ViewSonic X100-4K (Test)

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ViewSonic präsentiert einen 4K/UHD Home-Entertainment-Projektor mit langlebiger LED-Lichttechnik. Obendrein unterstützt er Smartfunktionen, 3D und HDR10.

Smart-Features und große Bilder werden immer beliebter unter Heimkinofreunden. Gerade im Wohnzimmer möchten viele Cineasten spannende Spielfilme in XXL-Kinogröße erleben, ohne den wohnlichen Charakter dabei aufzugeben. Der ViewSonic X100-4K bringt für 2.100 Euro fast alles mit, um in der guten Stube ein mehrere Meter breites Bild zu projizieren. Mit 7,6 kg ist er leicht genug, um ihn mit einer handelsüblichen Deckenhalterung über Kopf zu installieren. Das schicke Gehäuse besitzt geschwungene und abgerundete Kanten.

Die Tastatur der Fernbedienung ist beleuchtet. Mittels des grauen Drehrades wird die Schärfe eingestellt. Sie fungiert überdies als Sender für die Sprachsteuerung via Alexa.

Unter einer durchsichtigen Klappe sind die Regler für Lens-Shift und Zoom ins Gehäuse eingelassen.

Sollte die Fernbedienung gerade mal nicht zur Hand sein, können alle relevanten Einstellungen direkt am Projektor durchgeführt werden.

Fast alle Anschlussterminals sind an der linken Seite eingelassen, so dass die Signalzuspielung weitgehend „unsichtbar“ erfolgen kann. Das Netzkabel wird auf der rechten Seite eingesteckt. Auch hier ist der Port mehrere Zentimeter tiefer gelegt, damit das Kabel optisch nicht stört. Um das Objektiv bei Nichtnutzung vor Staub zu schützen, schließt davor eine Flügelblende direkt nach dem Ausschalten. Wird der Beamer eingeschaltet, öffnet sich die Blende automatisch, so dass das Licht ungehindert passieren kann.

Der ViewSonic X100-4K macht es dem Nutzer recht leicht. Für Filme, Sport und Serien in HDR braucht man lediglich in den Bildmodus Nutzer 1 zu wechseln. Die geänderten Einstellungen übernimmt der Projektor und ordnet sie automatisch HDR und SDR korrekt zu. Wem das HDR-Bild auf der Leinwand zu dunkel oder gar zu hell erscheint, kann mit Hilfe des EOTF-Reiters diesen Umstand beheben.
EOTF ist die Bezeichnung für das HDR-Gamma.
Wird der Wert im Menü geändert, bleiben Schwarz und Weiß unverändert. Es werden vielmehr die Mitteltöne abgesenkt oder angehoben. Hier ist erlaubt, was gefällt.

EOTF Gering sorgt für einen insgesamt recht dunklen Look.

EOTF Mittel balanciert Helligkeit und Plastizität am natürlichsten.

Mit EOTF Hoch erscheint das Bild am hellsten, führt aber zu Plastizitätseinbußen.

Ausstattung und Technik
Der ViewSonic X100-4K besitzt einen 0,47-Zoll großen Single-DLP-Chip mit Full-HD-Auflösung. Um UHD-Filme von einer 4K-Blu-ray wiederzugeben, bedient sich unser Testgast eines technischen Kniffs. Er nutzt alle 1.920 x 1.080 Pixel mehrfach. Mittels einer elektrischen Verschiebefunktion (englisch Shift) werden Inhalte nacheinander leicht diagonal versetzt projiziert. Auf diese Weise können alle 3.840 x 2.160 Pixel eines UHD-Bildes ausgegeben werden. Die sequentielle Darstellung geschieht so schnell, dass der Zuschauer sie als ein Bild wahrnimmt. Mit nativer Ultra High Definition hat das zwar wenig zu tun, weil die Inhalte lediglich übereinander dargestellt werden. Dennoch funktioniert diese E-Shift-Technologie so gut, dass feinste Linien in UHD-Pixelauflösung zu sehen sind.
Ein 1,2-faches Zoom-Objektiv sorgt für etwas Flexibilität in der Aufstellung. Aus einer Distanz von 2,40 bis 2,88 Meter kann eine zwei Meter breite 16:9-Leinwand vollständig ausgeleuchtet werden. Horizontaler und vertikaler Lens-Shift erleichtern dabei die finale Ausrichtung des Bildes.

Zum Lieferumfang gehört ein WLAN-Dongle, der in den USB-Port des Projektors eingesteckt wird. Sofort werden alle WLAN-Netzwerke in der Umgebung aufgelistet. Wir wählen unser „Studionet“ aus, geben das Passwort ein mit Hilfe der Bildschirmtastatur und bestätigen die Eingabe. Zwei Sekunden später steht die Verbindung. Über den gesamten Testzeitraum ist diese zuverlässig und ohne Störungen. Als Nächstes können die vorgeschlagenen Apps installiert werden. Wir entscheiden uns für Amazon Prime Video und Netflix. Auch hier gelingen Installation und Inbetriebnahme intuitiv und zügig.

