Eigentlich kostet der GQ65QN85C satte 2.600 Euro und damit deutlich mehr als seine beiden Testfeld-Konkurrenten. Doch zum Testzeitpunkt hatte Samsung den Preis des Neo QLED laut eigener Webseite auf 1.730 Euro gesenkt. Wie der Panasonic arbeitet das Display des Koreaners mit Mini-LEDs. Wie präzise die tausende Mini-LEDs angesteuert werden, verrät Samsung nicht. Unseren Recherchen nach soll es sich um 720 Dimming-Zonen handeln. Für einen vermeintlichen Einsteiger-Fernseher – so ist der GQ65QN85C im breiten Samsung-Portfolio zumindest auf dem Papier einzuordnen – ist das eine ganze Menge.
Ein charakteristisches Erkennungsmerkmal des 65-Zöllers ist sein sechseckiger Metallfuß, in der Samsung-Sprache hört dieser auf den Namen „Hexagon Plate“. Für die Wandmontage ist der QN85C perfekt geeignet, denn inklusive Anschlüssen kommt der Flachmann auf gerade mal 2,6 Zentimeter. Hierfür unterstützt er die VESA-Norm 400 x 300 Millimeter. Hochwertig ist die Displayeinfassung: Ein schlanker Metallrahmen ziert das Panel. Alternativ zum 65-Zöller bietet Samsung den QN85C auch in 55 Zoll für 1.300 Euro an, der 75-Zöller kostet 2.500 Euro, für den riesigen 85-Zöller werden 3.450 Euro fällig. Wichtig für Käufer: Samsung ändert seine TV-Preise häufig (in beide Richtungen).
Ausstattung und Praxis
Auch wer bei Samsung nicht zum 4K-Spitzenmodell greift, kommt in den Genuss des leistungsstärksten 4K-Prozessors. Der Neural Quantum Prozessor 4K werkelt mit Künstlicher Intelligenz (KI) und 20 neuronalen Netzwerken. Für bestmögliche Bildqualität analysiert der Apparat Szene für Szene und verpasst ihr je nach Sehbedingung optischen Feinschliff. Für Bild und Ton stehen mit „Adaptives Bild“, „Aktiver Sprachverstärker“, „Adaptiver Ton+“ und „Adaptive Lautstärke“ diverse praktische Helfer zur Verfügung.
Kompakt: Der Samsung-Steuerstab ist super handlich, die meisten Tasten sind doppelt belegt. Der interne Akku wird per Sonnenlicht, Kunstlicht oder per USB-Buchse aufgeladen.
Leistungsstark, übersichtlich und optisch gefällig ist die Oberfläche des Tizen-Betriebssystems. Auch Samsung-Neueinsteiger finden sich hier intuitiv zurecht. Zum Verändern des Bildmodus, zum Anpassen von Schärfe, Kontrast oder Farbton oder etwa zum Modifizieren der Energie-Settings kann man über die „Einstellungen“ im unteren Drittel des Bildschirms hilfreiche Settings einblenden.
Mit der kompakten Fernbedienung ist eine gewisse Einarbeitungszeit erforderlich. Denn da die Koreaner auf nur wenige Tasten setzen, kommt man an einer Mehrfachbelegung nicht vorbei. Hier ist erst mal Ausprobieren angesagt. Clever gelöst: Ein Batteriewechsel ist nie erforderlich, weil der Akku im Steuerstab per Sonnen- oder Kunstlicht geladen wird. Notfalls bezieht der Signalgeber Strom per USB.
Die Tizen-Oberfläche mit schwarzem Hintergrund und farbigen Kacheln listet Apps in Hülle und Fülle auf. Streamer kommen unter anderem mit HD+, Disney+, Apple TV+, WOW, Rakuten TV, Joyn, Magenta TV und FIFA+ voll auf ihre Kosten. Das Bedientempo ist gut, Menüwechsel gelingen flott, Apps starten ebenfalls schnell. Alternativ zur Fernbedienung lässt sich der GQ65QN85C auch per Sprache steuern, Alexa und Bixby stehen zur Verfügung, Google Assistant ist hingegen nicht mehr an Bord. Ein Klassiker bei Samsung ist mittlerweile der „Ambient-Modus“, eine Sammlung von verschiedenen Hintergründen, Kunstwerken und Info-Tafeln, die bei Bedarf über Nachrichten, Wetter und Uhrzeit informieren.
Multimedial ist der QN85C auf dem neuesten Stand. Sein leistungsstarker Mediaplayer beherrscht die 360-Grad-Darstellung von Fotos und Videos. Zum kabellosen Übertragen von Fotos, Videos und Musik via Smartphone oder Tablet unterstützt der Apparat neben Chromecast und Bluetooth auch Apple AirPlay 2. Besonders komfortabel ist die App „SmartThings“ (siehe Kasten). Wer Inhalte aus verschiedenen Quellen konsumiert und sich teilweise nicht entscheiden kann, profitiert vom „Multi View“-Modus. Dieser zeigt zwei Bilder auf dem Display parallel, entweder in zwei gleich großen Fenstern nebeneinander oder in zwei unterschiedlichen Größen, wobei das kleinere Fenster oben rechts eingeblendet wird. Als Zuspieler eignen sich unter anderem Live-TV, USB-Webcam, Blu-ray-Player oder gespiegelte Smartphone-Oberflächen.
