Denon AVR-X6200W (Test)

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Wie schnell sich das Rad der Technik dreht, sieht man bei kaum einer anderen Heim-kino-Gerätegattung so deutlich wie bei AV-Receivern. Innerhalb eines Jahres haben sich neue 3D-Tonformate sowie der UHD-Standard zum Pflichtprogramm der Heimkino-Zentralen gemausert – und so viele Hersteller in Zugzwang versetzt.

denon-pcVor weniger als anderthalb Jahren kam Denons 2.000 Euro teures Oberklasse-Modell AVR-X5200W (Test in audiovision 11-2014) auf den Markt, der aufgrund fehlender DTS:X-, HDCP2.2- und HDR-Unterstützung heute schon wieder zum buchstäblich „alten Eisen“ gehört. Das letzten Frühjahr erschienene Flaggschiff AVR-X7200WA ist zwar auf dem aktuellen Stand der Technik, kostet aber auch 3.000 Euro. Die Lücke besetzt Denon jetzt mit dem 2.300 Euro teuren AVR-X6200W, der nicht nur mit HDCP-2.2-, HDR- und 4K/60p-Videoverarbeitung auftrumpft, sondern auch Dolby Atmos und DTS:X unterstützt – Letzteres allerdings erst mit einem kostenlosen Firmware-Update im Februar. Gleiches gilt für das Auro-3D-Upgrade, das man für 149 Euro über die Denon-Webseite kaufen kann.

Die handliche Fernbedienung wirkt übersichtlich und punktet mit großen, im Dunkeln fluoreszierenden Tasten.

Die handliche Fernbedienung wirkt übersichtlich und punktet mit großen, im Dunkeln fluoreszierenden Tasten.

Unterschiede zum X4200W

Im Vergleich zu Denons aktuellem Oberklasse-Modell AVR-X4200W (Test in Ausgabe 11-2015) für 1.600 Euro bietet der X6200W einen Monoblock-Aufbau der Verstärkersektion bei neun statt nur sieben Endstufen, etwas mehr Leistung sowie ein 11.2-Kanal-Processing, womit sich Dolby-Atmos-Setups mit 7.2.4 oder 9.2.2-Lautsprechern verwirklichen lassen (siehe Kasten „Vielfältige Atmos-Einstellungen“), allerdings sind hierfür externe Endstufen nötig. Ferner besitzt der große Bruder sieben statt sechs Analogeingänge und fünf statt vier FBAS-Video-Inputs, für die sich im digitalen Zeitalter aber kaum mehr Verwendungsmöglichkeiten finden lassen.

Beim Denon kann man das Lautsprecher-Setup für Dolby Atmos vielfältig anpassen. Bis zu neun Lautsprecher versorgt der Bolide dabei allein, unter Zuhilfenahme eines zusätzlichen Stereo-Verstärkers spielen dank 11.2-Processing sogar bis zu elf Boxen plus zwei aktive Subwoofer zugleich auf.

5.2.4: Im „9.1-Kanal“-Modus versorgt der Denon 5.1-Sets plus vier Deckenboxen ohne externe Verstärker.

5.2.4: Im „9.1-Kanal“-Modus versorgt der Denon 5.1-Sets plus vier Deckenboxen ohne externe Verstärker.

Über den Punkt „Layout“ kann man auch Front-Height- und Rear-Height-Boxen für Höhenton definieren.

Über den Punkt „Layout“ kann man auch Front-Height- und Rear-Height-Boxen für Höhenton definieren.

Dolby Enabled Speaker: Bei vier Aufsatzboxen sollen diese vorn und auf den Surrounds platziert werden.

Dolby Enabled Speaker: Bei vier Aufsatzboxen sollen diese vorn und auf den Surrounds platziert werden.

Sind nur zwei Dolby-Speaker im Einsatz, können diese vorn, auf den Surrounds oder Back-Rears sitzen.

Sind nur zwei Dolby-Speaker im Einsatz, können diese vorn, auf den Surrounds oder Back-Rears sitzen.

Die Terminal-Ansicht informiert darüber, welche Box an welcher Klemme anzuschließen ist.

Die Terminal-Ansicht informiert darüber, welche Box an welcher Klemme anzuschließen ist.

Die Info-Taste zeigt, welche Kanäle das Eingangs­signal enthält und welche Boxen angesteuert werden.

Die Info-Taste zeigt, welche Kanäle das Eingangs­signal enthält und welche Boxen angesteuert werden.