Ein weiteres Highlight ist die motorische Schärfeeinstellung. Befindet sich der Projektor mehrere Meter von der Leinwand entfernt, ist das Fokussieren oftmals ein umständliches Unterfangen, weil eine präzise Feinausrichtung aus der Distanz am Objektiv schwierig ist. Der ViewSonic X100-4K erleichtert diese Tätigkeit. Auf der Fernbedienung befindet sich eine „Fokus“-Taste. Wird diese gedrückt, erscheint mittig auf der Leinwand ein rundes Schärfetestbild. Der Nutzer kann direkt vor die Leinwand treten und mit der Nasenspitze vor dem Testbild die Schärfe perfekt einstellen. Dafür muss lediglich das Drehrad auf der Fernbedienung betätigt werden, bis das Bild knackscharf erscheint. Um einen ersten Eindruck an dieser Stelle vorwegzunehmen: Der X100-4K gehört zu den schärfsten Projektoren in seiner Preisklasse. 3D-Filme können via DLP-Link-Brille betrachtet werden. Das Highlight ist zweifelsfrei HDR, dabei werden die Formate HDR10 und HLG (Hybrid Log Gamma) unterstützt.

Ein Stereo-Soundsystem mit zweimal 20 Watt von Harman Kardon ist ebenfalls implementiert, das sich vor günstigen Soundbars nicht verstecken muss. Wer mit Freunden an einem lauschigen Sommerabend 2021 die Spiele der Fußballnationalmannschaft während der Europameisterschaft auf der Terrasse erleben möchte, kann die eingebauten Lautsprecher nutzen. Der Tiefbasswiedergabe fehlt es zwar an Druck, dafür tönen Frauen- und Männerstimmen klar und deutlich.

Die Menüs sind gut strukturiert und im Grunde selbsterklärend. Im Bildmenü sind ein Sechs-Achsen-Farbmanagement, feste Gammaeinstellungen und Gain/Offset-Regler hinterlegt. Eine Frame Interpolation sorgt für flüssigere und schärfere Bewegt-Szenen. Zudem ist der Viewsonic X100-4K mit 20 Dezibel flüsterleise im hohen Lampenmodus.

Mit Hilfe des runden Fokus-Testbildes in der Mitte kann die Schärfe mit der Fernbedienung motorisch eingestellt werden.

Die Makroaufnahme deckt auf, dass vertikale Linien in kleinster UHD-Pixelauflösung vom X100-4K dargestellt werden. Horizontale Linien hingegen nicht.

ViewSonic verbaut die zweite Generation der LED-Lichttechnologie (RGBB) im X100-4K, die nicht nur 1.430 Lumen Lichtausbeute erzielt, sondern eine Lebensdauer von 30.000 Stunden besitzen soll. Dabei sind Energieverbrauch (150 Watt) und Lüftergeräusch (20 Dezibel) auf beachtlich geringen Werten. Üblicherweise werden Drehräder mit Farbsegmenten in Ein-Chip-DLP-Projektoren mit UHP-Lampen verbaut. Diese verursachen einen für viele Zuschauer störenden RBE (Regenbogen-Effekt), weil die Farben nacheinander dargestellt werden. Nicht so der ViewSonic X100-4K. Anstatt eines Farbrades erzeugen die LEDs die sequenzielle Farbdarstellung – und zwar mit viel schnellerer Frequenz, so dass ein RBE kaum noch zu sehen ist

Als Lichtquelle kommen LEDs mit den Farben Rot, Grün, Blau, Blau (RGBB) zum Einsatz.

Auf ein Farbrad im Lichtweg des ViewSonic X100-4K wird verzichtet, weil die LEDs die Farbseparation erzeugen.

Gleich vier HDMI-Ports bringt der Beamer mit, die alle HDMI 2.0 und HDCP 2.2 unterstützen. Dank einer Übertragungsrate von 18 GB/sec ist es möglich, dass HDR-Filme mit einer Auflösung bis 3.840 x 2.160 Pixel und 60 Hz entgegengenommen und projiziert werden. Zum Beispiel: „Gemini Man“.

Licht und Farbe
Ab Werk beträgt die Lichtausbeute 1.430 Lumen im Bildmodus „Film“. Die Farbtemperatur erzielt ordentliche 6.800 Kelvin, die wir im Rahmen der Kalibrierung auf die standardisierten 6.500 Kelvin (D65) abgesenkt haben. Durch die Anpassung geht erfreulich wenig Licht verloren. Die herauskommenden 1.395 Lumen (D65) reichen aus, um 3,80 Meter Bildbreite mit 16 Footlambert strahlend hell auszuleuchten – oder entsprechend kleinere Leinwände mit zunehmendem Fremdlicht im Raum. Viewsonic beziffert die Farbraumabdeckung für HDTV mit 125 Prozent. Im Bildmodus „Film“ ist das nicht der Fall. Hier wird der Rec.709-Standard mit 100 Prozent optimal abgedeckt. Wer es bunter mag, schaltet in den Bildmodus „Nutzer 1“. Hier werden vor allem Rot und Grün viel gesättigter dargestellt und die beworbenen 125 Prozent erreicht. Dieser Bildmodus empfiehlt sich bei leichtem Restlicht im Raum und darüber hinaus für UHD-Filme, da Rot und Blau im Rec.2020-P3-Farbraummodell exakt getroffen werden. Grün verfehlt hingegen seine Sollkoordinaten und ist leicht untersättigt.

