Sony XR-65X90K (Test)

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Ist Sonys neuer XR-65X90K satte 700 Euro besser als sein Vorgänger? Dieser Frage gehen wir unter anderem in diesem Test nach. Denn noch haben die Japaner den XR-65X90J für 1.300 Euro im Programm. Welche Gründe gibt es also, um zum neuen Flachmann für 2.000 Euro zu greifen? Einer könnte lauten, dass Sony die Anzahl der Dimming-Zonen erhöht hat. Musste sich der XR-55X90J (Test in Ausgabe 9-2021) noch mit 24 Bereichen zufrieden geben, ist die aktuelle Variante des Full-Array-LCD-TVs mit 60 Zonen für lokales Dimmen ausgerüstet. Das sollte sich positiv auf die Schwarzdarstellung und die Homogenität des Panels auswirken. Das schraubenlose Fußkonzept des Sony lieben wir. Einerseits, weil der Fernseher blitzschnell aufgebaut ist. Hier muss nicht mit wuchtigen Halteplatten hantiert werden. Andererseits, weil der Multipositionsfuß gleich drei Aufstell-Optionen ermöglicht. Wahlweise lassen sich die beiden Metallstandfüße weiter außen oder – ideal für schmale TV-Sideboards – eher mittig montieren. Zudem besteht die Möglichkeit, in der Soundbar-Einstellung das Display ein wenig anzuheben, damit ein Klangriegel unterhalb des 65-Zöllers platziert werden kann. Wer gar keine Füße möchte, hängt den 7,2 Zentimeter tiefen Apparat einfach dank VESA-Norm 300 x 300 mm an die Wand. Falls 65 Zoll nicht die passende Größe ist: Sony bietet den X90K auch in 55, 75 und 85 Zoll zu Preisen zwischen 1.600 und 4.000 Euro an.

Ausstattung und Praxis
Der XR-65X90K richtet sich auch an die Käufergruppe der Gamer. Zwei der vier HDMI-Ports unterstützen neben der 4K-Wiedergabe mit 120 Hertz auch den automatischen Low Latency Mode (ALLM) und die variable Bildwiederholrate (VRR), außerdem Tone-Mapping mit HDR-Automatik für die PlayStation 5 und den automatischen Genre-Bildmodus für die Sony-Spielekonsole. Die Eingabeverzögerung von 8,5 Millisekunden ist zwar nicht gerade rekordverdächtig, ermöglicht aber dennoch eine flüssige Darstellung von rasanten Spielen.

Als Prozessor kommt der Cognitive Processor XR zum Einsatz, der Bildern mehr Tiefe, Kontrast und lebendigere Farben verleihen will, indem er unter anderem Sequenzen detailliert analysiert und bereinigt. Der XR-65X90K kann mehr als eine Milliarde Farben darstellen, der XR Contrast Booster versucht, den Kontrast zwischen hellen und dunklen Bereichen auf ein Maximum anzuheben.

Android 10 und Google TV als Benutzeroberfläche bilden eine optisch ansprechende, harmonische Einheit mit hohem Bedienkomfort und kurzen Reaktionszeiten. Praktisch für TV-Aufnahmen auf USB-Festplatte sind die Twin-Tuner für Kabel, Satellit und DVB-T2, bereits angefangene Sendungen kann man bei vielen öffentlich-rechtlichen Sendern durch einen Druck auf die blaue Taste der Fernbedienung noch einmal von vorne starten (Gerät muss ins Internet eingebunden sein), Time-Shift per USB-Speicherträger beherrschen Sony-Fernseher auch im Jahr 2022 nicht. Der Google-Assistant liefert zahlreiche Informationen etwa zu Wetter, Sport, Verkehr und Allgemeinwissen aus dem Internet, ebenso kann der 65-Zöller über Alexa-fähige Geräte gesteuert werden.

Aufgeräumt: Der kompakte Steuerstab ist mit Tasten nicht überladen und gestattet ein intuitives Handling. Bei
diesem Modell verzichten die Japaner allerdings auf eine Beleuchtung der Tasten. Zudem besteht die Oberfläche
nur aus Kunststoff und nicht aus Aluminium.

