Dynaudio Evoke-Set (Test)

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Obwohl Dynaudio seit 2014 nicht mehr selbstständig ist, sondern zum chinesischen Konzern Goertek gehört, entwickelt und fertigt das Unternehmen seine komplette Produktpalette immer noch in Dänemark – eine Seltenheit in der heutigen Zeit der Globalisierung. Die Entwicklung wurde sogar deutlich aufgerüstet, unter anderm mit dem „Jupiter“- Messraum.

Seit dem letzten Test eines Dynaudio-Sets in der audiovision hat sich einiges getan. So investiert seit 2014 das chinesische Unternehmen Goertek in Dynaudio, wodurch sowohl Entwicklung als auch Produktion in Dänemark deutlich aufgerüstet werden konnten, unter anderem mit dem „Jupiter“-Messraum.

Stark investiert hat Dynaudio zuletzt in die Messtechnik. Zum einen in einen würfelförmigen Raum von 13 Meter Kantenlänge, in dem sich Frequenzen bis unter 10 Hertz reflexionsarm messen lassen. Zum anderen in ein Messmikrofon-Array, das über einen Winkel von 180 Grad alle 6 Grad ein Mikro aufweist, also insgesamt 30 Stück enthält. Diese in 7,5 Meter Höhe angeordneten Mikros lassen sich einzeln abfragen. Der Lautsprecher wird dann so aufgestellt, dass seine Achse auf das Mikro in der Mitte zielt, und kann dann um 360 Grad gedreht werden. So lässt sich das Rundstrahlverhalten einer Box in alle Richtungen in einem einzigen Messdurchlauf erfassen. Dynaudio nennt diese Kombination aus Mikrofonen und Dreheinrichtung „Jupiter“.

Mit Hilfe der riesigen Messvorrichtung „Jupiter“, die aus einem bogenförmigen Mikrofon-Array mit 30 Mikros sowie einer Boxen-Drehscheibe besteht, kann Dynaudio die wichtigsten Eigenschaften eines Lautsprechers extrem schnell und umfangreich erfassen.

Anders als andere Lautsprecher-Messräume ist der Jupiter-Raum nicht mit absorbierenden Wänden ausgestattet, ist also kein reflexionsarmer (umgangssprachlich „schalltoter“) Raum. Damit die so auftretenden Reflexionen die Messungen nicht verfälschen, griffen die dänischen Messtechniker zu einem Mittel, das auch wir anwenden: Die Messung wird schlicht beendet, kurz bevor die erste Reflexion einer der Begrenzungsflächen am Mikrofon eintreffen kann. Damit wird zwar die Frequenzauflösung einer Messung eingeschränkt, durch die vergleichsweise lange Zeit, die in einem derart großen Raum vergeht, bis der Schall zurückkommt, spielt das aber für die nötige Genauigkeit keinerlei Rolle.

Technik

Eines hat sich nicht geändert: Dynaudio setzt in Sachen Technik auf eigene, ausgefeilte Lösungen, die sich häufig von denen anderer Hersteller unterscheiden: So war das Unternehmen beispielsweise vom Start weg für die Qualität seiner Hochton-Chassis bekannt, namentlich die Esotar genannte Top-Baureihe der lange auch im Selbstbaumarkt tätigen Firma. Die neueste Inkarnation dieses Chassis, der Esotar3 aus der Dynaudio-Referenzserie Confidence, bildet die Basis für den in der neuen Evoke-Serie, aus der das getestete Set stammt.

Angelehnt daran nannten die Entwickler das Chassis Cerotar. Es bringt nämlich nicht, wie sein Stammvater, ein Magnetsystem aus Neodym mit, seines basiert auf einem Keramik-Magneten. Ansonsten blieben die Kons-truktionsmerkmale erhalten: eine leichte, beschichtete Textilkalotte mit 28 Millimeter Durchmesser, eine Aluminium-Schwingspule sowie eine ausgefeilte Bedämpfung inklusive speziell entwickeltem „Hexis“-Multireflektor hinter der Kalotte, um Resonanzen zu vermeiden. Auch das Ferrofluoid im Luftspalt, das zur Wärmeableitung von der Schwingspule zum Magneten und zur Resonanzbedämpfung dient, blieb dem Cerotar erhalten. Seine besonders niedrige Resonanzfrequenz von 700 Hertz macht eine niedrige Trennung zum Tiefmitteltöner oder, wie von Dynaudio bevorzugt, sogar eine Frequenzweiche erster Ordnung, also mit besonders niedriger Flankensteilheit, möglich.

Für die Tiefmitteltöner setzt Dynaudio weiterhin auf das selbst entwickelte Kunststoffmaterial MSP (Magnesium Silicate Polymer). Die durchgängig im Testset eingesetzten 14-Zentimeter-Membranen werden aus einem Stück gefertigt; was aussieht wie eine Staubschutzkalotte, fungiert in Wirklichkeit als Klebestelle für die Schwingspule. Und genau hier unterscheiden sich die einzelnen Boxentypen: Die beiden Treiber der Frontboxen Evoke 30 bringen Schwingspulen mit 52 Millimeter Durchmesser mit (die übrigens hier nicht aus Aluminium, sondern aus dem deutlich schwereren Kupfer bestehen), die beiden Chassis des Centers Evoke 25C weisen 38 Millimeter auf und die der Surrounds Evoke 10 nur 28 Millimeter. Bei allen drei Boxentypen wird die Basswiedergabe durch Bassreflexöffnungen auf der Rückseite der Gehäuse unterstützt.