Die Frame Interpolation kann nicht nur für HDR-Filme eingeschaltet werden, sondern auch für Full-HD- und 3D-Spielfilme.

Der dynamische Kontrast wird mit 3.000.000:1 angegeben. Da für das Schwarzbild die LEDs einfach ausgeschaltet werden, ergibt sich tatsächlich ein unendlicher Kontrastumfang. Davon bleiben nativ (ohne dynamische Helligkeits-Regelungen) allerdings nur 244:1 (On/Off) und 121:1 (ANSI) übrig, was im dunklen Heimkino zu einem nicht sonderlich plastischen Bildeindruck führt. Schwarz sieht eher Mittelgrau aus, was sich im Messwert mit 5,7 Lumen niederschlägt. Die Ausleuchtung (Color Uniformity) ist über die gesamte Fläche hingegen sehr gut. Der Lichtabfall zu den Rändern liegt zwischen 4 und 10 Prozent. Damit ergibt sich eine überaus gleichmäßige Helligkeitsverteilung. Mit bloßem Auge ist keine Abschattung zur Seite ersichtlich.

Zahlreiche Smart-Funktionen bietet der ViewSonic via WLAN. Wer Amazon Prime-Kunde ist, kann auf das umfangreiche Film- und Serien-Sortiment online zugreifen.

Bildqualität in der Praxis
Wir starten von der 4K-Blu-ray den Dan-Brown-Klassiker „Illuminati“ mit Tom Hanks in der Hauptrolle. Bereits die auf der Sony-Disc enthaltenen Testbilder offenbaren, dass der X100-4K alle Elemente von 0,005 bis 8.000 Nits via Tone Mapping darstellt. Sollten HDR-Filme zu dunkel oder zu hell auf der Leinwand erscheinen, kann mittels EOTF-Einstellungen das Bild wunschgemäß angepasst werden (siehe Kasten). Wenn ein Schiff durch die Kanäle von Venedig fährt, strahlt das Wasser in herrlichem Cyan, ebenso beeindruckt der Himmel mit satten Blaufarb­tönen. Die Feindetaildarstellung an den Gebäuden links und rechts beeindruckt, weil selbst Strukturen an den weit entfernten Fensterläden reproduziert werden.

Der Rec.2020/P3-Farbraum wird mit über 90 Prozent abgedeckt. Grün ist ein wenig limitiert, während Rot und Blau ihre Vorgaben erfüllen.

Die Bewegungsschärfe auf „Frame Interpolation: Mittel“ ist angenehm natürlich. Es treten kaum Artefakte auf, welche der Zwischenbildberechnung zuzuschreiben sind. Bewegungen erscheinen durchweg realistisch, ohne dass es zum bei Filmfans berüchtigten Seifenoper-Effekt kommt. Hier hat Viewsonic ganze Arbeit geleistet. Werden die Szenen dunkler, ändert sich der Eindruck leider zum Negativen. In der Kathedrale sieht Schwarz anthrazitfarbig aus. Dadurch büßt die Szenerie erheblich an Plastizität ein. Es liegt buchstäblich ein Grauschleier über dem Bild, der dem suboptimalen Kontrastumfang zuzuschreiben ist. Aus letztgenanntem Grund ist der ViewSonic X100-4K unserer Ansicht nach nur bedingt für das High-End-Heimkino zu empfehlen. Vielmehr kann er im Wohnzimmer seine Stärken ausspielen. Tageslicht am Nachmittag und das Streulicht durch weiße Wände, Fußboden und Decke zurück auf die Leinwand reflektiert, reduziert den Kontrast von jedem Beamer. Was hier zählt: Helligkeit! Und davon besitzt der ViewSonic eine ganze Menge. Das ist dann auch auf der Leinwand zu sehen. Der erweiterte Farbraum sorgt hier für gefällige satte und bunte Inhalte, die vor allem eines sind: gestochen scharf. Darüber hinaus lassen sich Schwarzwert und Kontrast im Wohnzimmer mit einer High-Contrast-Leinwand wie der Spalluto WS S CinemaFrame Ambient HC (Test hier) noch verbessern.

Der Testbericht ViewSonic X100-4K (Gesamtwertung: 70, Preis/UVP: 2100 Euro) ist in audiovision Ausgabe 12-2020 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

70 gut

Der ViewSonic X100-4K ist ein leiser, heller und smarter 4K-Home-Entertainment-Projektor, der sich im Wohnzimmer mit Restlicht am wohlsten fühlt. Für das düstere Heimkino ist er aufgrund seines suboptimalen Kontrasts weniger geeignet.

Michael B. Rehders

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