauer staunen lässt. Deutschland schickt beispielsweise Schloss Neuschwanstein ins Rennen – mit atemberaubender Kulisse im Hintergrund, die ungemein weit wirkt, fein aufgelösten Wäldern und einzelnen Bäumen sowie winzigsten Strukturen in der hellen Außenfassade und im dunklen Dach des Märchenschlosses. Bayerische Bergseen protzen mit unterschiedlichsten Grün-, Blau- und Türkistönen und butterweichen farblichen Übergängen. Im Colosseum in Rom wiederum kann man fast jeden einzelnen Stein des alten Gemäuers präzise erkennen.
Für möglichst sattes Schwarz muss man „Lokales Dimming“ auf „Gering“ oder „Standard“ stellen. Von vorne gesehen liefert der Mini-LEDler tief dunkles Schwarz, weiße Einblendungen sind nahezu frei von Aufhellungen. Bei seitlichen Blickwinkeln muss man mit dezentem Blooming leben. Die Blickwinkelstabilität auch bei farbigen Inhalten ist generell für einen LCD-Fernseher top, kann mit der Performance eines OLED-TVs aber nicht ganz mithalten. Die Entspiegelung des Panels gelingt Samsung ebenfalls sehr ordentlich – in allen drei Disziplinen Schwarzdarstellung, Blickwinkelstabilität und Entspiegelung schneidet der S95D-OLED aus dem eigenen Haus allerdings noch einen Hauch besser ab (Test des 77-Zöllers in Ausgabe 4-2024).
Dafür hat der QN900D bei der Spitzenhelligkeit die Nase vorne, obwohl wir bei unserem Testgerät trotz unzähliger Setting-Variationen hinter dem Wert des Vorgängers zurückbleiben. Im „Dynamisch“-Modus messen wir in der Spitze 1.780 Candela, beim GQ75QN900C hatten wir über 2.000 Candela ermittelt. Im „Filmmaker“-Setting sind bis zu 1.475 Candela drin, 693 bei 50-prozentigem Weißanteil und 505 Candela bei vollflächigem Weiß. Der ANSI-Kontrast fällt mit 2.900:1 ordentlich aus. Gut möglich, dass Samsung die Software zugunsten einer höheren Helligkeit noch optimiert. Der Stromverbrauch gegenüber dem GQ65QN900C ging im Schnitt um rund 10 auf durchschnittlich 240 Watt zurück. Liegt das Ursprungsmaterial mindestens in HD-Auflösung vor, punktet der 8KTV durch hervorragende Skaliereigenschaften. Mit „Automatisches HDR-Remastering“ verleiht man auch SDR-Inhalten mehr Kontrast. Bewegungsdarstellungen gelingen ruckelfrei. In Sachen HDR unterstützt Samsung neben HLG auch HDR10+ Adaptive, aber nach wie vor kein Dolby Vision.
Beim Ton setzt der QN900D auf ein 90 Watt starkes 6.2.4-Kanal-System mit Dolby-Atmos-Unterstützung. Die Klangfülle ist angenehm, der 65-Zöller intoniert unangestrengt und liefert klare Stimmen mit sauberen Höhen und präzisen Akzenten. Musik macht auch bei höheren Pegeln noch Spaß. Bässe sind solide, hier hilft eine externe Soundbar wie die hauseigene HW-Q995GD, die wir auf Seite 64 testen.
Der Testbericht Samsung GQ65QN900D (Gesamtwertung: 94, Preis/UVP: 5.800 Euro) ist in audiovision Ausgabe 7-2024 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Neben seinem hellen Display mit satten Farben, tollem Schwarz und super Schärfe begeistert der GQ65QN900D vor allem mit seinem fast rahmenlosen Panel mit Schwebe-Effekt – und landet locker in unserer Referenzklasse. Der Aufpreis gegenüber den hauseigenen 4K-Flaggschiffen fällt für unser Empfinden allerdings etwas hoch aus.
Jochen Wieloch