Der englische Boxenbauer Wharfedale war schon immer für ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis seiner Lautsprecher bekannt. Die D300-Serie setzt diese nicht unbedingt britische Tradition fort.
Schon 1932 hat Gilbert Briggs seinen ersten Lautsprecher gebaut. Wie es sich für Erfinder dieser Zeit gehört, natürlich im Keller seines Hauses, und zwar im nordenglischen Ilkley am Fluss Wharfe. Nach der diesen umgebenden Landschaft, Wharfedale, hat Briggs seine neu gegründete Firma auch benannt – und sie schnell zu anhaltendem Erfolg geführt. Besonders stolz ist man bis heute auf die 1981 eingeführte Diamond-Serie, mit der Wharfedale zum ersten Mal äußerst kompakte und bezahlbare Zweiweg-Boxen mit echter Hifi-Qualität auf den Markt brachte. Vor knapp 40 Jahren war das eine echte Sensation.
Technik
In dieser Tradition steht auch die neue D300-Serie von Wharfedale (der Hersteller ist mittlerweile Teil der IAG-Firmengruppe): Das komplette Set aus Standboxen, Center, Surrounds und Subwoofer schlägt mit 2.300 Euro zu Buche, hat aber in Sachen Technologie mehr zu bieten, als das verhältnismäßig günstige Preisschild vermuten lässt: Gewebte Kevlar-Membranen für die Basstreiber beispielsweise, die bei anderen Anbietern, wenn überhaupt, eher in höheren Preisklassen zu finden sind. Dieses Material vereint geringes Gewicht, gute Steifigkeit sowie eine hohe innere Dämpfung in sich – ist allerdings nicht ganz einfach zu verarbeiten. Der Antrieb der Chassis glänzt mit einer Langhub-Schwingspule, gemeinsam mit dem Polkern aus einem Stück gefertigter, speziell geformter Polplatte und Kupfer-Kurzschlussring zur Unterdrückung von störenden Wirbelströmen. Die satt dimensionierten Magnete zeugen ebenfalls nicht von übertriebener Sparsamkeit.
Alles andere als Standard ist die P-EQ (Pressure Equalization, also Druck-Angleichung) genannte Lösung, die Wharfedale beim D300-Set in puncto Auslegung der Bassreflex-Technik wählte: Die Reflexrohre münden nicht wie üblich auf der Front oder der Rückseite des Gehäuses zur Außenwelt, sondern bei allen Boxen der Serie in der Bodenplatte. Für einen definierten Abstand zu der Fläche, auf der die Lautsprecher dann letztendlich stehen, sorgen bei Center und Surrounds kleine Kunststoff-Füße, bei den Frontboxen per Distanzscheiben montierte Sockelplatten.
Wharfedale schlägt mit diesem Prinzip mehrere Fliegen mit einer Klappe: Erstens ist – zumindest bei der Standbox – die Ankopplung an den Raum in Bodennähe erheblich besser als bei einer höheren Anbringung der Öffnung. Zweitens nutzen die Entwickler das Volumen unter den Boxen, das von den Distanz-Füßen aufgespannt wird, als Verlängerung des Bassreflexrohres. Das kann dadurch in der Box entsprechend kürzer ausfallen. Außerdem wird der Luftstrom bei dieser Bauweise um 90 Grad umgelenkt und zu allen Seiten der Box hin gleichmäßig verteilt. Und nicht zuletzt erreichen Strömungsgeräusche aus den Rohren und etwaige Gehäuseresonanzen den Zuhörer nur noch über Umwege und damit deutlich gedämpft.
Für unser Test-Set verwendet Wharfedale ausschließlich Tieftonchassis mit 13 Zentimetern Durchmesser: Die Frontboxen D330 und der Center D300C besitzen je zwei davon, die Surrounds D320 jeweils einen. Der Seidenkalotten-Hochtöner mit seinem angedeuteten Waveguide ist überall der gleiche. Auch er spart nicht mit Technik: Sein Polkern beispielsweise ist durchbohrt und erweitert das Volumen hinter der 25 Millimeter durchmessenden Kalotte zur rückwärtigen, mit Flies bedämpften Rückkammer hin. So bleibt die Resonanzfrequenz und somit die mögliche Trennfrequenz zum Bass-chassis niedrig.
