Technisat Technivista 65 (Test)

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Beim 1.700 Euro teuren Technivista 65 will sich der deutsche Hersteller Technisat auf seine Kerntugenden Bedienkomfort und Bildqualität konzentrieren, aber auch die Themen Smart-TV und Internetfunktionalität sollen nicht zu kurz kommen. Das 13 Millimeter tiefe Display des 65-Zöllers mit Direct-LED-Hintergrundbeleuchtung ziert ein hochwertiger Metallrahmen, auch bei den Füßen verzichtet der Technivista auf Kunststoff und setzt auf hohe Stabilität und Standfestigkeit. Ein relativ breites Sideboard ist aber Pflicht, denn die beiden dezenten Ständer sind knapp 130 Zentimeter voneinander entfernt. Für die Wandmontage eignen sich Halterungen mit einem Lochabstand von 400 x 200 Millimetern.

Top ausgestattet: Mit Twin-Tunern für Kabel, Satellit und DVB-T2 sowie zwei „CI+“-Schächten und Kopfhörerausgang kann der Technivista 65 punkten.

Ausstattung und Praxis

Die lange Ausstattungsliste des 65-Zöllers lässt nahezu keine Wünsche offen. So ist der Technisat mit Doppeltunern für Kabel, Satellit und DVB-T2 bestückt. An Bord befinden sich unter anderem zwei „CI+“-Slots und eine Kopfhörerbuchse. Zwei TV-Aufnahmen gelingen parallel auf USB-Speicherträger, Werbung oder Überhänge lassen sich per Schnittfunktion entfernen, und ist der Flachmann ins Heimnetzwerk integriert, so kann man Aufnahmen auch auf einem Netzwerkspeicher sichern.

Herrlich übersichtlich: Dieses simple Menü erlaubt eine blitzschnelle Navigation, egal ob man TV-Aufnahmen sucht, ins Internet will oder Radio hören möchte.

Mittlerweile ein Klassiker von Technisat ist der elektronische Programminformationsdienst „Sieh Fern Info Plus“ (SFI+) mit Programmvorschau, Suchfunktion sowie Genre-Sortierung. Der Programmlistenmanager ISIPRO kümmert sich automatisch um die Aktualisierung der Kanal-Liste. Nutzt man mehrere Empfangswege parallel, so kann man die Programme trotzdem in einer Liste anlegen.

Listen-Lösung: Anstatt auf Symbolen zeigt Technisat in dieser Ansicht seine Online-Dienste tabellarisch an. Unter „ISIO Live“ findet man auch farbige Applikationen.

Seine Benutzeroberfläche hat Technisat seit Jahren nicht verändert. So findet man hier keinen Startbildschirm mit Symbolen und Apps vor. Der deutsche Hersteller setzt vielmehr auf vergleichsweise viele Menüs und hohe Sachlichkeit. Hilfreich ist die „NAV“-Taste, die sofort die Rubriken „TV“, „Radio“, „Internet“, „Filme / DVR“, „Musik“ sowie „Bilder“ öffnet. Nicht nur für ältere Zuschauer ist der „ISI“-Mode nützlich: Ist dieser aktiviert, werden einige Funktionen ausgeblendet, was die Komplexität reduziert. Der Technivista 65 reagiert recht flott, kann beim Arbeitstempo aber nicht mit der Fernost-Konkurrenz von LG oder Sony mithalten. Bei Online-Anwendungen braucht man mitunter Geduld, und beim Navigieren wünscht man sich gelegentlich einen Zwischenschritt weniger. Bei der Fotowiedergabe kann man Bilder drehen, die Anzeigedauer festlegen und auch einen Zufallsgenerator aktivieren, eine 360-Grad-Darstellung fehlt.

Aufnehmen im Doppelpack: Einfach eine USB-Festplatte an den Technisat docken, und schon kann man zwei unterschiedliche Sendungen parallel aufzeichnen.

Das App-Angebot hat leider erhebliche Lücken. So sucht man nicht nur Netflix und Amazon Prime Video, sondern auch DAZN, Rakuten TV oder Disney+ vergeblich. Das kostet Punkte. Um das App-Defizit auszugleichen, legt Technisat seinem Fernseher den Amazon Fire TV Stick 4K gratis bei. Ebenfalls positiv: Das kabellose Übertragen von Smart-phone-Inhalten klappt per Chromecast. Zur Umsetzung von Sprachbefehlen mittels Alexa benötigt man zusätzliche Hardware wie einen Amazon Echo Dot.

Über die kostenlose App „Technisat Connect“ für Apple- und Android-Geräte können Sie nicht nur Multi­room-Musikstreaming und die Hausautomation realisieren, sondern auch den Technivista 65 fernsteuern, auf die Programmzeitschrift zugreifen, Informationen zu einzelnen Sendungen abrufen und Aufnahmen programmieren.

Smart Home und Fernbedienung: Die „Technisat Connect“-App verwandelt das Smartphone in eine vollwertige Fernbedienung für den 65-Zöller.

