Die jährliche Wachablösung macht auch vor Yamahas Mittelklasse-Receivern nicht Halt. Im Vergleich zum Vorgänger RX-A850 (Test in 10-2015) entpuppt sich der verbaute DTS:X-Decoder als größte Neuerung des RX-A860. Zudem muss die Bildoptimierung HDR-10 nicht per Firmware nachträglich installiert werden. Neu ist auch der Preis, der von 950 auf 1.000 Euro angestiegen ist.
Ausstattung und Praxis
Für einen runden Tausender gab man dem 7-Kanal-Receiver einige Tugenden der teureren Aventage-Brüder mit auf den Weg: So fällt die Verarbeitung des Metall-Gehäuses samt Aluminium-Front tadellos aus und an der Unterseite soll ein fünfter, mittig angebrachter Standfuß („A.R.T. Wedge“-Design) für verringerte Vibrationen sorgen. Auf den H-förmigen Rahmenaufbau im Inneren mit zusätzlichen Streben für mehr Stabilität verzichtet der RX-A860 jedoch. Unter der kleinen Frontklappe kommen diverse Anschlüsse zum Vorschein (Phono, HDMI, FBAS, USB, YPAO-Mic), aber kaum Steuertasten. Ohne Fernbedienung lässt sich der Receiver daher nicht vollständig bedienen. Das große Zwei-Zeilen-Display kann man auch aus größerer Entfernung gut ablesen, zudem zeigt es separat die Lautstärke sowie eine Kanalmatrix an.
Die Anschlüsse auf der Rückseite fallen identisch zum Vormodell aus, mit 7 HDMI-Eingängen und 2 HDMI-Ausgängen, 4 Stereo-Cinch-Buchsen sowie je 2 optischen und koaxialen Schnittstellen ist man ausreichend für den Heimkino-Alltag gerüstet. Hinzu kommen Pre-outs für einen zweiten Hörraum sowie ein 7.1-Vorverstärkerausgang, der jedoch nicht zur Erweiterung auf ein 7.1.2-Set verwendet werden kann – in der Preisklasse um 1.000 Euro ist dieses Defizit leider noch weit verbreitet. Mit seinen 7 diskret aufgebauten Endstufen ist der RX-A860 auf 7.1- oder 5.1.2-Boxen-Setups beschränkt, dennoch lassen sich 9 Paar Lautsprecher verkabeln: Nutzt man die beiden Höhenkanäle, die bei Yamaha „Front Presence“ heißen, bleiben die Surround-Back-Lautsprecher stumm. Welche Schallwandler gerade aktiv sind, entscheidet der benutzte Ton-Decoder bzw. das Eingangssignal oder das konfigurierte Boxen-Setup. Für den Höhen-Upmix stehen neben den bordeigenen DSP-Programmen (siehe Kasten „Die Effekte des Cinema DSP-3D“) die 3D-Mischer Dolby Surround und DTS Neural:X bereit, welche dank Cross-Format-Upmixing auch die Tonformate der jeweiligen Konkurrenz wiedergeben können. Der DTS Neo:6-Decoder ermöglicht zudem ein Upmixing ohne Höhenboxen.
Yamahas Einmessautomatik YPAO korrigiert den Frequenzgang der Lautsprecher unter Berücksichtigung von bis zu acht Messpunkten. Die drei ermittelten Klangkurven darf der Nutzer nachträglich per semiparametrischem Equalizer modifizieren, der sich nahezu stufenlos in Pegel und Bandbreite sowie 28-stufig in der Frequenz zwischen 15,6 Hz und 16 kHz justieren lässt. Bei der manuellen Lautsprecherkonfiguration gefällt die umschaltbare Subwoofer-Phase; die beiden anschließbaren Krawallmacher lassen sich aber nicht einzeln einstellen. Die Distanzen der Boxen verrückt die Automatik oder der Nutzer in 5-Zentimeter-Schritten – nicht schlecht, die 1-Zentimeter-Einheiten der Konkurrenz erlauben jedoch eine noch genauere Abstimmung.
Video und Multimedia
Die HDMI-Ports akzeptieren UHD-Signale bis 60 Hertz, HDR-10 und den BT.2020-Farbraum, von den 8 Eingängen sind aber nur 3 mit dem HDCP 2.2-Kopierschutz kompatibel. Auf Wunsch skaliert die Videoelektronik HDMI- und analoge SD-Signale bis zu 4K/60p. Die fehlenden Bildregler verhindern jedoch die Höchstwertung bei der Video-Note.
