Sony XR-77A95L (Test)

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Mit dem XR-77A95L schnürt Sony ein faszinierendes Heimkino-Paket: OLED-Technik mit Quantum Dots und 77 Zoll Bildschirmdiagonale. So holt man sich atemberaubende Filmabende nach Hause.

OLED-Fernseher in der Größe jenseits von 65-Zoll waren vor einigen Jahren für den normalen Heimkino-Fan eine unerschwingliche Investition. Hohe vier- oder gar fünfstellige Beträge musste man hier schnell mal hinblättern. Diese Zeiten sind in der kurzlebigen Welt der Unterhaltungselektronik vorbei (trotz zuletzt hoher Inflation). So bietet Sony sein Ende 2023 auf den Markt gekommenes Topmodell XR-77A95L mit selbstleuchtenden Pixeln und zusätzlichen Quantum Dots für 5.300 Euro an. Nicht falsch verstehen, auch das ist richtig viel Geld und nur für wenige mal eben so aus dem Sparstrumpf zu bezahlen. Aber unter Berücksichtigung der Bildschirmgröße von 195 Zentimetern und der aktuellen Technik ist der Preis mehr als vertretbar. Bei einigen Online-Händlern kratzt man beim 77-Zöller sogar schon an der 5.000-Euro-Marke. Sony selbst hatte den XR-77A95L in seiner Pressemitteilung von Anfang September für die Markteinführung mit 6.200 Euro eingepreist. Optional bieten die Japaner ihren Flachmann auch als 55-Zöller für 2.750 Euro sowie als 65-Zöller für 3.400 Euro an.

Inklusive der beiden Standfüße bringt der 77-Zöller knapp 37 Kilogramm auf die Waage. Beim Aufbau führt an einem zweiten Helfer folglich kein Weg vorbei. Die Verarbeitung des Flachmanns ist klasse und spiegelt den hohen Preis wider. Sony hat sich für ein rahmenloses Design entschieden, bei dem das dünne Display und der Rahmen zu einer nahezu durchgehenden Oberfläche verschmelzen. So wird man beim Filmabend nicht vom Geschehen abgelenkt. Die schlanken Aluminium-Füße erlauben eine zentrale und eine Außenmontage. Im Soundbar-Setting wird der Bildschirm angehoben, damit sich ein flacher TV-Lautsprecher unter dem Gehäuse platzieren lässt. Sony hat die Rückseite des Fernsehers komplett verkleidet, Kabel verlaufen daher unsichtbar nach unten. So eignet sich der A95L auch für die freie Aufstellung im Raum. Für die Montage an der Wand unterstützt er die VESA-Norm 300 x 300 Millimeter.

Doppelpack: Sony liefert zwar auch eine Fernbedienung mit Ziffernfeld, unser Favorit ist jedoch das rechte Modell mit Aluminiumoberfläche und beschichteten Tasten. Der Steuerstab ist hochwertig verarbeitet und liegt sehr angenehm in der Hand. Alle wichtigen Tasten sind vorhanden.

Ausstattung & Bedienung
Geht nicht, gibts bei diesem Super-OLED nicht. Abgesehen von einem kleinen Ausstattungsmerkmal, auf das Sony schon seit Jahren verzichtet: Zeitversetztes Fernsehen (Time-Shift) via USB-Festplatte steht nicht im Lastenheft des Herstellers. Stattdessen lassen sich viele Sendungen bei öffentlich-rechtlichen TV-Anstalten über die blaue Taste der Fernbedienung noch einmal von vorne starten. TV-Aufnahmen auf USB-Festplatte sind allerdings möglich. Da kommt es gelegen, dass der 77-Zöller die Tuner für Kabel, Satellit und DVB-T2 jeweils doppelt verbaut hat. So kann man Sender A aufnehmen und parallel Sender B anschauen.

An Bord sind vier HDMI-Anschlüsse, von denen zwei mit VRR (Variable Refresh Rate), ALLM (Auto Low Latency Mode) und 4K-Wiedergabe mit 120 Hertz die 2.1-Spezifikationen erfüllen. Gamer dürfen sich über Tone Mapping mit HDR-Automatik freuen. Der automatische Genre-Bildmodus verbessert die Bildqualität während des Spielens. Im Gaming-Menü lassen sich alle für ein Spiel relevanten Parameter anpassen, etwa die Bewegungsunschärfe reduzieren oder über den „Black Equalizer“ die Helligkeit in dunklen Passagen erhöhen, um die Darstellung von Objekten oder Kontrahenten zu optimieren. Wer will, kann erstmals in einem Fenster spielen und in einem zweiten sich Tipps über ein YouTube-Video einholen. Premiere feiert im XRA95L das Feature „PS Remote Play“. Die gleichnamige App für Android-Geräte gestattet es etwa via Smartphone auf die Spiele der Playstation 4 und Playstation 5 zuzugreifen. Internet vorausgesetzt, ist Spielspaß von jedem Ort aus möglich.

