Sony XR-65X95J (Test)

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Mit 2.200 Euro ist der Sony XR-65X95J der mit Abstand teuerste 65-Zöller in unserem Testfeld. Statt einer Edge-LED-Technik verfügt der Japaner über eine direkte Hintergrundbeleuchtung mit mehr als 100 Dimming-Zonen. Während sich die beiden Füße bei den größeren Geschwistermodellen in 75 und 85 Zoll in drei unterschiedlichen Positionen montieren lassen, bietet der 65-Zöller nur zwei Optionen: In der Standardeinstellung werden die Füße außen wie auf dem Foto oben angebracht, zudem ist die Soundbar-Position möglich, die das Display anhebt. Der hochwertige Metallrahmen ist zwei Zentimeter tief, mit Anschlüssen kommt der Sony auf 6,6 Zentimeter.

Alu und Licht: Die Sony-Fernbedienung
erfüllt höchste Ansprüche. Ihre Oberfl äche
ist klar strukturiert, die Tasten haben
einen angenehmen Druckpunkt und sind
hinterleuchtet.

Ausstattung und Praxis
Bei der Ausstattung schöpft Sonys leistungss tärkste 4K-LCD-Modellreihe (darüber gibt es nur die 8K-Modelle) aus dem Vollen. Die Tuner für Kabel, Satellit und das digitale Antennenfernsehen DVB-T2 sind jeweils doppelt ausgelegt, zwei der insgesamt vier HDMI-Buchsen unterstützen den aktuellen HDMI-Standard 2.1 mit 4K-Wiedergabe bei 120 Hertz, eARC, den Auto Low Latency Mode (ALLM) und die Variable Bildwiederholrate VRR, die per Software- Update noch nachgereicht wird. TV-Sendungen lassen sich auf USB-Festplatte aufzeichnen, nur das zeitversetzte Fernsehen (Time-Shift) spielt bei Sony nach wie vor keine Rolle.

Als Prozessor kommt der leistungsstarke Cognitive Processor XR zum Einsatz. Dieser kann wichtige Qualitätsmerkmale wie Kontrast, Schärfe und Farbe gleichzeitig analysieren und optimieren. Sprachbefehle setzt der 65-Zöller über Google Assistant und Amazon Alexa um. Klasse: Die Sprachsteuerung gelingt sogar freihändig, ohne das Mikrofon der Fernbedienung nutzen zu müssen. Android 10 und die Benutzeroberfläche von Google TV reagieren flott und harmonieren perfekt. Wartezeiten kennt der Sony nicht. Apps wie Netflix, Disney+, Apple TV, DAZN oder Amazon Prime Video lassen sich fast verzögerungsfrei öffnen. Die „HD+“-Plattform ist nun ebenfalls per App integriert und kann ein halbes Jahr ohne Registrierung kostenfrei genutzt werden. Dazu muss der XR-65X95J die TV-Programme allerdings per Satellit empfangen. Eine Kündigung ist nach Auslauf der Gratis-Phase nicht erforderlich.

Freunde kabelloser Kommunikation zwischen Mobilgeräten und Fernseher können sich über Bluetooth, Chromecast und Apple AirPlay 2 freuen. Für High-Dynamic-Range-Darstellungen unterstützt der 65-Zöller die Formate HLG, HDR10 und Dolby Vision, aber kein HDR10+. Speziell für Netflix-Produktionen ist der „Netflix Calibrated Mode“ an Bord, der einen möglichst originalgetreuen Look der Streifen aus den Augen des Regisseurs garantieren soll. Außerdem unterstützt der 65-Zöller IMAX Enhanced für optimierte Bewegtbilder und einen intensiveren Klang. Kompatible Titel hält das Sony-eigene Streaming-Portal Bravia Core bereit, das Datenraten von bis zu 80 Mbit/s ermöglicht und damit nahezu auf UHD-Blu-ray-Niveau agiert.

Bild- und Tonqualität
Die Stärken seiner direkten Hintergrundbeleuchtung spielt der Sony überzeugend aus: Er stellt das beste Schwarz unserer vier Testkandidaten dar. Dieses ist freilich nicht zu 100 Prozent perfekt und nicht ganz so satt und intensiv wie bei einem OLED. Aber zumindest bei frontaler Betrachtung schafft der Japaner erheblich mehr als nur dunkles Grau, Schwarz ist dieser Bezeichnung absolut würdig. Die Aufhellungen um helle Bereiche sind marginal. Etwas anders verhält es sich, wenn man von der Seite und gleichzeitig auch etwas von oben bzw. unten auf das Display schaut. Dann genügt schon das weiße Pausenzeichen eines Blu-ray-Players, um vor schwarzem Hintergrund eine größere dunkelgraue Wolke zu erzeugen. Dies fällt jedoch nur im komplett abgedunkelten Raum auf. Mit etwas Tages- oder Kunstlicht im Zimmer und bei einer halbwegs mittigen Sitzposition überzeugt der Sony durch super dunkle und homogen ausgeleuchtete Filmbalken, die ein nahezu perfektes Kinofeeling ermöglichen.

Flink und ansprechend: Google TV und Android 10 bilden beim Sony ein starkes Team. Der Bedienkomfort ist hoch, und auch das Arbeitstempo kann sich sehen lassen.

Zuverlässiger Zuhörer: Der XR-65X95J reagiert auf Sprachbefehle. Dafür ist es nicht erforderlich, das Mikrofon der Fernbedienung zu benutzen.

Jetzt mit „HD+“: Nach einem Software-Update kann der 65-Zöller viele Privatsender in HD-Aufl ösung per App und ohne zusätzliche Hardware via Satellit empfangen.

