Trotz UHD-Blu-ray-Laufwerk konnte Microsofts Spielkonsole Xbox One S im Heimkino nur bedingt überzeugen. Ob sich das Nachfolgemodell One X besser schlägt, verraten wir auf den folgenden Seiten.
Aus „S“ wird „X“. Nur ein Jahr nach der Xbox One S (Test in Ausgabe 10-2016) bringt Microsoft eine verbesserte Version mit dem Namen One X auf den Markt. Trotz kurzem Produkt-zyklus hat sich unter der Haube einiges getan: Mehr CPU- und GPU-Power sowie mehr Speicher sollen die Spielkonsole zukunftssicher ins 4K-Zeitalter hieven. Ob die One X neben ihrer Primärfunktion als Zocker-Zentrale auch als UHD-Blu-ray-/Multimedia-Player zu empfehlen ist, steht im Fokus unseres Tests. Die wichtigsten Optimierungen für den Spiele-Einsatz haben wir im Kasten auf der rechten Seite zusammengefasst. Mehr über die Gaming-Qualitäten der Xbox One X erfahren Sie zudem in der aktuellen Ausgabe unserer Schwester-zeitschrift M!Games sowie auf www.maniac.de.
X ist teurer
Stolze 500 Euro muss man für den jüngsten Xbox-Vertreter hinblättern und damit derzeit rund das Doppelte der One S. Angesichts der geballten Technik mag das gerechtfertigt sein, reine UHD-Blu-ray-Player bekommt man allerdings schon für weniger als die Hälfte. Ist die finanzielle Hürde genommen, kommt der Sprung ins kalte Wasser: Software-Updates stehen an, denn ohne läuft wenig bis nichts im Heimkino. Für die Nutzung des verbauten Ultra-HD-Blu-ray-Laufwerks benötigt man Microsofts kostenlose Blu-ray-Player-App. Hinzu kommt ein 4K-Patch, der die ab Werk in Bezug auf Schwarzlevel fehlerhafte HDR-Wiedergabe bei UHD-Blu-ray korrigiert. Für Dolby-Atmos-Sound muss man die „Dolby Access“-App aus dem Microsoft Store laden und konfigurieren – genauso wie im Grunde jede andere Multimedia-Anwendung. Auch System-Updates mit Fehlerbehebungen trudeln regelmäßig ein.
Dank vierfacher Auflösung machen Spiele auf der Xbox One X einen deutlichen Grafiksprung im Vergleich zur Xbox One – ein gutes Vergleichsbeispiel ist „Assassin’s Creed Origins” (Bilder), das laut Entwickler je nach Spielsituation eine dynamische Auflösung generiert. Auf diese Weise soll die Bildrate auf jeder Plattform bei 30 fps gehalten werden. Trotzdem wirkt das Action-Adventure auf der normalen Xbox One deutlich ruckeliger im Vergleich zur X. Gleichzeitig bedeutet das, dass selbst auf der Xbox One X aufgrund der dynamischen Auflösung kein natives 4K dargestellt wird. Unterm Strich hat Microsofts High-End-Konsole in Sachen Optik dennoch die Nase vorn: Selbst weit entfernte Objekte erscheinen scharf und kontrastreich, auch Blattwerk und Verästelung der Bäume wirken strukturierter als auf der Xbox One. Xbox-Spiele laufen maximal mit nativem 4K (3.840 x 2.160 Pixel), sofern die Entwickler ein passendes Update veröffentlichen. Vor allem hausinterne Titel wie „Forza Motorsport 7”, „Halo Wars 2” oder „Gears of War 4” glänzen nach dem Patch mit einer wundervoll knackigen Optik. Bei letzterem Spiel besteht die Option, zwischen zwei Grafikmodi zu wählen: Es stehen die Varianten „aufgehübschte 4K-Auflösung bei 30 Bildern pro Sekunde“ und „reduzierter Detailgrad bei 60 fps“ zur Verfügung. Einen Sonderfall bildet der Shooter ”Titanfall 2”, der eine dynamische Auflösung für jederzeit ruckelfreien Spielablauf bietet. Aber Achtung: Einige Spiele sind Speicherfresser, sie füllen die 1-TB-Festplatte in Windeseile. „Gears of War 4” beispielsweise verschlingt satte 103 GB, schon auf der normalen Xbox One belegte die Sci-Fi-Action 78 GB. „Halo 5” schlägt gar mit 107 GB zu Buche, „Forza Motorsport 7” verlangt nach 95 GB. Schuld daran sind größere Spieldaten wie Modelle und Texturen. Als simple Upgrade-Lösung dient hier eine externe USB-Festplatte. Allerdings hat man mit einer langsamen Internetanbindung nichts zu lachen, da auch die Updates oft Dutzende Gigabyte groß sind. Wie die Standard-Xbox-One ist auch die Xbox One X kompatibel zu einer Auswahl an Xbox-360-Spielen. Diese Titel werden auf 4K-Auflösung hochskaliert – und das Ergebnis verblüfft: Einige Spiele wie der Ego-Shooter-Klassiker „Halo 3” oder das vier Jahre alte „BioShock Infinite” bestechen mit deutlich schärferer Kulisse, fast schon wie bei einer Remastered-Version. Trotz des größeren Datenumfangs haben sich die Ladezeiten von 4K-Titeln nicht verlängert, sondern sogar verkürzt. Denn in der Xbox One X ist eine um 50 Prozent flottere Festplatte mit 7.200 U/s und SATA-III-Schnittstelle verbaut. In „Forza Motorsport 7” lädt die Strecke von Rio in 00:45 statt in 01:11, vom Menü bis zum Spiel dauert es bei „Assassin’s Creed Origins” 00:54 statt 01:07.