Beim Prozessor hat Sony logischerweise ins höchste Regal gegriffen. Der Cognitive Processor XR mit neuer XR-Clear-Image-Technologie sagt Bildrauschen den Kampf an und verbessert die Klarheit bei Kameraschwenks. Das Ziel: die Welt so abbilden wie vom menschlichen Auge wahrgenommen. Sony kombiniert auch beim A95L das Betriebssystem Android 12 mit der Benutzeroberfläche von Google TV. Das macht Sinn, denn Google TV erobert immer mehr Wohnzimmer und punktet dabei mit klarer Struktur, hohem Bedienkomfort und zahlreichen Individualisierungsmöglichkeiten, die einzelnen Familienmitgliedern über unterschiedliche Benutzerkonten zugänglich gemacht werden. Der 77-Zöller reagiert flott, Apps starten ebenso wie Menüwechsel schnell, das Arbeitstempo fällt hoch aus.

Intuitiv: Google TV erlaubt ein unkompliziertes Handling. Auf der Basis von Android 12 gewährt es flottes Bedientempo, Apps starten ohne Verzögerung.

Meisterhaft: „Kino“-Modus auswählen, und dem perfekten Filmgenuss steht nichts mehr im Weg. Denn der 77-Zöller ist hier ab Werk nahezu ideal voreingestellt.

Mustergültig: Auch im DCI-P3-Spektrum zeigt der XR-77A95L, wie sich ein exzellenter Fernseher bei der HDR-Darstellung verhalten muss.

Bei der Ausstattung lässt Sony nichts anbrennen und liefert den XR-77A95L serienmäßig mit seiner Bravia Cam aus. Diese wird bei Bedarf oben am Gehäuse angesteckt, eine manuelle Kameraabdeckung schützt die Privatsphäre. Zwei zentrale Sony-Versprechen, von denen man durch die Kamera profitieren soll: „Jedes Bild optimiert für Ihre Position im Zimmer“ und „Das ideale Sound-Erlebnis – egal, in welcher Position“.

Die Kamera soll den Abstand des Zuschauers zum Fernseher erkennen und die Bildschirmhelligkeit in Eigenregie anpassen. Ein Licht- und Farbsensor optimiert das Bild zusätzlich. Dialoge sollen je nach Sitzabstand modifiziert werden. Wir haben die Bravia Cam intensiv getestet: Selbst wenn man sich extrem darauf konzentriert, sind die Bildanpassungen durch die Kamera marginaler Natur und zu vernachlässigen. Auch die Tonanpassungen waren für unsere Ohren nicht nachvollziehbar.

Pfiffig ist hingegen das Feature, dass die Bravia Cam den Bildschirm automatisch abdunkelt, sobald kein Zuschauer mehr im Raum erkannt wird. So wird der Strombedarf effektiv reduziert. Kinder sehen zudem schwarz, wenn sie einen festgelegten Betrachtungsabstand unterschreiten. Denn dann verdunkelt der Sony von alleine sein Panel. Dies funktionierte im Test ebenso zuverlässig wie die Gestensteuerung. Mittels Körperertüchtigung verändert man beispielsweise die Lautstärke oder wechselt das Programm. Auch wenn dies gut klappt: Im Alltag greift man lieber zur Fernbedienung, weil dies noch intuitiver und schneller gelingt. XXL-Video-Chats werden mit Google Meet und Zoom Meetings unterstützt.

Gut aufgepasst: Die Bravia Cam erkennt die Blickposition des Zuschauers und versucht, Bild und Ton anhand dieser Informationen zu optimieren.

Das App-Angebot ist riesig, sowohl in den Kategorien Musik und News als auch bei Spielen und Filmen. Neben der Sony-eigenen Streamingplattform Bravia Core mit Inhalten auf UHD-Blu-ray-Niveau kann man sich in den Portalen unter anderem bei Apple TV+, Disney+, Amazon Prime Video, Netflix, Zattoo, RTL+, Netzkino, DAZN, WOW und Joyn bedienen. HD+ ist ebenfalls an Bord, das erste halbe Jahr landen hierüber hochauflösende Privatsender via Satellit kostenlos auf dem Panel (siehe auch Seite 43).

Für eine intuitive Bedienung sorgt der kompakte Steuerstab mit schicker Alu-Oberfläche, übersichtlicher Tastenanordnung und praktischer Beleuchtung. Deren Oberfläche ist mit Polyurethan beschichtet. So sind die Tasten recht immun gegen Schmutz und Fussel, im Fall der Fälle kann man sie blitzschnell reinigen. Sony liefert eine zweite einfache Kunststoff-Fernbedienung mit: Sie eignet sich vor allem für klassische TV-Zuschauer, da hier ein Ziffernfeld verbaut ist. Die Sprachsteuerung gelingt via Google Assistant sowie über Alexa-fähige Geräte. Zum Spiegeln von Smartphone-Inhalten kann man neben Bluetooth und Google Chromecast auch Apple AirPlay verwenden.

Wer seine bekannte Programmreihenfolge übernehmen möchte, darf sich über die für Android-Geräte verfügbare App „TV Channel Editor“ freuen. So schiebt man per Finger jeden Sender an die gewünschte Stelle, das finale Ergebnis wird blitzschnell auf den TV-Apparat übertragen.