Das gelingt gut, die Einrichtung ist leider etwas kompliziert und wenig intuitiv, wie wir im Test festgestellt haben. So muss man am Fernseher in den „Sonderfunktionen“ zu „Mobile Apps“ und hier zur „Technisat Connect App“ navigieren. „Fernbedienung“ muss auf „an“ stehen, zudem müssen eine E-Mail-Adresse und ein Passwort eingetragen werden. In der App auf dem Smartphone muss derselbe Kanal wie in den App-Einstellungen auf dem Flat-TV hinterlegt werden. Aktivieren Sie auf dem Mobilgerät unbedingt den Menüpunkt „Speichern“, sonst müssen Sie den Kanal nach jedem Neustart wieder eingeben.

Bild- und Tonqualität

Im TV-Alltag mit Nachrichten, Talkshow oder Daily Soap ist der Technisat ein zuverlässiger Lieferant. Er überzeugt mit authentischen Farben, guter Schärfe und ist im Bildmodus „natürlich (Standard)“ ausgewogen abgestimmt. Beim HDR-Test sind wir überrascht: Der 65-Zöller ist seit mehr als zwei Jahren der erste Fernseher in unserem Labor, der kein HDR unterstützt – kein HLG, kein HDR10, geschweige denn HDR10+ oder Dolby Vision – das kostet viele Punkte. Im besten Modus „Film (Kino)“ liefert der Flachmann mit der Farbtemperatur „warm“ dann auch nur eine bescheidene Helligkeit zwischen 176 Candela in Spitzlichtern und 158 Candela bei 100-prozentigem Weißanteil. Wechselt man zur Farbtemperatur „benutzerdefiniert“, so sind immerhin bis zu 273 Candela drin, im Setup „intensiv (Präsentation)“ ist bei 383 Candela Schluss. Die ab Werk am besten voreingestellte Farbtemperatur ist „warm“ mit 6.059 Kelvin, „mild“ liegt mit 7.405 Kelvin noch weiter daneben. Der ANSI-Kontrast fällt mit 720:1 solide aus.

Kaum zu glauben: Als aktueller Flat-TV unterstützt der Technisat kein HDR – beim Zuspielen einer UHD-Blu-ray zeigt der Bildschirm entsprechend diese Meldung an.

Wir stellen dem Technivista Filmmaterial von Blu-ray zur Verfügung. Die Direct-LED-Hintergrundbeleuchtung lässt uns auf gutes Schwarz und eine gleichmäßige Ausleuchtung hoffen. In beiden Punkten enttäuscht die Performance jedoch. So ist das Display vor allem am Rand deutlich hinterleuchtet, im oberen Bereich gibt es gar eine Stelle bei unserem Testgerät, als würde der Teil einer Taschenlampe durchschimmern. Am dezentesten ist die Fleckenbildung, wenn die „Lichtsteuerung“ auf „dynamisch“ steht. Dann dunkelt das Panel ab und der Technisat kommt am ehesten in den Bereich von Schwarz, wobei es nicht mehr als ein dunkles Grau ist. Im linken unteren Bildbereich vermischt sich sogar ein leichter Braunton ins Grau – gut zu erkennen bei den Kapiteleinblendungen von „Deutschland von oben“, die auf OLEDs pechschwarz sind. Auch über Anpassungen mit „Kon-trast“, „Helligkeit“ und „Kontrastverbesserung“ erzielen wir keine signifikante Optimierung.

Gutes Ergebnis: Der Technisat trifft die Farben im SDR-Bereich exakt, lediglich die mittleren Grün- und Blautöne weichen leicht von der idealen Vorgabe ab.

Sehr zufrieden sind wir hingegen mit der Bewegungskompensation, den Skalierungseigenschaften und der Farbreproduktion – hier kann der 65-Zöller sein volles Potenzial entfalten. Auch die Dynamik und die Farbkraft punkten – jedoch nur bei frontaler Sitzposition. Bei seitlicher Betrachtung dunkeln Farben schnell ab. Unser Testbildgenerator und unser Player wurden zunächst nicht erkannt – Abhilfe konnten wir schaffen, indem der „HDMI-Kompatibilitätsmodus“ auf „aus“ gestellt wurde.

Antennen-Feinschliff: Ob für DVB-T2 oder Satelliten-TV, der Technivista 65 stellt wie frühere Technisat-Generationen eine grafische Übersicht über die Signalstärke dar.

Akustisch spielt der Technisat überzeugend auf. Seine 20 Watt reichen nicht nur für klare Stimmen, sondern auch für dynamische, präzise und füllige Musikwiedergabe. Zur Ton-Ausstattung gehören ein Equalizer sowie Soundbar-Unterstützung.

Der Testbericht Technisat Technivista 65 (Gesamtwertung: 63, Preis/UVP: 1700 Euro) ist in audiovision Ausgabe 6-2020 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

63 befriedigend

Im klassischen TV-Alltag kann der Technivista 65 mit ordentlichem Bild, gutem Klang und einer umfangreichen Ausstattung überzeugen. Die fehlende HDR-Unterstützung macht ihn für Cineasten allerdings uninteressant und das App-Angebot hat große Lücken – beides kostet viele Punkte und beschert ihm letztendlich ein „befriedigend“.
Jochen Wieloch

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