Die äußere Erscheinung

Optisch setzt Denon auf bekannte Formen und Linien, farblich stehen wie bisher Schwarz und Premium-Silber zur Auswahl. Das für einen Receiver dieser Preisklasse nicht unbedingt üppig anmutende Gehäuse mit vergleichsweise moderaten 14 Kilo Gewicht gefällt mit guter Verarbeitung. Allerdings stören uns nach wie vor die scharfen Ecken oben an der Metallfront – weniger aus optischen Gründen, denn als Quelle für Verletzungen. Die Drehregler für Lautstärke und Quellenwahl hatten bei unserem Testmodell etwas zu viel Spiel und liefen nicht so geschmeidig wie in dieser Preisklasse eigentlich erwünscht. Punkte sammelt der Denon dafür mit seinen vergoldeten Anschlüssen sowie dem gut lesbaren Punktmatrix-Display samt separater Dezibel- und Kanalanzeige, das sich dimmen oder für pechschwarze Heimkinos ganz abschalten lässt.

Vier leistungsstarke SHARC-DSP-Prozessoren der 4. Generation sorgen für die digitale Signalverarbeitung.

Vier leistungsstarke SHARC-DSP-Prozessoren der 4. Generation sorgen für die digitale Signalverarbeitung.

Bei den Bauteilen setzt Denon hochwertige Blockkondensatoren mit je 15.000 Mikrofarad ein.

Bei den Bauteilen setzt Denon hochwertige Blockkondensatoren mit je 15.000 Mikrofarad ein.

Hochwertiger Platinenaufbau

Denons „Dynamic Discrete Sound Circuit“ (D.D.S.C.-HD) sowie das „AL24 Processing Plus“ sorgen unter dem Deckel für die Signalverarbeitung. Diese erfolgt in getrennten Bausteinen und soll so für besseren Klang sorgen. Die Leistungs-verstärkereinheit samt speziell für Denon entwickelten DHCT-Transistoren (Denon High Current Transistors) weisen identische Schaltungsdesigns für alle neun Kanäle auf. Die Anti-Jitter-Technik „Denon Link HD“ zur Verkabelung mit kompatiblen Denon-Playern eliminiert dank separater Taktsignalübertragung via Cinch potenziell klangschädliche Zeitschwankungen des Signals.

Dank neun integrierter Endstufen versorgt der AVR-X6200W auch 7.2.2- bzw. 5.2.4-Boxen-Set-ups. Wer sein 7.2-Heimkino um vier Atmos-Boxen erweitern möchte, benötigt aber zwei externe Verstärker – derzeit bietet nur Onkyos TX-NR 3030 (Test in audiovision 11-2014) elf Endstufen. Wer kleinere Konfigurationen fährt, kann ungenutzte Endstufen für Bi-Amping und/oder zwei weitere Hörzonen verwenden, wobei der Denon in Hörzone 2 und 3 auch Digitalsignale der S/PDIF- und Koaxial-Buchsen wiedergibt, in Zone 2 zudem HDMI-Signale.

Denons AVR-X6200W bietet satte 19 Vorverstärker-Ausgänge; vier davon sind Hörzone 2 und 3 zugedacht. Bei neun integrierten Endstufen sind auch nur neun der insgesamt elf Paar Boxenterminals gleichzeitig aktiv. Die aufschraubbaren Antennen links und rechts sorgen für den optimalen Empfang von WLAN und Bluetooth. Die Anschlüsse sind vergoldet.

Denons AVR-X6200W bietet satte 19 Vorverstärker-Ausgänge; vier davon sind Hörzone 2 und 3 zugedacht. Bei neun integrierten Endstufen sind auch nur neun der insgesamt elf Paar Boxenterminals gleichzeitig aktiv. Die aufschraubbaren Antennen links und rechts sorgen für den optimalen Empfang von WLAN und Bluetooth. Die Anschlüsse sind vergoldet.

