Die gute Nachricht vorweg: Der RX-A780 steht seinem nächstgrößeren Bruder, dem RX-A880 (Test in Ausgabe 7-2019), in fast nichts nach. Allerdings liegen die beiden mit 950 und 1.100 Euro auch preislich nicht weit auseinander.
In der Grundausstattung nehmen sich beide Geräte ohnehin nichts: 7 Endstufen mit 7.2- bzw. 5.2.2-Kanalverarbeitung sind das Maximum. Dank Yamahas „MusicCast Surround“-Technik kann man die Streaming-Lautsprecher MusicCast 20 und MusicCast 50 als rückwärtige Boxen kabellos in das System einbinden. Der Subwoofer MusicCast Sub100 lässt sich ebenfalls drahtlos integrieren. An passiven Lautspechern darf man 9 Stück verkabeln. Nutzt man die beiden Höhen-Kanäle, die bei Yamaha „Front Presence“ heißen, bleiben die Back-Rear-Boxen stumm – und umgekehrt. Welche Schallwandler gerade aktiv sind, entscheidet der aktive Decoder oder das konfigurierte Lautsprecher-Setup. Höhenboxen lassen sich allerdings nur vorne (Top, Height und Dolby Enabled) einstellen.
Bei den Decodern fällt die Wahl auf DTS:X und Dolby Atmos, Auro zeigt Yamaha bisher konsequent den Rücken. Verzichten muss man auch auf die 3D-Sound-Virtualizer von Dolby und DTS, denn Yamaha setzt hier seit jeher auf seine eigens entwickelten DSP-Klangprogramme – zwischen 17 Stück kann man beim A780 wählen. Die neue „Surround AI“-Technik mit künstlicher Lernintelligenz findet man allerdings erst in den größeren Modellen. Apropos Decoder: Die Beschränkung des beliebten Cross-Format-Upmixings greift auch beim RX-A780, allerdings nur bei HD-Ton, also Dolby True-HD und Dolby Digital+. Komprimierte Streams in Dolby Digital 5.1 und 2.0 darf man weiterhin mit dem Neural:X-Decoder von DTS hochmischen.
Yamahas AV-Receiver verfügen über „Cinema DSP 3D“-Programme, die den Sound verschiedener Örtlichkeiten simulieren und/oder Ton für die Wiedergabe von Film, Musik oder Games optimieren. Den RX-A780 statteten die Entwickler mit 17 DSP-Klangfeldern aus, die auch die beiden Höhenlautsprecher berücksichtigen. Als Besonderheit – und hier ist Yamaha den Konkurrenten voraus – lassen sich alle Halleffekte auch manuell nach persönlichen Vorlieben konfigurieren: So kann man über Parameter wie Verzögerungszeiten und Pegel den DSP-Effekt und damit die virtuelle Raumgröße selbst bestimmen (Bild rechts).
Wie glaubwürdig das letztlich klingt, hängt vom realen Hörraum und dem Lautsprecher-Aufbau ab: Aus halligen Umgebungen kann auch fortschrittlichste DSP-Technik keinen klanglich perfekten Kinosaal zaubern – der DSP-Nachhall und der des Hörraums addieren sich ungünstig auf. Das Ergebnis überzeugt umso mehr, je trockener der Hörraum ist. Auch die Anzahl der Lautsprecher und der Abstand zu ihnen ist von Belang: Mit mehr Schallquellen und kürzeren Distanzen kommt mehr Direktschall beim Hörer an, wodurch der Eigenklang des Wiedergaberaums in den Hintergrund tritt.
Als Teil von Yamahas 80er-Baureihe bekam auch der A780 ein Upgrade bei Bedienung und Menüführung spendiert: Kennern fällt sofort die neue Fernbedienung auf. Der Geber geriet mit 24,5 Zentimeter zwar recht groß, liegt aber gut in der Hand. Die Oberseite wurde vollständig gummiert und fühlt sich angenehm an. Die Tasten mit nur kleinen Erhebungen und Vertiefungen sind leider etwas schwer zu erfühlen und bieten nur einen geringen Druckpunkt, weshalb man sich öfter mal „verdrückt“ – besonders wenn man ohne hinzusehen oder im Dunklen agiert. Eine Tastenbeleuchtung bleibt den Gebern der größeren Modelle vorbehalten.