In Sachen Multimedia passt alles, denn Smartphone und Co. dürfen per AirPlay, Bluetooth, DLNA, WLAN, WiFi Direct und USB andocken. Bei den Streaming-Apps stehen Spotify, Napster, Juke und Qobuz zur Auswahl, kostenlose Musik liefert das Internet-Radio. Wie alle Receiver der Aventage-Reihe unterstützt auch der RX-A860 „MusicCast“, mit dem sich zahlreiche Yamaha-Komponenten zu einem Multiroom-System vernetzen lassen; die Handhabung kann bequem per App erfolgen. Ferner steht mit dem „AV-Controller“ eine zweite Smartphone-Fernbedienung zur Verfügung und auch via Internet-Browser lässt sich der RX-A860 steuern bzw. konfigurieren.
Wie glaubwürdig das letztlich klingt, hängt vom realen Hörraum und dem Lautsprecher-Aufbau ab: Aus halligen Umgebungen kann auch fortschrittlichste DSP-Technik keinen klanglich perfekten Kinosaal zaubern – der DSP-Nachhall und der des Hörraums addieren sich ungünstig auf. Das Ergebnis überzeugt umso mehr, je trockener der Hörraum ist. Auch die Anzahl der Lautsprecher und der Abstand zu ihnen ist von Belang: Mit mehr Schallquellen und kürzeren Distanzen kommt mehr Direktschall beim Hörer an, wodurch der Eigenklang des Wiedergaberaums in den Hintergrund tritt.
Tonqualität
Bei der Leistungsmessung lieferte der Yamaha im 7-Kanal-Betrieb etwas mehr Watt als sein Vorgänger, was ihm einen zusätzlichen Wertungspunkt beschert. Mit einer Gesamtleistung von über 550 Watt (4 Ohm) kann er auch in großen Heimkinos solide aufspielen. Der effiziente Eco-Modus senkt den durchschnittlichen Stromverbrauch von 283 auf 142 Watt.
Im Hörtest schob der Yamaha die 5.1-Abmischungen (Dolby und DTS) von Silje Nergaards „Live in Köln“-Scheibe schön dynamisch, plastisch und räumlich überzeugend in den Raum; der Kontrabass zupfte konturiert und kräftig, Instrumente saßen am rechten Platz und Ner-gaards Gesang schallte körperhaft aus der Mitte der Lautsprecher. Mit den Ergebnissen der YPAO-Einmessung waren wir zufrieden, die ermittelten Klangkurven „Natürlich“ und „Linear“ tönten für unseren Geschmack aber etwas hell und bei hohen Hörpegeln aufdringlich; „Front“ dunkelte dagegen den Klang etwas ab. In allen drei Fällen lässt sich der Sound via Equalizer auf individuelle Vorlieben trimmen. Mit Clips von unseren Dolby-Atmos-Demo-scheiben zauberte der Yamaha sehr lebendige, präzise und weite Klangfelder – der 360-Grad-Vogelflug in „Amaze“ war ebenso klar nachvollziehbar, wie der Synthesizer in „Audio-sphere“ von der Decke tönte; Letzterer schallte aufgrund des Einsatzes von nur zwei Top-Front-Boxen nicht über dem Kopf, sondern etwas nach vorne versetzt.
Bei Stereomusik überzeugte uns der Yamaha im „Pure Direct“-Modus mit Neutralität und Durchhörbarkeit. Dabei deckte der Japaner feine Details gnadenlos auf – was nicht jeder Aufnahme gut zu Gesicht steht. Mit audiophilen Jazz-Klängen von Christy Barons CD „Steppin“ musizierte der RX-A860 dagegen wunderbar locker und anspringend, ja geradezu authentisch auf den Punkt. Die „Enhancer“-Schaltung päppelt Musik für einen dynamischeren Klang mit Bässen und Höhen auf, datenreduzierte Audiokost via YouTube tönt so etwas knackiger. ao
Der Testbericht Yamaha RX-A860 (Gesamtwertung: 82, Preis/UVP: 1000 Euro) ist in audiovision Ausgabe 3-2017 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Für 1.000 Euro bekommt man beim RX-A860 guten Sound, eine wertige Verarbeitung und viele Vernetzungsoptionen. Die Beschränkung auf 7.1- bzw. 5.1.2-Boxensetups gehört zu den wenigen Mankos.