Fielen die Preise für OLED-Fernseher bis vor Kurzem kontinuierlich, machen sie bei LGs 2016er-Generation einen Sprung nach oben. So schlägt der OLED 65 E6 D mit 7.500 Euro zu Buche. Dafür hat er einige technische Neuerungen erfahren, die ihm nicht nur Platz eins in unserer Besten-liste, sondern auch das Innovations-Logo bescheren. Kurzum: Er ist der beste OLED-TV aller Zeiten.
Ausstattung und Praxis
Ungeachtet des Kostenfaktors und einiger Kinderkrankheiten sind organische Leuchtdioden für viele Cineasten die Zukunft der Bilddarstellung. Auch an anderer Stelle ist der 65 E6 D fit für die Zukunft, unterstützt er neben HDR-10 erstmals bei einem Fernseher auf dem deutschen Markt den „Dolby Vision“-Standard, der schon jetzt bei Netflix und demnächst auf der Ultra-HD-Blu-ray zum Einsatz kommt. Ein weiteres Novum ist die „Ultra HD Premium“-Zertifizierung, allerdings ist diese für OLED-Fernseher in Bezug auf die Spitzenhelligkeit weniger streng als für LCDs (540 statt 1.000 Nits beziehungsweise Candela).
Im Gegensatz zu diesen benötigen OLED-Fernseher dank selbst leuchtender Pixel kein Backlight, was extravagante Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet: Wie seine Vorgänger zeichnet sich der E6 durch eine außerordentlich geringe Bautiefe von wenigen Millimetern aus, wobei das „Picture-on-Glass“-Design für frische Akzente sorgt. Zwar sieht das Display mit rückseitig leicht überstehender Glasscheibe schnittig und edel aus. Da das Gerät komplett auf der Soundbar liegt, muss man bei der Tischaufstellung aber auf seine Finger achten; doch dank dieses Designs können die Kabel praktisch unsichtbar verlegt werden. Das Gleichgewicht hält eine sechseckige Metallplatte. Für die Wandmontage stehen Vesa-Gewinde bereit (400 x 200 mm).
Am Bedienkonzept haben die Entwickler ebenfalls Hand angelegt: Die Magic Remote präsentiert sich nun nicht mehr futuristisch geschwungen mit dickem Batteriefach, sondern in klassischer Riegelform. Zusätzlich liegt ein Mini-Signalgeber bei, der im Gegensatz zur Hauptfernbedienung aber weder einen Bewegungs- respektive Gyrosensor noch ein Mikrofon für Sprachbefehle besitzt; vielmehr beschränken sich seine Kontrollmöglichkeiten auf das Wesentliche wie den Kanalwechsel, die Lautstärke oder die Quellenwahl. Dem Be-dienkomfort tut das keinen Abbruch. Schließlich ist das webOS-Betriebssystem über die Cursor-Tasten genauso einfach zu steuern. Neu in Version 3.0 sind die Funktionen „Magic Zoom“, die auf Knopfdruck einen Bildausschnitt vergrößert, sowie „Magic Mobile“ zur Darstellung von Smartphone-Inhalten auf dem TV-Display. Natürlich brilliert auch das Gerät selbst mit einem gewohnt üppigen App-Angebot. Wem die vorinstallierten Online-Videotheken nicht genügen, der findet in LGs Content Store viele weitere Dienste. Zum Mediaplayer gelangt man sowohl über die Taskleiste als auch über die Eingangsliste.
Schon den Vorgängern verhalf Harman Kardon mit exklusiven Audiosystemen zu einem eindrucksvollen Klang. Beim E6 legen die Amerikaner noch eine Schippe drauf: Die im Standsockel integrierte Soundbar spielt tiefer und vollmundiger; Verzerrungen treten erst bei hohen Schallpegeln auf. Nichtsdestotrotz bleibt die Dynamik von Sonys 2015er-Flaggschiff KD-65 X9305C unerreicht.
Bildqualität
Schnelle Bewegungen bereiten dem E6 keinerlei Probleme. Während das TruMotion-Preset „Klar“ leicht verschmiert und gelegentlich stockt, sorgt die Stufe „Flüssig“ in TV-Material für eine erstklassige Schärfe ohne Motion-Judder. Ein Parade-beispiel sind hier Sportübertragungen, wobei auch 4K-Camcorder-Videos mit 25 oder 30 Hertz fehlerfrei wiedergegeben werden. Der Benutzer-Modus erlaubt eine feine Justage der beiden Regler „Entruckeln“ und „Schärfen“. Kinofilme wiederum erscheinen nur bei ausgeschalteter TruMotion-Funktion originalgetreu in 24p. Rasante Szenen wie etwa die Verfolgungsjagd zu Beginn unseres Sehtest-Klassikers „Casino Royale“ oder der UHD-Blu-ray „Kingsman: The Secret Service“ kommen ebenfalls hervorragend zur Geltung.
Die Online-Videothek Netflix erweitert ihr Film- und Serienangebot ebenfalls um Dolby-Vision-Inhalte, während man beim Konkurrenten Amazon mit klassischem HDR und bei YouTube mit SDR-Streams vorliebnehmen muss. Allerdings schwankt die Bildqualität stark. Zudem ist eine schnelle Internetverbindung erforderlich. Dem Mediaplayer bereitet 10-Bit-HDR ebenfalls keine Probleme. Dabei blendet er nicht nur die HDR-Meldung, sondern auch zusätzliche Informationen zum Video ein; auf die Angabe der Bildrate wird verzichtet. Die meisten 4K-Formate samt HEVC laufen flüssig, bloß ein paar wenige Clips stocken oder sind gar nicht abspielbar. Bis auf eine leichte Überschärfung, die auch in Nullstellung des Reglers bestehen bleibt, gefällt die HDR-Bildqualität.
