Wharfedale Diamond 12 (Test)

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Die Diamond-Serie ist die Günstigste bei Wharfe dale. Für die zwölfte Auflage der 1982 eingeführten Lautsprecher haben sich die britischen Boxenbauer viel einfallen lassen.

Lautsprecher der Einsteigerklasse sind für Entwickler eine harte Nuss: Müssen sie doch mit begrenztem Budget Boxen hervorzaubern, die gut klingen, aber auch optisch und haptisch ansprechende Qualität bieten.

Technik
Um das zu erreichen, hat sich der Hersteller, der sich mittlerweile im Besitz der IAG-Firmengruppe befindet, am Fußball orientiert: Sind neue Impulse nötig, darf dort häufig ein neuer Trainer ran. Im Falle der Diamond-12-Serie tauschte man den Entwickler aus und setzt nun auf den renommierten Karl-Heinz Fink. Wie mittlerweile üblich, verbrachte Fink die meiste Zeit am Computer: Heutige Simulationsprogramme, beispielsweise für die Magnetantriebe der Tieftöner, arbeiten so präzise, dass die ermittelte Dimensionierung meist schon beim ersten real gebauten Prototypen passt. Früher musste man sich in vielen Aufbauversuchen an das Optimum herantasten.

Als Membranmaterial für die Diamond-Tieföner setzt Wharfedale den Kunststoff Polypropylen ein, allerdings nicht in Reinform, sondern mit dem Mineral Glimmer versetzt, das für zusätzliche Steifigkeit sorgt, das Gewicht aber kaum erhöht. Für noch mehr Stabilität sorgen die radialen Prägungen, die zudem unterschiedliche Längen aufweisen und so auftretende Resonanzen auf einen breiten Frequenzbereich verteilen. Besonderes Augenmerk legte Fink auch auf die Gummisicken, deren Dämpfungswirkung auf die Membranen nicht zu groß ausfallen durfte, um „leblosen“ Klang zu vermeiden. Das Ergebnis dieser Mühen nannte der Hersteller „Klarity cone“ und stattete alle Boxen der Diamond-12-Serie damit aus.

Als Hochtöner dient eine 25-Millimeter-Kalotte aus gewebtem Polyester, die mit einem hochdämpfenden Einstrich beschichtet wurde. Der Montageflansch wurde fl ach gestaltet, um ein optimales Rundstrahlverhalten zu erreichen. Nur den Bereich direkt um die Membran formte Fink als Waveguide, um etwas Wirkungsgrad im obersten Frequenzbereich zu gewinnen. Für optimale Zusammenarbeit der Treiber sorgen Frequenzweichen mit recht steilen 24 Dezibel pro Oktave, die auch in den Tieftonzweigen ausschließlich mit Luftspulen versehen sind und dadurch besonders wenig Verzerrungen produzieren – eine Maßnahme, die sonst fast nur in deutlich teureren Lautsprechern zu finden ist.

Etwas Besonderes hat sich Karl-Heinz Fink auch für die Gehäuse respektive deren Schwingneigung einfallen lassen. Letztere trägt häufig unangebracht zum Klangergebnis eines Lautsprechers bei, was die Hersteller mit Versteifungen mehr oder weniger erfolgreich vermeiden. Hier half Kollege Computer mit der „Intelligent Spot Bracing“, also der intelligenten Punkt-Versteifung. Konkret heißt dass, Wharfedale verbindet nur die jeweils gegenüberliegenden Wände der Box mit speziell geformten Versteifungen und erreicht damit eine größere Reduktion von Gehäuseresonanzen.

Die Standboxen Diamond 12.4, ihres Zeichens die Frontboxen des Wharfedale-Sets, bringen zwei Klarity-Cone-Tieftöner mit jeweils 15 Zentimetern Durchmesser mit, von denen der untere nur für den Bass zuständig ist, der obere aber bis zur Trennfrequenz zum Hochtöner bei knapp über zwei Kilohertz arbeitet. Die Surrounds Diamond 12.1 haben je einen dieser Basstreiber. Beide Varianten tragen Bassreflexöffnungen auf ihrer Rückseite. Der Center Diamond 12.C jedoch ist geschlossen aufgebaut, seine Basschassis sind 13 Zentimeter groß und nehmen den Hochtöner klassisch in ihre Mitte.

Als Subwoofer lieferte uns der deutsche Wharfedale-Vertrieb den SpeakerCraft SDSi-10 mit, der mit seinem Preis von 800 Euro sehr gut zum Set passt. Der angetriebene 25-Zentimeter-Treiber des kompakten Subs ist auf seiner Front untergebracht, seine beiden gleich großen Passivmembranen jeweils auf den Seitenwänden links und rechts. Pegel und Trennfrequenz lassen sich bei ihm stufenlos regeln, die Phase nur umschalten. Immerhin trägt er einen USB-Anschluss zur Spannungsversorgung eines Drahtlos-Übertragungsmoduls sowie eine entsprechende Befestigungsmöglichkeit dafür auf seiner Rückseite. Eine Fernbedienung gibt es nicht.

Es sieht so verführerisch einfach aus: Man setze einige vernünftige Lautsprecherchassis in ein Gehäuse, versehe sie mit einer sinnvollen Frequenzweiche und schon ist der Top-Lautsprecher fertig. Wenn es denn nur so einfach wäre.

