Philips 65OLED986 (Test)

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Darf‘s ein bisschen mehr sein? Mit seinem neuen TV-Topmodell 65OLED986 serviert Philips ein cineastisches Feinschmecker-Menü mit OLED-Display, Soundbar von Bowers & Wilkins, vierseitigem Ambilight und edlem Ständer. Mehr Fernseher bekommen Sie für 4.300 Euro kaum.

Schon auf den ersten Blick wird deutlich: Beim 65OLED986 von Philips handelt es sich nicht nur um einen Fernseher, sondern vielmehr um ein vollständiges Heimkinosystem – bestehend aus OLED-Panel, hochwertiger Soundbar von Bowers & Wilkins sowie einem massiven, freistehenden Standfuß. Angesichts dieser drei Komponenten im Komplettpaket überrascht der Preis: Die 4.300 Euro, die Philips für den 65OLED986 aufruft, erscheinen angemessen, ja fast schon günstig. Erst recht, wenn man einen Blick zum deutschen Mitbewerber Loewe wirft, der für solche TV- und Audio-Lösungen gerne einige Tausender mehr verlangt. Die Niederländer, die ihre Fernseher durch eine Lizenzvereinbarung vom chinesischen Unternehmen TPV Technology fertigen lassen, bieten den 986 ausschließlich als 65-Zöller an. Das reine Panel ist gerade mal 5 Millimeter dünn, mit Standfuß kommt der 65OLED986 auf eine Gesamttiefe von 38,2 Zentimeter. Alle Komponenten zusammen bringen satte 47,3 Kilo auf die Waage. Hierzu gehört die 3.0-Kanal-Soundbar von Bowers & Wilkins mit einer Ausgangsleistung von 70 Watt (mehr zum Soundsystem im entsprechenden Kasten). Der Lautsprecher ist in hochwertiges Wollmischgewebe von Kvadrat gehüllt, dazu kommen entkoppelte Hochtöner aus Metall. Philips hat den 986 nicht nur zum Fernsehen, sondern auch zur Stand-alone-Musikwiedergabe entwickelt, um auf eine zusätzliche Hifi-Anlage verzichten zu können.

Mit Beleuchtung: Die Tasten der
Philips-Fernbedienung sind illuminiert,
die Rückseite des Signalgebers
besteht aus hochwertigem Leder. Die
Kunststoff-Oberseite wirkt nicht ganz
so edel, durch die sehr plane Oberfl äche
passiert es schon mal, dass man
die falsche Taste erwischt.

Der Fernseher hat einen Rahmen aus Chrom, der Standfuß besteht aus einer silbernen, gebürsteten Metallplatte. Das Design des Heimkino-Systems ist schick und zugleich zeitlos und somit universell in nahezu jedes Wohnzimmer-Ambiente integrierbar. Der Aufbau ist schnell erledigt, die wenigen Elemente werden fest miteinander verschraubt und sind äußerst stabil. Alle Anschlusskabel können durch das Metallstandbein sauber nach unten verlegt werden, eine Blende deckt den integrierten Kabelkanal nach hinten hin ab. Natürlich kommt auch bei diesem Philips-Flachmann Ambilight zum Einsatz, um den Bildinhalt gefühlt auf der Tapete hinter dem Apparat zu vergrößern, und das glücklicherweise gleich an allen vier Seiten.

Ausstattung & Bedienung
In seinem neuen OLED-Flaggschiff vertraut Philips wenig überraschend auf seinen leistungsstärksten Prozessor und hat die 5. Generation der P5 AI Intelligent Dual Picture Engine verbaut. Diese zeichnet sich nicht nur durch eine höhere Rechenleistung aus. Die Künstliche Intelligenz ist unter anderem dazu in der Lage, Filminhalte automatisch zu identifizieren und dem Zuschauer dadurch die Option anzubieten, in den „Filmmaker“- oder „Heimkino“-Modus zu wechseln. Das Feature AI Machine Learning Sharpness erlaubt darüber hinaus lokale, individuelle Schärfeanpassungen für mehrere unterschiedliche Bildbereiche. Durch den flotteren Prozessor ist der 65OLED986 Philips zufolge dazu in der Lage, 8-Bit-Videomaterial auf nahezu 14-Bit-Qualität anzuheben.

Mittels Fast Motion Clarity soll ein deutlicher Schärfevorteil bei Bewegungen erzielt werden. Dazu nutzt das System die Technik der 120 Hz Black Frame Insertion, wobei fortlaufend Zeile-für-Zeile-Bilder eingefügt werden. Um Einbrenn-Effekte zu vermeiden, überwacht das Philips Anti-Burn-in-System 32.400 Zonen. Werden statische Inhalte erkannt, reduziert der OLED schrittweise lokal die Helligkeit, ohne diese in anderen Bildbereichen zu beeinflussen.

