Marantz SR7011 (Test)

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Alle Jahre wieder tüfteln die Hersteller an Verbesserungen für ihre Geräte und so kann auch Marantz‘ aktuellesmarantz-sr7011-fb Receiver-Flaggschiff SR7011 mit einem neuen Highlight aufwarten: HEOS. Das flexible Multiroom-Streaming-System war bisher nur in den Schwester-Receivern von Denon zu finden und bereichert jetzt auch die Vernetzungsmöglichkeiten eines Marantz-Receivers.

prosconsIm Vergleich zum Vorgängermodell SR7010 (Test in Ausgabe 12-2015) hat der Nachkömmling auch DTS:X ab Werk an Bord, zudem ist der SR7011 kompatibel mit der brandneuen „Audyssey MultEQ Editor“-App zur individuellen Anpassung des Audyssey-Einmess-Systems. Ferner wurden die Anschlüsse der Rückseite sinnvoller angeordnet.

Videoseitig ist die 4K/60p-Wiedergabe samt HDR-10 in Zeiten jährlicher Formatneuerungen fast schon ein alter Hut, zum Jahreswechsel möchte Marantz die Unterstützung für Dolby Vision und Hybrid Log Gamma (HLG) per Firmware-Update nachreichen. 100 Euro Aufpreis verlangen die Japaner im Vergleich zum SR7010, der Neue kostet mit 1.800 Euro aber immer noch merklich weniger als die Flaggschiffe von Yamaha, Onkyo, Denon und Pioneer. Wer das optionale Auro-3D-Upgrade erstehen möchte, muss allerdings zusätzlich 150 Euro auf den Tisch blättern.

Ausstattung und Praxis

Im Vergleich zum Vorgänger hat sich bei der optischen Erscheinung des in Schwarz oder Silbergold erhältlichen Marantz mit bulliger Front und dem markanten, mittig sitzenden Display-Auge nichts getan. Wie bisher auch sitzt unter der Klappe ein zweites Display mit höherem Informationswert, bei der Kanalmatrix-Anzeige kann man sogar zwischen Signaleingang oder aktiven Boxen wählen. Hinter der dicken Metallblende verbergen sich zudem ein HDMI-, FBAS- und ein Stereo-Cinch-Eingang sowie die Buchsen für Kopfhörer, Messmikrofon und den USB-Stick. Die beiden großen Drehregler für Lautstärke und Quellenwahl hätten bei unserem Testmuster etwas runder und satter laufen dürfen.

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Randvoll: 11 Paar Lautsprecher kann man verkabeln, 9 davon laufen gleichzeitig. Die 7.2.4-Pre-outs erlauben vollwertigen 3D-Sound, den 7.1-Eingang findet man heute nur noch selten. Die üppige Anzahl von Video- und Audioschnittstellen reicht auch für XXL-Heimkinos locker aus. Die aufschraubbaren Antennen sorgen für optimalen Wireless-Empfang.

Bestens gefällt uns die Bedienung des Geräts, die dank der informativen und übersichtlichen Onscreen-Menüs komfortabel gelingt – auch wenn diese manchmal etwas verzögert auf unsere Ein-gaben reagierten. Das Web-Interface für den Browser-Zugriff via IP-Adresse wurde leider im Zuge der HEOS-Integration gestrichen. Die ausgezeichnete Fernbedienung punktet dagegen mit zielsicherer Bedienung – dank Tastenbeleuchtung auch im dunklen Heimkino. Alternativ lässt sich der SR7011 über die „2016 AVR Remote App“ sowie die HEOS-App für iOS- und Android-Geräte steuern, was besonders bei Multiroom-Lösungen Vorteile bringt.   

Boxen-Setup & Ton-Decoder

Mit 9 verbauten Leistungsverstärkern befeuert der Marantz 5.1.4- oder 7.1.2-Setups, aufgrund seines 11.2-Processings sind bei Anschluss von 2 zusätz-lichen externen Endstufen auch 7.2.4-Setups möglich. Die 4 Höhenboxen für 3D-Ton können als Decken-, Height- oder als Dolby Enabled Speaker definiert und miteinander kombiniert werden; bei nur 2 aktiven Dolby-Speakern lassen sich diese sogar auf die Back-Surround-Boxen setzen. Die 9.2.2-Konfiguration des SR7010 mit Front-Wide-Lautsprechern fiel dagegen dem Rotstift zum Opfer – zusammen mit dem dafür benötigten Audyssey-DSX-Upmixer. Ungenutzte Endstufen können nach wie vor für das Bi-Amping oder die Beschallung von zwei Nebenräumen verwendet werden, wobei in Hörzone 2 auch HDMI-Signale zur Verfügung stehen.

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Die Info-Taste benennt das Eingangssignal und zeigt unter anderem die gerade aktiven Lautsprecherkanäle an.