Genau dosiertes Ferrofluoid verbessert das Klangverhalten der Cerotar-Hochtöner. Der schwarze Hexis-Reflektor hält Resonanzen innerhalb des Treibers im Zaum.

Die mit 2.500 Euro weitaus teuerste Einzelkomponente des Sets, der Subwoofer Sub 6, ist ebenfalls mit technischen Finessen bestückt: Seine beiden 25-Zentimeter-Treiber sind auf gegenüberliegenden Gehäuseseiten montiert. So gleichen sich die Impulse, die ihre Membranbewegungen aufs Gehäuse ausüben, genau aus. Das Resultat: Auch bei höchsten Pegeln keinerlei Bewegung des Subs. Seine Elektronik ist seitlich untergebracht und bringt neben unsymmetrischen und symmetrischen Ein- und Ausgängen – Letztere nicht hochpassgefiltert – auch noch einen DSP mit. Über den lassen sich an den Ausgängen angeschlossene Satelliten zeitverzögert mit Signalen versorgen und so Dis-tanzunterschiede zum Hörplatz ausgleichen. Im Heimkino ist das in aller Regel überflüssig, da diese Zeitanpassung vom Receiver erledigt wird. Auch ein parametrischer Equalizer mit drei Bändern ist an Bord, über den sich störende Raumresonanzen kompensieren lassen. Die integrierte Schaltend-stufe leistet laut Hersteller 500 Watt.

Tonqualität Surround

Im Messlabor kann der Sub 6 mit einer Grenzfrequenz von knapp unter 20 Hertz punkten. Dass er damit trotz der nicht allzu üppigen Membranfläche seiner beiden Treiber 105 Dezibel Maximalpegel erreicht, ist ebenfalls aller Ehren wert. Bei den Frequenzgängen von Fronts, Center und Surrounds sind kleinere Unregelmäßigkeiten im oberen Mitteltonbereich zu erkennen, die bei allen drei Boxentypen parallel laufen und keine besorgniserregenden Ausmaße annehmen. Stärkere Einbrüche im Mitteltonbereich zeigen sich allerdings beim Rundstrahlverhalten des Centers. Die lassen sich auf die verwendete Frequenzweiche erster Ordnung mit ihren geringen Flankensteilheiten und den damit einhergehenden großen Überlappungsbereichen zwischen den Chassis erklären. Optimalen Klang genießt beim Evoke 25C nur, wer genau auf seiner Abstrahlachse sitzt.

Weil die Redaktion schon länger keine Dynaudio-Lautsprecher im Test hatte, waren wir natürlich doppelt gespannt auf die Darbietung des Evoke-Sets. Das kann auf Anhieb mit einem griffigen, detailreichen und räumlichen Klangbild überzeugen. „Listen Up“ von und mit Omar Hakim erklingt präsent, der Zuhörer sitzt – wie von den Aufnahmetechnikern erwünscht – mitten in der Band. Dabei bleiben die Instrumente immer scharf umgrenzt und werden keinesfalls aufgebläht. Eine ähnlich gelungene Vorstellung bietet das Set bei „Terminator – die Erlösung“, die Explosionen und das Robotantriebs-Dröhnen bringt der Sub herzhaft und mit Nachdruck. Extrem laut sollte es dabei zwar nicht werden, die verzerrungsarm erreichbaren Pegel reichen aber aus, um die Nachbarn glaubhaft am Heimkino-Genuss teilhaben zu lassen. Prima ist die Sprachverständlichkeit, wobei Einschränkungen abseits der Abstrahl-Achse nicht so drastisch ausfielen, wie vom Messdiagramm her befürchtet. Gesangsstimmen wie Jane Monheit bei „They Can´t Take That Away From Me“ bringt das Set räumlich punktgenau, aber mit einer etwas ungewohnten Zeichnung. Da von Verfärbungen zu sprechen, wäre unangemessen, trotzdem erklingen die Sänger mit einer etwas anderen Obertongewichtung. Möglich, dass hier die Unregelmäßigkeiten im Frequenzgang um fünf Kilohertz auf sich aufmerksam machen. Bei längerem Hören fällt das dann kaum noch auf und stört nicht mehr.

Tonqualität Stereo

Ohne Sub-Unterstützung kommen die Evoke 30 im Stereobetrieb problemlos zurecht und können genauso überzeugen wie bei Mehrkanal-Ton. Adele zieht bei ihrem „Hello“ alle Register und kommt im Piano wie im Forte glaubwürdig, ehrlich und fest umrissen. Schön auch, wie detailreich und verzerrungsarm die Dynaudios im Hochtonbereich zu Werke gehen. Da hat sich der Aufwand beim Hochtöner wahrlich gelohnt.                                

Der Testbericht Dynaudio Evoke-Set (Gesamtwertung: 87, Preis/UVP: 8300 Euro) ist in audiovision Ausgabe 9-2019 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

87 sehr gut

Dynaudio bietet mit dem Evoke-Set eine echte Alternative zu ihren superteuren High-End-Modellen. Besonders gefällt der präsente, dreidimensionale Klang sowie die hervorragende Verarbeitung.
Michael Nothnagel

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