Flexible Boxenkonfiguration

Wie bei Denon üblich gibt die Lautsprecher-Konfiguration nur wenig Anlass zur Kritik. Die Boxenabstände in Ein-Zentimeter-Schritten überzeugen ebenso wie die Kanalpegel-Justage in 0,5-Dezibel-Schritten und die für jede Box individuell konfigurierbaren Hochpass-Filter von 40 bis 250 Hertz. Die beiden Subwoofer teilen sich einen gemeinsamen Tiefpass-Filter, der in acht Schritten zwischen 80 und 250 Hertz definierbar ist, Distanz und Pegel kann man dagegen für jeden Woofer einzeln einstellen. Beide Krawallmacher lassen sich aber nicht in der Phase invertieren. Auch der manuelle Grafik-Equalizer mit neun Bändern sieht keine Regelung der Subwoofer vor. Aufsatz-Lautsprecher für Dolby Atmos (Dolby Enabled Speaker) regelt der Equalizer nur fünfbandig zwischen 63 Hz und 1 kHz, für alle anderen Boxen steht hingegen der volle Funktionsumfang mit neun EQ-Bändern zwischen 63 Hz und 16 kHz zur Verfügung. Pluspunkte verdient sich der Denon dank des separaten Boxen-Setups für die 2-Kanal-Wiedergabe, in dem man das Bass-Management, Pegel und Distanzen unabhängig von den Einstellungen der Mehrkanalton-Wiedergabe konfigurieren kann.

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Der Dolby-Surround-Upmixer beim AVR-X6200W akzeptiert (im Gegensatz zu manch anderem Hersteller) keinen DTS-Ton. Da weder  DTS-Neo:6 noch DTS Neo:X an Bord sind, kann man DTS-2.0-Aufnahmen bis zur Integration der Neural:X-Schaltung durch das kommende DTS:X-Update nur mit Denons eigenen Raumklang-Programmen auf eine raumfüllende Mehrkanal-Wiedergabe trimmen.

Die erste Inbetriebnahme gelingt dank Setup-Assistenten (siehe Kasten rechts) komfortabel, die Bedienung dank übersichtlicher Menüs relativ einfach. Gelungen ist auch die „Denon Remote App“, mit der sich der Receiver bequem über Android- und iOS-Smartphones bzw. -Tablets steuern lässt. Ferner kann man den AVR-X6200W dank Webinterface – aufrufbar über die IP-Adresse des Receivers – auch über einen Web-Browser konfigurieren.

Unter der Frontklappe des AVR-X6200W sitzen ein zusätzlicher HDMI- und ein FBAS-Eingang sowie die Buchsen für einen USB-Stift, den Kopfhörer und das Einmess-Mikro. Die Tasten steuern alle Grundfunktionen des Geräts.

Unter der Frontklappe des AVR-X6200W sitzen ein zusätzlicher HDMI- und ein FBAS-Eingang sowie die Buchsen für einen USB-Stift, den Kopfhörer und das Einmess-Mikro. Die Tasten steuern alle Grundfunktionen des Geräts.

Über das Web-Browser-Menü lässt sich der Denon AVR-X6200W komplett einrichten und steuern.

Über das Web-Browser-Menü lässt sich der Denon AVR-X6200W komplett einrichten und steuern.

Video und Multimedia

Der Denon schleift UHD-Signale durch oder skaliert analoge wie digitale Videos zu HDMI-Video mit 4K/60 Hertz. Alle acht HDMI-Eingänge und drei HDMI-Ausgänge sind mit HDMI 2.0a samt HDR- und HDCP-2.2-Unterstützung zukunftssicher. Mit den Bildreglern können Tüftler Kontrast, Helligkeit, Farbsättigung, Konturenschärfe und die Rauschunterdrückung regeln. Wie der AVR-X4200W besitzt der AVR-X6200W eine ISF-Zertifizierung der Imaging Science Foundation, die mit entsprechendem Equipment eine exakte Videokalibrierung des Receivers erlaubt. Zudem sind mit „ISF Day“ und „ISF Night“ zwei vorkalibrierte Bildmodi an Bord. Asynchronen Ton gleicht das von 0 bis 200 Millisekunden einstellbare Video-Delay aus.

Auf der Multimedia-Seite punktet Denons AVR-X6200W mit vielseitigen Vernetzungsmöglichkeiten via WLAN, iPod-Direct-Anschluss, DLNA, Bluetooth und AirPlay. Musik gelangt zudem über das gut gemachte vTuner-Internetradio und den „Spotify Connect“-Streaming-Dienst in den Receiver. Über die frontseitige USB-Schnittstelle nimmt der Denon mit FAT32 formatierte USB-Stifte entgegen, der Mediaplayer spielt viele Formate wie etwa AAC, AIFF, ALAC, MP3, WAV, DSD und auch FLAC; Mehrkanal-Dateien verweigert er aber.

Im Dschungel unzähliger Anschlüsse und Funktionen kann man schnell den Überblick verlieren, besonders während der Erst-Installation. Denon begegnet dem Problem mit einem ausführlichen Assistenten, der den Nutzer sicher durch die Inbetriebnahme des AVR-X6200W führt.

Bestandsaufnahme: Zu Beginn wird darüber informiert, was alles für die Inbetriebnahme nötig ist.

