Bislang hat Philips seine prestigeträchtigen OLED+ Modelle nur bis 65 Zoll angeboten. Den neuen 937 gibt es hingegen erstmals auch in 77 Zoll. Doch das aktuelle TV-Topmodell der Holländer hat mehr zu bieten als nur ein großes Display.
Der neue 77OLED+937 ist ein echter Hingucker! Und das aus mehreren Gründen. So protzt der 5.000 Euro teure Philips-Flachmann nicht nur mit seinem modifizierten vierseitigen Ambilight (Details im entsprechenden Kasten), sondern begeistert auch durch seine noble Erscheinung.
Der OLED mit leuchtstärkerem EX-Panel thront nämlich nicht auf einem herkömmlichen Fuß, sondern auf einer leistungsstarken Soundbar von Bowers & Wilkins. Der Lautsprecher ist vorne und oben in feinen Akustikstoff des dänischen Herstellers Kvadrat gehüllt, Garant für hochwertige Materialien, an den Seiten geben perforierte Metallgitter dem Philips optisch den letzten Schliff. Mit 95 Watt haben die Niederländer bei der Ausgangsleistung noch mal eine Schippe draufgepackt, zudem dürfen sich Zuschauer jetzt erstmals auf ein echtes 5.1.2-System freuen (siehe Kasten).
Der Fernseher mit superschlankem Metallrahmen – vier statt bisher sechs Millimeter Breite – und der Soundbar-Fuß bringen zusammen stattliche 45,1 Kilogramm auf die Waage. Man muss folglich schon wissen, wo der 937 dauerhaft zur Schau gestellt wird, für die Montage des 77-Zöllers sollte man zudem drei Helfer einplanen. Dank VESA-Norm 400 x 300 Millimeter eignet sich der Apparat auch für die Montage an einer Wand. Ein spezieller Verbindungsarm für den Lautsprecher, damit dieser auch bei der Wandmontage eine Einheit mit dem Flat-TV bildet, gehört zum Lieferumfang.
Wer es eine Nummer kleiner mag als die von uns getestete XXL-Bildschirmdiagonale von 194 Zentimeter: Als 65-Zöller ist der Spitzen-OLED für eine unverbindliche Preisempfehlung von 3.700 Euro zu haben. Obwohl brandneu, liegt der Straßenpreis bereits merklich darunter.
Unverändert: Die Fernbedienung hat Philips aus dem Vorjahr übernommen. Die Rückseite ist in weiches Leder gehüllt, die Tasten sind beleuchtet. Leider ist die Oberfläche so plan gestaltet, dass sich die Tasten kaum voneinander abheben. So kann es passieren, dass man nicht auf Anhieb die gewünschte Taste trifft.

Perfekte Performance: Android 11 läuft nicht nur schnell, sondern ist auch sehr einfach zu bedienen und beschert den Zuschauern eine riesige App-Auswahl.
In der Tat sind auf der Tapete hinter dem Fernseher keine farblichen Übergänge mehr zu erkennen. Die einzelnen Töne gehen weich ineinander über, die Grenzen sind fl ießend. Zuschauer können nach wie vor aus den Optionen „Video folgen“, „Audio folgen“, „Lounge light“ und „Flagge folgen“ auswählen. Die Augen freuen sich, weil die Zusatzbeleuchtung in der Tat die Augen weniger ermüdet und sich der Bildschirminhalt gefühlt vergrößert. Neu ist ebenfalls die Funktion „Aurora“, die eine umfangreiche Sammlung an Fotos und Videos beinhaltet. Auswählen kann man aus den Rubriken „Szenen“, „Galerie“ und „Uhren“. Hierzu gehören Landschaftsaufnahmen, Städte, Tiere und Kunstwerke. Im Zusammenspiel mit Ambilight verwandeln die Aufnahmen in TV-Pausen und ungenutzten Momenten den Bildschirm in einen riesigen Hingucker. Stark, wenn der 937 plötzlich zu einem XXL-Aquarium mutiert.

Aurora: Hinter diesem neuen Menüpunkt verstecken sich beim Philips beeindruckende Motive, die im Zusammenspiel mit Ambilight prächtig harmonieren.

