JBL HDI-Set (Test)

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High Definition Imaging, kurz HDI, nennt JBL seine neue Boxenserie. Mitverantwortlich für die „hochauflösende Bildgebung“ ist ein Hornvorsatz, der die Lautsprecher außergewöhnlich aussehen lässt.

Auf nahezu 100 Jahre Historie kann der amerikanische Hersteller JBL mittlerweile zurückblicken: Der legendäre Selfmade-Ingenieur James B. Lansing, auf dessen Initialen der Firmenname zurückgeht, gründete seine erste Firma zum Lautsprecherbau 1927. Lansing gehört zu den ganz großen Namen der Lautsprecher-Technik, er entwickelte schon damals viele Konzepte, die auch heute noch bei Entwicklung und Fertigung hochwertiger Treiber zum Einsatz kommen. Doch Lansing war mehr Techniker als Kaufmann, was sein Unternehmen Ende der 1940er-Jahre in finanzielle Schwierigkeiten brachte und im Suizid des Firmengründers endete. Erst danach konnte JBL sich erfolgreich am Markt platzieren und zunächst im PA- und Studiobereich, dann aber auch auf dem Hifi -Sektor große Marktanteile erobern. Seit 1969 ist JBL Teil des Harman-Konzerns.

Dieser hat sich vor einiger Zeit entschlossen, den hervorragenden Ruf, den sich JBL-Produkte über lange Zeit erworben haben, nicht nur mit Massenmarkt-Produkten zu Geld zu machen, sondern die legendären Lautsprecher in neuem Gewand und mit aktueller Technik wieder aufl eben zu lassen: Die Synthesis-Baureihe war geboren. Diese enthielt bislang ausschließlich hochpreisige Produkte, was zwar dem Renommee förderlich ist, den Kreis der potenziellen Kunden aber einschränkt.

Genau hier setzt die komplett neu entwickelte HDI-Serie an. Die von uns getestete 5.1-Kombination ist mit einer unverbindlichen Preisempfehlung von 9.400 Euro zwar alles andere als günstig, aber für nicht wenige Heimkino-Enthusiasten noch im erschwinglichen Rahmen. Denn im Gegensatz zum Fernseher und Projektor muss man ein Lautsprecher-Set aufgrund technologischer Innovationen nicht alle paar Jahre neu kaufen.

Technik
Ein Weg zum vierstelligen Preis war für die Entwickler, die Größe der Lautsprecher im Vergleich zu ihren Synthesis-Kollegen massiv einzuschränken, was das Set erheblich wohnraumfreundlicher ausfallen lässt. Nicht falsch verstehen, die Frontboxen HDI-3600 sind mit einer Höhe von knapp einem Meter vollwertige Standboxen, aber keine mannshohen Chassis-Monster mehr.

Einer der einfachsten – und leider trotzdem nur selten genutzten – Wege, den Klang einer Heimkino-Anlage zu verbessern, ist die gute alte symmetrische Verbindung.

Deren Funktion und Wirkung wird häufig geradezu mythisch überhöht, ist aber eigentlich ganz einfach: Ein symmetrischer Eingang weist nicht nur eine, sondern zwei signalführende Anschlüsse auf. Die Eingangs- Schaltung bildet die Differenz aus den beiden Signalen, subtrahiert sie also voneinander. Die Wirkung dieser
Maßnahme: Alle Signale, die auf beiden Anschlüssen in gleicher Form vorhanden sind, werden ausgelöscht, nur der Unterschied zwischen beiden wird weitergeleitet.

Alle Störungen, die auf das Übertragungskabel einwirken, beeinflussen die beiden Signaladern gleichermaßen und werden durch die Differenzwirkung beseitigt. Das gilt genauso für Störungen durch die berühmtberüchtigten Masseschleifen, die ein symmetrischer Eingang ebenfalls beseitigt.

Voraussetzung für die volle Wirksamkeit der Störbeseitigung ist eine saubere technische Umsetzung der Verbindung: Die Ausgangswiderstände der sendenden Stufe sollten möglichst gleich sein, genauso wie die beiden Widerstände des Eingangs. Aus diesem Grund heißt diese Anschlussart im englischen Sprachraum auch „Balanced“, also in Sachen Aus- und Eingangswiderständen ausbalanciert. Das hat übrigens nichts mit einer wie auch immer gearteten Balance der Signale auf den beiden Leitern zu tun, dem Eingang ist es herzlich egal, ob er auf den beiden Adern das gleiche, in der Phase umgekehrte Signal bekommt oder das Signal nur auf einer Ader und auf der anderen gar nichts. Er verarbeitet nur den Unterschied zwischen den beiden Adern. In diesem Punkt führt die deutsche Bezeichnung „symmetrisch“ etwas in die Irre, ein spiegelsymmetrisches Signal ist für diese Verbindungsart zwar durchaus brauchbar, aber für die korrekte und vollständige Funktion nicht nötig. Es ist beispielsweise kein Problem, über ein entsprechend beschaltetes Adapterkabel einen unsymmetrischen Ausgang an einen symmetrischen Eingang anzuschließen und dabei die Störbeseitigung und deren Klangvorteile zu erhalten.