Die Einstellung der Boxen-Parameter gelingt mit 0,5-Dezibel-Schritten und Distanzen von 1 Zenti-meter vorbildlich, die Pegel für alle Kanäle werden zudem separat für jeden Quelleneingang gespeichert – aufrufen lässt sich das entsprechende Konfigurationsmenü über die „Option“-Taste der Fernbedienung. Nützlich: Unabhängig vom Mehrkanal-Setup darf man ein eigenes Boxen-Set-up für die Stereo-Wiedergabe einrichten; es greift, sobald der Amp im Stereo-Modus spielt.

Die Einmessung aller Lautsprecher nimmt Audysseys bestes Einmess-System MultEQ XT32 vor und stellt dabei drei unterschiedliche Klangkurven (Flat, Reference, L/R Bypass) zur Wahl. „Flat“ und „Reference“ kann man sich als Grafiken anzeigen lassen. Mit der 20 Euro teuren „Audyssey MultEQ Editor“-App für Android- und iOS-Geräte können zudem beliebig viele Einmessungen gespeichert und Zielkurven nach persönlichem Geschmack gestaltet werden.

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Die Ergebnisse der Frequenzgang-Entzerrung durch Audyssey kann man sich grafisch anzeigen lassen.

Die „Flat“-Kurve darf man bei Deaktivierung von Audyssey auch auf den Equalizer kopieren, allerdings verändert sich dabei der Klang. Der 9-Band-Equalizer lässt sich zudem nur bei deaktiviertem Audyssey einschalten und regelt die meisten Lautsprecher zwischen aus unserer Sicht zu hohen 63 Hertz und 16 Kilohertz; Dolby-Enabled-Speaker können nach wie vor nur bis 1 Kilohertz eingestellt werden, die zwei Subwoofer überhaupt nicht. Dies ist dank der  ausgefeilten „Audyssey MultEQ Editor“- App jedoch kein Beinbruch mehr.

Die Decoder für Dolby Atmos und DTS:X sind wie schon erwähnt ab Werk an Bord, wobei Dolby-Signale auch via DTS Neural:X und DTS-Ton mit Dolbys Surround Upmixer funktionieren. Optional kann man den Marantz mit dem Auro-Decoder nachrüsten, das kostenpflichtige Upgrade erfolgt via Firmware-Update nach Registrierung des Geräts auf der Marantz-Webseite.

Video und Multimedia

Alle 8 HDMI-Eingänge und 3 HDMI-Ausgänge bieten 4K/60p-Unterstützung mit HDCP 2.2, HDR-10 und  verlust-freier 4:4:4-Farbauflösung. Auch sind sie konform zum BT.2020-Standard. Digitale wie analoge Bildsignale skaliert der SR7011 auf UHD-Auflösung oder schleift sie durch. Die Video-Sektion wurde ferner von der Imaging Science Foundation (ISF) zertifiziert und bietet die beiden konformen Bildmodi „ISF Day“ und „ISF Night“. Für  persön-liche Bildvorlieben steht ein feinfühliger Video-regler für Kontrast, Helligkeit, Sättigung, Rauschunterdrückung und Konturenschärfe zur Verfügung.

An Vernetzungsmöglichkeiten bietet der Marantz neben HEOS auch AirPlay, Bluetooth, DLNA, iPod-Direct und eine USB-Buchse. Der Media-Player spielt viele Dateiformate wie etwa ALAC, DSD, FLAC, MP3 und WAV ab, zudem gelangt Musik über das gut funktionierende tuneIn-Webradio in den Allrounder; der Steaming-Dienst „Spotify“ wurde vom Receiver in die HEOS-App ausgelagert.

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Die HEOS-App liefert eine Vielzahl unterschiedlicher Quellen für Musik. Neben freiem Internet-Radio via TuneIn stehen diverse Streaming-Dienste bereit. Auch kann man Songs direkt vom Gerät, USB-Stick oder Netzwerkserver spielen.

Ob Musik vom Smartphone oder Tablet, dem USB-Stick oder via Streaming-Diensten wie Spotify: Die durchdachte HEOS-App für iOS, Android und Amazon Kindle Fire vereinfacht das Musik-Streamen.
Seit 2014 hat Denon mit HEOS ein Multiroom-Musiksystem im Sortiment. Seit Oktober 2016 gehören auch Denons AV-Receiver AVR-X6300H und AVR-X4300H zur HEOS-Familie, bei Marantz sind erstmals der SR7011 sowie der AV-Vorverstärker AV7703 fit für HEOS.

Geblieben ist die bequeme Steuerung per App, hinzugekommen sind unter anderem die Bluetooth-Funk­tion und die Möglichkeit, hochauflösende Audioformate abspielen zu können. Über HEOS gelingt der Zugriff auf zahlreiche Musikdienste wie Spotify, Deezer, Napster und Tidal. Darüber hinaus gestatten die HEOS-Receiver das Durchstöbern der persönlichen Musikbibliothek im Netzwerk. Unterstützt werden sowohl Audio-Formate in Standard-Auflösung als auch hochauflösende Dateitypen wie FLAC HD und DSD. Außerdem kann der Nutzer Titel direkt von seinem Handy, Tablet oder USB-Speicher übertragen.

