Lautsprecher von Polk Audio waren bislang nur in den USA bekannt. Dies soll sich nun ändern, unter anderem mit der neuen Signature-Serie.
Polk Audio ist in den USA so bekannt wie hierzulande Canton oder Heco. Seit 1972 baut der in Baltimore ansässige Hersteller schon Hifi-Lautsprecher, die traditionsgemäß mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis aufwarten. Im Fall unseres Test-Sets beträgt der Preis 1.800 Euro. Firmengründer Matthew Polk war als Physiker immer für neue Ideen gut, was zu einer stattlichen Reihe von Patenten, aber auch zu einem großen Erfolg auf dem amerikanischen Markt führte.
2006 ereilte Polk Audio das Schicksal vieler Audio-Traditionsunternehmen: Es wurde von einer Firmenholding gekauft, in diesem Fall Sound United, in dessen Portfolio sich auch Marantz, Denon und Boston Acoustics befinden. So hielt ein anderes Geschäftsleitungs- und Entwicklungsteam bei Polk Audio Einzug. Und damit auch das Bestreben, nicht nur für den US-Markt zu produzieren. Solche Umstrukturierungen benötigen Zeit, weshalb erst jetzt Deutschland an der Reihe ist.
Technik
Das erste Polk-Audio-Set in unserem Testlabor kommt aus der Signature-Serie. Ein Name, bei dem man zunächst die Spitzenserie eines Herstellers vermuten würde (LG lässt grüßen). In diesem Fall darf sich aber eher die „Brot-und-Butter“-Klasse mit einer die Erwartungen so hochschraubenden Bezeichnung schmücken. Blieb es doch weiterhin das Ziel von Polk Audio, Produkte mit viel Klang für wenig Geld anzubieten.
Passende Subwoofer sind noch nicht fertig, was fürs Heimkino in Sachen Bass hohe Ansprüche an die Frontlautsprecher S60 stellt. Die sind das größte Modell der Serie und verfügen über je drei 16-Zentimeter-Tieftöner.
Jedes der Chassis bringt eine Polypropylen-Membran mit, die mit Mica, also mineralischem Glimmer, versetzt ist. Der soll für erhöhte Steifigkeit der Membran und somit geringere Anfälligkeit für Resonanzen sorgen. Die jeweils beiden unteren Chassis sind ausschließlich für die Bassfrequenzen zuständig, das oberste überträgt auch den Mitteltonbereich bis etwa 2,5 Kilohertz.
Die Bassreflexöffnung ist im Boden der S60 untergebracht, vier runde Säulen sorgen für einen exakten Abstand zur darunter angebrachten Bodenplatte, an die auch die vier Standfüße montiert sind. Das ist so weit nichts Neues und soll für eine bessere Ankopplung der Bassfrequenzen an den Raum sorgen. Polk Audio setzt hier zudem auf die hauseigene „Power Port“-Technik, die Luftturbulenzen verringern soll.
Rauchringe sind ein allgemein bekanntes Phänomen: Wenn aus einer annähernd runden Öffnung (wie beispielsweise dem Mund eines Rauchers) Luft plötzlich ausgestoßen wird, bewegt sich ein Ring sich drehender Luft von der Öffnung weg. Dabei sind sogenannte Turbulenzen im Spiel, also Luftbewegungen, die über Kanten hinweg plötzlich unlinear werden.
Etwas Ähnliches passiert bei der guten alten Bassreflexöffnung, nur natürlich häufiger, nämlich im Takt der tiefen Frequenzen, die durch diese Öffnung wiedergegeben werden. Dieser Effekt schränkt nicht nur die Wirkungsweise einer Bassreflexöffnung ein – die turbulenten Luftbewegungen verzehren nämlich einiges an Energie, die eigentlich für die Basswiedergabe vorgesehen war. Zudem erzeugen sie auch unerwünschte Geräusche, die deutlich hörbar werden können. Einige Hersteller versuchen diesen Effekt mit mehr oder weniger großem Erfolg mittels trichter- oder trompetenförmigen Öffnungen der Bassreflexrohre zu vermindern.
Polk Audio geht einen anderen Weg: Beim „Power Port“ montiert der Hersteller vor dem Rohr einen gekrümmten Kegel mit der Spitze genau in der Mitte der Öffnung. Der durch die Krümmung erst langsam, dann immer schneller zunehmende Durchmesser des Kegels sorgt zum einen dafür, dass die Turbulenzen sozusagen mehr und mehr gebremst werden, zum anderen für eine Umlenkung des Luftstroms um 90 Grad.
Im Fall des S60 wird die Luft also aus der Senkrechten sozusagen sanft in die Waagerechte umgelenkt. Auf diese Weise sollen laut Angaben von Polk die störenden Turbulenz-Geräusche deutlich vermindert und die unverzerrte Tiefton-Wiedergabe um drei Dezibel erhöht werden.