Als Steckverbinder für symmetrische Anschlüsse werden im Heimkino ausschließlich die so genannten XLR-Verbinder genutzt. Deren dritter Pol dient zum Anschluss der Kabelabschirmung und zur Verbindung der Gerätemassen. An der Weiterleitung des Signals ist er aber nicht beteiligt.

Für symmetrische Audio-Verbindungen haben sich weltweit dreipolige XLR-Steckverbinder durchgesetzt. Der JBLSubwoofer bringt für den linken und rechten Kanal je einen eigenen symmetrischen Eingang mit.

In Sachen Technik aber ließ sich JBL nicht lumpen und setzt als Hochtöner eine komplette Neuentwicklung ein. Deren Hornvorsatz gibt der gesamten Serie sogar ihren Namen: High Defi nition Imaging, kurz HDI, nennt der Hersteller diesen Horntyp und hat ihn sogar patentiert. Das gilt genauso für den Druckkammer-Treiber dahinter, der über eine V-förmige Ringmembran aus Polymer Schall abstrahlt. Als Tieftöner setzt JBL in der HDI-3600 drei 16-Zentimeter-Chassis mit Druckguss-Korb ein. Deren Magnetantrieb wurden etliche verzerrungsmindernde Maßnahmen mit auf den Weg gegeben, ihre Membran besteht aus speziell geformtem Aluminium. Nur der oberste von ihnen arbeitet bis zwei Kilohertz und schließt direkt an den Hochtöner an. Die anderen beiden werden von der Frequenzweiche schon bei 900 Hertz aus dem Spiel genommen.

Die kompakten Surroundboxen HD-1600 bekamen die gleichen Chassis auf den Weg, den Tieftöner allerdings nur einmal. Die Tiefton-Treiber des Centers HDI-4500 fallen mit 13 Zentimeter Durchmesser etwas kleiner aus, dafür sind dann aber vier Stück vorhanden, was die Gehäuse breite auf stattliche 84 Zentimeter anwachsen lässt. Die beiden äußeren Chassis spielen nur bis 600 Hertz, das innere Pärchen übergibt dann bei 2,2 Kilohertz an das zentrale Hochtonhorn.

Stattliche 1.000 Watt Leistung stellt der im Subwoofer HDI-1200P integrierte Schaltverstärker dem 30-Zentimeter Treiber zur Verfügung. Der bringt neben den üblichen Justage-Reglern für Pegel und Trennfrequenz zwar nur einen Phasen-Umschalter mit, kann dafür aber mit einem parametrischen Equalizer aufwarten, bei dem man neben der Arbeitsfrequenz und dem Umfang der Anhebung respektive Absenkung auch die Filtergüte einstellen kann. Hat diese einen niedrigen Wert, arbeitet der Equalizer über einen großen Frequenzbereich; bei einem hohen Wert wird schmalbandig nur ein kleiner Bereich beeinfl usst. Letzteres kann bei einer ausgeprägten Raumresonanz hilfreich sein.

Hochwertige Lautsprecher wie die von JBL bestehen aus einer Vielzahl an Einzelteilen. Gut erkennbar hier: Strategisch platzierte Versteifungen unterdrücken wirksam störende Gehäuseschwingungen.

Nicht extravagant, dafür aber kontaktsicher und stabil fallen die Bi-Wiring-Anschlussterminals des JBL-Sets aus.

Tonqualität Surround
Standesgemäß präsentiert sich der HDI-1200P im Messlabor: 32 Hertz untere Grenzfrequenz und satte 113 Dezibel Maximalpegel lassen ein beeindruckendes Hörerlebnis erwarten.

Die Frequenzgänge von Frontboxen, Center und Surrounds verlaufen zwar nicht bolzen gerade, die Schwankungen sind aber gering und wenig besorgniserregend. Auffällig ist der Anstieg zu 20 Kilohertz hin bei allen Boxentypen: Hier hat der Hochtöner eine deutliche Resonanz. Die erreicht bei knapp über 20 Kilohertz ihre Spitze. Da eine solche Resonanz nur von Signalen in der Nähe ihrer Eigenfrequenz angeregt wird, ist eine Klangbeeinträchtigung nicht zu befürchten, nur die wenigsten Instrumente und Geräuscharten produzieren in diesem hohen Bereich noch nennenswert Schall.

Das Rundstrahlverhalten des Centers zeigt erst unter großen Winkeln deutliche Pegelverluste im Mitteltonbereich. Bei ihm muss man für ein gutes Klangerlebnis also nicht unbedingt zentral sitzen.

So genannte Druckkammer-Treiber für den Mittel- und Hochtonbereich werden vor allem im Profi – und PA-Bereich eingesetzt, weil sie über einen erheblich besseren Wirkungsgrad verfügen als die im Heimkino üblicheren Konus- und Kalotten-Chassis. Bei dieser Treiber-Art strahlt die Membran nicht in die freie Luft, sondern in einen speziell geformten Hohlraum.