Entweder während der Ersteinrichtung oder jederzeit nach dem Setup bietet der Sony die Möglichkeit der automatischen Akustikkalibrierung. Dabei versucht der Flachmann, die Audioausgabe der TV-Lautsprecher zu optimieren, indem er über ein in der Fernbedienung verbautes Mikrofon Testtöne in der Hörumgebung erfasst. Der gesamte Vorgang dauert gerade mal rund fünf Sekunden. Die Fernbedienung sollte auf dem bevorzugten Sitzplatz etwa in Brusthöhe gehalten und auf das Display ausgerichtet werden. Über die Testtöne kann der 65-Zöller feststellen, wie die Umgebung des Flachmanns gestaltet ist. Treffen die Schallwellen auf harten oder weichen Boden, gibt es Gegenstände in der Nähe und damit viele Reflexionsflächen? All das wird in der anschließenden automatischen Anpassung berücksichtigt. Wunderdinge darf man von dem Feintuning natürlich nicht erwarten. Aber eine dezente Verbesserung ist durchaus möglich. Wer zusätzlich im Ton-Menü viel herumexperimentiert hat, kann mit einem Tastendruck die „Normwerte“ wieder herstellen.

Simples Messequipment: Für die Analyse der räumlichen Akustik benötigt man lediglich die Fernbedienung und kein zusätzliches Zubehör.

Nach fünf Sekunden ist alles vorbei: Während der Kalibrierung erzeugt der Sony einige Testtöne, das ist alles. Schon hat der Flat-TV die Akustik erfasst.

Dazu trägt auch die enorme Leuchtkraft des 65-Zöllers bei. Diesbezüglich stellt er sowohl seine – zugegebenermaßen günstigeren Mitbewerber aus diesem Testfeld – als auch fast alle am Markt erhältlichen OLEDs in den Schatten. Stolze 1.140 Candela erreicht der Flachmann in Spitzlichtern im „Standard“-Modus, der noch einen Tick heller ausfällt als das „Brillant“-Setting. Selbst bei vollfl ächigem Weiß leuchtet der Sony noch mit 640 Candela. Und auch im farblich besten „Kino“-Modus strahlt der X95J mit bis zu 1.083 Candela. 638 sind es bei 50-prozentigem, 571 Candela bei 100-prozentigem Weißanteil. Der ANSI-Kontrast liegt bei 1.300:1. Als optimale Farbtemperatur empfehlen wir „Experte 1“ mit 6.400 Kelvin ab Werk.

Absolut unkapriziös verhält sich der 65-Zöller bei der Farbdarstellung im SDR-Bereich. Hier müssen wir so gut wie gar nicht eingreifen, um ein perfektes Ergebnis zu erzielen. Der Sony stellt unter anderem Hautfarben sehr natürlich dar und differenziert in detailreichen Passagen einzelne Farbtöne präzise und weich abgestuft.

Reich bestückt: Die Tuner für Kabel, Satellit und DVB-T2 besitzt der Sony als Twin-Varianten. Zwei der vier HDMI-Ports unterstützen den Standard 2.1.

Souverän: Die SDR-Messung meistert der Sony mit Bestnoten. Im „Kino“-Modus sind die Farben schon ab Werk sehr gut voreingestellt.

Lichtgestalt: Im HDR-Farbsegel reizt der Japaner das Farbvolumen nicht überall zu 100 Prozent aus. In der
Praxis begeistert er aber durch hohe farbliche Dynamik.

Wenig überraschend, dass dieser Fernseher für HDR-Darstellungen das optimale Gerät ist. Die Netflix-Doku „Die Erde bei Nacht“ begeistert mit einigen spektakulären Aufnahmen mit Sonnenuntergang. Hier taucht der X95J seinen Bildschirm in leuchtendes Orange. Geparden, die durch hohes, hellbraunes Steppengras streifen, stellen ihr markantes gepunktetes Fell zur Schau, das in unterschiedlichsten Farbnuancen schimmert. Obwohl das Licht Afrikas nachlässt, begeistert der Sony durch eine hohe Feinzeichnung und Strahlkraft. Selbst am Tag, wenn das Wohnzimmer nicht abgedunkelt ist, besteht kein Anlass, in den „Brillant“-Modus zu wechseln. Mit „Dolby Vision Hell“ und „Dolby Vision Dunkel“ kann man das Bildsetting individuell an die eigenen Bedürfnisse anpassen. Hervorragende Schärfe und Plastizität runden den tollen Gesamteindruck ab. Auch die Blickwinkelstabilität ist exzellent. Steht die „Motionfl ow“ auf „Glätte 2“, liefert der Flat-TV super geschmeidige Bewegungen.

Das 50 Watt starke 2.1-Soundsystem mit Dolby-Atmos-Unterstützung besteht aus zwei Mittelton-, zwei Hochtonlautsprechern und einem Subwoofer. Auf diese Weise webt der 65-Zöller einen angenehm breiten Klangteppich. Die Akustik ist souverän und ausgewachsen, die Sprachverständlichkeit ist top. Musik und der XR-65X95J passen ebenfalls zusammen. Denn der Sony intoniert druckvoll und füllig und lässt sich auch bei höheren Pegeln nicht allzu schnell dazu verleiten, unsauber aufzuspielen.

Der Testbericht Sony XR-65X95J (Gesamtwertung: 87, Preis/UVP: 2200 Euro) ist in audiovision Ausgabe 12-2021 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

87 Sehr gut

Der Sony XR-65X95J ist jeden Euro wert: Seine Panel-Helligkeit ist enorm, die Schwarzdarstellung gut und Ausstattung, Bedienkomfort sowie Ton können ebenfalls punkten. Deutlich günstiger als ein OLED in dieser Größe ist der 65-Zöller so ein attraktiver Fernseher für Heimkino-Fans.

Jochen Wieloch

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