Nur 450 Euro kostet Sonys AV-Receiver STR-DH790. Trotzdem punktet der Kleine mit 7 Endstufen, 3D-Sound sowie den aktuellen HDR-Standards bei der 4K-Bildwiedergabe. Doch wie ist es um die Klangqualität und Leistung bestellt?
Ausstattung und Technik
An der Grundausstattung des Sony gibt es auf jeden Fall nicht viel zu meckern. Mit 5.2.2-Sound via Dolby Atmos und DTS:X sowie voller 4K-Funktionalität samt HDR (Dolby Vision, HLG und HDR10) steht der STR-DH790 gut im Futter. Ein HDMI-Ausgang und 4 HDMI-Eingänge sind zwar nicht üppig, für den normalen Wohnzimmer-Einsatz oder gediegene Heimkinos aber in der Regel ausreichend. Eine Toslink- und einen Koax-Eingang finden wir aber knapp bemessen; 4 analoge Quellen nehmen via Stereo-Cinch Kontakt zum Sony auf. Eine Phono-Platine fehlt hingegen, für den Anschluss eines Plattenspielers wird daher ein separater Phono-Vorverstärker benötigt. Ansonsten findet man auf der Rückseite nur eine 5-Volt-USB-Buchse zur Stromversorgung externer Geräte und einen Antennen-Eingang für analoges UKW-Radio; DAB+ ist nicht dabei.
Als unzeitgemäß empfinden wir die Mini-Klemmbuchsen für den Anschluss aller Boxen mit Ausnahme der beiden Hauptlautsprecher. Wachsamen Lesern dürfte ebenso das Fehlen von WiFi-Antennen und eines Ethernet-Anschlusses aufgefallen sein. So lässt sich der Sony weder ins heimische Netzwerk noch ins Internet bringen. Streaming via Bluetooth ist die einzige Option, drahtlos Musik an den Receiver zu übertragen.
Schwächen gibt es auch bei der Bedienung: Eine Reihe wichtiger Grundeinstellungen (etwa die HDMI-Features wie ARC bzw. CEC) lassen sich ausschließlich über verschachtelte Submenüs am Geräte-Display einstellen. Zudem wurden die Menüpunkte abgekürzt, die Navigation gerät so zum Glücksspiel. Das Home-Menü poppt dagegen auf dem Bildschirm auf, wirkt mit kantiger, weißer Schrift auf schwarzem Hintergrund aber wenig modern. Die Tastenbelegung der handlichen Fernbedienung könnte übersichtlicher gestaltet sein. Eine Steuerung per App oder über einen Internet-Browser ist aufgrund der fehlenden Netzwerk-Features nicht möglich.
Boxen-Konfiguration
Die Verarbeitung des 7 Kilogramm schweren Geräts geht in Ordnung, das viele Plastik auf der Front ist in dieser Preisklasse nicht anzuprangern. Allerdings liefen die Räder für Lautstärke und Quellenwahl bei unserem Testmuster schwerfällig und schleifend. Im Inneren verrichten 7 Endstufen ihren Job – nicht schlecht für 450 Euro. Boxen-Layouts sind in 7.2- bzw. 5.2.2-Konfiguration möglich – wobei der diskrete Subwooferkanal auf zwei identische, das heißt nicht separat regelbare Sub-Pre-outs gesplittet wird. Weitere Pre-outs sind in dieser Preisklasse in der Regel nicht anzutreffen – und auch der Sony verzichtet darauf.
Wer statt Back-Surround-Boxen lieber auf Höhen-Lautsprecher für 3D-Sound setzt, kann diese als Front-Height-, Top-Middle- oder als Aufsatz-Speaker (Dolby-Enabled-Speaker) vorne wie hinten einrichten. Das Bi-Amping oder zwei separat betriebene Front-Boxenpaare sind ebenso möglich, die Beschallung eines zweiten Hörraums dagegen nicht. Die Konfiguration der Lautsprecher gelingt gut: Crossover-Frequenzen darf man zwischen 40 und 200 Hertz wählen, die Pegel sind in 0,5-dB-Stufen justierbar und die Distanzen in Schritten von einem Zentimeter. Für die Anpassung aller Lautsprecher an die akustischen Gegebenheiten des Hörraums hat der STR-DH790 das Einmess-System DCAC an Bord, das auch eine automatische Phasenanpassung durchführt, bei der die Phaseneigenschaften aller Lautsprecher auf die beiden Hauptlautsprecher optimiert werden. Nach der Einmessung stehen 3 Klangkurven zur Auswahl. Für die manuelle Klangkorrektur gibt es einen recht schlichten Equalizer, der Bässe und Höhen um +/-10 dB für jedes Boxen-Pärchen regelt.
An Tondecodern sind Dolby Atmos und DTS:X sowie deren 3D-Ton-Upmixer Dolby Surround und DTS Neural:X an Bord; auch das Cross-Format- Upmixing ist mit ihnen möglich; somit lassen sich DTS-Streams via Dolby Surround wiedergeben – und umgekehrt. Zudem hat Sony dem DH790 die Klangprogramme „Front Surround“ und „Audio Enhancer“ spendiert; Letzteres ist für optimierte Wiedergabe von komprimierter Musik.