Ein wichtiges Thema ist beim Sony das Energiesparen. Im Öko-Dashboard sind alle entsprechenden Benutzereinstellungen zusammengefasst, um den Energieverbrauch zu reduzieren. Die Anpassungen lassen sich einzeln oder in einem Schritt realisieren. Man sollte allerdings bedenken: Die volle Leuchtkraft holt man nur aus dem OLED-Bildschirm heraus, wenn die Settings zum Energiesparen deaktiviert sind.

Clever gelöst: Die „Schnelleinstellungen“ verhindern, dass man sich für wichtige Setups erst umständlich durch verschachtelte Menüs kämpfen muss.

Keine Wünsche offen: Ob Twin-Tuner, USB-Aufnahme, HDMI 2.1, CI+ oder Center-Speaker-Funktion – der XR-77A95L hat diverse Annehmlichkeiten an Bord.

Bildqualität
Der XR-77A95L arbeitet zusätzlich mit Quantum Dots, die effektiver als klassische Farbfilter funktionieren und die Farb- wie die Leuchtkraft steigern – nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis. Mit einer Spitzenhelligkeit von 1.339 Candela im „Brillant“- sowie 1.291 Candela im „Kino“-Modus gehört der Sony zu den besten OLEDs am Markt. Wichtig: Seine Leuchtkraft bricht bei zunehmendem Weißanteil nicht ganz so gravierend ein wie bei OLED-Fernsehern mit WRGB-Panels. Im farblich besten „Kino“-Modus schafft er bei einem Weißanteil von 50 Prozent immer noch starke 418 Candela, 281 sind es bei vollflächigem Weiß. Aufgrund der brutalen Schwarzdarstellung ohne erwähnenswerte Aufhellungen um weiße Projekte überrascht uns der exzellente ANSI-Kontrast von 9.850:1 nicht.

Auch farblich ist der 77-Zöller ein echter Knaller! Grüne Landschaften, blaues Meer, graue Felsen, sandfarbene Wüsten – alle Töne trifft der Sony unverfälscht und in einer riesigen Fülle mit feinsten Übergängen. Der Blick in Gesichter bildet die Realität ebenfalls 1:1 ab, natürlich anmutende Hautfarben sind eine der Spezialitäten des XXL-Flachmanns. Von diesen hat der A95L viele. Seine enorme Blickwinkelstabilität gehört dazu, und auch bei Bewegungen läuft der Japaner zur Höchstform auf. Wir raten, die „Glätte“ in der „Motionflow“ auf Level 2 zu stellen. Nicht nur aufgrund seiner Leuchtkraft und seiner Farbbrillanz, sondern auch ob seiner farblichen Präzision im DCI-P3-Spektrum bereiten HDR-Inhalte auf dem Monster-Panel richtig viel Freude. Unterstützt werden die Formate HLG, HDR10 und Dolby Vision. Bei dieser Schärfe und Plastizität, leuchtenden Farben und famosen Detailtreue überlegt man sich mehrfach, ob man noch mal ein Kino außer Haus aufsucht. Denn dieses zieht höchstwahrscheinlich gegen die bildliche Wucht des 77-Zöllers den Kürzeren.

Tonqualität
Wie wir das von Sonys OLED-Modellen kennen, fungiert auch beim A95L das Display dank „Acoustic Surface Audio+“ zugleich als Lautsprecher. Schwingende Aktuatoren erzeugen einen Klang, den der Zuschauer direkt aus dem Panel vernimmt, wodurch er stärker in die Handlung hineingezogen wird. Das 60 Watt starke 2.2.2-System unterstützt neben Dolby Atmos auch DTS:X für einen dreidimensionalen Sound. Vor dem ersten Filmabend sollte man die automatische Akustikkalibrierung durchführen: Über das Mikrofon in der Fernbedienung analysiert der Flachmann die tonalen Gegebenheiten in seiner Umgebung. Gibt es hier beispielsweise viele reflektierende Flächen, wird das bei der kalibrierten Wiedergabe entsprechend berücksichtigt. Uns gefällt die akustische Souveränität des A95L ausgesprochen gut. Dieser spielt sehr räumlich und klar, zwei Subwoofer kümmern sich um ein solides Tieftonfundament. Praktisch: Der 77-Zöller eignet sich auch als Centerlautsprecher in einem ausgewachsenen Soundsystem. In Kooperation mit einem passenden Sony-Lautsprecher optimiert er das Klangfeld durch die Erzeugung zusätzlicher Phantomlautsprecher (360-Spatial-Sound-Mapping-Technologie).

Der Testbericht Sony XR-77A95L (Gesamtwertung: 92, Preis/UVP: 5.300 Euro) ist in audiovision Ausgabe 3-2024 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

92 Sehr gut

Was für ein TV-Geschoss: Der XR-77A95L ist ein OLED für höchste Ansprüche. Bildlich und klanglich agiert er auf Referenz-Niveau, auch bei Ausstattung, Bedienkomfort und natürlich bei der Displaydiagonalen ist er ein ganz Großer!

Jochen Wieloch

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