Für mehr Tiefgang: Der 937 verfügt über einen separaten Subwoofer-Anschluss. Die TV-Tuner sind hingegen nur als Single-Varianten verbaut.
Ausstattung & Bedienung
Bis auf ein überraschendes Defizit – der OLED+937 hat lediglich Single-Tuner für Kabel, Satellit und DVB-T2 verbaut, wodurch bei TV-Aufnahmen auf USB-Speicherträger die freie Senderwahl zum Schauen eines anderen Programms entfällt – wird der Philips bei der Ausstattung seinem Premium-Anspruch gerecht. Mit HLG, HDR10, HDR10+, HDR10+ Adaptive und Dolby Vision unterstützt er alle gängigen und wichtigen High-Dynamic-Range-Formate. Auch IMAX Enhanced, um optisch und akustisch noch mehr aus einem Film herauszuholen, gehört zum Repertoire des Flachmanns. Zwei seiner vier HDMI-Buchsen beherrschen den aktuellen Standard 2.1 mit einer maximalen Datenrate von 48 Gbit/s, 4K-Wiedergabe mit 120 Hertz, variabler Bildrate (VRR) und ALLM (Auto Low Latency Mode). Wichtig für Gamer: Der OLED ist kompatibel zu G-Sync und FreeSync Premium. Die praktische „Game Bar“ erlaubt es darüber hinaus, Bildeinstellungen für unterschiedliche Genres zügig zu optimieren und den Ton anzupassen.
Hohen Bedienkomfort, kurze Reaktionszeiten und eine riesige App-Auswahl garantiert das Betriebssystem Android 11. Ob Spieler, Musik-Fans oder Streaming-Liebhaber, hier findet garantiert jeder die passende App. Dass an langen Winterabenden keine Langeweile aufkommt, dafür sorgen unter anderem Amazon Prime Video, Netflix, Rakuten TV, Apple TV+, Disney+, Joyn, Google Play Filme, DAZN, RTL+, Waipu.TV, Zattoo und HD+ (siehe auch App-Vergleich).
Im 937 kommt eine verbesserte Version der inzwischen 6. Generation des P5 AI Intelligent Dual Engine Bildprozessors zum Einsatz, der zusätzliche Funktionen im OLED-Spitzenmodell ermöglicht. So wendet der OLED nicht nur eine einzige Schärfeeinstellung auf das gesamte Bild an, sondern erzeugt eine lokale Schärfeverbesserung, wobei unterschiedliche Einstellungen in bestimmten Bildbereichen zur Anwendung kommen. Ziel: eine optimale Schärfe über das gesamte Bild.
Der zusätzliche KI-Chip will das Problem von Detailverlusten beim Entfernen von Banding bei sehr schlechten Signalquellen beheben. Dazu werden 8-Bit-Videos in kritischen Bereichen auf eine Präzision von nahezu 14 Bit erweitert. Optimiert wurde ebenfalls die „Perfect Natural Reality“-Technik, die SDR-Material einen HDR-Look mit bis zu 30 Prozent mehr Schärfe verleiht. Das neue „Advanced HDR Tone Mapping“ verwendet einen modifizierten Algorithmus, um die Lichtabgabe und die Farbe nicht wie bisher anhand von durchschnittlichen Metadaten, sondern Bild für Bild zu optimieren. Über die erweiterte HDR-Tone-Mapping-Funktion kann der Zuschauer bei Bedarf die Dynamik steigern, um die Spitzenleistung des Displays zu erreichen.

Vorzeige-OLED: Im „Filmmaker“-Modus liefert der Philips bei SDR-Darstellungen extrem natürliche Farben ohne Abweichungen, Realismus pur.

HDR für Genießer: Wer dynamische Darstellungen mag, kann sich freuen, denn der OLED+937 deckt nahezu das gesamte DCI-P3-Spektrum vollständig ab.

Soundbar-Fuß: Die Leistung des Lautsprechers von Bowers & Wilkins wuchs von 70 auf 95 Watt.