Die Gehäuse sind gemäß der Preisklasse einfach gestaltet, fallen aber mit Frontplatten von satten 28 Millimetern Stärke auf – ungebührliche Vibrationen sind hier sicher kein Thema. Zudem verrundet Wharfedale die Kanten der Fronten, um eine störende Diffraktion zu vermindern und über einen weiten Frequenzbereich zu verteilen. Als Oberflächen bietet Wharfedale bei der D300-Serie ausschließlich Dekorfolie in den Ausführungen Schwarz, Weiß, Rosenholz und Nussbaum an. Die Verarbeitung stellt auch anspruchsvolle Heimkino-Fans zufrieden.
Komplett geschlossen ist das Gehäuse des Subwoofers WH-D8. Sein 20-Zentimeter-Treiber ist mit wenig Volumen zufrieden, was seine Abmessungen äußerst kompakt, ja geradezu niedlich ausfallen lässt. Auf seiner Rückseite trägt er neben Reglern für Pegel und Trennfrequenz ein Stereo-Paar Cinch-Eingangsbuchsen sowie Schalter für Phase und Einschaltautomatik. Mit 70 Watt fällt die Verstärkerleistung der Endstufe vergleichsweise gering aus.
Tonqualität Surround
Was zumindest im Messlabor kaum zu negativen Ergebnissen führte: Mit einem Maximalpegel von 105 Dezibel und einer unteren Grenzfrequenz von 33,7 Hertz erweist sich der WH-8D als gut in Form, insbesondere für seine Größe und Preisklasse (Solo kostet er 350 Euro). Wenig auszusetzen gibt es auch bei den Frequenzgängen von Fronts, Center und Surrounds, die weisen allenfalls marginale Unregelmäßigkeiten auf. Bemerkenswert ist der hohe Wirkungsgrad insbesondere des Centers, der fast 90 Dezibel erreicht. Da reichen auch kleine AV-Receiver, um das Set zu Höchstleistungen zu befeuern. Wenig Probleme bereitete auch das Rundstrahlverhalten des Centers, das nur einen schmalen Einbruch bei etwa einem Kilohertz und großen Winkeln zeigt.
Wenig Grund zum Meckern gab es auch im Hörraum, das Wharfedale-Set überzeugt auf Anhieb mit einem stimmigen, engagierten Klangbild, das erst einmal keinen Wunsch nach mehr aufkommen lässt. Wie es „Listen Up“ von Omar Hakim zum Besten gibt, ist aller Ehren wert. Es stellt die Instrumente glaubwürdig und stabil im Raum auf und betont oder vernachlässigt keines davon. Auch in Sachen Dynamik weiß das Set zu überzeugen – sicher auch dank des hohen Wirkungsgrades. Wird es allerdings lauter, dann machen sich im Bass einige Kompressionserscheinungen bemerkbar.
Noch deutlicher werden die bei „Terminator – die Erlösung“, hier ist der Subwoofer bei hohen Abhörpegeln merklich überfordert und den Explosionen und dem Dröhnen der Robots nicht mehr voll gewachsen. Wir sprechen hier wohlgemerkt von XXL-Pegeln, bei Nachbar- und Wohnraum-verträglichen Lautstärken kann der Sub mit dem Rest des Ensembles problemlos mithalten. Erstaunlich gut gelingt dem Set die räumliche Abbildung, die Rundum-Wirkung guter Filmsoundtracks lässt hier auch gegenüber teureren Sets wenig Wünsche offen, wie die Kanalszene von „Ratatouille“ mit ihrer Vielzahl an Wassergeräuschen und Echos unter Beweis stellt.
Tonqualität Stereo
Auch ohne Subwoofer gehen die D330 im Stereobetrieb energetisch und basskräftig zur Sache. Prima, wie sie den Titelsong von Country-Ikone Gretchen Wilsons CD „Ready To Get Rowdy“ nach vorne schieben und die markante Stimme Wilsons präzise zwischen – und leicht vor – die Lautsprecher stellen. Auch feine Details werden dabei nicht verschluckt, die Wharfedales bleiben aber immer involviert und nie unbeteiligt-analytisch.
Der Testbericht Wharfedale D300-Set (Gesamtwertung: 82, Preis/UVP: 1100 Euro) ist in audiovision Ausgabe 9-2019 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Für überschaubares Geld bietet das D300-Set von Wharfedale dynamischen und detaillierten Hörspaß. Das Konzept funktioniert mit Musik gleichermaßen wie mit Kinoton, wobei man es beim Pegel nicht übertreiben sollte.
Michael Nothnagel