Ab 2,5 Kilohertz übernimmt die 25-Millimeter-Hochtonkalotte die Schallabstrahlung. Ihre Membran besteht aus Terylene, einem Kunststoff, der in ähnlicher Form auch in Getränkeflaschen verwendet wird. Hört sich zunächst einmal seltsam an, macht aber bei näherer Betrachtung Sinn: Terylene ist nicht sonderlich steif, weist aber eine hohe innere Dämpfung auf und vermeidet so Resonanzen.
Die Membran ist leicht zurückversetzt montiert, in ihre Frontplatte ein kurzes Waveguide eingearbeitet, das die Abstrahlung zu mittleren Frequenzen hin stärker richten soll. So erhöht sich in dieser Region der Wirkungsgrad des Treibers. Zudem passt sein Rundstrahlverhalten bei der Trennfrequenz so besser zu dem des Tiefmitteltöners.
Die Surroundbox S20 ist mit den gleichen Chassis ausgerüstet wie die S60, bringt aber nur einen der Tieftöner mit. Die Bassreflexöffnung inklusive „Power Port“-Formteil ist auf der Rückseite angebracht. Genauso ist es beim Center S30, dessen beide Tieftöner technisch ähnlich, aber mit 13 Zentimetern Durchmesser kleiner sind. Der zwischen ihnen sitzende Hochtöner ist wiederum der gleiche.
Tonqualität Surround
Durch ihre große gemeinsame Membranfläche können die Tieftöner der S60 messtechnisch zumindest einigermaßen mit guten Subwoofern mithalten: Ihre untere Grenzfrequenz liegt bei 38 Hertz, der Maximalpegel bei 102 Dezibel.
Kaum etwas zu mäkeln gibt es an den Frequenzgängen, die von Center und Surround verlaufen erfreulich linear. Die Kurve der Frontboxen steigt zu hohen Frequenzen etwas an, was aber noch nicht zu Befürchtungen über ein zu helles Klangbild Anlass gibt. Sie sollte man also nicht auf den Hörplatz anwinkeln. Auffällig ist der gute Wirkungsgrad des Polk-Sets, Front und Center bringen es auf immerhin 88 Dezibel und versprechen auch bei wenig Verstärkerleistung viel Dampf im Heimkino.
Das Rundstrahl-Diagramm des S30 zeigt zwar Einbrüche im Mitteltonbereich, die nehmen aber erst bei höheren Winkeln größere Ausmaße an.
Im besten Sinne unauffällig ist das Klangbild des Signature-Sets im Hörraum. Hier stört und nervt nichts, man sitzt einfach da und genießt Film- und Musikwiedergabe. Verfärbungen? Fehlanzeige. Verzerrungen? Nö. Ein prima Set für den Alltag also. Erst bei kritischem Material, beispielsweise „Ratatouille“, und hohen Pegeln stößt das Set an seine Grenzen: Das Krachen der Schrotflinte der alten Dame kommt nicht so dynamisch, wie die Tester das gewohnt sind. Auch die Abschleppwagen-Szene aus „Terminator – die Erlösung“ erklingt etwas weniger mächtig, allerdings mit merklichem Tiefbass-Anteil. Wir reden hier aber von wenig alltagstauglichen XXL-Pegeln. Bei mittleren und gehobenen Lautstärken lassen sich die Polk-Boxen hingegen nicht in Verlegenheit bringen. Das stellen sie gern mit Musik, beispielsweise „Listen Up!“ von Omar Hakim unter Beweis, das sie entspannt, harmonisch und räumlich zum Besten geben. Allenfalls ein wenig dynamischer könnte das Lautsprecher-Quintett hier zu Werke gehen. Stimmen wie die von Jane Monheit bei „They Cant´t Take that Away From Me“ bringt das Set präsent und arbeitet sie fein aus dem Gesamtklangbild heraus. Die leichte Rauigkeit, die es ihnen beimengt, verzeiht man ihm da gern.
Tonqualität Stereo
Das Stereo-Klangbild der S60 schließt sich nahtlos an das des Gesamtsets an: „Jazz At The Pawnshop“ beispielsweise geben sie sehr schön entspannt und mit glaubwürdiger Raumdarstellung wieder. Dabei gehen zwar einige feine Details unter. Das fällt aber bei Weitem nicht so ins Gewicht wie der homogene, wirklich langzeittaugliche Gesamtcharakter der Polks, der sich für gepflegte Hintergrundbeschallung ebenso eignet wie für konzentriertes, lustbetontes Musikhören.
Der Testbericht Polk Audio Signature-Set (Gesamtwertung: 80, Preis/UVP: 1800 Euro) ist in audiovision Ausgabe 11-2017 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Einen Neuankömmling wie Polk Audio so auf dem deutschen Markt zu begrüßen, macht Freude: Das Signature-Set gefällt durch homogenen, langzeittauglichen Klang und bietet einen erfreulich hohen Gegenwert für seinen Kaufpreis.
Michael Nothnagel