Verbesserungen gab es auch bei den Onscreen-Menüs und den „Scenes“. Mit Letzteren lassen sich Grundeinstellungen des Geräts auf 8 Speicher ablegen und per Tastendruck auf-rufen. Das neue Design der grafischen Menüs gefällt uns gut, zumal diese nun übersichtlicher gestaltet sind und sich intuitiver bedienen lassen. Alle Reiter sitzen jetzt links, rechts bekommt man ausführliche Erklärungen. Weniger schmeichelt uns die Schriftschärfe, denn Texte wirken so, als wären sie von SD auf HD skaliert. Wie üblich lässt sich der Yamaha-Receiver auch über die MusicCast-App oder die Controller-App steuern. Mit an Bord sind auch Amazon Alexa und Google Assistant, sodass sich der RX-A780 rudimentär per Sprache bedienen lässt – hierfür werden allerdings kompatible Speaker benötigt.
Mit dem Web-Interface darf man den RX-A780 auch vollständig über einen Webbowser steuern bzw. einrichten; erreicht wird dieses über die IP-Adresse des Receivers plus dem Anhängsel „/setup“.
Ausstattung und Praxis
Das Metallgehäuse besitzt auch eine Aluminium-Front, an der Unterseite soll ein fünfter Standfuß („A.R.T. Wedge“-Design) Vibrationen minimieren. Auf die Metallverstrebungen im Korpus größerer Modelle muss der Kleine freilich verzichten – ebenso auf eine Frontklappe, unter welcher etwa der RX-A880 einige Knöpfe und Buchsen für ein edleres Design versteckt. Kopfhörer, YPAO-Mikrobuchse und Audio-Klinke (3,5 mm) sind beim 780er hingegen offen zugänglich – und stets sichtbar.
Auf der Rückseite findet man ein gut bestücktes Anschlussfeld: 5 HDMI-Eingänge und 2 HDMI-Ausgänge sind für mittelgroße Heimkinos ausreichend, der A880 bietet hier aber zwei HDMI-Eingänge mehr. 3 Stereo-Cinch-Buchsen, je 2 optische und koaxiale Schnittstellen und sogar ein Phono-Eingang sind ebenso mit an Bord.
Natürlich bringt auch der RX-A780 Yamahas proprietäre Einmess-Automatik YPAO mit: Diese korrigiert den Frequenzgang der Boxen, berücksichtigt dabei aber nur einen Messpunkt; die Winkel- und Höhenmessung bleibt ebenso den großen Aventage-Modellen vorbehalten. Die ermittelten Klangkurven („Front“, „Linear“ und „Natürlich“) aller Boxen bzw. korrigierten Frequenzgänge darf man in den semi-parametrischen Equalizer kopieren und dort nach Belieben modifizieren. Besagter Equalizer stellt hierfür für jede Box 7 Einzelfilter (4 für den Subwoofer-Kanal) bereit, die sich in der Frequenz (31-stufig) ab 15,6 Hertz sowie in Verstärkung, Absenkung und Band-breite regeln lassen. Dank der Neustrukturierung des EQ ist dieser nun übersichtlicher zu bedienen als zuvor.
Wie immer bei Yamaha sehen wir bei der manuellen Boxenkonfiguration noch Verbesserungspotenzial, denn die Abstände zum Hörplatz lassen sich nur in 5-Zentimeter-Schritten einstellen; 1-Zentimeter-Einheiten wären besser. Zudem kann man die beiden Subwoofer-Ausgänge nicht getrennt regeln. Die 0,5-Dezibel-Schritte bei der Pegel-kalibrierung sind hingegen optimal.
Video und Multimedia
Alle HDMI-Buchsen arbeiten nach dem HDMI-2.0-Standard und akzeptieren 4K/60p-Signale sowie die Metadaten von HDR10, Dolby Vision und HLG; zudem wird bereits der neueste Kopierschutz HDCP 2.3 des kommenden HDMI-2.1-Standards unterstützt. Auf Wunsch rechnet die Videoelektronik eingehende Signale bis zu 4K/60p hoch, auf einen Video-Equalizer verzichtet der Receiver jedoch.
