Polk Audio Monitor XT (Test)

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Ein ausgewachsenes Atmos-Lautsprecherset für unter 2.000 Euro hat Polk Audio im Programm – das wollten wir uns einmal ganz genau anhören.

Der Begriff „Preis-Leistungs-Verhältnis“ war 1972, als Polk Audio in Baltimore gegründet wurde, noch nicht so verbreitet wie heutzutage. Er hätte aber für dieses Unternehmen erfunden werden können, denn genau darauf hat es seinen Erfolg aufgebaut. Dabei spielte von Anfang an die Monitor-Boxenserie eine tragende Rolle, die seit jeher die Einsteiger-Baureihe der Amerikaner war. Das ist sie noch immer, auch wenn Polk Audio mittlerweile zum Sound-United-Konzern gehört, der auch Marken wie Bowers & Wilkins, Denon und Marantz beheimatet.

Neben dem Namen – jetzt erweitert zu Monitor XT – haben die Entwickler auch einige technische Besonderheiten der Ur-Monitore beibehalten: Beispielsweise die einfache, quaderförmige Bauweise der Gehäuse, ohne optische Gimmicks wie gebogene Seitenwände, per Magneten gehaltene Abdeckungen oder versteckte Treiber-Montageschrauben. Der Verzicht tut dem guten Klang zum Glück genauso wenig Abbruch wie die kunststoffbeschichteten Oberflächen.

Technik
Den Designvorstellungen der Polk-Anfänge wollten sich die heutigen Entwickler dann aber doch nicht beugen: Waren damals Boxen mit breiten Schallwänden modern – oft war das Höhen-Breiten-Verhältnis der damaligen Standboxen in der Größenordnung von 2:1 oder sogar 3:2 – wäre in heutigen Wohnzimmern damit kein Blumentopf mehr zu gewinnen. Im Jahr 2022 muss eine Standbox rank und schlank sein. Das trifft auch auf die XT70 zu.

Der 102 Zentimeter hohe und 23 Zentimeter breite Lautsprecher setzt übrigens eine weitere Tradition fort, die schon bei den ersten Monitor-Serien begründet wurde: den Einsatz von Passivmembranen statt der üblichen Bassreflexöffnungen mit in die Box hineinragendem Rohr. Genau diesen Zweck erfüllen die beiden am weitesten unten auf der Schallwand montierten 20-Zentimeter-Chassis: Sie haben keinen eigenen Antrieb, sondern werden über die Luft im Gehäuse von den beiden 16-Zentimeter-Tieftönern über ihnen zum Schwingen angeregt (siehe Kasten).

Als Membranmaterial verwendet Polk hier das gute alte Papier und nennt es etwas beschönigend „Zellulose“. Allerdings setzt der Hersteller mehrere Schichten mit jeweils unterschiedlichen Eigenschaften ein und laminiert sie zusammen. Heraus kommt eine Membran mit hoher Steifigkeit und hoher innerer Dämpfung, die gegen Eigenresonanzen ziemlich unempfindlich ist. Polk nennt diese Technologie „Dynamic Balance“.

Ab zwischen 2,5 und 3,2 Kilohertz – je nach Boxentyp – übernimmt eine 25-Millimeter-Kunststoffkalotte die Wiedergabe. Sie besteht aus Terylene, einem Kunststoff, der nicht sonderlich steif ist, dafür aber eine hohe innere Dämpfung aufweist und so störende Resonanzen vermeidet. Die Kalotte überträgt bis 40 kHz und konnte sich damit das Hi- Res-Zertifikat der Japan Audio Society sichern, das für besonders hochauflösende HiFi- und Heimkino-Geräte vergeben wird. Die Hochtöner sind zudem mit einem kurzen Waveguide versehen, der Rundstrahleigenschaften wie Wirkungsgrad zwischen 2 und 6 Kilohertz verbessert.

Der Center MXT35 kann mit vier Basschassis – jeweils 7,5 Zentimeter durchmessend – aufwarten, je zwei links und rechts neben dem mittig angeordneten Hochtöner. Dadurch ist er besonders flach und einfach unter einem Fernseher anzubringen. Auch seine Bautiefe ist mit 14 Zentimetern gering, weshalb er auch für die Wandmontage geeignet ist. Die entsprechenden Montagepunkte bringt er mit. Die Surroundboxen XT20 sind konventionelle Regalboxen mit 16-Zentimeter-Tieftöner, der Terylene-Hochtonkalotte und einer Bassreflexöffung auf der Rückseite. Ohne Hochtöner auskommen müssen die angewinkelten Atmos-Höhenlautsprecher XT90: Bei ihnen ist ein Zehn-Zentimeter-Breitbänder für den gesamten Frequenzbereich zuständig.

Der Subwoofer XT12 verspricht durch sein stämmiges 30-Zentimeter-Chassis in einem nicht zu kleinen Gehäuse schon mal einiges an Tiefgang und Basspegel. Recht knapp scheinen dagegen zunächst die 50 Watt RMS-Leistung der integrierten Analogendstufe.