Die kompakte Fernbedienung ist klasse – sie liegt toll in der Hand und lässt sich dank Polyurethan-Beschichtung einfach reinigen. Beleuchtete Tasten und eine Aluminium-Oberseite sind allerdings den Steuerstäben der Sony-Topmodelle vorbehalten. Ein klassischer Signalgeber mit Tastenfeld gehört zum Lieferumfang. Aus dem Vollen schöpft man beim Sony bei den Streaming-Apps. Mit unter anderem Disney+, Bravia Core (Streamen ist nahezu in UHD-Blu-ray-Qualität möglich), DAZN, Apple TV+, Amazon Prime Video, Netflix, RTL+, Netzkino, Zattoo und HD+ kommt man mit jedem Geschmack auf seine Kosten.

Nach einem Software-Update wird der Sony mit der optional erhältlichen Bravia Cam kompatibel sein, die unter anderem eine Gestensteuerung und Video-Chats ermöglicht

Google TV und Android 10: Sony bietet seinen Kunden eine ansprechende Oberfläche und einen guten Bedienkomfort mit flottem Arbeitstempo.

Google Assistant als Wetterfee: Auf Anfragen per Stimme hat der Sony viele Antworten, die er sich aus dem Internet zieht. So weiß er auch, wie das Wetter wird.

Bildschirm-Kunst: Wird der Fernseher gerade nicht aktiv genutzt, bietet Sony diverse Motive an, um das sonst schwarze Display zu verschönern.

Schon während der Ersteinrichtung bittet der XR-65X90K seinen neuen Besitzer zur „Autom. Akustikkalibrierung“. Dabei wird die Audioausgabe der TV-Lautsprecher optimiert, indem die Hörumgebung mittels des Mikrofons in der TV-Fernbedienung gemessen wird. Die Messung dauert nur rund fünf Sekunden. Der Zuschauer sollte dabei seinen bevorzugten Sitzplatz einnehmen und den Signalgeber in Brusthöhe auf den Fernseher ausrichten. Bei der Messung berücksichtigt die Acoustic Auto Calibration die räumliche Umgebung und Besonderheiten wie beispielsweise Gardinen, die den Klang absorbieren. Außerdem erkennt der Sony Objekte vor dem Fernseher, die die Akustik beeinträchtigen. Damit man als Zuschauer den Eindruck gewinnt, dass der Ton exakt der Handlung folgt, haben die Japaner so genannte klangpositionierende Hochtonlautsprecher verbaut. Zudem verspricht Sony virtuell erzeugten seitlichen und vertikalen Surround-Sound ohne zusätzliche Decken- oder nach oben gerichtete Lautsprecher. Das Feature „Voice Zoom 2“ erkennt die Art von Stimmen, analysiert diese und gibt sie klarer und verstärkt wieder, ohne die Lautstärke zu erhöhen.

Raum-Analyse: Wenige Sekunden genügen, und schon hat der XR-65X90K das Wohnzimmer nach akustischen Besonderheiten abgesucht.

Für eine breitere Bühne: Im Ton-Menü kann man einstellen, wie intensiv der Raumklangeffekt des Flachmanns zur Geltung kommen soll.

Bild- & Tonqualität
Im Vergleich zum Vorgänger X90J hat der X90K bei der Helligkeit deutlich zugelegt. Kam der XR- 55X90J in unserem Test „nur“ auf maximal 850 Candela, so strahlt der neue 65-Zöller sowohl im „Brillant“- als auch im „Standard“-Modus mit etwas mehr als 1.060 Candela in der Spitze, der farblich beste „Kino“-Modus schafft immerhin 980 Candela. Stark ist, dass der Sony sowohl im 50- als auch im 100-Prozent-Weißfeld satte 660 Candela auf den Schirm bringt, also immer noch ein ansprechend helles Bild zaubert. Mit 1.100:1 fällt der ANSI-Kontrast recht überschaubar aus. Super zufrieden sind wir hingegen mit der voreingestellten Farbtemperatur: 6.611 Kelvin im Setting „Experte 2“ sind ganz dicht an der idealen Zielvorgabe von 6.500 Kelvin.