Die Twin-Tuner für Kabel, Satellit und DVB-T2 sind wie alle anderen Anschlüsse direkt in das Gehäuse integriert, eine externe Anschlussbox ist wenig überraschend den Samsung-Spitzenmodellen vorbehalten. USB-Aufnahmen und Time-Shift sind möglich. Klasse: Alle vier HDMI-Ports unterstützen dank Auto Low Latency Mode (ALLM), Variable Refresh Rate (VRR) und 4K-Wiedergabe mit 120 Hertz die 2.1-Spezifikationen. Gamer können über den „Gaming Hub“ auf Cloud-Gaming-Plattformen, Konsolenspiele und Spiele-Apps zugreifen. FreeSync Premium Pro und HGiG (HDR Gaming Interest Group) optimieren die flüssige und dynamische Wiedergabe von Spielen.
Bild- und Tonqualität
Bei einem OLED weiß man, dass die Schwarzdarstellung exzellent gelingt. Bei einem LCD-Fernseher ist dies anders. Deshalb sind wir neugierig, wie sich der Samsung mit Mini-LEDs in dieser Disziplin schlägt. Wir testen ihn mit den schwarzen Kapiteleinblendungen und weiß eingestanzten Monatsnamen der Blu-ray „Deutschland von oben“. Das Ergebnis kann sich mehr als sehen lassen. Schwarz ist wirklich super dunkel und verdient die Bezeichnung „Schwarz“, wenn man frontal auf den Bildschirm schaut. Für das bestmögliche Ergebnis sollte „Lokales Dimming“ auf „Standard“ eingestellt sein. Um den Monatsnamen „April“ ist das Display nur einen winzigen Hauch aufgehellt, das ist zu vernachlässigen und wenn überhaupt nur im absolut abgedunkelten Raum zu erkennen. Auch wenn man eine seitliche Sitzposition einnimmt, bleibt der Flachmann sehr dunkel und gleichmäßig ausgeleuchtet, der Lichterkranz ist minimal und stört nicht.
Nicht nur beim Thema Schwarz, sondern auch mit seiner Helligkeit überzeugt der Samsung. Im „Filmmaker“-Setting schafft der Flat-TV in der Spitze 870 Candela. 825 bzw. 615 Candela sind es bei 50- bzw. 100-prozentigem Weißanteil. Aufgrund eines noch bestehenden Software-Bugs konnten wir die Maximalhelligkeit im „Dynamisch“- und „Standard“-Modus nicht ermitteln, hier kam jeweils ein Wert von nur rund 200 Candela heraus. Weit mehr als 1.000 Candela sind bestimmt drin, denn bereits bei 50-prozentigem Weißanteil erzielte der Flachmann 1.020 bzw. 970 Candela. Der ANSI-Kontrast mit einem Wert von 3.800:1 fiel überraschend hoch aus. Chapeau!
Im „Filmmaker“-Setting liefert der 65-Zöller ein sehr natürliches Farbsetup, Schärfe und Plastizität sind eher zurückhaltend. Ganz anders sieht die TV-Welt im „Standard“- und „Dynamisch“-Modus aus. Jetzt greift der Flachmann großzügig zum Farbkasten, agiert enorm dynamisch und leuchtstark, ist super scharf und spendiert seinen Bewegtbildern viel Raumtiefe. Bewegungen stellt der GQ65QN85C sehr ruhig und absolut ruckelfrei dar, mit „Unschärfeminderung“, „Judder-Minderung“ und „LED Clear Motion“ kann man die Bewegungsoptik exakt auf die eigenen Vorstellungen hin anpassen. Gut ist die Blickwinkelstabilität, allerdings schlechter als bei einem OLED. Dolby Vision fehlt leider weiterhin, HLG, HDR10, HDR10+ und HDR10+ Adaptive werden aber unterstützt. Der HDR-Look ist druckvoll und kontrastreich. SDR-Inhalten kann man mittels „Automatisches HDR-Remastering“ ebenfalls mehr Punch verleihen.
Für klare Stimmen und eine angenehm breite Akustikbühne hat Samsung ein 2.2.2-Kanal-System mit 60 Watt und Dolby-Atmos-Unterstützung verbaut. Die Lautsprecher strahlen nach oben und zu den Seiten ab. Effekte aus Dolby-Atmos-Titeln stellt der Koreaner recht plastisch in den Raum. Die Bassperformance ist überschaubar. „Q-Symphony“ erlaubt die gleichzeitige Soundwiedergabe von Fernseher und kompatibler Soundbar.
Der Testbericht Samsung GQ65QN85C (Gesamtwertung: 89, Preis/UVP: 1.730 Euro) ist in audiovision Ausgabe 12-2023 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Der GQ65QN85C schafft es fast in unsere Referenzklasse. Schwarzwert, Leuchtkraft, Ausstattung, Bedientempo und Bedienkomfort – hier ist alles top. Vom fehlenden Dolby Vision abgesehen, ist der Samsung eine Kauf-Empfehlung, vor allem bei dem Preis.
Jochen Wieloch