Polk Audio hat Passivmembranen schon vor 50 Jahren eingesetzt – und war nicht mal der erste Hersteller mit dieser Technik. Sie ist nichts anderes als eine Variante der Bassreflex-Technik. Gemeinsam ist beiden, dass nicht nur der Schall, der von der Vorderseite der Tieftöner-Membran stammt, für die Basswiedergabe genutzt wird, sondern auch der von deren Rückseite. Dabei sind einige Tricks vonnöten, denn wenn beide Anteile gleichzeitig beim Ohr des Hörers ankommen, würde sich der Schall auslöschen. Also fanden die Ingenieure einen Weg, den Schall von der Hinterseite so zu verzögern, also in der Phase zu verschieben, dass er sich zumindest im wichtigsten Frequenzbereich mit dem von vorn addiert. Dazu nutzten sie eine Öffnung in der Box, sehr oft mit angeschlossenem Rohr. Die Luft im Inneren des Gehäuses wirkt dabei als Feder, die Luft im Bassreflexrohr schwingt als virtuelle Membran, deren Schwingungsverhalten über Länge und Durchmesser des Rohrs bestimmt wird. Eine solche Box hat aber, insbesondere bei sehr tiefen Frequenzen, ihre Nachteile: So bewegt sich bei tiefen Tönen die Luft im Rohr so schnell, dass es zu Reibungsverlusten an den Wänden und zu Turbulenzen kommt. Das Ergebnis: hörbare Nebengeräusche. Luft ist zudem als Membranmaterial nicht sonderlich geeignet, denn sie arbeitet nicht linear: je höher der Schalldruck, umso mehr wird sie komprimiert und produziert Verzerrungen.

Hier kommt die Passivmembran ins Spiel. Die ersetzt nämlich das teilweise wenig linear arbeitende Bassreflexrohr und verwandelt den wechselnden Luftdruck im Gehäuse in mechanische Schwingungen, die dann wiederum die Außenluft in Schwingungen versetzen. Dabei lässt sich die Passivmembran so auslegen, dass sie weitgehend linear arbeitet. Nebengeräusche produziert sie prinzipiell keine. Idealerweise ist sie deutlich größer als die Membran des angetriebenen Basschassis, da sie für die ganz tiefen Frequenzen zuständig ist und dementsprechend mehr Luft bewegen muss.

Die Passivmembranen der Polk Monitor XT70 besitzen keinen eigenen Magnetantrieb und verwandeln den von den angetriebenen Tieftönern nach hinten abgestrahlten Schall in hörbaren Tiefbass.

Tonqualität Surround
Unser Messlabor kann hier aber Entwarnung geben: Immerhin 101 Dezibel Maximalpegel bei einer unteren Grenzfrequenz von 33 Hertz sind durchaus beachtenswert, zumal in Relation zu seinem Einzelpreis von günstigen 330 Euro.

Recht linear und mit nur leicht ansteigenden Höhen verlaufen die Frequenzgänge von Front, Center und Surrounds. Die Höhenbox zeigt allerdings deutlich mehr Schwankungen beim Frequenzgang. Das Rundstrahlverhalten des Centers lässt im Mitteltonbereich unter größeren Winkeln deutliche Pegelverluste erkennen. Zu weit seitlich seiner Hauptachse sollte man also nicht sitzen.

Zum Glück machte das beim Hörtest kein Problem, denn da sitzen wir immer auf den besten Plätzen. Der Center überzeugt dann mit seiner präsenten, luftigen Wiedergabe, die Filmdialoge sauber und gut verständlich bringt, ohne in Aggressivität abzugleiten.

Das gesamte Set spielt im Übrigen genauso luftig und wohl definiert: Der „Appalachian Spring“ der San Francisco Symphony unter Michael Tilson Thomas kommt leichtfüßig, räumlich präzise und mit gelungenen Klangfarben aus dem Polk-Set. Überzeugen kann es auch bei der Abschleppwagen-Szene aus „Terminator – Die Erlösung“. Hier krachen die Motorräder mit Nachdruck in die Autowracks, die tieffrequent dröhnenden Gerätschaften melden sich in den Magengruben. Dabei sind mit dem Set auch höhere Pegel kein Problem. Einziger Nachteil: Die Dynamik lässt ein wenig zu wünschen übrig, die Wiedergabe der Polks wirkt immer leicht gebremst und nicht sonderlich temperamentvoll – aber dem günstigen Preis mehr als angemessen.

Spaß macht definitiv der Einsatz der Höhenkanäle, erst recht, weil das Set vier davon zur Verfügung stellt. „Infinite“ und „Spider-Man: No Way Home“ klingen so noch weiträumiger und überzeugender. Die Ortung von oben gelingt mit den Höhenboxen XT90, wenn sie, wie vorgesehen, auf den Front- und Surroundboxen platziert sind, nicht perfekt, denn es ist noch relativ viel Direktschall zu hören, der eben nicht von der Decke reflektiert wurde. Das haben sie aber mit vielen ähnlich konzipierten Lautsprechern gemeinsam, es liegt also eher an der Bauweise, die die Montage von Boxen an der Decke – in normalen Wohnzimmern sehr häufig nicht gewünscht – zu vermeiden sucht.

Tonqualität Stereo
Angesichts der üppigen Membranfläche der XT70 ist ein Subwoofer im Stereobetrieb nicht wirklich erforderlich. Das beweisen die Standboxen mit „Railway Tracks“ von John Ilsley, deren E-Bass und Kickdrum sie satt und nachdrücklich zu Gehör bringen. Auch mit Stimmen wie der von Michael Ruff auf „Speaking in Melodies“ kommen die Polks gut zurecht und stellen sie sauber umrissen und stabil in den Raum. Dabei gibt’s auch keine nennenswerten Verfärbungen. Insgesamt fehlt auch hier lediglich etwas Temperament.

Der Testbericht Polk Audio Monitor XT (Gesamtwertung: 78, Preis/UVP: 1.850 Euro) ist in audiovision Ausgabe 8-2022 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

78 Gut

Mit einfachem, geradlinigen Design, ansprechender Verarbeitung und einem mehr als ordentlichen Klang ist das Monitor XL-Set von Polk eine Empfehlung wert – erst recht angesichts des günstigen Preises von 1.850 Euro, in dem sogar noch vier Höhenboxen enthalten sind.

Michael Nothnagel

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