Was bringen die zusätzlichen Dimming-Zonen bei der Schwarzdarstellung? Beim Vorgänger hatten wir im komplett dunklen Raum riesige helle Flecken um weiße Objekte bei seitlichen Blickwinkeln und Draufsichten von oben bemängelt. Der X90K schneidet hier jetzt etwas besser ab. Der Fleck um die weiße Titeleinblendung der Blu-ray „Deutschland von oben“ ist nicht mehr ganz so hell, sondern variiert je nach Betrachtungswinkel zwischen einem dunklen Grau und dem Farbton (in abgemilderter Form), den man von einem Stempelkissen her kennt. Bei frontaler Draufsicht ist der Lichthof dezent, das Schwarz erreicht aber auch hier nicht die Kraft und Intensität eines OLEDs. Den Schwarzwert haben wir für ein bestmögliches Ergebnis auf „45“ reduziert, die „Autom. lokale Dimmung“ auf „Hoch“ gestellt. Die Skaliereigenschaften des Sony sind sehr gut, die HD-Netflix-Doku „Das Mittelmeer: Mythen“ zeigt der Sony scharf, plastisch und mit enormer Farbvielfalt, speziell die Fülle darstellbarer Blautöne ist riesig. Im „Brillant“-Modus ist auch ein sonnendurchflutetes Zimmer kein Problem, wobei das Meer dann schon extrem blau ist.

Gute Performance: Im „Kino“-Modus weiß der Sony aus dem Karton heraus zu gefallen. Nur wenige manuelle
Anpassungen sind hier erforderlich.

Grün driftet ab: Am oberen Messpunkt des Farbsegels im DCI-P3-Spektrum offenbart der 65-Zöller eine Schwäche, die anderen Farbpunkte trifft er besser.

Gut für Gamer: Zwei der vier HDMI-Ports unterstützen alle wichtigen Features des Standards 2.1. Außerdem hat der Sony Twin-Tuner für Kabel, Satellit und DVB-T2 verbaut. Wer will, kann den X90K als Center-Speaker in seine Hifi -Anlage integrieren. Per USB-Buchse lassen sich Sendungen aufzeichnen.

Neben HLG und HDR10 wird auch Dolby Vision, aber kein HDR10+ unterstützt. Bei unseren HDR-Messungen hat der X90K das DCI-P3-Spektrum nicht vollständig abgedeckt. Dolby-Vision-Titel wie „Unser Planet: Süßwasser“ sehen sehr dynamisch und druckvoll aus, die Detailfreude ist spitze. Blickwinkelstabilität und Bewegungsdarstellung sind überdurchschnittlich gut.

Das 30 Watt starke Audiosystem mit zwei Breitband- und zwei Hochtonlautsprechern unterstützt Dolby Atmos und hebt Stimmen – speziell im „Dialog“-Modus – angenehm und klar verständlich hervor. Filmische Action und Effekte haben wir schon präziser und druckvoller gehört, für einen Mittelklasse-Fernseher ist die Performance mit solider Klangbühne aber absolut in Ordnung. Musik könnte einen Tick wärmer klingen, YouTube-Konzerte bringen aber dennoch Spaß.

Der Testbericht Sony XR-65X90K (Gesamtwertung: 83, Preis/UVP: 2.000 Euro) ist in audiovision Ausgabe 9-2022 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

83 Sehr gut

Der XR-65X90K ist heller als sein Vorgänger und legt auch bei der Schwarzdarstellung zu. Geblieben sind das ausgewogene Bild, der ordentliche Ton, die umfangreiche Ausstattung und der hohe Bedienkomfort. Als Fernseher der gehobenen Mittelklasse hat der Sony keine gravierenden Schwächen und ist damit ein 65-Zöller für viele deutsche Wohnzimmer.

Jochen Wieloch

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