Bereits das Gehäuse kann zur Herausforderung werden. Zumindest, wenn man seinen Einfluss auf den Klang minimal halten will. Das weit verbreitete Baumaterial MDF (Mitteldichte Faserplatte) ist gegen Mitschwingen alles andere als immun und fügt dadurch allzu oft eigene Klanganteile hinzu. Das probateste Mittel dagegen ist, die Gehäuseflächen steifer zu machen. Das versuchen die Entwickler in aller Regel, mit innen eingeklebten Versteifungsbrettern oder -leisten zu erreichen. Deren Auslegung und Positionierung ist allerdings – wie so vieles beim Lautsprecherbau – keineswegs trivial. Hier helfen einmal mehr die in den letzten Jahren entwickelten Computer-Simulationsprogramme, die es erlauben, das akustische Verhalten eines kompletten, aus vielen Einzelteilen bestehenden Lautsprechergehäuses zu simulieren. So lässt sich, ohne ein einziges Stück Holz zuzuschneiden und ohne eine einzige Messung, recht schnell herausfi nden, wo optimale Positionen für Versteifungen im Gehäuse sind und welche Formen von Versteifungen die beste Wirkung haben. Und das Schönste daran: Die so gewonnenen Erkenntnisse stimmen dann in aller Regel perfekt mit der Wirklichkeit überein.

Links das Gehäuse der Diamond 12.1 ohne, rechts mit optimierten Versteifungen: Je „heißer“ die Farbe, desto stärker schwingt die Gehäusewand mit.

Tonqualität Surround
Dank der 500 Watt Spitzenleistung des eingebauten Verstärkers bringt der SDSi-10 einen Maximalpegel von 104 Dezibel, seine untere Grenzfrequenz von 35 Hertz ist zwar nicht berauschend, aber für seine Größe angemessen. Dem steilen Abfall zu tiefen Frequenzen hin ist anzusehen, dass hier ein Subsonic-Filter die Membranen sinnvoll vor zu großer Auslenkung schützt. Bei der Dimensionierung des justierbaren Tiefpassfilters hat sich aber offenbar ein Fehler eingeschlichen: Der Einstellbereich reicht nicht, wie angegeben, von 50 bis 160 Hertz, sondern, wie die Frequenzgänge zeigen, von etwa 130 bis 250 Hertz. Das ist für den Heimkino-Betrieb, wo die Trennung ohnehin vom AV-Receiver übernommen wird, egal, aber natürlich nicht korrekt.

Als durchaus sauber sind die Frequenzgänge der Wharfedales zu bezeichnen. Sie verlaufen allesamt ohne nennenswerte Unregelmäßigkeiten. Auffällig ist, dass der Center um einiges lauter spielt als Front- und Surroundboxen. Sein Rundstrahlverhalten ist vorbildlich gleichmäßig, zeigt aber die bekannten Einbrüche im Mitteltonbereich.

Von Beginn an liefert die Briten-Kombi im Hörraum: Wenn in „Terminator – Die Erlösung“ der Abschleppwagen die Motorrad-Robots lautstark zu Schrott verwandelt, bleibt die Sprachverständlichkeit trotzdem hervorragend. Zudem kommen auch bei beherztem Rechtsdreh am Lautstärkeregler die Bassimpulse nachdrücklich und ohne Verzerrungen. Erst bei extremen Pegeln komprimiert der Subwoofer wahrnehmbar, ohne allerdings ins Unsaubere abzugleiten.

Die räumliche Darstellung darf sich ebenfalls hören lassen, die San Francisco Symphony sortiert das Klanggeschehen bei „Appalachian Spring“ säuberlich und dreidimensional auf und lässt dabei auch Dynamik und Spielfreude nicht unter den Tisch fallen. Sehr schön auch die Stimme von Jane Monheit bei „They Can´t Take That Away from Me“, der das Set die richtige Mischung aus Wärme und Präsenz mit auf dem Weg gibt. Und auch knackigem Rock sind die Wharfedales zugeneigt, wie sie bei Totos „Live At Montreux 1991“ vergnüglich unter Beweis stellen, die Stimme von Steve Lukather kommt genauso präsent und mit Gefühl wie seine begnadeten Gitarrenriffs. Und die Rhythmus-Grundlage, die die Brüder Steve (Schlagzeug) und Mike (Bass) Porcaro hier virtuos legen, bringt das Set ebenfalls überzeugend zu Gehör.

Tonqualität Stereo
Trotz der eher kleinen Membranflächen ihrer beiden Tieftöner kommen die Diamond 12.4 im Stereo-Betrieb auch ohne Subwoofer-Unterstützung prima zurecht. Sie punkten hier sogar mit knackiger, durchaus tiefreichender Wiedergabe, beispielsweise wenn John Illsley sein „Railway Tracks“ zum Besten gibt. Räumlich behalten die beiden ebenfalls die Übersicht, bei „Jazz At The Pawnshop“ platzieren sie die Instrumente schön dreidimensional und vernachlässigen auch die faszinierende Life-Atmosphäre nicht.

Der Testbericht Wharfedale Diamond 12 (Gesamtwertung: 82, Preis/UVP: 2.600 Euro) ist in audiovision Ausgabe 8-2022 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

82 Sehr gut

Mit der Diamond 12-Serie hat Wharfedale eine würdige Neuauflage dieser traditionsreichen Baureihe auf den Markt gebracht. Dank modernster Entwicklungsmethoden und ausgewogener Abstimmung verfügt das Set über eine Klangqualität, die man in der Einsteigerklasse nur selten findet.

Michael Nothnagel

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