Schwarz und schwer
Rein äußerlich hat sich einiges getan. Im Vergleich zur weißen One S gibt es das sehr robuste Kunststoffgehäuse der One X nur in mattem Schwarz – was sich im dunkleren Heimkino aber ohnehin besser macht. Dagegen ist das schnörkellose Block-Design ohne spiegelnde Oberflächen und Display fürs Lifestyle-Wohnzimmer nur bedingt geeignet.
Das mit 3,8 Kilogramm beachtliche Gewicht der Konsole geht auch auf die Konstruktion mit Verdampfungskammer zurück, welche effizient die Hitze der Chips ableitet. Mehr als handwarm wird die Konsole daher nicht, nach hinten sollte sie wegen der warmen Abluft aber etwas Platz haben. Minuspunkte hagelt es beim Lärmpegel: Zwar arbeitet die One X verglichen mit dem PS4-Erzrivalen von Sony geradezu flüsterleise, doch nur, solange keine Disc rotiert. Denn das UHD-Blu-ray-Laufwerk macht sich wie ein kleiner Orkan bemerkbar und ist auch aus mehreren Metern zu hören.
Besser machen sich die Einlesezeiten: 28 Sekunden dauerte es, bis die UHD-Scheibe von „Mad Max: Fury Road“ läuft; das komplexe Java-Menü der Blu-ray „The Amazing Spiderman“ benötigte zum Laden 39 Sekunden. Der Stromverbrauch liegt mit 51 Watt im Leerlauf und 56 Watt bei Blu-ray-Betrieb rund 20 Watt höher als bei der leistungsschwächeren Xbox One S.
Fernbedienung kostet extra
Zum Lieferumfang gehört neben Strom- und HDMI-Kabel auch Microsofts Standard-Joypad, das kabellos mit Batterien oder via USB-Kabel die Konsole steuert. Die Bedienung via Pad ist für Nicht-Zocker gewöhnungsbedürftig, klappt aber nach einiger Übung ordentlich. Für 500 Euro hätten wir uns allerdings den höherwertigen Elite Controller gewünscht. Für die separat erhältliche und recht simple Medienfernbedienung wird man mit rund 20 Euro zur Kasse gebeten. Doch so oder so, die Navigation fällt aufgrund komplexer und tief verschachtelter Menüs samt unzähliger bunter und verschieden großer Kacheln alles andere als optimal bzw. überschaubar aus.
Die Front zieren neben dem Schlitz für das Slot-in-Laufwerk und einer USB-Buchse nur die Druckknöpfe für Power, Joy-Pad-Kopplung und Disc-Auswurf. Auf der Rückseite findet man einen HDMI-Ausgang nach 2.0b-Standard, der 4K/60p, HDCP 2.2 und HDR10 beherrscht; Dolby Vision und HLG bleiben dagegen außen vor. Über den HDMI-Eingang (nur 1.4b-Standard) lassen sich Bildsignale durchschleifen, etwa das TV-Programm einer Settop-Box. Zudem gibt es einen Toslink-Ausgang, Remote Out, eine LAN-Buchse sowie zwei weitere USB-Eingänge. Analoge Schnittstellen sucht man vergebens, sie spielen in modernen Heimkinos aber auch keine Rolle mehr. Intern verbauten die Micro-soft-Ingenieure eine 1 Terabyte große Festplatte, die für alle Multimedia-Optionen locker ausreicht. Kommen allerdings 4K-Spiele und deren Patches hinzu, wird es schnell recht voll. Zum Glück unterstützt die Xbox externe USB-Festplatten.