Die Außenwelt erreicht der Schall dann durch oft recht kleine Öffnungen, deren Abmessungen und Position eine Wissenschaft für sich sind. Durch diese Anordnung werden die Bewegungen der an der Schwingung beteiligten Luftmoleküle beschleunigt und dadurch größer, was letztendlich eine höhere Lautstärke bedeutet. Um deren Übergang an die Außenwelt dann möglichst wenig sprunghaft, sondern gleitend zu gestalten, werden Druckkammer-Treiber in aller Regel mit einem Horn versehen. Dieses konzentriert den Schall zu einer Abstrahlrichtung hin und erhöht so den Wirkungsgrad nochmals. Solche Konstruktionen können mehr als 50
Prozent der eingesetzten Verstärkerleistung in Schall umsetzen, normale Hifi -Boxen schaffen gerade mal rund ein Prozent.

Einen Haken hat die Sache: Mit einer Treiber-Horn-Kombination eine verfärbungsarme Wiedergabe hinzubekommen ist komplexer als mit konventionellen Chassis, da erheblich mehr Parameter das Ergebnis beeinflussen, wie zum Beispiel die Form und Größe besagter Druckkammer und der Auslass-Öffnungen. Nicht zu Unrecht hatten Hornlautsprecher lange den Ruf, deutlich und wahrnehmbar zu verfärben, ja, sogar von typischen „Hornverfärbungen“ war oft die Rede.

Nicht zuletzt durch die Segnungen der modernen Computer-Simulationen konnten die Hersteller diese Probleme mittlerweile in den Griff bekommen, allen voran Hersteller JBL, der nahezu 100 Jahre an Erfahrung im Bau von Druckkammer-Treibern aufweisen kann. Verfärbungen und der typisch trötige Klang sind mit den in der aktuellen HDI-Serie verbauten Horn-Treiber- Kombinationen kein Thema mehr.

Das Volumen im Inneren des JBL-Hochtontreibers ist die so genannte Druckkammer. Die Schwingspule ist angedeutet, die V-förmige Membran haben die Grafiker der Übersicht halber weggelassen.

Eines steht schon bei den ersten Tönen, die das JBL-Set zum Besten gibt, fest: Von irgendwelchen Resonanzerscheinungen oder Verzerrungen im Hochtonbereich keine Spur, im Gegenteil, die Boxen erklingen eher etwas zurückhaltend, aber sauber und ungemein präzise. Insbesondere die räumliche Abbildung gelingt dem Set glaubwürdig, das San Francisco Symphony-Orchester bringt Aaron Coplands „Appalachian Spring“ schön durchhörbar und detailliert. Wie selbstverständlich sortieren sich die Instrumente dreidimensional im Raum – einfach klasse. Erwähnenswert, aber fast schon müßig ist es, auf die fehlenden Hornverfärbungen hinzuweisen, von denen nicht die Spur wahrnehmbar ist.

Die drei Drehregler rechts oben am Bedienfeld des JBL-Subwoofers sind für die Einstellung des vollparametrischen Equalizers zuständig.

Sehr wohl aber von den Profi -Genen der Boxen, denn das Set fackelt nicht lange, sondern spielt traumhaft dynamisch und auf den Punkt. Ein besonderer Genuss ist „Toto – Live In Montreux 1991“, das über die JBLs so livehaftig wirkt wie lange nicht mehr. Ansatzlos wie mühelos performen Steve Lukather und seine Mitmusikanten zum großen Spaß vom Publikum im Saal und vor der Leinwand.

Ein Erlebnis ist auch „Terminator – die Erlösung“, weil Soundeffekte und Explosionen genauso unmittelbar kommen wie bei Mehrkanal-Musik, aber auch weil der Subwoofer die Magenwände mit knochentrockener Tiefton-Wucht traktiert und dabei auch vor heftigsten Pegeln nicht kapituliert. Ganz großes Kino.

Tonqualität Stereo
Auch auf sich allein gestellt und mit Stereo-Musik befeuert, überzeugen die HDI-3600 mit sattem, sauberem Bass-Schub, beispielsweise mit „Railway Tracks“ von John Illsley, bei dem Kickdrum und E-Bass richtig knackig und dynamisch kommen. Und Bonnie Raitt zeigt bei ihrem „Nick of Time“, dass bei den JBLs auch feinere Emotionen durchaus an der richtigen Adresse sind und nicht einfach von zu viel Druck erschlagen werden.

Der Testbericht JBL HDI-Set (Gesamtwertung: 91, Preis/UVP: 9400 Euro) ist in audiovision Ausgabe 11-2021 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

91 Sehr gut

Wer ein etwas größeres Budget für sein Heimkino-Boxenset zur Verfügung hat, sollte das HDI-Set von JBL definitiv in die engere Wahl ziehen. Es kann alles, eines aber besonders gut: Mit seiner direkten Ansprache und knackigen Dynamik wirkt seine Wiedergabe fast wie eine Live-Performance.

Michael Nothnagel

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