Die Gyro-Fernbedienung erlaubt zwar eine flotte Navigation, doch leider ist die Dateidarstellung in den Ordnern nicht einheitlich: Vorschaubilder zu UHD-Clips fehlen, während sie bei Full-HD-Videos sowie Fotos für eine deutlich bessere Übersichtlichkeit sorgen.
Selbstverständlich hat die OLED-Technik noch weitere Vorzüge: Kein aktueller LCD-TV bietet eine so gute Blickwinkelstabilität, derart tiefe Schwarzwerte (0,001 Candela) sowie einen ANSI-Kontrast von annähernd 3.000:1. Zwar schneidet der Vorgänger hier minimal besser ab, nicht aber beim Hellraumkontrast (1.652:1 statt 896:1), den der E6 mitunter seiner hohen Leuchtdichte von bis zu 634 Candela verdankt – leider gehen die Reserven im vollflächigen Weiß merklich zurück (siehe Kasten „Gesteigerte Helligkeit, neutrale Farben“). Dafür ist die Ausleuchtung sehr gleichmäßig. Folglich sind zum Beispiel in Fußballspielen keine Abdunklungen auf dem Rasen erkennbar.
Doch in Spitzlichtern legt LGs OLED-Bolide mächtig zu, wie unsere APL-Messungen (Average Picture Level) der Leuchtdichte für verschieden große Weißfenster vor schwarzem Grund belegen: Schrumpft die Fläche auf zehn Prozent, wächst die Helligkeit auf 630 Candela – gut 50 Prozent mehr als beim Bruder. Noch kleinere Felder bringen aber keine Steigerung mehr. Der Bildmodus „HDR-Hell“ schafft sogar 692 Candela, wobei hier die Farbtemperatur von 9.100 Kelvin ein K.O.-Kriterium darstellt; Ähnliches gilt für „HDR-Lebhaft“. Die Top-Modelle von Panasonic und Samsung schneiden in dieser Disziplin mit 1.250 beziehungsweise 1.429 Candela zwar weiterhin besser ab, allerdings ist der Abstand kleiner geworden. Trotzdem unterschreitet der LG-OLED die von der UHD Alliance (UHDA) geforderten 540 Candela in vielen Szenen: Vergrößert sich die Weißfläche auf zwanzig Prozent, macht er bei 460 Candela Schluss.
Subjektiv beeindruckt der E6 aber mehr, als es die reinen Messwerte ausdrücken. In dunkleren Szenen leuchten etwa feine Schrifteinblendungen strahlend hell und im Weltall-Thriller „Gravity“ funkeln die Sterne vor rabenschwarzem Hintergrund intensiver als bei vielen LCDs mit Local-Dimming, die solche Details gerne verschlucken. Generell profitiert die Schärfewirkung von der Fähigkeit des OLED-TVs, feine Details besonders deutlich hervortreten zu lassen.
Das Preset „HDR-Standard“ stellt Farben meist sehr intensiv dar, zumindest im mittleren Sättigungsbereich (IRE 50). Hier hält sich der LG recht gut an die erweiterten Farbkoordinaten im DCI-P3-Standard (siehe CIE-Segel oben). Schwach gesättigte Farben (IRE 10) decken aber nicht mehr den vollen Farbraum ab. Zudem tanzen Gelb und Magenta bei niedriger wie hoher Aussteuerung (IRE 75 und IRE 100) aus der Reihe – hier sehen wir noch Verbesserungspotenzial.
Allerdings erscheint Grün ab Werk zu knallig, weshalb wir den Bildmodus „Kino“ oder besser noch „isf Experte (Dunkler Raum)“ empfehlen; beide decken den BT.709-Farbraum präzise ab, wobei Letzterer die Graustufen einen Tick neutraler, um nicht zu sagen perfekt darstellt (Delta-E von 0,9). Die leicht erhöhte Sättigung empfinden wir als sehr angenehm, da bunte Szenen wie das Dinner über den Dächern New Yorks in „Der große Gatsby“ überaus lebendig wirken. Die frei wählbare Farbumfang-Einstellung „Breit“ verleiht Zeichentrick- und Animationsfilmen à la „Cars“ oder „Ice Age“den gewünschten Bonbon-artigen Look.
Die OLED-typischen Probleme wie Subpixel-Fehler oder Einbrenneffekte sind noch präsent, in der Praxis jedoch kaum der Rede wert – die wenigen defekten Bildpunkte fallen aus normalem Betrachtungsabstand nicht auf und Konturen, die ein statisches Element wie ein Sender-logo hinterlässt, verschwinden nach kurzer Zeit. mr/ur/ff
Der Testbericht LG OLED65E6D (Gesamtwertung: 88, Preis/UVP: 7500 Euro) ist in audiovision Ausgabe 8-2016 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Wer die OLED-Technik als Zukunft des Fernsehens erachtet, den wird der OLED 65 E6 D gewiss darin bestärken. Mit Dolby Vision nimmt LG sogar eine technische Vorreiterrolle ein. Im dunklen Heimkino macht der 65-Zöller aufgrund seines sensationellen Schwarzwerts eine tolle Figur. Lediglich in Sachen (HDR-)Helligkeit leisten die LCD-Flaggschiffe mehr.