Bis zu 32 Lautsprecher lassen sich in das HEOS-System einbinden, in allen Räumen kann man unterschiedliche Musik oder zeitgleich denselben Song spielen. Der Steuerung per App, dem Gruppieren von Lautsprechern und dem Bilden von Stereo-Paaren steht nichts im Weg.

Tonqualität

Mit 207 Watt pro Kanal bei Stereo und 89 Watt im 7.1-Betrieb (je 4-Ohm-Last) verfügt der SR7011 über ausreichend Leistung, um auch ganz große Heimkinos zu befeuern. Der Frequenzgang fiel – wie schon beim Vorgänger SR7010 – auch bei unserem SR-7011-Testgerät zu höchsten Frequenzen hin um knapp 2 Dezibel ab, was einen Punkt kostet, in der Praxis aber keine Rolle spielen dürfte.

Im Hörtest musste zuerst Sara K mit ihrer audiophilen 5.1-SACD „Hell or High Water“ ran. Schon im „Pure Direct“-Modus ohne Klangschaltungen stellte der Marantz die Studio-Performance mit wunderbar körperhafter wie farbiger Stimme und anspringend dreidimensionalen Gitarren in den Hörraum. Die Audyssey-Einmessung ermittelte fast alle Werte tadellos, setzte die Crossover-Frequenzen unserer kompakten Rear-Boxen mit 40 Hertz aber zu niedrig – was mit Dolbys „Amaze“-Trailer zu Verzerrungen führte.

Beim Marantz SR7011 lässt sich das Lautsprecher-Setup für Dolby Atmos, DTS:X und Auro 3D vielfältig anpassen. Bis zu 9.2-Lautsprecher versorgt das Flaggschiff allein, mit Hilfe eines zusätzlichen Stereo-Verstärkers spielen sogar bis zu 11.2-Boxen zeitgleich auf.

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Dolby Atmos und DTS:X klappt auch mit 4 Top-Boxen. Auro 3D benötigt vordere Heights und kann mit dieser Konfiguration nicht genutzt werden.

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Bei einer 7.1.5-Konfiguration tönt der „Voice of God“-Kanal direkt über dem Kopf nur bei aktivem Auro-3D-Decoder, die Back-Rears bleiben aber stumm.

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Die beiden Hauptlautsprecher dürfen auch via Bi-Amping betrieben werden, die Anzahl der Höhen­boxen ist bei dieser Konfiguration auf 2 begrenzt.

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2 oder 4 Dolby Enabled Speaker können auf den Fronts, Rears und Back-Rears sitzen. Auro 3D funktioniert mit dieser Konfiguration allerdings nicht.

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Dolby Atmos, DTS:X und Auro 3D funktionieren mit 4 Height-Boxen. Im 7.2.4-Betrieb ist ein Paar Boxen auf externe Verstärker angewiesen.

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Dolby Atmos, DTS:X und Auro 3D lassen sich auch bei Einsatz von hinteren Surround-Height-Speakern nutzen; Letztere spielen bei Atmos-Ton nicht.

Nach der Korrektur und Trennung bei 80 Hertz machten dann aber auch laute Pegel richtig Spaß: Effekte wanderten präzise umher oder strömten diffus im Raum. Die Bass-Schwäche des kleineren Marantz SR6011 (Test in Ausgabe 3-2017) konnten wir beim SR7011 nicht feststellen, vielmehr drückte das Tieftonfundament mit aktivem Audyssey kraftvoll – wenn auch nicht über alle Maßen präzise. Die mit DTS:X-Ton veredelten Elektronik-Sounds aus „Cymatics“ von der „DTS Demo Disc 2016“ ließ der Marantz wunderbar weiträumig und wie aus einem Guss aus allen Boxen fließen – dabei klang es selbst bei Brachialpegeln nicht anstrengend. 

Auch im Stereo-Betrieb spielte der Marantz musikalisch und mit schöner Feinauflösung; sanfte Balladen verströmten viel Emotionalität, während der Japaner harten Elektronik-Beats den nötigen Druck entlockte.

bewertung   

AuVi_AWARD-Highlight     

AuVi_AWARD-Referenz

Der Testbericht Marantz SR7011 (Gesamtwertung: 90, Preis/UVP: 1800 Euro) ist in audiovision Ausgabe 7-2017 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

90 sehr gut

Marantz‘ aktuelles Flaggschiff SR7011 ist mit HEOS noch flexibler in Sachen Vernetzung geworden. Vorzüglicher Klang, viel Leistung, alle drei 3D-Soundformate, volle 4K-Unterstützung und eine einfache Bedienung machen den 9-Kanäler zum Allrounder und damit zur flexiblen Heimkino-Zentrale.
Andreas Oswald

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