Nicht jeder kann oder möchte sein Wohnzimmer mit Lautsprecher vollstellen. Surround-Sound aus nur zwei Boxen verspricht Sonys Klang-Technologie „S-Force Pro Front-Surround“, die via psycho-akustische Rechenalgorithmen dem Hörer virtuellen Rundum-Sound vorgaukeln möchte – also Schall aus Boxen, die gar nicht existieren. In der Theorie und aus den Mündern von PR-Strategen eine feine Sache, in der Praxis folgt aber allzu oft die Ernüchterung auf solche Werbeversprechen – denn mit vollwertigen 5.1-Boxen-Systemen kann der künstliche Raumklang nicht konkurrieren.
Und wie klingt es beim Sony? Zu unserer Überraschung funktioniert der entsprechende „Front Surround“-Modus erstaunlich gut, die erwünschte Surround-Wirkung war deutlich hörbar. Der Sound klang vorne breiter, offener und auch von seitlich des Sitzplatzes waren Effekte (von Dolby Atmos Demo-Blu-rays) gut wahrnehmbar. Dort zwar nicht so präzise und plastisch, wie bei echtem 5.1-Raumklang, dennoch überzeugte das Ergebnis in unserem Hörraum. Oben, also über dem Kopf, gab es allerdings nichts zu hören, was Sonys virtueller Sound-Upmixer allerdings auch nicht vorsieht.
Video und Multimedia
Das Videoboard des STR-DH790 verarbeitet 4K/60p-Signale mit HDCP2.2, HDR10, Dolby Vision und HLG. Verzichten muss man auf einen Scaler und Equalizer. Das kostet zwar Punkte, spielt im Alltag aber eine untergeordnete Rolle – denn dies kann auch der Blu-ray-Player oder Bildschirm übernehmen. Das Lip-Sync-Delay verzögert den Ton um bis 300 Millisekunden.
Da WiFi, Ethernet und ein Media-Player fehlen, beschränken sich die Multimedia-Fähigkeiten des STR-DH790 auf den Empfang von Bluetooth-Signalen. Das kostet abermals etliche Punkte.
Tonqualität
In unserem Messlabor lieferte der STR-DH790 ordentliche Leistungswerte ab: 171 Watt (4 Ohm) beziehungsweise 143 Watt (6 Ohm) pro Kanal im Stereo-Betrieb sind für diese Preisklasse sehr ordentlich, bei 7 zeitgleich ausgelasteten Endstufen stemmte der kleine Receiver immerhin noch knapp 70 Watt (an 4 und 6 Ohm). Der Standby-Verbrauch bei aktivem HDMI-Pass-Through liegt bei hohen 19,6 Watt; viele AV-Receiver benötigen nicht mal ein Watt.
Im Hörtest legte der Sony mit Steely Dans Referenzaufnahme „Two against nature“ (5.1) locker, entspannt und mit warmem Timbre drauf los; im Bass durchaus druckvoll. Die Einmessung aller Lautsprecher dauert keine Minute und lieferte plau-sible Ergebnisse für Pegel, Distanzen und Crossover. Orchestermusik (DSD 5.0 via SACD) klang damit stressfrei und frei von Härten. Jedoch fehlte uns Feindynamik, räumliche Weite und Durchhörbarkeit; Solo-Instrumente wurden nicht so fein und glaubhaft herausgearbeitet wie erhofft.
Unseren Dolby-Parcours mit Atmos-Demo-Clips erledigte der STR-DH790 überzeugend, allerdings schallte es nicht so präzise und räumlich ausladend, wie wir das von anderen Geräten kennen – die jedoch in deutlich höheren Preisregionen angesiedelt sind. Mit nur zwei Deckenboxen spielten Effekte von oben nicht immer über dem Kopf, sondern auch mal von vorn – wie der Check mit Dolbys „Audiosphere“-Clip zeigte. Receiver mit 4 Deckenkanälen sind hier wie immer im Vorteil. Der „Night Mode“ reduzierte zuverlässig Dynamik-spitzen effektvoller Action-Streifen mit Dolby-Ton. Bei DTS-Sound brachte er dagegen keine hörbare Wirkung.
Stereo-Musik im Pure-Direct-Modus machte viel Spaß, wobei der Sony eher in die Tiefe als Breite spielte. Klassik tönte mit der nötigen Feinauflösung, wobei auch filligrane Klaviersaiten-Anschläge hörbar wurden. Pop und Co. flossen druckvoll sowie mit angenehmer Tonalität aus den Boxen. Bei Metal-Musik wünschten wir uns hingegen mehr Durchzeichnung, die einzelne Gitarren aus dem Klangsalat besser herausschält.
Der Testbericht Sony STR-DH790 (Gesamtwertung: 64, Preis/UVP: 450 Euro) ist in audiovision Ausgabe 9-2018 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Sonys Einsteiger STR-DH790 bietet viel für wenig Geld: soliden Klang bei 7 Endstufen mit ausreichend Power, Dolby Atmos, DTS:X und das volle 4K-Video-Progamm. Abstriche muss man vor allem in Sachen Multimedia und Multiroom machen – außer Bluetooth ist hier nichts an Bord.
Andreas Oswald