Einen DLP mit vierfacher Full-HD-Auflösung und HDR-Kompatibilität für 2.500 Euro gab es noch nie. Damit sprengt der Optoma UHD60 den Preisrahmen im Vergleich zur bisher gut doppelt so teuren Konkurrenz. Wird der Traum vom bezahlbaren UHD-Heimkino wahr?
Erst seit Kurzem bieten DLP-Projektoren wie der Acer V9800 für 5.000 Euro (audiovision 3-2017) und der 500 Euro teurere BenQ W11000 (audiovision 4-2017) eine Alternative zu Sonys 4K-Modellen, die erst bei rund 7.000 Euro starten. Nun lässt der DLP-Spezialist Optoma gleich mit drei Ultra-HD-Modellen die Preise purzeln: Den Anfang macht der UHD60, danach folgen das Einstiegsmodell UHD550X für gerade mal 2.000 Euro und etwas später der mit „PureMotion“-Technik bestückte UHD65 für 3.300 Euro. Aber auch Acer hat bereits die günstigen UHD-Beamer H7850 und V7850 für 2.500 respektive 3.000 Euro angekündigt. Wer das Rennen machen wird, ist offen – zumal bisher alle von uns getesteten UHD-Projektoren mit XPR-Shifting-Technologie noch unter Kinderkrankheiten leiden. Wir verraten Ihnen, ob der UHD60 hier eine Ausnahme darstellt.
Ausstattung und Praxis
Alle drei UHD-Beamer aus dem Hause Optoma bieten eine 1,6-fache Zoomoptik sowie eine vertikale Lens-Shift-Funktion (+ 15 Prozent). Sie sind recht kompakt und wiegen nur noch halb so viel wie die UHD-Debütanten von Acer und BenQ. Nach dem Einschalten stellt sich ein relatives leises Lüfter-geräusch ein, welches im Gegensatz zum vorlauten Acer V9800 lediglich vom leisen Surren der XPR-Shifting-Technik begleitet wird. Aktiviert man den internen Testbild-Generator (drei Gitterbilder und Weiß), verschwindet das Surren und geübte Augen erkennen im Weißbild auf der Leinwand die extrem feine Pixelstruktur des 0,65-Zoll-Chips von Texas Instruments. Er basiert auf 2.716 x 1.528 Pixeln, die diagonal mit hoher Frequenz um einen halben Bildpunkt wackeln. Aus rund vier werden so acht Millionen beziehungsweise 3.840 x 2.160 Pixel.
Im Testbild-Modus (ohne XPR-Shifting) nutzen Schärfe-Freaks diese extrem feine Gitterstruktur, um die Fokussierung der Zoomoptik auf die Spitze zu treiben. Selbst in Telestellung löst sie noch bis zum Rand auf, was für die Qualität der Optik spricht. Die manuellen Regler für Zoom und Lens-Shift versteckt Optoma unter einer großen Klappe auf der Oberseite des Projektors.
Im Normalbetrieb mit aktivem XPR-Shifting verschwindet die Pixelstruktur vollständig. Dann wirken die Menüschriften des Optoma (ähnlich wie bei JVCs eShift-Technik) minimal weicher. Konvergenzprobleme kennt Optomas Ein-Chip-Projektion nicht, nur ganz leichte Farbsäume der Optik.
Die Schärfe des Optoma UHD60 ist in seiner Preisklasse phänomenal: Feinste Muster flimmern und wirken flauer, liefern dem Auge aber dennoch gut erkennbare Strukturen. Sonys 4K-Projektoren lösen auf drei Panels 4.096 x 2.160 Pixel nativ ohne eShift-Technik auf. Doch ganz feine Ultra-HD-Muster sind oft eingefärbt, erscheinen dunkler und zeigen Farbsäume wegen der Konvergenzproblematik.
Mit bewegten Inhalten ändert sich das Bild, so dass die Drei-Chip-Konkurrenz von JVC und Sony klar vorne liegt. 24p-Filme werden von Optomas XPR-Technik mit 60 Hertz ausgegeben und ruckeln leicht (3:2-Pulldown). Am schlimmsten ist jedoch der Motion-Judder von PAL-TV-Bildern: Deren Bildrate wird offenbar halbiert (25 Hertz) und dann auf 60 Hertz gewandelt.