DTS Play-Fi: Der Technik-Standard erlaubt eine unkomplizierte Verbindung zu drahtlosen Lautsprechern.
Heller dank besserer Kühlung
Beim EX-Panel, das wie bisher von LG stammt, verspricht Philips aufgrund einer optimierten Wärmeableitung Spitzenhelligkeiten von bis zu 1.300 Candela im 3-Prozent-Fenster. Das Geheimnis der höheren Leuchtkraft gegenüber herkömmlichen OLED-Panels: Anstelle von Wasserstoff als Bindemittel im organischen Material kommt jetzt effizienteres und stabileres Deuterium zum Einsatz, das auch höhere elektrische Ströme zulässt. Noch ein neues Feature ist „VRR Shadow Enhancement“, das sich darum kümmert, bei sich verändernden Bildfrequenzen zwischen 48 und 120 Hertz immer den optimalen Schwarzwert darzustellen.
Für die komfortablere Bedienung hat der 77-Zöller Google Assistant an Bord. Wer ein Alexafähiges Gerät wie einen Lautsprecher besitzt, kann den Fernseher ebenfalls mittels Sprache steuern. Die Fernbedienung hat zwei Highlights: die weiche Rückseite aus echtem Leder und die Tastenbeleuchtung, die sich aktiviert, sobald man den Signalgeber neigt. Die Oberfläche fällt leider zu plan aus, die einzelnen Tasten sind zu konturlos, wodurch man nicht immer die richtige trifft.
Bild- und Tonqualität
Wir starten die HD-Doku „Berlin und Brandenburg von oben“ und sind sofort begeistert: Im „Filmmaker“-Modus bildet der 77-Zöller unsere Hauptstadt und Umgebung realistisch mit weichen Farbübergängen ab. Im neuen Setting „Kristallklar“ wird der Philips plakativer, schärfer, dynamischer und plastischer. Helle Räume können dem Flachmann jetzt nichts anhaben, dieses Bild entfacht einen echten Wow-Effekt! In der Dolby-Vision-Doku „Unser Planet“ – zur Auswahl stehen jetzt sage und schreibe fünf Bildmodi – zeichnet der OLED den Regenwald so scharf, dass man gefühlt jedes einzelne Blatt und jeden Wassertropfen in der Atmosphäre erkennen kann. Die Natur protzt mit unzähligen, fein aufeinander abgestimmten Grüntönen, und die Felsen am Meer offenbaren jede noch so kleine Felsspalte in der braun-grauen Wand. Atemberaubend ist das Szenario mit Millionen von Seevögeln – trotz dieser unfassbaren Detail fülle gerät der OLED+937 nicht aus dem Tritt, sondern stellt souverän jede einzelne Kante und Objektumrandung dar. Besser geht es nicht. Kameraschwenks und Überflüge gelingen dem Riesenfernseher dabei wunderbar ruhig und geschmeidig. Über Schwarzdarstellung, Gleichmäßigkeit der Ausleuchtung und Blickwinkelstabilität brauchen wir nicht länger zu reden, in allen Disziplinen fährt der Niederländer die volle Punktzahl ein.
Vierstellige Candelazahlen sind nur in kleinen Weißfeldern wie dem Spot eines Schweinwerfers möglich. Im 10-Prozent-Weißfeld schafft der OLED 920 Candela im „Kristallklar“-, 705 Candela im „Filmmaker“-Modus. Bei zunehmendem Weißanteil geht die Leuchtkraft auf 320/285 Candela (50 Prozent Weiß) bzw. auf 195/185 Candela (100 Prozent Weiß) zurück. Der von uns gemessene enorm hohe ANSI-Kontrast von 20.000:1 beantwortet die Frage, wie gut der Philips helle und dunkle Bereiche darstellen kann.
Unsere bildliche Lobeshymne findet beim Ton ihre Fortsetzung. Einen klanglich besseren Flat-TV wird man kaum finden. Der OLED+937 begeistert durch hervorragende Sprachverständlichkeit und eine akustische Fülle, die ihresgleichen sucht. Das Klangbild ist plastisch, als Zuschauer wird man förmlich von einem Soundteppich umwoben. Das Tieftonfundament des 77-Zöllers ist zudem stark ausgeprägt, ohne sich unangenehm oder aufdringlich in den Vordergrund zu spielen. Effekte stellt der Philips sehr fein akzentuiert dar. Und wer gerne Musik hört, kann auf sein Hifi-System getrost verzichten.
Der Testbericht Philips 77OLED+937 (Gesamtwertung: 92, Preis/UVP: 5.000 Euro) ist in audiovision Ausgabe 2-2023 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Atemberaubendes Bild, fantastischer Ton, dazu ein noch ausgeklügelteres Ambilight-Spektakel und eine überzeugende Panel-Helligkeit: Der Philips 77OLED+937 schnürt eines der besten OLED-Gesamtpaket am Markt und ist dabei selbst als 77-Zoll-Riese nicht unerschwinglich.
Jochen Wieloch