In Sachen Multimedia darf man per AirPlay 2, Blue-tooth, DLNA, WLAN und USB andocken. Bei den Streaming-Apps stehen Spotify, Napster, Qobuz, Deezer, Amazon Music und Tidal zur Wahl, kostenlose Musik liefert das Web-Radio TuneIn. Dank DAB+ kann man Digitalradio aber auch über die terrestrische Antenne empfangen; das dafür benötigte Antennen-Kabel liegt mit im Karton. Wie alle Receiver der Aventage-Reihe unterstützt der RX-A780 Yamahas Multiroom- und Streaming-System „MusicCast“, mit dem sich Yamaha-Komponenten zu einem Multiroom-System vernetzen lassen.
Tonqualität
Bei der Leistungsmessung lieferte der RX-A780 zu unserer Überraschung deutlich weniger Power als der RX-A880. Mit 48 Watt im 5.1-Betrieb an 6-Ohm-Last strotzte unser Testmuster nicht gerade vor Kraft. Im 7-Kanal-Modus waren es gar nur 33 Watt (6 Ohm). Aufgrund der geringen Leistung empfiehlt sich der RX-A780 eher für mittlere Heimkinos an Lautsprechern mit hohem Wirkungsgrad. Alles Paletti war hingegen im Stereo-Betrieb: Hier klotzte der RX-A780 mit starken 191 (4 Ohm) bzw. 157 Watt (6 Ohm). Der durchschnittliche Stromverbrauch betrug hohe 287 Watt, im Eco-Modus fiel der Verbrauch auf gute 146 Watt.
Im Hörtest war dem Yamaha die geringe Leistung aber nicht anzuhören: Im „Pure Direct“-Modus spielte er dynamisch und sehr klar. Bei klassischer Musik trumpfe der Kleine mit toller Räumlichkeit auf und stellte alle Instrumente bestens hörbar und aufgedröselt in den Hörraum. Rock-Mucke schallte mit sauberen und konturierten Bässen.
Die YPAO-Einmessung lieferte plausible Ergebnisse bei den Boxen-Parametern. Mit den Filtern der Einmessung (Natürlich, Linear) klang es eine ganze Ecke dunkler, was der Feinzeichnung einiger Aufnahmen nicht immer zum Vorteil gereichte. Harscher Musik nahm YPAO allerdings die schneidende Schärfe, besonders das Lauthören wurde angenehmer. Trotzdem spazierte der Receiver eher auf der analytischen als musikalischen Seite.
Effektvollen Filmszenen kommt das allerdings zugute, der luftige, klare und weiträumige Klang machte sich ausgezeichnet bei Atmos-Trailern wie „Amaze“ und „Leaf“. Effekte tönten dann sehr plastisch und Ambientgeräusche füllten weiträumig und überzeugend den Hörraum. Zudem reproduzierte der Yamaha Sprache stets sauber verständlich, auch in Dolbys „Horzion“-Trailer, wo der sonore Sprecher gerne mal etwas hinter die Effekte zurücksteckt. Beim „Audiosphere“-Clip schallten die Decken-Synthesizer recht gut von oben hörbar und nicht etwa von vorne oder seitlich – trotz nur eines Paares vorderer Top-Speaker. Hinten herum fehlten im 5.1.2-Betrieb aufgrund fehlender Back-Rears natürlich etwas Rauminformationen.
„YPAO Volume“ bietet in Abhängigkeit von der Einmessung eine adaptive Kompression des Dynamikumfangs („Adaptive DRC“). Bei leisen bis mittleren Lautstärken hörten wir mit dieser Schaltung allerdings weder bei Dolby- noch DTS-Streams eine nennenswerte Reduzierung von Dynamikspitzen und Bassdruck.
Bei Stereomusik blieb der Yamaha im „Pure Direct“-Modus seinem Charakter treu und musizierte klar, neutral und detailreich. Im Bass spielte der Receiver ebenfalls sehr sauber, wenn auch etwas schlank. Mit hohen Pegeln tönte es bisweilen aber etwas hart, sofern die Musikquelle nicht audiophil aufgenommen war.
Der Testbericht Yamaha RX-A780 (Gesamtwertung: 64, Preis/UVP: 950 Euro) ist in audiovision Ausgabe 3-2020 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Der RX-A780 von Yamaha kann sich sehen und hören lassen: Guter Klang, sehr gute Multimedia- und Streaming-Ausstattung sowie die einfache Bedienung gehören zu seinen Stärken. Dass es letztlich nur zu einem „befriedigend“ reicht, liegt an der geringen Watt-Leistung im Mehrkanal-Betrieb.
Andreas Oswald