Trotz gleicher Lampe (240 Watt) soll laut Hersteller die Helligkeit der drei UHD-Debütanten variieren. Der UHD60 (3.000 Lumen) übertrifft das Einsteigermodell UHD550X (2.800 Lumen) leicht und den Bruder UHD65 (2.200 Lumen) sogar deutlich. Allerdings fehlt eine klassische Lampensparstufe. Der Stromverbrauch wird vielmehr dynamisch an helle, düstere oder fast völlig schwarze Szenen angepasst. Die komplexe Funktion „Dynamic Black“ steuert neben drei Lampenmodi (Dynamic, Eco und Bright) die zehnstufige BrilliantColor-Funktion. Im Praxiseinsatz ändert sich das Lüftergeräusch in den verschiedenen Lampenmodi selten, was unserer Meinung nach auch weniger stört als ein moduliertes Gebläse. Deshalb geben wir nur einen Wert in der Tabelle an. Optomas Angaben zur Lampenlebensdauer (15.000/10.000/4.000 Stunden) sind kaum vom Anwender beeinflussbar. Welchen Lampenmodus der Projektor bisher wie lange genutzt hat, zeigt er Neugierigen im entsprechenden Infomenü zur Lampenlaufzeit an.
Eine hohe Lichtstärke ist gut für die HDR-Projektion – solange die Differenzierung von Farben und Graustufen nicht darunter leidet. Doch das ist hier leider der Fall. Zudem deckt der Optoma anstelle des DCI-P3-Spektrums nur den HDTV-Farbraum BT.709 ab. Eine echte HDR-Projektion liegt allerdings insofern vor, als er sich mit Ultra-HD-Blu-ray-Playern von Samsung und Panasonic auf die HDR-Signalausgabe einigt.
Via USB lässt sich etwa ein am HDMI-Port angeschlossener Smart-TV-Stick mit Energie versorgen. Zudem hat der Optoma einen Lautsprecher an Bord, obgleich der Ton bei unserem Testgerät je nach Quelle entweder stumm bleibt oder selbst bei kleinster Lautstärke verzerrt. Dasselbe passiert an der analogen Klinkenbuchse; der optische Digitalausgang gibt kein Signal aus. Immerhin liegt die beleuchtete Fernbedienung gut in der Hand, doch die Menü-Navigation ist gewöhnungsbedürftig.
Licht und Farbe
Die Suche nach dem besten Bildmodus (für HDTV-Videos) gestaltet sich als nicht ganz einfach. Die natürlichsten, bei Grün aber leicht eingeschränkten Farben liefern die vier Bildmodi „Benutzer“, „Bezug“ sowie „ISF Tag“ und „ISF Nacht“ (alle nutzen die niedrigste BrilliantColor-Stufe „1“). Leider ist damit eine eher magere Lichtausbeute von 530 Lumen verknüpft. Schaltet man „Dynamic Black“ aus, passiert Seltsames: Der Stromverbrauch erhöht sich zwar von 240 auf 305 Watt, jedoch ohne Helligkeitsgewinn. Das lässt sich nur durch eine reduzierte Weißsegment-Ansteuerung erklären. In der Folge verdoppelt sich Restleuchten dunkler Partien und der Im-Bild-Kontrast eines kleinen Weißfelds vor schwarzem Hintergrund halbiert sich auf indiskutable 450:1. Deshalb sollte man „Dynamic Black“ unbedingt eingeschaltet lassen. Der Schwarzwert liegt bei 0,55 Lumen, fällt allerdings in ganz dunklen Szenen über rund eine Minute langsam auf 0,2 Lumen ab. Zeitgleich sinkt der Stromverbrauch auf 120 Watt. Damit gaukelt der Optoma einen besseren Schwarzwert vor. Die Werte für den EBU- und ANSI-Kontrast von 740:1 beziehungsweise 330:1 gehen in Ordnung.
Der Optoma signalisiert dem Ultra-HD-Blu-ray-Player Samsung UBD-K8500 ebenso wie dem Panasonic DMP-UB900 erfolgreich die Kompatibiliät für HDR-Signale. Trotz entsprechender Ausgabe erscheinen Grauverläufe aber nicht besonders fein. Gelegentlich ist deutliches Rauschen und Flackern in bestimmten Graustufen erkennbar. Die optionale Wandlung von SDR-Clips auf HDR-Qualität beschneidet helle Kontraste dramatisch und ist daher keine sinnvolle Funktion.