Bestandsaufnahme: Zu Beginn wird darüber informiert, was alles für die Inbetriebnahme nötig ist.

Auf den Tafeln zum Boxenanschluss wird erklärt, welche Box an welche Buchse am Verstärker gehört.

Auf den Tafeln zum Boxenanschluss wird erklärt, welche Box an welche Buchse am Verstärker gehört.

Auch die Boxen-Einmessung mit Audyssey MultEQ XT32 gehört zum Installations-Assistenten.

Auch die Boxen-Einmessung mit Audyssey MultEQ XT32 gehört zum Installations-Assistenten.

Selbst beim Anschluss der Abspielquellen steht der Denon dem Nutzer hilfreich zur Seite.

Selbst beim Anschluss der Abspielquellen steht der Denon dem Nutzer hilfreich zur Seite.

Tonqualität Surround

Mit 122 Watt im Fünf-Kanal-Betrieb (6 Ohm) und 221 Watt im Stereo-Betrieb (4 Ohm) zeigt sich der Denon etwas kräftiger als sein kleiner Bruder AVR-X4200W. Im Betrieb zieht der Receiver durchschnittlich stolze 341 Watt aus der Steckdose, im Eco-Modus halbiert sich die Leistungsaufnahme auf 155 Watt – im Standby mit aktivierter HDMI-Durchschleifung sind es hervorragende 0,4 Watt.

Im Hörtest – wie immer zuerst uneingemessen und ohne Subwoofer – schallte der Dolby 5.1-Mix von „Gaslighting Abbie“ auf Steely Dans herausragend abgemischter DVD „Two Against Nature“ ausgesprochen klar, hochauflösend, fein durchgezeichnet und mit kernigen Bässen sowie anspringender Dynamik, so dass man sofort mit dem Fuß wippte. Als Nächstes musste die Einmess-Automatik von Audyssey ran, die bis zu acht Messpunkte unterstützt. Das MultEQ-XT32-System ermittelte die Pegel, Abstände und Boxengröße plausibel, nur unsere großen Standboxen vorn setzte die Automatik auf „klein“ und den Hochpassfilter auf 40 Hertz. – verschmerzbar. Nach der Einmessung stellt Audyssey drei Klangkurven zur Verfügung (Reference, Flat, L/R-Bypass), wobei „Reference“ in unserem Hörraum den harmonischsten Klang produzierte. Die Ergebnisse des Equalizers kann man sich auch als Grafik anzeigen lassen. Mit aktiviertem Audyssey profitierte aber nicht nur die Tonalität, auch der akustische Raum wirkte geschlossener. So flog der Vogel im Dolby-Trailer „Amaze“ lückenlos und plastischer als zuvor im Kreis. Der im Trailer beworbene „Powerful Bass“ drückte aber erst so richtig in den Hörraum, nachdem wir das „Dynamic EQ“-Filter einschalteten. Von der Bass-Schaltung profitierte auch die wuchtige Bombardierung in der Bunker-Szene (80:18) bei der Dolby-Atmos-Abmischung von „Die Tribute von Panem – Mockingjay Part 1“, die der Denon druckvoll und realistisch inszenierte – sowohl um als auch über dem Hörplatz. Nützlich ist das „Cinema EQ“-Filter, das Höhen absenkt und so spitzen Filmton angenehmer macht.

Tonqualität Stereo

Auch bei Stereo legte der Denon dank hoher Auflösung, Durchhörbarkeit und präziser Räumlichkeit jedes noch so winzige Detail von Aufnahmen offen. Dabei blieb der neutrale und dynamische Charakter bei analoger wie digitaler Zuspielung gleichermaßen erhalten. Über S/PDIF eingespeiste Testsignale zeigten dasselbe geringe Rauschverhalten wie bei analoger Einschleusung, im Alltag ist dieses Rauschen selbst bei hohen Pegeln nicht hörbar. ao

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AuVi_AWARD-Highlight

AuVi_AWARD-Referenz

Der Testbericht Denon AVR-X6200W (Gesamtwertung: 92, Preis/UVP: 2300 Euro) ist in audiovision Ausgabe 2-2016 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

92 sehr gut

Denons AVR-X6200W punktet mit reichhaltiger Ausstattung und unterstützt sogar 11.2-Boxen-Setups. Dank HDR und HDCP 2.2 blickt er sicher in die Video-Zukunft, mit Atmos, Auro 3D und DTS:X sind zudem alle 3D-Tonformate an Bord. Lediglich bei der Verarbeitung ist noch etwas Luft nach oben.

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