Die Ausstattung des 986 ist eigentlich sehr gut, weist aber eine unerklärliche Lücke auf: So ist der Flachmann lediglich mit Single-Tunern für Kabel, Satellit und DVB-T2 bestückt, wodurch bei Aufnahmen auf USB-Festplatte nicht auf einen anderen beliebigen Sender umgeschaltet werden kann. Zwei der vier HDMI-Eingänge unterstützen mit 4K-Wiedergabe bei 120 Hertz, eARC, Variable Refresh Rate (VRR) und Auto Low Latency Mode alle relevanten 2.1-Spezifikationen. Gamer dürfen sich zudem über FreeSync Premium und geringe Latenzzeiten von 11 Millisekunden freuen. In Sachen HDR versteht sich die Philips auf die Formate HLG, HDR10, HDR10+ und Dolby Vision.

Android 10 erlaubt eine schnelle, fl üssige und intuitive Bedienung. Die Rückseite der Fernbedienung ist mit weichem Muirhead-Leder überzogen, die Tasten sind beleuchtet. Allerdings wäre es wünschenswert, wenn diese etwas stärker konturiert bzw. besser voneinander getrennt wären, um jede einzelne Taste präziser mit dem Finger treffen zu können. Sprachbefehle werden über Google Assistant verarbeitet, außerdem ist der Philips mit Alexa-fähigen Geräten kompatibel.

Die App-Auswahl ist riesig, neben Netflix, Amazon Prime Video, DAZN, Rakuten TV, Apple TV, Joyn, RTL+ und Zattoo hat der 65-Zöller unter anderem auch die „HD+“-Plattform integriert (mehr im App-Vergleich). Ein Sonnenaufgangs-Wecker sorgt für einen entspannten Start in den Tag. Das Streamen von Fotos, Videos und Musik gelingt per Bluetooth, Chromecast, Miracast und über die kostenlose App „Philips TV Remote“ für Apple und Android. Noch ein Tipp zur Installation: Verbinden Sie das Kabel der Soundbar noch vor der Ersteinrichtung mit dem Fernseher, sonst reagiert der Flat-TV nicht auf die Fernbedienung. Wir haben einige Zeit gebraucht, um diese Besonderheit ausfindig zu machen.

Ansprechend: Android 10 lässt sich mit seiner gekachelten Oberfläche problemlos bedienen. Die Farben sind
kräftig, die Optik überzeugt.

Freie Auswahl: Welche Apps darf der Google Assistant durchsuchen? Der Zuschauer selbst wählt aus, ob dies
beispielsweise Netflix und Amazon Prime Video sind.

Maßarbeit: Bei SDR-Farben schneidet der Philips wie ein sehr guter Biathlet ab – jeder Messpunkt ist ein Volltreffer, Nachjustieren ist fast nicht erforderlich.

Single-Tuner und externer Subwoofer: Für mehr Bassvolumen kann man am Philips einen Tieftöner anschließen.
Punktabzug gibt es für die nur einfach verbauten Tuner für Kabel, Satellit und DVB-T2.

Ebenfalls tadellos: Auch im DCI-P3-Spektrum leistet sich der Philips keinen Patzer. Alle Ecken des Farbsegels
werden vollständig ausgefüllt.

Die Unterstützung von DTS Play-Fi bleibt ein Alleinstellungsmerkmal von Philips-Fernsehern. Dazu ist im Einstellungs-Menü ein eigener Eintrag mit „DTS Play-Fi“ hinterlegt. Hier kann man festlegen, dass der Ton des OLEDs an drahtlose Lautsprecher gestreamt wird. Ebenso lässt sich Musik von einem Mobilgerät zum TV und zu Lautsprechern übertragen. Für Android-, iOS und Amazon-Kindle-Geräte ist eine DTS Play-Fi-Kopfhörer-App verfügbar. Auch tragbare Lautsprecher, die DTS Play-Fi beherrschen, lassen sich kabellos mit dem 65-Zöller verbinden und fungieren als Surround-Boxen.

Setup per Menü: Über den Philips-TV lassen sich kompatible DTS Play-Fi-Komponenten auswählen.

Die Soundbar von Bowers & Wilkins ist in einem verwindungssteifen Gehäuse unterhalb des Fernsehers montiert und erfüllt optisch und akustisch Premium-Ansprüche. 10 von 10 Punkten in unserer Bewertung (Tabelle siehe unten) sind eine Rarität. Die Lautsprecherfront ziert ein silbernes Micro-Mesh-Gitter, Stoff von Kvadrat deckt die Oberseite des Corpus ab. Erstmals bei einem Flat-TV kommen drei 100-Millimeter-Mitten- und Bass-Treiber mit Continuum-Membranen zum Einsatz. Der Hochtöner ist als Tweeter-on-Top oberhalb in einem neuen Gehäuse platziert. Er verfügt über die so genannte Nautilus-Tube aus Metall, die die Wärme der neuen, leistungsstärkeren Verstärker noch besser ableiten soll. Die entkoppelte Installation hat das Ziel, hohe Frequenzen ohne Verzerrungen wiederzugeben, die durch Gehäusedefraktion entstehen können, wenn Hochtöner in größeren Gehäusen verbaut werden. Das 70 Watt starke 3.0-Kanal-System unterstützt Dolby Atmos. Bei Bedarf kann am Fernseher ein externer Subwoofer angeschlossen werden.