Mit UHD-Quellen aktiviert der Beamer automatisch die höchste BrilliantColor-Stufe. Der Stromverbrauch schwankt dann von rund 120 Watt (Schwarzbild) bis zu 305 Watt in hellen Szenen. Darüber hinaus ist der zuvor leicht eingeschränkte Farbraum gerade zu Rot hin leicht erweitert und die Lichtausbeute steigert sich auf 1.600 Lumen. Erweiterte Farben nach DCI-P3-Standard kann der Optoma UHD60 dennoch nicht abdecken. Die volle Weißsegment-Ansteuerung verursacht viele Probleme: Helle Kontraste clippen deutlich, was sich auch durch ein Absenken des Kontrastreglers am Projektor nicht beheben lässt. Noch stärker sind gesättigte Farben davon betroffen, insbesondere Rot. Bei reduzierter Sättigung werden zwar mehr helle Farbnuancen sichtbar, doch nun wirken die HDR-Bilder zu fahl. Abhilfe bringt nur das Absenken des Kontrasts auf Seiten der Bildquelle.
Zu den dunklen Bildern gibt es eine Alternative: Spielt man dem Optoma hochskalierte Blu-rays im Format 2160/24p zu, verdoppelt sich die Lichtausbeute auf satte 1.000 Lumen; Farben und Kontraste wirken nicht unbedingt natürlicher, gewinnen aber massiv an Strahlkraft. Mit Ultra-HD-Quellen aktiviert der DLP den Bildmodus „HDR“ (BrilliantColor-Stufe „4“) und erhöht die Lampenleistung auf 305 Watt (Dynamic Black „Ein“). Mit Clips in 25p und 50p nimmt er das noch hellere, aber weniger farbechte Preset „Kino“ (BrilliantColor-Stufe „10“).
Deshalb haben wir für die Full-HD-Messung dem helleren Bildmodus „HDR“ eine Chance gegeben: Er leistet sich zwar Ausreißer bei einigen blauen Mischfarben, die dem Auge jedoch weniger stark auffallen. Die Graustufen wirken hingegen natürlicher. Der ANSI-Kontrast steigert sich auf 410:1, der native Ein-Aus-Kontrast auf 1.200:1. Einzig der hellere Schwarzwert (1,15 Lumen), der mittelmäßige EBU-Kontrast (650:1) sowie sicht-bare Farbrad-Blitzer sind Schwachstellen des UHD60. Dennoch wirkt das Bild subjektiv knackiger und füllt locker bis zu 3,2 Meter breite Leinwände aus.
Schärfe und Videoverarbeitung
Halbbild-Videos aller Art sollte man dem Optoma nicht zumuten, denn mangels Filmmode-Erkennung flimmern bewegte Konturen. Mit Ultra-HD-Clips schlägt dagegen die Stunde des Ein-Chip-DLPs – zumindest, wenn es sich um ruhige Einstellungen handelt. Die Detailschärfe ist ausgezeichnet und deklassiert teure E-Shift-Projektoren von JVC (basierend auf Full-HD-Chips). Luxusfunktionen wie eine Bewegungsglättung fehlen, nicht aber getrennte Regler für „Schärfe“ und „UltraDetail“. Letzterer holt vor allem auf kleinster Stufe des Schärfereglers feinste Bilddetails heraus. Wichtig: HDMI-Eingang Nummer 1 ist auf UHD-Signale in SDR-Qualiät sowie Bildraten bis 25 Hertz beschränkt; höhere Frequenzen (30, 50 und 60 Hertz) akzeptiert er nur in Full-HD-Auflösung. Dagegen beherrscht der zweite MHL-kompatible HDMI-Input alle Varianten inklusive HDR und HDCP-2.2-Kopierschutz.
Leider ruckelt auch der Optoma, ähnlich wie alle bisherigen UHD-Debütanten aus dem DLP-Lager bei PAL-Videomaterial. Das Bild basiert statt auf 50 auf lediglich 25 Bewegtbildern, wird aber mit 60 Hertz ausgegeben. Bewegungen ruckeln und wirken zugleich nicht kontinuierlich. So will man kein Fußballspiel sehen. Mit 24p-Kinofilmen passiert leider Ähnliches: Die Rouletteräder im animierten Vorspann unseres Sehtest-Klassikers „Casino Royale“ zeigen das typische 3:2-Pulldown-Ruckeln einer 60-Hertz-Darstellung. Cineasten finden hoffentlich eine Lösung beim Bruder UHD65 mit „PureMotion“-Technik.
Der Testbericht Optoma UHD60 (Gesamtwertung: 71, Preis/UVP: 2500 Euro) ist in audiovision Ausgabe 8-2017 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Der Optoma UHD60 macht faszinierend scharfes Ultra-HD-Heimkino endlich einer breiten Fangemeinde zugänglich. Seine komplexe Videoverarbeitung bietet einen hellen, aber farblich noch gut nutzbaren Bildmodus. HDR-Clips übersteuern, doch das größte Manko sind am Ende die Ruckelstörungen bei Blu-rays und PAL-TV.
Udo Ratai