Spiele, Spaß & Multimedia
Für das Abspielen von CDs ist eine eigene App zuständig, Microsofts kostenloser Media Player widmet sich dagegen Foto-, Musik- und Videodateien von USB-Sticks oder einem Server: An Dateiformaten spielt die One X unter anderem MP3, WAV, ALAC, FLAC, WMA sowie Hi-Res-Audio-Streams; DSD-Streams jedoch nicht. Auf Videoseite schluckt die Multimedia-Zentrale die gängigsten Formate, unsere 4K-Testclips spielte die Konsole aber nicht ab – auch nicht jene mit HEVC-Kodierung (H.265). Bei Fotos werden die Formate JPEG, TIFF, PNG, BMP und GIF unterstützt, 4K-Bilder erschienen allerdings seitlich beschnitten und nur mit reduzierter Auflösung auf dem Bildschirm. Das App-Angebot im Microsoft Store widmet sich neben dem üppigen, aber kostenpflichtigen Angebot an Spielen und Filmen auch freien Apps, darunter sind die üblichen Verdächtigen wie Netflix, Amazon Video und Maxdome zu finden. Die YouTube-App unterstützte zum Testzeitpunkt keine 4K-Auflösung, doch Google arbeitet an der Lösung dieses Mankos. Webradio kann man über TuneIn lauschen.
Bild und Tonqualität
UHD-Discs und Blu-rays gibt die One X in bester Videoqualität wieder, sie muss sich in Sachen Kantenschärfe, Detailzeichnung und Graustufen samt sauberer Durchzeichnung von Ultraweiß und Ultra-schwarz nicht hinter der Konkurrenz von Panasonic, LG und Samsung verstecken. Nach Behebung des HDR-Bugs via Firmware-Update klappte auch die Wiedergabe von High-Dynamic-Range-Inhalten im HDR-10-Format tadellos. Das Fehlen manueller Optimierungsoptionen wie einem Video-Equalizer, einer einstellbaren HDR/SDR-Konvertierung oder einer HDR-Dynamikbereichsanpassung ist für das anspruchvsolle Heimkino hingegen suboptimal und kostet etliche Punkte. Da wir diese Features stärker gewichten als früher und wir unsere Bewertungskriterien im Allgemeinen verschärft haben, ergattert die One X weniger Punkte als ihr Vorgänger.
Bei der 4K-Skalierung von DVDs und Blu-rays leistet sich die Konsole nur leichte Schwächen und zeigte bei unserem DVD-Testklassiker „Sechs Tage, sieben Nächte“ (Kapitel 10) dezentes Zeilenflimmern und Treppenstufen (Aliasing). Das Hochrechnen von Blu-rays auf 4K-Auflösung gelang dagegen praktisch einwandfrei. Die Ausgabe der nativen Disc-Auflösung ist nicht möglich, sämtliche Inhalte werden auf 720p, 1080p oder 4K skaliert ausgegeben. Ebenfalls unschön: Wie bei älteren DVD-Playern macht sich der Layerwechsel mit einer kurzen Unterbrechung bemerkbar.
Tonseitig gibt die One X den originalen Bitstream aus, für Dolby-Atmos-Sound muss man jedoch die „Dolby Access“-App installieren; erst dann gibt die Box den 3D-Sound via HDMI aus. DTS:X-Ton benötigt dagegen keine zusätzliche Software. Im Zusammenspiel mit Fernsehern von LG und Samsung-Soundbars gibt es offenbar noch Probleme bei der Atmos-Wiedergabe, via Firmware-Update sollte sich dieser Bug aber beheben lassen. Und mit Updates kennen sich Xbox-One-Besitzer gut aus, fast kein Monat vergeht ohne eine System-Aktualisierung.
Wer mit der Xbox One X Ton im Dolby-Atmos-Format wiedergeben möchte, benötigt hierfür die Dolby-
Access-App. Diese kann kostenlos im Microsoft Store heruntergeladen werden und muss danach für die korrekte Tonwiedergabe konfiguriert werden. Ein Assistent leitet durch die Installation:
Im „Anzeige & Sound“-Menü muss man nach der App-Installation unter dem Reiter „Bitstream-Format“ den Punkt „Dolby Atmos for Home Theatre“ auswählen. Der darüber sitzende Reiter „HDMI-Audio“ muss hierfür auf „Bitstream-Ausgabe“ stehen. Für die Wiedergabe von DTS:X ist solch eine App übrigens nicht nötig. Im Menü „Disc & Blu-ray“ ist ferner der Punkt „Receiver kann Audio decodieren“ zu aktivieren, andernfalls gibt es keinen 3D-Sound. Mit dem Einschalten der Funktion werden übrigens die Benachrichtigungs- und System-Sounds der Xbox während der Nutzung der Blu-ray-App abgeschaltet.
Die Dolby-Access-App bietet ferner ein überschaubares Angebot an Atmos-Democlips und Trailern, die teils auch auf den offiziellen, jedoch nicht käuflichen Atmos-Demo-Discs von Dolby zu finden sind.
Der Testbericht Microsoft Xbox One X (Gesamtwertung: 67, Preis/UVP: 500 Euro) ist in audiovision Ausgabe 1-2018 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Als Spielkonsole mag die Xbox One X das Non-Plus-Ultra darstellen, im Heimkino ist sie aufgrund ihres hohen Betriebsgeräuschs, der umständlichen Bedienung (inklusive fehlender Fernbedienung) und den eingeschränkten HDR-Features aber nur bedingt zu empfehlen.
Andreas Oswald