Micro-Mesh-Gitter und Stoff: Materialien und Verarbeitung der 70 Watt starken Soundbar sind exzellent.

Entkoppelter Hochtöner: Die so genannte Nautilus-Tube aus Metall kann Wärme noch besser ableiten.

Bildqualität
Unser Bildcheck startet eindrucksvoll mit der HD-Doku „Bavaria: Traumreise durch Bayern“ auf Net flix. Faszinierend, mit welch farblicher Wucht, Dynamik, Schärfe und Brillanz der OLED bajuwarische Städte und Landschaften aus der Luft im „Heimkino“-Modus in Szene setzt. Über die Features „Lichtverstärkung“ und „Perfect Natural Reality“ zur Optimierung des Kontrasts und Helligkeitseindrucks kann man die Optik zusätzlich aufpolieren. Der 986 liefert eine famose Plastizität, super reine Farben und skaliert HD-Material so gekonnt und rauschfrei hoch, dass der Unterschied zu UHD nicht mehr sonderlich groß ist. Die Bewegungsdarstellung ist hervorragend, butterweich und extrem geschmeidig. Und das brutal satte OLED-Schwarz dient als Grundlage für tolle Kontraste und enorme bildliche Tiefe. Die Blickwinkelstabilität des Flachmanns ist ebenfalls ausgezeichnet.

Im „Lebendig“-Setting spielt es keine Rolle, ob das Wohnzimmer sonnendurchflutet ist, hier erreicht der Philips in Spitzlichtern knapp 1.100 Candela. 305 sind es nur noch bei 50-prozentigem Weißanteil, 201 bei vollflächigem Weiß. Knapp 900 Candela sind im „Filmmaker“-Modus drin, etwas überraschend ist, dass wir bei unserer Messung im „Heimkino“-Modus nur 440 Candela ermitteln – der optische Eindruck sagt etwas anderes. Ab Werk ist die Farbtemperatur „Warm“ mit 6.374 Candela schon ordentlich voreingestellt. Hebt man bei unserem Testgerät den „Rot-Weißwert“ auf 121 an, erzielt der 65OLED986 mit 6.496 Kelvin eine Punktlandung.

Spätestens mit HDR-Material verschmelzen auf dem 65-Zöller Fiktion und Realität. Der Dolby-Vision-Streifen „Puffs Reich: Wunder des Riffs“ hat mehr mit dem Blick in ein Aquarium als auf einen Fernseher zu tun. Die Aufnahmen sind brillant, die Unterwasserwelt strotzt vor Details, explodiert förmlich vor Farbvielfalt und stellt eine praktisch hundertprozentige Abbildung der Wirklichkeit dar. Authentischer haben wir diese Naturdokumentation noch nicht gesehen. Das Wasser schimmert in unzähligen Farbtönen und offenbart eine Facettenvielfalt, die einen staunen lässt. Mit „HDR – Persönlich“, „HDR – Lebendig“, „Dolby Vision Hell“, „Dolby Vision Dunkel“ und „Dolby Vision Game“ kann man selbst entscheiden, welcher Bildeindruck den persönlichen Vorlieben am nächsten kommt.

Satter Sound
Auch beim Ton liefert der Philips – einen ähnlich hervorragenden Klang haben wir bei einem Fernseher lange nicht erlebt. Ob Film, Fußballspiel oder Talkshow – die akustische Darbietung erinnert eher an ein Heimkino. Die Stimmwiedergabe ist warm und füllig. Musik umhüllt den Hörer, spielt druckvoll und voluminös. Actionfilme werden ebenfalls zum Genuss, weil Effekte wie quietschende Reifen oder ein vorbeifliegender Helikopter schön hervorgehoben und recht plastisch in den Raum gestellt werden. Hohe Pegel sind für das 3.0-System von Bowers & Wilkins kein Problem, die Leistungsreserven reichen locker aus, um stets präzise und verzerrungsfrei zu agieren. Abgerundet wird die akustische Meisterleistung durch ein solides Bassfundament.

Der Testbericht Philips 65OLED986 (Gesamtwertung: 94, Preis/UVP: 4300 Euro) ist in audiovision Ausgabe 2-2022 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

94 Sehr gut

Tolles Bild, überragender Ton, eine – von den Single-Tunern abgesehen – Top-Ausstattung und ein hoher Bedienkomfort: Philips serviert mit dem 65OLED986 ein Feinschmecker-Menü, das es aber auch eine Nummer größer geben sollte.

Jochen Wieloch

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